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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruflrr Taaeblatt» erscheint täglich »achm. 5 Uhr sür den Tag. Bezugspreis: ««»Abholungin der <Sc,chäftsstelle und den Ausgabestellen 2Md. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,20 Md., bei Postdcstelluug 2 Md. zuzäglich Abtrag- - . , re- . gebühr, «nzelnummern lLPsg. AllePostanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend PostdoteuundunicreAus- »Sger und GcsckSsisftell-n ' 7 7 - ' nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen -im Zolle Oberer D-walt, Krieg oder jonstig.r Betriebsstörungen besteht kein Anjoruch aus Li-jerung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung cingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beilicgt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigeupreis: LiebgetpattcueRaumzeilcrüDoldpsennig, die 4gespaltene geil« dcr u>u»ich«uL-liannl»>llchunucn4»<>ei>id. oicnnig, die S grspaltenc Rcdiamcz«ile im textlichen Teile 100 Goldpscnnig. Rcchweisungsgebühr 20 iSvIdpsennig. g-or- -ocrden nach A^öglichdki! Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 r»ückU,üq°.b"An^ mnahrnedtroorm.louh, — - ^jjr die Ätchllgdci, der durch Fernruf ubermrUclteu Anzeigen übernehmen wir Kerne Garantie. Jeder Nabatton,pruch crlischi, wenn dcr Berrva durch K agc eingezogen werden muß oderdcr Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amttichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meissen, des Amtsgerichts «nd Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr 3. — 86. Jahrgang. Telegr.-Adr.: .Amtsblatt- WL! SdkNff » Dresden Postschecks Dresden 2640 Mittwoch, den 5 Januar 1927 Rechtssicherheit. Gerade fünfzig Jahre sind es her, seit mit der Ein richtung des Staatssekretariats sür die Justizverwaltung, dem jetzigen Reichsjustizministerium, der erste äußere Schritt zur Vereinheitlichung der Justiz in Deutschland getan wurde, dem noch im gleichen! Jahr durch das Gerichtsverfassungsgesetz, die Straf- und die Zivilprozeß- sowie die Konkursordnung weitere Schritte folgten. Das Neichsministerium hat dieses Tagest durch eine Feier gedacht, an der die Spitzen der Be-s Hörden und andere Persönlichkeiten des öffentlichen,' namentlich des juristischen Lebens teilnahmen. In ihren' Reden legten ebenso Dr. Bell als Justizminister wie der Reichskanzler Dr. Marx als Vertreter des Reichsprä sidenten großes Gewicht daraus, dankbar der Riesen arbeit zu gedenken, die sich hinter dem kleinen Wort: Vereinheitlichung des deutschen Rechts verbirgt. Die ungeheuerliche Zersplitterung des Rechts in Deutschland — eine Folge unserer unglücklichen historischen Entwick lung — sollte allmählich überwunden werden; denn, so erklärte Dr. Bell, „das einheitliche Recht bedeutet ein innerliches Zusammenwachsen der deutschen Stämme". Wir haben ja jetzt ein einheitliches Straf- und Zivilrecht — letzteres wurde freilich erst 1900 durch die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches wenigstens für den größten Teil des Zivilrechts geschaffen —, auch das Handelsrecht ist einheitlich geregelt; aber das soziale Leben steht nicht still, treibt immer neue Zweige und drängt daher fort dauernd nach neuen gesetzlichen Regelungen engerer und weiterer Art. Seit langen Jahren schon arbeiten unsere hervorragendsten Juristen an einer grundlegenden Um änderung des Strafrechts. Doch noch an etwas anderes erinnerte Dr. Bell: an das Bestreben, allmäh lich eine Rechtseinheit mit Deutschösterreich zu schaffen, um dadurch die Wege zu einer inneren Ver einigung zu ebnen, solange noch der äußere Zusammen schluß verhindert bleibt. Schon ist hierin manches durch geführt. „Recht und Gerechtigkeit aber sollen die Grundpfeiler auch für das Staatsgebäude der Deutschen Republik sein!" eine ernste Mahnung für die Träger des Rechts und für jene, die ihm unterworfen sind. Höher lodern partei politische Gegensätze, schärfer heben sich soziale Gegen