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MlsdmfferTageblalt Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtliche« Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstreutamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »U. ^-1.»^°,«» Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend HSH-r-r D-wal!, Krieg oder sonstiger B-IriedoftSrungrn drstehl kein Anspruch aus Lieferung ^SeUuu^ooer KLrping de» »-«ug-preise,. — «ü-ksendu», «tngel-ndler Schriftstücke erfolg- nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die «gespaltene Naumzeile 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold pfennig, die «gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rachweisungsgedühr 20 Goldpfennig. Vor geschriebene Erscheinungs- tage und Platzvorschriften werbt» »ach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahme bis vorm. 10Uhr - —- . - —- - -- Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Nabatranspruch erlischt, wenn der Betrag durch KlageeingezogenwcrdenmußoderderAuftraggeberinKonkurs gerat. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nr 72 86. Jahrgang Telegr -Adr .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Sonnabend, den 26. März 1827 Frühlingsgewitter. Solmlv die Schwalben sich zur Heimkehr rüsten, flat- lern auch immer wieder mit einer Regelmäßigkeit, die 3" den geheiligten Überlieferungen der neuen Menschheit-geschichte zu zählen ist, bestimmte Frühlings- 855^.^ durch die Welt. So stellt sich immer mit tödlicher aus dem schönen Italien sofort die beäng- stigcnde Meldung ein, das; der Vesuv wieder seine un- -Silkeit begonnen habe. Wer also irgendwie die Möglichkeit dazu besitzt, wird sich stehenden Fußes eine Fahrkarte nach Neapel lösen, um dieses grandiose Natur- schauspiel nur ja nicht zu versäumen — und sollte er, an Ort und Stelle angelangt, den feuerspeienden Berg in tiefstem Frieden schlummernd antreffen, nun, so hat die überwältigende Schönheit des südlichen Frühlings den unruhigen Gesellen eben rasch wieder zur Besinnung ge bracht, und im übrigen werden die italienischen Fremden gasthöfe, und was mit ihnen alles unter einer Decke steckt, gewiß mit dem Ergebnis der vorsorglich ausgestreuten Schreckensnachricht von Herzen zufrieden sein. * Dann ist da der sogenannte Nahe Osten, der Balkan, mit seinen mancherlei immer noch recht interessanten Völkerschaften. Bis zum Ausbruch des Weltkrieges hatte Europa ein förmliches Anrecht darauf, daß dieser be rüchtigte Wetterwinkel, sobald der Schnee auf den Bergen ins Schmelzen kam, in Bewegung geriet, um den weit vom Schuß abgelegenen Nationen ein mehr oder weniger angenehmes Gruseln beizubringen. Man kokettiert so lange mit der Kriegsgefahr, die von den Ufern der Drau oder der Sau her sich eines schönen Frühlings anfangs plötzlich in Bewegung setzen müßte, bis, nach dem vergleichsweise harmlosen Vorspiel der beiden kleinen Balkankriege, die Furien des Weltbrandes wirklich mit einem Schlage entfesselt waren. Seither aber sollte nun nicht wenigstens diese bro delnde Gefahrenquelle dank den „Ordnungen" der soge nannten Friedensvertrüge und den unermüdlichen An strengungen des Völkerbundes ein- für allemal verstopft sein? Ach nein, ein Wässerlein läßt sich Wohl über Nacht austrocknen oder durch Sand zuschütten, aber ein toben der Gebirgsbach spottet schließlich doch allen Bemühungen von Menschenhand. Und so fand der Alarmruf des italie nischen Diktators wegen der von ihm behaupteten jugo slawischen Rüstungen, in oder gegen Albanien, ein tausendstimmiges Echo in ganz Europa. Kriegsgefahr auf dem Balkan, hieß es, ein neuer Waffengang um die Vorherrschaft an der Adria ist unausbleiblich, und wenn Frankreich und England nicht ihr Äußerstes aufbieten, um neues Blutvergießen zu verhindern, dann „schliddern" wir abermals