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Wilsdruffer Tageblatt Da« Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats z« Wilsdruff, Forstreutamts Tharandt, Finanzamts Nossen. für Bürgertum, Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die «gespaltene RaunueUe 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichenBekanntmachungen -tOGold» Pfennig, die «gespaltene Sieklamezcile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rechweisungsgedühr 20 Goldpscnnig. Bor- geschriebene Lrscheinungs- k-r- tage und Plahvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Ami Wilsdrusf Nv. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm. 10 Uhr —i —— Mr tzie Dichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anze! gen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabatlanjpruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftra ggeberin Konkurs gerat. Anzei g cn nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Da» .Wilsdruffer Tageblatt- erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in d« Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mk., bei Postdestellung «Pli».'ÄPÄ-ost-n-n Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postdo'tenunduns-rcAuL- «gkrundGejchäskft-llt« — -1° nehmen zu jcd-rZtU Be° Beünngen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung »er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eiugesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Rr. 66. — 86. Jahrgang. Telegr.-Adr.: „Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 SvUNabend, de« 19. WLkZ 1927 Worte und Tatsachen. Die „Halle der Wiederholungen- hat man Len Reichstag genannt, lange noch, bevor so viel in dem weitläufigen Wallothaus in Berlin geredet wurde, wie es jetzt geschieht, vielleicht auch geschehen muß. Wenn aber heute eine deutsche Völkerbunddelegation nach getaner Arbeit müde und abgerackert von dem unendlichen Hin und Her innerhalb der vielleicht noch viel weitläufigeren Räume des Friedenspalastes nach Haus zurückkehrt, dann ist ihr Führer um die Rolle, die er hier zunächst wieder zu spielen hat, auch nicht gerade zu beneiden. Die erste Pflicht, die ihn in der Heimat erwartet, ist natürlich der Vortrag beim Reichspräsidenten. Dann wollen Presse, Reichskabinett, der Auswärtige Ausschuß Les Reichstages und dieser selbst von ihm unterrichtet werden, daneben gewiß auch noch diese oder jene Instanz der Partei, der der Außenminister angehört —, und wo er sich auch hinwendet, um zu erzählen, was alles gewesen und wie alles gekommen ist, überall ist es die gleiche Darstellung, die er zu geben und zu vertreten hat. Kann man sich da Wundern, wenn ein vom Bnreaukratismus so wenig angekränkelter Außenminister, wie wir ihn gegen wärtig haben, von Grausen gepackt wird bei der bloßen Vorstellung an diese zahllosen Leidensstellen, die es zu überwinden gibt, ehe er sich wieder ungestört sachlicher Arbeit widmen kann? Ist es ihm zu verdenken, wenn er sich zu gut dafür hält, um wie eine Grammophonplatte von Station zu Station herumgereicht zu werden, zumal bei einer Ratstagung, die nicht gerade Fragen von welt geschichtlicher Bedeutung zu entscheiden hatte? Wie es diesmal Herrn Dr. Stresemann geht oder gegangen ist, kann es ein andermal einem mit Lem Parlamentaris mus vielleicht ungleich weniger eingespielten Vertreter des Deutschen Reiches ergehen. Hier liegt ein Notstand vor, an dessen Beseitigung alle Parteien, die guten Willens sind, das gleiche Interesse besitzen oder doch besitzen sollten. Dem Bedürfnis nach einigermaßen gründlicher Verein fachung und Beschleunigung des ungeheuerlich an geschwollenen politischen Betriebes haben schon Männer der allerverschiedensten Parteien wiederholt Ausdruck ge geben; es wird aber höchste Zeit, aus dieser Erkenntnis endlich auch einmal die notwendigen Folgerungen zu ziehen. * In das gleiche Kapitel gehört die Beschwerde eines anderen Kabinettsmitgliedes, des