strömungen voneinander ab; da müssen die Träger des Rechts es hoch emporheben über die Gegensätze, die Gegenströmungen hinaus. Rechtsunsicherheit empfindet das deutsche Volk als ganz besonders schlimmes übel und manches ist durch übereilte Gesetzesmacherei ge sündigt worden. Dr. Marx hat in seiner Rede es als die Hauptaufgabe des Reichsjustizministeriums bezeichnet, „unserem Volke die Grundlage feiner Rechtssicherheit und Rechtsstrultur zu erhallen", trotz politischen Umsturzes, Machtlosigkeit und gänzlich geänderter Verhältnisse. Das „ llustitia kumixunenliim regnorum" — „Gerechtigkeit ist die Grundlage der Königreiche" — soll auch in der Republik seine Geltung bewahren. Unabhängig von äußeren Einflüssen, unterworfen nur seinem Gewissen und den Gesetzen spricht der deutsche Richter Recht. Das ist Arbeit am Staat, am Volk. Hat doch auch dem Polke selbst die Entwicklung unseres Nechts- lebens weite Entscheiduugsmöglichkeitcn eingeräumt, arbeiten doch auf vielen Gerichten Geschworene und Schossen, Vertreter bestimmter sozialer Schichten auf den Arbeitsgerichten und mit dem Berufsrichter Hand in Hand. Das trägt ein starkes Rechtsempfinden in immer weitere Kreise unseres Volkes. Gerade aber die verständ nisvolle Mitarbeit aller Volksschichten an ersprießlicher Rechtsentwicklung bezeichnete Dr. Bell als besonders notwendig. Vor einem warnte dann andererseits Dr. Marx: von jedem parteipolitischen Tagesstreit, von allen politischen Tageskämpfen hat sich die Justiz fernzuhalten. Ein Ziel, aufs innigste zu wünschen! Gewiß ist auch der Richter ein Mensch, es wird immer — denn auch das Recht und die Rechtspflege ist etwas von uns Menschen Ge schaffenes — Urteile geben, die Fehlurteile sind. Aber das deutsche Volk hat zu den Vertretern seiner Rechts pflege immer noch das Zutrauen, daß cs sich dabei nicht um bewußte Rechtsbeugung, nicht uni eine Art moderne „Kabinettsjustiz" handelt, sondern um ^rrmigem Noch einen anderen Gedanken berührte Dr. B e l l: ohne den Segen und die Kraft des Recht» ist ^walt nur ein Koloß mit tönernen Füßen. Ruch das Yt "ur eine Hoffnung; daß Macht vor Recht geht, ist ja "" der Völker noch längst nicht überwunden. .j, ^hl häufig genug im einzelnen Volk selbst. Schließlich lst auch das Recht nicht etwas „Ewiges", sondern bedeutet nur allzuoft nichts anderes als die Bekräftigung machtpon tischer Kräfteverschiebungen. Wir wollen und dürfen aber des einen gewiß sein, daß diese Fortentwicklung sich nur in den Bahnen des Rechts bewegen darf, weil wir doch schon wieder im Innern Macht genug besitzen, um das Recht zu hüten. * Anläßlich des fünfzigjährigen Bestehens des Neichs- iustizministeriums sandte Reichsminister Dr. Külz fol gendes Telegramm: „Das Rerchsministerium des In dern sendet dem Reichsmmlstc^ Justiz zur Feier Anes fünfzigjährige» Bestehens die herzlichsten Glück wünsche. Mögen die engen und guten Beziehungen, die üon jeher unsere beiden Ressorts verbanden, sich auch tn Brunst auswirken MN Segen unseres Vaterlandes " Wer wird Reichskanzler? Sie Lösung der Regierungskrise. Wünsche und Hoffnungen. In den letzten Tagen haben wieder Besprechungen über eine Beilegung der Regierungskrise stattgesundsn. Mittelpunkt der Aussprache stand die Person des Zentrumsabgeordneten Stegerwald, der als Reichs kanzler den Versuch zur Bildung einer Großen Koalition machen sollte. Das Ergebnis dieser Aussprache zur Be seitigung der Regierungskrise ist nicht bekannt geworden. Neben SLsgcrwald wird der Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius, der der Deutschen Volkspartei angehört, als aussichtsreichster Kandidat für den Kanzlerpostcn ge nannt. Dr. Curtius soll bereits in einer Unterredung mit dem Reichspräsidenten sein Einverständnis zur Über nahme des Kanzlerpoftens gegeben haben. Er soll beab sichtigen, ein Kabinett der Mitte zu bilden, das alle bürgerlichen Parteien umfaßt. Sollte indessen dis Aus führung dieses Planes scheitern, so soll der Reichsprä sident geneigt