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VMmfferÄWblatl Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt fÜk WWdsllff UNd ^MgLgLNd Postscheckkonto Leipzig 28614 Srjcheiitt täglich mit Aufnahme der Sonn- und Festtage nachmittags 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis del SeLfiabholung monatlich 4.^0 ML, durch unsere Austräger zugelragen in der Stadt monatlich ä ML, auf dem Lande LLr MI-, durch die Post bezogen vierteljährlich 1ä.7Z MI. mli ZusteNungsgebühr. Alle Postanstalten und Postboten sowie Hetzer« Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen ha« der Bezieher feinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Erscheint seit Znseriionsprels z MI. für die »gespaltene Korpuszetle oder deren Raum, ReNamen, die rspaltige Korpuszelle 2.MML Bei Wiederholung und Zahresaustrag enisprechender Preisnachlaß. Belanntmachungen im amtlichen Teil snur von Behörden) die r gespaltene Korpuszelle Z Ml. Rachweisungs-Gebühr 50 Pfg. Anzeigenannahme bis vormittags 1» llhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Feder Rabatt, anspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber ln Konkurs gerät. dem Hahre 1S41 Dieses Matt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, sür den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr 195 Sonntag den 21. August 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil Ersatzmänner für die Bezirksversammlung und den Bezirksausschuß. An Sielle des Fabrikbesitzer« SchUchenmaier in Wilsdruff, der seine Aemter niedergelegt hat, ist mit Wirkung vom 8 August 1921 ab, der Gutsbesitzer Otto Preußer in Kaufbach Nr. 15 in die BezirkSvrrsammiung berufen worden. In den Bezirksausschuß tritt vom gleichen Tage ab an Stelle des Ausscheidenden Gutsbesitzer Max Troschütz in Diera b. Meißen Nr. 43. Meißen, am 20. August 1921. ssr» Die Amtshauptmaunschaft. Rettich-Birnen Pfund 70 Pfg. Wilsdruff, am 19. August 1921 53-7 Der Stadtrat. Die Erben des Schreinergesellen Franz Fiedler, Sohn der zu Hühndorf wohnhaft gewesenen Eheleute Guß- und Waffenschmied und Viertelhüfner Kall Gottlieb Fiedle und Johanna Christina geborene Richter, werden ersucht, bis zum 1. Oktober 1921 ihre Adresse anzugeben, zwecks Nachlaßregulierung. Siegburg bei Köln, den 18. August 1921. »»r Das Amtsgericht II. Der Plan über die Errichtung einer oberirdischen Telegraphenlinie in Grum» bach, am Niedergrumbacher Weg, liegt beim Postamte Wilsdruff vom 28. August ab 4 Wochen aus. »z-s Dresden-N. 6, den 18. August 1921. Telegravhenbauamt 2. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Die Entscheidung über Oberschleften wird nicht vor Mitte Oktober erwartet. * ReichsprL,Ident Loebe trat auf der Interparlamentarischen Konferenz in Stockholm für die Schaffung einer zwischenstaat lichen Arbeiterschutzgesetzgebung ein. * Der Reparationsausschuß des Reichswirtschaftsrates be gann die Beratung der neuen Steuervorlagen. * In der Berliner Stadtverordnetenversammlung hat ein Kommunist einen deutschnationalen Abgeordneten tätlich an gegriffen. * Lloyd George erklärte im Unterhause, es sei das Grund prinzip der britischen Politik, daß England stets im vollkom- mensten Einvernehmen mit den Vereinigten Staaten handeln müsse. * Hoover teilt mit, daß die Einigung mit der Sowjetregie- rung über das Hilfswerk in Rußland zustande gekommen ist. „Gchweinewirischafff. Aus Berlin wird uns geschrieben: Endlich einmal ist das Wort gefallen, in öffentlicher Sitzung eines Stadtparlaments, sogar des Berliner Stadtparlaments. „Die Hungersnot in Rußland ist eine Folge der bodenlos unfähigen kommunistischen Mißwirt schaft der Sowjetregierung. Es ist eine völlige Verrannt- heit, daß in einem deutschen Rathause zugunsten dieser „Schweinewirtschaft" gesprochen wurde." Der dies sagte, ein Redner der deutschnationalen Rathausfraktion, sah