in einen Weltkrieg hinein, als wenn wir an den bitteren Erfahrungen des ersten noch nicht genug hätten. Aber auch dieser Vesuv scheint sich sehr rasch wieder beruhigen zu wollen. Die Gelehrten der diplomatischen Zunft sind sich zwar noch nicht darüber einig, wie sie der albanischen Krise beikommen sollen, und die Zeremonien meister in Paris und in London streiten insbesondere noch darüber, ob es gestattet sei, zu der mit der Unter suchung der ganzen Verhältnisse zu betrauenden über staatlichen militärischen Kommission auch einen deutschen Fachmann heranzuziehen. Aber soviel sieht man immer hin schon: an dieser Etikettenfrage wird man schließlich den europäischen Frieden nicht scheitern lassen und wie der feuerspeiende Vesuv wird auch der nicht minder vul kanisch veranlagte Herr Mussolini den Märchenzauber des dalmatischen Frühlings nicht weiter durch Kanonengebrüll und Flugzeugbomben zerstören lassen wollen. 4- Iw Aernen Osten dagegen scheint sich der Sinn für vie Herrlichkeiten des Wiedererwachens der Natur aus wirklich einigermaßen verloren zu haben. Der chinesiscke Büraerkr i e a ist nun glücklich bis zum nahezu kampflosen Einzug der Katttonesen m die südliche Metropole des himmlischen Reiches gediehen; wertere Veranstaltungen der Sieger mußten indessen wegen unbändiger Regen güsse, die gerade nach vollbrachter Tat über Schang hai niedergingen, vorläufig wenigstens abgesagt wer den. Ist aber Zeit gewonnen, sokann unter Umständen noch alles gewonnen sein. Schon hört man von nahezu herzlichen Bemühungen der englischen Machthaber, mit den neuen Herren der Stadt irgendwie ins Reine zu kommen; auch die Japaner geben ihnen zu verstehen, daß sie im Grunde der Seele sich eigentlich ihnen schon immer innig verwandt gefühlt hätten, und wenn das Glück gut ist, wird auch Amerika unter den Gratulanten nicht mehr lange fehlen, so sehr es sich sonst von allem, was mit dem Bolschewismus auch nur die entfernteste Berührung zu haben scheint, mit Zeichen äußerster Entrüstung fernhült. Dem Reinen ist eben alles rein und dem Guten alles gut. Ob es dem russischen Bolschewismus gelungen ist, die Zarenherrschaft durch eine bessere Regierungsform und vor allem durch bessere moralische und wirtschaftliche Zustände zu verdrängen, ist heute noch eine heißum strittene Frage. Sollte der chinesische Bolschewismus letzt wirklich am Ziel seiner Wünsche angelangt sein und stch in dieser Machtstellung zu behaupten wissen, so kann 'Nan ihm nur wünschen, daß er das „himmlische" Reich Nnht in d a s Paradies verwandeln möge, das ihm die Moskauer Gewalthaber zur gefälligen Nachahmung an- »nbieten haben. Dr. Sy. veutiehlanä unä üer Kalkankonflikt. Die Zusammensetzung der AMuchungskommWon. Deutschland als Kontrollmacht auf dem Balkan? Der italienisch-serbische Streit ist noch immer nicht gelöst, da jetzt Schwierigkeiten darüber auftauchen, wer die in Aussicht genommene Untersuchungskommission er nennen, wie ihre Zusammensetzung sein und in welcher Form sie ihre Enquete durchführen soll. Wie der „Matin" aus Belgrad erfahren haben will, sollen in den nächsten Tagen die Militärattaches von England und Italien einzeln an der Grenze Untersuchungen anstellen, über die sie dann ihren Regierungen Bericht erstatten sollen. Dieser Vorschlag zur Lösung des Konflikts soll, wie das Blatt behauptet, sowohl von Italien wie von Jugoslawien an genommen worden sein. Mit großem Interesse wird die Entscheidung Deutschlands erwartet, ob es sich an der in Porschlag gebrachten Untersuchung beteiligen wird. Wegen dieser Beteiligung Deutschlands an der Unter- snchungskommission ist, wie jetzt bekannt wird, der eng lische Botschafter in Berlin im Auswärtigen Amt vor stellig geworden. Allerdings sind bei der Unterredung des englischen Botschafters mit Staatssekretär von Schubert noch