sein, den Reichstag aufzulösen und Neuwahlen auszuschreiben. Dr. Curtius hat sich während seiner letzten Ministcrtätigkeit das Vertrauen der bürgerlichen ReichStagsfraktionen erworben und gilt auch sonst als energischer Politiker, der imstande ist, ein von ihm erstrebtes Ziel zu erreichen. Viel Beachtung hat in politischen Kreisen die Reise des Grasen Westarp nach München gefunden, wo er eine Unterredung mit dem bayerischen Minister präsidenten Held hatte. In politischen Kreisen wird ange nommen, daß es sich bei dieser Aussprache zwischen dem Führer der Deutschnationalen und dem Führer der Baye rischen Volkspartei auch um die Frage der Regierungs bildung im Reiche gehandelt hat, wobei darauf hinge wiesen wird, daß Graf Westarp die Unterstützung der Bayerischen Volkspartei bei der etwaigen Bildung einer Regierung der kleinen Rechten sich sichern wollte. In diesem Zusammenhang ist denn auch schon in der Öffent lichkeit der der Reichstagsfraktion der Bayerischen Volks partei angehörende Prälat Leicht als Kanzlerkandidat genannt worden. Alle diese Kombinationen sind indes bisher nur Vermutungen, da Reichspräsident von Hinden burg nach dem Sturz des Kabinetts Marx die Aufnahme Der neue Mainzer Zwischenfall. Protest und Untersuchung. Die Stadt Mainz hat anläßlich des neuen Zwischen falls, bei dem ein Flicgeroffizier einen Straßenbahn- schasfner ohrfeigte, da dieser eine vom Offizier verlangte Korrektur eines Fahrscheines pflichtgemäß ablehnte, schriftliche Vorstellungen bei dem französischen komman dierenden General erhoben. Nach einer Havasmeldung haben die französischen Behörden eine Untersuchung der Angelegenheit eingeleitet. Unterdessen wird wieder ein neuer Zwischen fall bekannt. In Wörsdorf belästigten in einem Gasthause drei angetrunkene englische Soldaten die Gäste, so daß diese zur Selbsthilfe schritten und die Sol daten hinauswarfen, wobei zwei von ihnen leicht verletzt wurden. Vier beteiligte junge Leute wurden f e st g e n o m m e n. Ihr Antrag auf Haftentlassung wurde vorläufig vom britischen Militärgericht abgelehnt, doch soll die Hauptverhandlung in allernächster Zeit statt finden. Die eingeleitete Untersuchung hat ergeben, daß die Schuld an dem Zwischenfall auf die englischen Sol daten fällt, die sich außerordentlich Hera u s f ordernd benommen hatten. LocarnopolLtik oder nicht? Briand auf Urlaub. Der französische Außenminister Briand hat einen zehntägigen Urlaub angetreten, den er in Südfrankreich verleben wird. Seine dem „Matin" und dem „Journal" ge gebenen Interviews über die Fortsetzung der Locarno Politik und die von ihm geforderte Stellungnahme des französischen Parlaments zu dieser Politik haben die gc samte französische Presse auf den Plan gerufen. Währens die Organe der Linken sich geschlossen hinter die Politik des französischen Außenministers stellen, beginnen die Nechtsblätter bereits Sturm gegen Briand zu laufen Einige Zeitungen der Rechten wollen sogar wissen, daß Briand einen Teil seiner Ministerkollegen in der Frage der von ihm Deutschland gegenüber betriebe^» Politik nicht mehr hinter sich habe. Charakteristisch sür die Haltung der Rechtspresse sind die Ausführungen des „Echo de Paris", das im Anschluß an die Briand-Inter views von einer „Frage Briand" spricht, deren Er örterung sich nicht vermeiden lasse. Als Briand, so jagt das Blatt, sein Amt im Ministerium der nationalen Ein heit Ende Juli übernommen habe, habe er erklärt, aaß er in der Fortführung der sogenannten Politik von Lo carno freie Hand haben müsse, aber die Erfahrung habe fchnell gezeigt, daß es mehrere Arten gäbe, die neuer Verhandlungen über Vie Regrerungsvilvung ms zum 10. Januar vertagt hat, in der Hoffnung, daß die infolge der letzten Rcichstagssitzungen politisch erregten Gemüter sich bis zu diesem Zeitpunkt wieder so beruhigt haben würden, daß dann an ein gedeihliches Weiter arbeiten im Parlamentsleben gedacht werden könne. Ostpreußens Dank an Dr. Scholz. Der Vorstand der