sich für seine Worte sofort den pöbelhaftesten Angriffen ausgesetzt, man sprang ihm an die Gurgel, schlug auf ihn ein und verhinderte ihn nach weiteren lärmvollen Zwischenfällen am Weiterreden. Aber nicht jeder, der zu schlägt und andere im Reden zu verhindern weiß, hat recht und behält recht. Von einer „Schweinewirtschaft" in Rußland haben auch schon andere Leute als deutsch nationale Politiker im mehr oder weniger stillen Kämmer lein ganz unmißverständlich gesprochen, und man braucht insbesondere nur die landläufigen Auseinandersetzungen zwischen Mehrheitssozialisten, Unabhängigen und Kom munisten zu verfolgen, um die Überzeugung zu gewinnen, daß die Jammerzustände in Rußland auch von ehrlich sozialistischen Leuten in der Hauptsache wenigstens der Sowjetregierung und nur dieser zur Last gelegt wer den. Gorkis Aufrufe an die Menschheit haben überall den Willen zu helfender Tat geweckt. Die Kommunisten aber bestehen darauf, daß nur das „Proletariat" berufen sei, den Kampf gegen den Hunger in Rußland zu führen. Sie widersetzen sich nicht nur jeder überparteilichen Hilfsaktion für die Ärmsten und Elendesten im ehemaligen Zarenreich, sie haben sogar den Zusammenschluß der sozialistischen Parteien in Deutschland für diese Hilfsaktion erfolgreich verhindert. Kein Tag vergeht, ohne daß nicht von ihrer Seite das widerwärtigste Gezänk um die Frage erhoben wird, wer einzig und allein dazu berechtigt sei, Rußland zu retten. Und das alles, obwohl die Sowjetregierung selber, der das Wasser bis zum Halse steht, in diesem einen Falle einmal ausnahmsweise keinen Unterschied zwischen bolsche wistischen und nichtbolschewistischen Organisationen machen will. Sie selber wird natürlich nicht eingestehen, daß der Hungertod von Millionen und aber Millionen Menschen durch ihre „Schweinewirtschaft" verschuldet sei. Aber wenn man in den neuesten Meldungen aus Petersburg zum Beispiel liest, daß in den letzten Tagen in Kronstadt sechzig ausländische Schiffe mit Mehl und anderen Lebens mitteln eingetroffen seien, der Abtransport in die Hunger- gouvernements aber nicht vor sich gehen könne, weil die Eisenbahnen wegen Brennstoffmangel ihren Betrieb immer mehr einschränken mußten, so wird dieser Zustand der Dinge doch schwerlich noch der ehemaligen Zaren regierung aufs Konto gestellt werden können. Wenn man ferner liest, daß der Hunger sowohl von den Bolschewisten wie mich von den Gegenrevolutionären als Propaganda mittel ausgcnutzt wird, so kann man ob solcher unglaub lichen Verirrungen blindwütiger Parteipolitiker wirklich nur verständnislos den Kopf schütteln. Die Bolschewisten sollen, so heißt es in Stockholmer Telegrammen, das bnngernde Volk in Flugschriften darauf Hinweisen, daß die Hungersnot eine Folge der Gewaltpolitik der aus ländischen Kapitalisten sei, die Rußland hermetisch von der übrigen Welt abschlössen, um den Bolschewismus in Hunger und Seuchen zu ersticken. Bon den Gegenrevo lutionären wiederum soll die augenblickliche furchtbare Lage des Landes hauptsächlich zu monarchistischer Propa ganda unter den Bauern ausgebeutet werden. Die Räte regierung habe den Bauern zwar Land gegeben, nehme ihnen aber das schwer erarbeitete Brot wieder fort, um damit die Rote Armee zu ernähren, die dann mordend, raubend, sengend und plündernd auf die unbewaffnete Bevölkerung losgelaffen werde. Kann es wundernehmen, wenn unter solchen Verhältnissen Amerika es vorzieht, die Verhandlungen über eine Hilfsaktion für Sowjetruß land abzubrechen? Es hatte seine Hilse von vornherein an bestimmte Bedingungen politischer Natur geknüpft, und die Moskauer Regierung gab sich zunächst den Anschein, als wäre sie zu deren Erfüllung bereit. Doch scheinen die Amerikaner, durch Erfahrungen der Vergangenheit ge witzigt, diese Zusage mit äußerstem Mißtrauen ausgenom men zu haben, was der Sowjetrcgierung