Nsichswirtschafts- ministers Dr. Curtius, über die Art und Weise, wie die Herren Reichsboten diesmal bei der Beratung seines Haushaltsplanes verfahren seien. Mit wohlvorbereiteten Redeentwürfen seien sie auf die Reichstagstribüne ge kommen, um ihrem Herzen Luft zu machen — leider ohne dabei auch nur die geringste Rücksicht zu nehmen aus die Darlegungen und Vorstellungen, die im Laufe der De batte vom Ministertisch aus zu den Fragen seines Res sorts gegeben worden waren. Mit anderen Worten: jeder spricht eben sein Sprüchlein herunter wie eine Grammophonplatte die Töne und Lieder her- gibt, die ihr vorher einverleibt worden waren, die Welt Mag sich inzwischen auch noch so sehr verändert haben. Von „Redeschlachten" kann natürlich unter solchen Sitten und Gewohnheiten schlechterdings nicht mehr gesprochen werden und der Parlamentarismus wird in Mißkredit gebracht. Der Stein der Weisen aber, der hier den rich tigen Mittelweg anzugeben weiß zwischen einer auf dem Willen des Volkes aufgebauten Verfassung und den Notwendigkeiten des mit ungestümer Gewalt vorwärts drängenden Lebens für ein im Herzen Europas schwer um sein Dasein ringendes Sechzigmillionenvolk — er soll erst noch gefunden werden. * Zwischendurch sollte man sich aber immer wieder, un abgelenkt durch Grammophonplatten und Radiomusik und festliche Veranstaltungen der verschiedensten Art, der bitteren Tatsache erinnern, daß es im großen Ganzen noch bei weitem nicht gelungen ist, unserem Wirtschafts leben denjenigen Aufschwung zu geben, der dem Elend unserer Arbeitslosigkeit endlich das Wasser abgrabcn könnte. Wir haben soeben in einem Reichstags ausschuß gehört, daß Reich und Staat und Gemeinden sim vorigen Jahre nicht weniger als 1,3 Milliarden Mark zur Bekämpfung dieses entsetzlichen Notstandes ausgegeben Hatzen, und für 1927 sind die Aussichten in dieser Beziehung auch nichts weniger als rosig. Wenn auch im Frühjahr die Zahl der Arbeitsuchenden wieder etwas heruntergeht, für die große Masse der unbeschäftig ten Hände wird sich auf absehbare Zeit an ihrer traurigen Lage nichts ändern. Die soeben beendete Breslauer Frühjahrsmesse hat nicht befriedigend abgeschnit ten und selbst die große Leipziger Ostermesse ist hinter den Erwartungen und Hoffnungen zurückgeblieben. Mag in der schlesischen Hauptstadt der immer noch fort wirkende Handelskrieg mit Polen von Einfluß gewesen sein, in Leipzig Hatzen wir ein Spiegelbild der allge meinen Wirtschaftsverhältnisse geliefert bekommen und das zeigt leider recht unerfreuliche Züge. Die neue Neichsregierung kann natürlich gar nicht °er Zauberstaü sein, der den vielverschlungenen Übeln Unserer Tage etwa mit einem Schlag ein Ende machen l°niite; auch jede anders zusammengesetzte Regierung Mde der voin einzelnen Menschenwillen völlig unab- "wgigen Gewalt der Tatsachen gegenüber schwer genug Witzige VeMmgen Mr die AmeMWiM M Mei im MsweMWsesch. 25 Millionen für Kleinrentnersürsorge. Der Rechtsausschuß des Reichstages hat jetzt die Be ratung der beim Reichstag eingegangenen Aufwertungs anträge begonnen. Von der Reichsregierung liegt ein Gesetzentwurf über die Verzinsung aufgewer- teterHypotheken und ihre Umwandlung in Grund schulden vor. Der Entwurf hält an den Grundzügen der Nuswertungsgesetzgebung fest, enthält aber Bestimmun- gen, die bestehende Härten bei der Verzinsung von Hypo- j theken mildern, die mißbräuchliche Ausnutzung der: Gesetzesvorschriften verhindern und dem Gläubiger die! Befugnis erteilen wollen, die Umwandlung der Hypothek in eine Grundschuld zu beantragen. j Abg. Dr. Best begründete den von ihm Lingebrach-j ien Gesetzentwurf über die Umwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen. Nach diesem Entwurf soll bei Ansprüchen, die vor dem 1. Januar 1919 durch die Ver äußerung eines Grundstücks entstanden sind, die Um rechnung durch das Verhältnis bestimmt werden, in dem nach der Absicht der Beteiligten der Erwerbspreis zum Wert