Deutschen Volkspartei des Stadt bezirks Königsberg hat einmütig beschlossen, dem Reichs- Lagsabgeordneten Ostpreußens, Reichsminister a. D. Scholz, zum neuen Jahre besondere Glück wünsche zu senden und ihm seinen Dank auszusprcchm, daß er gerade in Ostpreußen dis politische Lage und das Verhältnis der Volkspartei zu den übrigen Parteien so mutig und charaktervoll klargelegt habe. Auch der Proviyzialvorstaud der Deutschen Volkspartei Ostpreu ßens hat in gleicher Weise dem Reichstagsabgeordneten in besonders anerkennenden Worten seinen Dank aus gesprochen. pariser Einmischungen. In Paris verfolgt man dir Frage der deutschen Regierungsbildung mit lebhaftem Interesse und spricht von einem untrennbaren Zusammenhang zwischen der Krisenlösung und der Rheinlandräumung. Man kommt im allgemeinen zu der Auffassung, daß sich ein Kabi nett der Rheinlandräumung bilden würde. Allerdings fehlt es auch nicht an Stimmen, die sich in die Innenpolitik Deutschlands mischen wollen. Dcr dem Außenminister Briand nahestehende „Quotidien" tritt zwar auch für eine baldige Räumung des Rheinlandes ein, betont aber gleichzeitig in demselben Artikel, daß nur die Linksparteien eine Garantie für den Friedens, willen des Reiches böten. Locarno, so sagt das Blatt weiter, wäre nur noch ein leeres Wort, wenn es in Deutschland von einer Rechtsregierung angewandt würde. Diese Ausführungen des Pariser Blattes werden in Deutschland sicherlich nicht unwidersprochen bleiben, zu mal darauf hingewiesen werden muß, daß die Regie rungsbildung in Deutschland lediglich eine Ange legenheit des deutschen Volkes ist. Grundsätze von Locarno anzuwenoen. Heure yanoeie ec- sich darum, zu wissen, ob der französische Außenminister volle Freiheit habe, von einem Tage zum anderen ent sprechend seinen persönlichen Eingebungen zu handeln, oder ob er gehalten fei, die im Ministsrrat gefaßten Be schlüsse zu beobachte». Darum drehe es sich und um nichts anderes. Briand appelliere jetzt an das Par lament, das sei die klarste Schlußfolgerung aus seinen Erklärungen. An die Stelle einer klaren Erörterung, in der die Staatsangelegenheiten ernsthaft behandelt wür den, wolle er augenscheinlich eine stimmungsmäßige und aufhetzende Erörterung setzen. Es fei zu bezweifeln, ob ihm dieses Ablenkungsmanöver gelinge. Die Französische Kammer tritt bereits am 11. Januar wieder zusammen, so daß damit zu rechnen ist, daß schon Mitte Januar in Paris entschieden werden kann, ob Frankreich gewillt ist, die von Briand betriebene Lo carnopolitik weiter fortzusetzen oder nicht. Kommumstenaufruhr in Sumatra. Verlustreiche Kämpfe. Amsterdamer Blätter melden, daß in Westsumatra wohlvorücreitete kommunistische Unruhen ausgcbrochcn sind. Es ist bereits mehrfach zu regelrechten Ge fechten zwischen Polizei, Truppenabteilungcn und den Aufständischen gekommen, die für beide Seiten, insbe sondere aber sür die Aufständischen, starke Verluste zur Folge hatten. Die holländischen Behörden haben zehn Kommunistenführer verhaftet. Im einzelnen wird über die Unruhen bekannt, daß sich fast der ganze Distrikt Silvengkang in Hellem Aufruhr befindet. In Silvengkang selbst sind von den Kom munisten ein holländischer Strcckenausseher sowie vier eingeborene Lehrer ermordet worden. Ein Angriff dcr Aufständischen aus Sawahloente wurde abgeschlagen. Eiue Autokolonne, auf der eine militärische Ab teilung von Padang Pandjang nach dem Nufstandsgebiet befördert wurde, wurde bei Padang Sftvesoeh von Kom munisten überfallen. Bei dem sich entwickelnden Gefecht wurden die Angreifer unter schweren Verlusten zurückgeschlagen. Die Aufständischen hatten etwa 30 Tote zu verzeichnen. Eine weitere Anzahl von Aufständischen wurde gefangengenommen. Auf holländischer Seite fiel ein Leutnant, während mehrere Soldaten verwundet wurden. * Nach einer Meldung aus Montevideo sollen über 400 brasilianische Revolutionäre die Grenze von Uru guay überschritten haben und von den Behörden dreies Landes entwaffnet worden sein.