gewiß nicht gleichgültig sein kann, denn wirksame Hilfe sür die Hungernden kann, wenn überhaupt, einzig und allein aus den Vereinigten Staaten von Amerika kommen. Doch einerlei, was die Zukunft bringen mag, daß die noch nie erlebte Größe der geegnwärtigen Hungerkata strophe auf ^ie Besonderheiten des Sowjetregiments, auf das, was jetzt mit den drastischen Worten „Schweinewirt schaft" bezeichnet wurde, zurückgeführt werden muß, dar über sind sich alle Sachkenner, soweit ihr Urteil nicht par teipolitisch gebunden ist, völlig einig. Auch die deutschen Kriegsgefangenen, die sich diese Wirtschaft viele Monate, zum Teil viele Jahre lang aus nächster Nähe ansehen konnten und jetzt in unserer Mitte weilen, haben diese Überzeugung in die Heimat mitgebracht. Sie wissen zu meist aus eigener bitterer Erfahrung ein Lied davon zu singen, wie im Herbst 1920 aus Sibirien zum BeiOnel alle nur irgendwie erreichbaren Waren und Lebensmittel vorräte auf Schlitten und Panjewagen nach Rußland ge schafft wurden, um zum Teil schon unterwegs spurlos zu verschwinden. Sie haben auch aus eigenem Augenschein beobachtet, wie die Bauern, nachdem ihnen die Früchte ihres Fleißes mit Gewalt fortgenommen waren, den größeren Teil ihrer Bodenflächen unbebaut ließen, um nur noch gerade soviel aus ihrem Besitztum herauszuwirtschas- ten, wie zu ihrer eigenen Erhaltung nötig war. So ist es aber nicht nur in Sibirien, so ist es über das ganze Reich hin gewesen, und namentlich, was die ehemals deut schen Siedlungsgebiete an der Wolga betrifft, so mutz leider nach allem, was man von dort hört, gesagt werden, daß auch sie, in Jahrhunderten mit vorbildlichem Fleiß aufgebaut und zu Musterwirtschaften entwickelt, doch rettungslos dem Untergang geweiht sind. Ein ganzes großes Reich ist hier ruchlos zerstört worden, und selbst unbegrenzter Opferwilligkeit der ganzen Welt wird es nicht gelingen, die Folgen dieser „Schweinewirtschaft" wieder gutzumachen. Die Hilfsaktionen für Rußland. Es scheint, als ob die amerikanische Hilfe für Ruß land jetzt nach langwierigen Verhandlungen gesichert ist. Hoover erklärte, daß die Amerikaner mit den Sowjets über die Bedingungen für die Ernährung der hungernden russischen Bevölkerung einig geworden sind, und daß infolgedessen die Hilfsarbeiten sofort ihren Anfang nehmen werden. Anschei nend stockten die Verhandlungen kurz vor dem Abschluß, da die vorsichtigen Amerikaner einige neue Forderungen aufgestellt haben. Nunmehr will die Sowjetregierrung in den Vereinig; ten Staaten etwa zwei Millionen Bushels Weizen für eine Million Psund Sterling kaufen. Es ist aber die grobe Frage, ob Rußland diesen Betrag zahlen kann. Neben Hoover ist Professor Frithjof Nansen zum Oberkommissar für die internationale Hilfsaktion in Rußland ernannt worden. Er ist zu Besprechungen nach Riga abgereist. Aus Moskau wird gemeldet, daß die Arbeiten auf sämt lichen Eisenwerken im Ural eingestellt worden sind. In West- Sibirien ist die Ernte durch Heuschreckenschwärmever nichtet worden. Auch sonst treffen immer neue Meldungen über die steigende Not und die Schwierigkeiten der Hilfe ein, vor allem wegen des Mangels an Transportmitteln. Die Landfläche, die von der Hungersnot betroffen ist, hat einen Umfang von dem anderhalbfachen des Deutschen Reiches und wird von 21 Millionen Menschen bewohnt. In diesen Ge bieten werden in normalen Jahren etwa eine Milliarde Pud Getreide erzeugt (60 Pud gleich 1 Tonne). Dieses Jahr sind es nur 150 Millionen Pud, also ein Bettag, der nicht einmal für das Saatkorn ausreicht. Oer Beginn der Sieuerberatung. Die ersten Entwürfe vor dem Reichswirtschaftsrat. Die neuen Steuerentwürfe der Regierung müssen, nachdem sie kürzlich im Kabinett fertiggestellt und ver öffentlicht wurden, bekanntlich erst durch den Reichsrat und den Neichswirtschaftsrat gehen, ehe sie dem Reichs