des Grundstückes stehen sollte. Bei Jnduflrie- obligationen, Pfandbriefen, Rentenbriefen, Kommunal obligationen und anderen Schuldverschreibungen soll an die Stelle des Tages der Entstehung der Tag der Auf wertung treten. Der Entwurf verlangt auf dieser Grund lage die Umwertung aller Ansprüche, die auf vor dem 14. Februar 1924 begründeten Rechtsverhält nissen beruhen und eine Geldsumme zum Gegenstand haben, die durch die Inflation entwertet worden ist. Daraus erklärte Reichsjuftizminister Hergt, die Reichsregierung wolle auf dem Gebiete der Klein rentnerfürsorge 25 Millionen Mark zur Verfügung stellen zur Verstärkung der Bezüge. Der Rückgriff aus das sonstige Vermögen des Kleinrentners solle verhindert und ferner solle nach Möglichkeit bedürf tigen Inhabern von aufgewerteten Hypotheken usw. durch Aufkauf ihrer Forderungen sofort Geld verschafft werden. Der Reichsfinanzminister beabsichtige, den Antrag Emmin ger (betreffend Barablösung der Auslosungsrechte von Personen über 65 Jahre, die nicht mehr als 3000 Mark Einkommen haben) durchzuführen und daneben in mög lichst weitem Umsang bei Bedürftigkeit Vorzugsrenten zu gewähren. Der Minister erklärte weiter: Wie man auch vor 1)4 Jahren zur Aufwertungsfrage gestanden habe, es müsse jetzt daran festgehalten werden, daß das vom Reichstag nach schweren Kämpfen geschaffene Aufwertungsgesetz ein Werk von Dauer bleibe. Dieses Gesetz habe wesentlich zur Festigung der Währung beigetragcn und es habe den Gläubigern sehr reale Werte gebracht. Der im nächsten Jahre in Kraft tretende höhere Zinsfuß von 5 für Auf wertungshypotheken werde die Lage der Gläubiger weiter verbessern. Wenn in dem neuen Volksbegehren der Bevölkerung eine 100 prozentige Aufwertung in Aussicht gestellt wird, so muß das eine bedenkliche Beunruhigung in die deutsche Bevölkerung tragen. Gegenüber diesen Forde rungen zeigen die Wünsche der Juristischen Arbeitsgemein schaft mehr Selbstbeschränkung, wenngleich die Regierung sich ihre Forderungen auch nicht überall zu eigen machen kann. Der Regierungsentwurf hält an den Grundlagen des Aufwertungsgesetzes fest. Die Regierung richtet an die Abgeordneten den dringenden Appell: Helfen Sie mit, daß nun endlich die neue Beunruhigung beseitigt wird! Erklärung der Regierungsparteien. Für die Regierungsparteien gab hierauf Abg. Dr. Wunderlich (D. Vp.) eine Erklärung ab, in der er darauf hinwies, daß die in der jetzigen Koalition vereinten Par teien dieselben seien, die 1925 die Aufwertungsgesetze geschaffen hätten. Sie seien sich schon damals klar gewesen, daß diese Gesetze mancherlei Härten im Gefolge haben würden, und begrüßten es daher, wenn die Neichsregie rung durch Bereitstellung neuer Mittel den Geschädigten helfen wolle. An den Grundlagen der Aufwertungsgesetz gebung dürfe nicht gerüttelt werden. Die Regierungs parteien stellten sich hinter die Regierungsvorlage und würden alle weitergehenden Anträge ablehnen. Die Wciterverhandlung wurde auf Sonnabend vertagt. Oerlckiebung aek Oeukleh- polnilcden Oerhancklungen. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Warschau, 18. März. Gesandter Rauscher ist heute er krank und mutz das Bett hüten. Die Aufnahme der Verhand lungen zwischen ihm und dem Aussenminister Zaleski mutzte in folgedessen verschoben werden. Sie werden nicht vor Mitte der nächsten Woche ausgenommen werden. ltslienische OrrtMcbtigungen gegen lugollswien. Eigener Fernsprechdlenst des „Wilsdruffer Tageblattes". Rom, 18. März. Der Balkan-Sonderberichterstatter des Giornale d'Nolia meldet beunruhigende militärische Vorbereitun gen Jugoslawiens, nach denen eine allgemeine Mobilisation gegen Albanien vorgenvmmen werde. An allen Grenzen verstärke Jugo slawien seine Truppen, insbesondere aber an den albanischen und italienischen Grenzen. Gleichzeitig würden die meisten Brigade- und Divisions-Kvmmandeurstellen neu besetzt und eine militärische Organisation der Komstotschis durchgesührt. In