keine festen Vereinbarungen getroffen worden, da sich die ganze Angelegenheit noch immer im Stadium des Gedankenaustausches befindet. In Ber liner politischen Kreisen neigt man jetzt der Ansicht zu, das; Deutschland sich an der Untersuchungskommission be teiligen wird, falls eine Aufforderung dahin ergehen wird und sowohl Italien als auch Südslawien ihre Zu stimmung dazu erklären. Es wird betont, daß Deutsch land sich als Großmacht einer solchen Aufforderung nicht entziehen könne, wenn cs sich darum handelt, durch die internationale überparteiliche Aktion dem Friede» dienen zu können. Offiziell wird die Ncichsregierung allerdings erst zu der ganzen Angelegenheit Stellung nehmen können, wenn die näheren Bedingungen, unter denen die Ent sendung der Untersuchungskommiffion erfolgen soll, fest- stehen. Deutschland würde es sehr begrüßen, wenn an dieser Kommission auch Vertreter neutraler Mächte, wie etwas Schwedens oder Hollands, beteiligt sein würden. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß also die Frage der Entsendung und Zusammensetzung der Unter suchungskommission durchaus noch nicht entschieden ist. Ultimative Forderungen an die Kantonesen. Zwischenfälle in Hankau. Rach Meldungen aus Schanghai hat an Bord des britischen Kreuzers „Emerald", der vor Nanking liegt, eine Konferenz britischer und amerikanischer Vertreter ftattgefunden, um Maßnahmen für den Schutz der Fremden in Nanking zu treffen. Es wurden folgende ultimative Forderungen an die chinesischen Behörden gerichtet: 1. Sofortiger Schutz für alle Ausländer und deren Eigen tum; 2. sofortige Verhandlungen mit dem Führer der Südtruppen über die von seinen Truppen begangenen Überfälle; 3. kurzbefriftetc Auslieferung aller festgesetzten Ansländer. Bei Ablehnung dieser Forderungen soll Nanking alsmilitärischesGebiet behandelt werden. — Bei dem Feuergesecht um die Anhöhe in Nanking, ans der die Ausländer Schutz gesucht hatten, sind mehrere britische und amerikanische Marinesoldatcn getötet und verwundet worden. „Daily Mail" berichtet aus Schanghai: Unzensierte Nachrichten aus Haukau besagen, daß die Lage dort infolge der Besetzung der Chinesenstadt von Schanghai durch die Kantonesen wieder gefährlich geworden sei Chinesische Soldaten hätten Engländer mit Steinen beworfen und sie mit geladenen Gewehren und Bajonetten in den Straßen bedroht. Schwere AurlWeroerWe in Nanking Eigener Fernlprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". London, 25. März. Wie aus Schanghai gemeldet wird, Hoden heute nachmillag britische und amerikanische Kriegsschiffe von neuen: Nanking beschossen, nachdem die Verhandlungen über die Freilassung der festgehaltenen Fremden, 95 Mwrikaner und 15 Engländer, fehlgefchlügen waren. Der britische Konsul Giles ist mit sechs ebenfalls vermißt gemeldeten englischen Marinesol daten on Bord eines britischen Kriegsschiffes angekvmmen. Nach japanischer Meinung sind gestern mehr als 100 Briten und Ame rikaner in Nanking umgetommen. Tatsächlich sind gestern allein 12 englische und 16 amerikanische Marineanaehörige gefallen. Auf die Nachricht hin, daß auch der japanifche Konsul in Nanking getötet worden sein soll, sind 12 000 Mann japanische Verstär kungen nach Schanghai beordert worden. Nanking von den Ausländern geräumt Eigener Fernsprcchdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". London, 25. März. Wie aus Nanking gemeldet wird, : sind auch die letzten Ausländer unter dem Eindruck der letzten j Beschießung durch die englischen und amerikanischen Kriegsschiffe ! aus der Stadt hcrausgclassen worden. Abtransport aller Amerikaner aus dem chinesischen Kampfgebiet Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". London, 25. März. Wie aus Schanghai gemeldet wird, hat der Pekinger amerikanische Gesandte den Abtransport aller Amerikaner aus dem chinesischen Kampfgebiet angeordnet. Drei wriiere amerikanische Torpedoboote sind von den Philippinen nach Schanghai aufgebrochen. Die Beschießung von Nanking soll 2000 Opfer on Toten und Verwundeten gefordert haben. Nach Pe kinger Meldungen ist ein Unterhändler der Nordregierung auf dem Wege zum Hauptquartier der Kantontruppen, um über eine» baldigen Waffenstillstand zu verhandeln. Usnton lehnt strikte sb. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 25. März. Wie der „Tag" meldet, ist das Ultimatum der Engländer und Amerikaner von der «kantone sischen Truppenführung abgelehnt worden. Ser MW SkM fchMeute MM». Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Warschau, 25. März. Heute abend wurde uner wartet eine dringende Sejmsitzung einberufen. Trotz des gestern gefaßten Beschlusses, den Sejm am Dienstag zu schließe^ wurde heute ein Dekret, das dis Schließung des Sejm anordnet, in aller Eile angesertigt und vom Staatspräsidenten unterzeichnet. Das Dekret ist nun kurz nach 9 Uhr abends im- Sejm verlesen worden, der somit von nun an geschlossen ist. Die Sitzung dauert jedoch augenblicklich noch an. Was damit bezweckt wird, ist im Augenblick nicht festzustellen. Auf jeden Fall herrscht unter den Abgeordneten eine große Bestürzung. SeulscheEMntngimAhrüstmgsauMsß Graf Bernstorff gegen Scheinlösungen. Beim Abschluß der Generaldebatte über die englischen und französischen Abrüstnngsentwürfc ergriff auch der Vertreter Deutschlands, Graf Bernstorff, nochmals das Wort. Er gab die Erklärung ab, daß Deutschland seine Zustimmung Scheinlösungen nicht erteilen werde. „Als eine solche Scheinlösung betrachten wir," so betonte er, „zum Beispiel auch den Versuch, eine Stabilisierung der gegenwärtigen Rüstungen sestzulegen. Ferner ist für Deutschland von Wichtigkeit, daß der logische Weg des Versailler Versprechens sowie das feierliche Ver sprechen der Locarnoverträge eingehalteu werden, und zwar einerseits durch eine teilweise Lösung des Ab- rüstungsproblcms als erste Etappe, andererseits aber da durch, daß das Endziel einer allgemeinen Abrüstung ein allgemeiner Plan sein müsse, der zu einem gerechten Verhältnis des Rttstungsstandcs sämtlicher Nationen führen muß." Nach einer längeren Geschäftsordnungsdebatte wurde beschlossen, das aus Loudon, de Broucksre und Veverka be stehende Präsidium mit der Ausarbeitung einer ver- gleichendenZusammenstellung über die beiden Entwürfe zu beauftragen und auf Grund dieser Zusam menstellung in erster Lesung die kapitelweise Beratung aufzunehmen. Sr. Eckener über die Lustschifflinie Spamen-Südamenla. Das Projekt ist gesichert. Dr. Eckener empfing einige Pressevertreter, um der Öffentlichkeit über den augenblicklichen Stand des Luft schiffbaues und der Verhandlungen über die spanisch- südamerikanische Luftschifflinie zu berichten. Nach seinen Ausführungen ist damit zu rechnen, daß der Verkehr im ungünstigsten Falle im Oktober nächsten Jahres ausge nommen werden kann. Die Verhandlungen mit der spanischen Regierung haben dazu geführt, daß Spanien in Form von Subventtonen für ausgeführte Fahrten die Mittel zur Schaffung der Hafenanlagen in Sevilla hergibt und im Falle einer Einstellung des Fährbetriebes die Auf wendungen vergütet. Da ähnliche Abkommen mit Argen tinien, und später wahrscheinlich auch mit anderen süd amerikanischen Regierungen zu erwarten sind, ist die Durchführung des großen Planes damit endlich gesichert. Die spanische Gesellschaft wird zunächst vom Luft schiffbau Zeppelin das im Bau befindliche Luftschiff „L. Z. 127" chartern. DaS Schiff wird alle drei Wochen eine Fahrt hin und zurück ausführen. Es werden etwa 15 000 Kilogramm Nutzladung hierbei auf jeder Fahrt befördert werden können, die zum größten Teil in Post und Paketen zum geringen Teil in Passagieren bestehen. —