tag zur Beratung und Beschlußfassung vorgelegt werden. Der Reichswirtschaftsrat hat nur beratende Stimme, aber da er sich aus besonders sachverständigen Kreisen zusam mensetzt, so ist schon seine Stellungnahme für das weitere Schicksal der Steuerentwürfe von großer Bedeutung. Der Reparationsausschuß des Reichswirtschafts rates hat jetzt die Besprechung der ersten Entwürfe be gonnen und sich zunächst mit der Erhöhung einzelner Ver brauchssteuern (Leuchtmittelsteuer, Zündwarensteuer, Bier steuer, Mineralwassersteuer, Tabaksteuer) beschäftigt. Bekanntlich sollen die Steuersätze für Leuchtmittel auf das Vierfache, Zündwaren und Mineralwässer auf das Doppelte, Biere auf das Vierfache erhöht und die Er mäßigung der Tabaksteuersätze beseitigt werden. Da sich vie Befürchtung, daß sich die Kosten bei der Erhebung dieser Steuern zu hoch stellen würden, als unbegründet erwies (bei einem Ertrag von 60 Millionen werden sie etwa 6- Millionen betragen), so war der Ausschuß mit diesen Vorlagen einverstanden, weil die Mehrbelastung der Industrie erträglich erscheine, empfahl aber der Regie- f rung Erwägung der grundsätzlichen Frage, wie die Ver anlagung, Verwaltung und Erhebung der kleinen Steuern vereinfacht werden könnte. Die Zündwarensteuervorlage fand gleichfalls die Zustimmung des Ausschusses. Bei der Bierstcuer wollten die Sachverständigen nur eine Verdoppelung zugestehen. Der Ausschuß nahm aber die von der Negierung geforderte Vervierfachung an. Auch der Mineralwassersteuervorlage wurde zuge stimmt. Die Tabaksteuervorlage wurde als Ganzes abgelehnt. Zigarren und Zigaretten sind bereits fo stark belastet, daß eine weitere Erhöhung der Steuer sätze nicht mehr tragbar erscheint. Mit der Einfügung einer neuen Steuerstufe für feingeschnittenen Tabak, der Festsetzung des Steuersatzes für Pfeifentabak und mit den vorgeschlagcnen Sätzen für Kau- und Schnupftabak er klärte sich der Ausschuß einverstanden. Dann stimmte der Ausschuß auch der abgeänderten Kohlen st euer zu. Die Kohle soll jedoch nicht über den Weltmarktpreis steigen,"und die Steuer soll beweglich gehalten werden. Bekanntlich ist eine Erhöhung der Kohlenstcuer von 20 auf 30 Prozent beabsichtigt unter gleichzeitiger Ermächtigung des Reichsfinanzministers, den Satz auf 25 Prozent zu ermäßigen. Der Ausschuß wünschte, daß dann die untere Grenze nicht bei 25 Pro zent stehen bleiben, sondern gegebenenfalls noch weiter herabgesetzt oder bei Angleichung des Inlandspreises an den Weltmarktpreis ganz fortfallen soll. Die Ermäch tigung des Finanzministers zur Ermäßigung des Steuer satzes wurde abgelehnt, vielmehr sollen dazu der Neichs- rat, der Neichswirtschaftsrat und der Reichskohlenrat ge hört werden. Oie Cnischer'Sung erst im Oktober. Ein neutraler Berichterstattter über Oberschlesien. Die Geschäftsführung im Völkerbundsrat ist, wie vor auszusehen war, so kompliziert, daß Lie Entscheidung über Oberschlesien nicht vor Mitte Oktober fallen wird, obwohl der Rat mit besonderer Beschleunigung für den 29. August eft'berufen wurde. Diese Besprechung wird zunächst nur einen Tag dauern. Man will sich zu- . i Hst über Vas Verfahren und dann über die Ernennung eines Berichterstatters einigen. Dieser Berichterstatter würde alsdann seine Arbeiten während der Tagung des Völkerbundes in Genf fortsetzen, und es scheine, daß er Ende Sept"n ' . w weit fein werde, daß dir Angelegen heit vor den . gerächt werden kennte, der dann in vie Behandlung der Materie einwe^n werde. Man könne also erst für die erste Hälfte des Oktober eine endgültige Lösung erwarten und das auch nur Vann, wenn der Völkerbundrat über die Sache selbst urteile und sie nicht Schiedsrichtern übertrage. Zum Berichterstatter des Völkerbundsrates in der oberschlesischen Frage wird voraussichtlich der spanische Delegierte Quinones de Leon oder Ler brasilianische Ver-