aller Eile würden die Eisenbahnlinen und Chausseen Jugoslawiens ergänzt und umge baut. So sei die wirtschaftlich unbedeutende Eisenbahnlinie Bel grad—Sienika zweispurig ausgebaut und die Militärstratze Bel grad-—Kragujevoz—Kvssovo unter Hinzuziehung der Bevölkerung zu den Arbeiten erneuert worden. In den Arsenalen sei die Ar beiterzahl verdreifacht. Im Auslande dränge Jugoslawien auf be schleunigte Lieferung von Kriegsmaterial und Ausrüstungsgegen ständen. Alles weise auf eine unvorhergesehene Mobilisation hin. -^ Diesen Bericht kommentiert das Blatt dahin, datz die Nach richten über diese jugoslawischen Rüstungen bis ins Einzelne kon trolliert seien. Unzweifelhaft sei in Jugoslawien eine Richtung am Ruder, die alles andere als einen Frieden auf dem Balkan und eine Freundschaft mit Italien beabsichtige. Unzweifelhaft sei aber auch, Hatz Jugoslawien bei dieser Politik der bewaffneten Faust und der verschleierten Provokation von einer anderen europä ischen Macht unterstützt werde. Während man in Genf die Ab rüstungskonferenz vvrbereste, schüre Frankreich auf dem Balkan Mitztrauen gegen Italien und versuche, die Kleine Entente in einen Balkanblock zu verwandeln, um die italienische Ballanpolitit zu zerstören. zu ringen Haven. Jeder, der bessere Zustände herbei führen möchte, soll hier mithelfen, soviel er nur kann, und sich nicht auf eingelernte Klage- und Anklagereden beschränken, die man nachgerade wirklich schon von jeder Grammophonplatte ebensogut herunterbeten lassen könnte. Dr. Sh. Sie deutsch-französischen Sandelsvertragsvechan-lungen. Die noch bestehenden Differenzen. Nachdem das Protokoll über die Grundlagen für die Verhandlungen über den Abschluß eines endgültigen^ Handelsvertrages zwischen Frankreich und Deutschland nunmehr unterzeichnet ist, kann in die Einzelbe- ratung eingetreten werden, sobald die jetzt geführten Verhandlungen über die Abänderung des Handelspro visoriums, das bis zum 31. Mai läuft, abgeschlossen sind. Diese Verhandlungen betreffen die Forderung der Fran-, zosen, ihnen schon ab 1. April die Einfuhr von Weinen nach Deutschland unter den gleichen Bedingun gen, unter denen spanische und italienische Weine auf Grund der bestehenden Handelsverträge mit Spanien und Italien eingeführt werden können, zu bewilligen. Als Gegenleistung fordert die deutsche Wirtschaftsdele gation für die Dauer des Provisoriums für weitere Jn- dustrieprodukte als die, die in dem Handelsprovisorium eine begünstigte Stellung für die Einfuhr nach Frankreich einnehmen, ebenfalls Einfuhrmöglichkeit. Die Verhandlungen haben in den letzten Tagen einen normalen, nicht ungünstigen Verlauf genommen. Die Differenzen, die bestehen, betreffen, was Frankreich an betrifft, die Höhe des zu bewilligenden Kontingents für die auszuführenden Weine, was Deutschland anbetrisft, die Bestimmung der deutschen Warengattungen, die bis zum 31. Mai nach Frankreich cingesührt werden können. Die Franzosen legen, wie „Matin" hervorhebt, einen besonderen Wert darauf, daß in dieses Handelsprovi sorium die Einfuhr von Weinen ausgenommen wird, da sie sich, wie das Blatt erklärt, trotz der Unterzeichnung des Protokolls das Recht Vorbehalten, das Provisorium am 21. Mürz mit Wirkung zum 31. März zu kündige», wenn bis dahin ein Einverständnis über die Weinfrage nicht erzielt werde. Heeres- und Mstungssorgen. Angriff auf den deutschen Reichswehretat. Im Französischen Senat ergriff bei der Beratung der Nachtragskredite, die der Kriegsminister verlangt, der elsässische Senator Eccard das Wort, der das Steigen des Budgets der deutschen Reichswehr erörterte, deren Aus gaben von 450 Millionen im Jahre 1924 aus 700 Millionen im Jahre 1927 gestiegen seien. Die deutsche Handels marine sei eine Pflanzstätte für Offiziere geworden. Die jetzigen Regierenden in Deutschland könnten nicht genügend Garantien bieten, um Frankreich Vertrauen zu den fn dcnsfrcundlichen Erklärunaeu der deutschen Neaicruua ac