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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ ?D«« »Wilsdruffer Tageblatt' erscheint an allen Werktagen nachmittags SUH». Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei gustellun, durch di« Boten 2,3U RM., bei Poftdeftellung 2 «W. zuzüglich Abtrag. . gebühr. Einzelnummern ISRpsg.AllePostanstalten Wochenblull für WilSobUff u. Umgegend PoftbotenundunsereAus. trägerund Geschäftsstellen —- . ' —: nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Fallc höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung I der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beilicgt. für ÄürgertuM/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die »gespaltene Raumzelle 20 Rpfg., die 1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reich». Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile i Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Dor» geschriebencErscheinungs. — . „ tage und Platzvorschrifte» werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Ami Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annabmcbis norm.lvUbr. ———— Für die Richtigkeit der durch Fernrus übermitteltenAnzcigen übernehmen wir keine Garantie. JedcrRa daliansprnch eriischt, wenn derBelrag durch Klage eingczogen werden muh oderder Austraggcbcr in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 96. -- 86. Jahrgang. Telegr.°Adr.: »Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 26. April 1927 Me Post soll teorer werden. Um 50 Prozent. Nach einer amtlichen Bekanntmachung vereltet daS Reichspostministerium eine Vorlage an den Vcrwaltunas- rat der Deutschen Rerchspost vor, wonach die Briefbeför derungsgebühr von 10 aus 15 Pfennig und dement sprechend die übrigen Postgebühren erhöht werden sollen. Dazu wird in der Bekanntmachung erklärt: Der im Jahre 1868 eingeführte 10-Pfennig-Tarif ist bei dem heu tigen Geldwert auch nicht mehr annähernd imstande, die stetig steigenden Selbstkosten der Post zu decken. Die in folgedessen seit einiger Zeit gespannte Finanzlage der Deutschen Reichspost läßt nach Lage der allgemeinen Wirt schaft leider sür absehbare Zeit eine wesentliche Besserung nicht erwarten. Während die Grundpreise von Industrie und Landwirtschaft, der Lebenshaltungsindex und die Arbeitslöhne allmählich um 50 5L und mehr gestiegen sind und die Ausgaben der Post sich dadurch laufend erhöht haben, sind die Postgebühren gleichgeblieben, so daß sich eine immer größere Spannung ergibt. * Das ist eine nicht gerade angenehme nachösterliche Überraschung, die von der Reichspostverwaltung dem deutschen Volke bereitet werden soll; 5 Pfennig mehr an Fernbriefporto und eine dementsprechende Erhöhung sämtlicher sonstiger Postgebühren! In diesem Sinne wird die Ministerialverordnung als Vorlage an den Verwal tungsrat der Deutschen Reichspost vorbereitet. Wenn in der Begründung neben den anderen Angaben auch noch gesagt wird, daß kein Land noch gleich niedrige Gebühren »vie die Deutsche Reichspost habe, so ist das gewiß zum Teil richtig, wie uns ein Sonderberichterstatter schreibt, aber doch eben nur zum Teil! Gewiß mußte man im Jahre 1868 genau soviel Briefporto zahlen wie heute, — aber doch eben nur an Brief Porto. Es heißt doch aber ausdrücklich, daß entsprechend auch die übrige» Post gebühren erhöht werden sollen! Und dann ist vieles, das meiste jetzt schon sehr viel teurer als in der Vorkriegszeit, aus der anderen Seite weist die Postverwaltung Ein nahmen aus, über die sie vor dem Kriege, geschweige denn vor Jahrzehnten nicht verfügen konnte. Erinnert sei nur beispielsweise an die großen Einnahmen, die aus dem Radio erzielt werden. Finanziell gut ist es ja der Post eigentlich nie ge gangen. Vor dem Kriege wies sie zwar einen Überschuß auf, der in der Hauptsache aber nur deshalb zustande kam, weil die gesamten Transportkosten auf der Eisenbahn ihr nicht in Rechnung gestellt wurden. Das ist freilich jetzt anders geworden. Die schweren Schäden, die der Deut schen Reichsbahn aus Kriegs- und Nachkriegszeit er wuchsen, sind auch im allgemeinen beseitigt, und die Post schien immerhin soviel Geld verdient zu haben, daß sie u. a. zahlreiche Kraftverkehrslinien einzurichten imstande war. Ja, noch mehr geschah. Die Reichspostverwaltung wurde der Einflußnahme des Reichstages und der Reichs- regicrung fast ganz entzogen; im Reichsetat prangt jetzt nur ganz einsam, als der Bewilligung des Reichstages unterworfen, der Etat des Reichspostministers. Die Post wurde verselbständigt, sollte ein nur nach kaufmännischen Gesichtspunkten geleitetes Unternehmen werden, in das von anderer Seite nicht mehr hineingeredet wurde; bei den Reichstagsdebatten konnten nur Wünsche vorge bracht werden, mit denen die Postverwaltung anfangen konnte, was sie wollte. Ihr zur Seite steht nun der Ver waltungsrat, der sich aus Männern der Wirtschaft, Ar beitnehmervertretern und Parlamentariern zusammen setzt und der die Rechte eines Aufsichtsrates l damu also die Entscheidung auch darüber, ob die vorgeschlagene Tariferhöhung anzunehmen oder abzulehnen ist. Tariferhöhung bedeutet aber erfahrungsgemäß zu nächst immer eine Verminderung der Einnah men, erregt auch deswegen besonders böses Blut, weil die Post ja ein ganz unbedingtes Beförderungsmonopol besitzt, über dessen Innehaltung sie, gegebenenfalls auch mit Unterstützung der Gerichte, auf das eifrigste achtet. Und eine Tariferhöhung, die in der Hauptsache gleich 50 H betragen soll, ist so erheblich und darum auch so einschneidend, wie es keine der bisherigen gewesen ist. Gerade aber die Wirtschaft wird sich auf das äußerste dagegen sträuben, sich eine neue Verteuerung der gesam ten Postgebühren auferlegen zu lassen. Es gibt außer dem rn Deutschland niemanden, der durch diese Porto erhöhung nicht mehr oder minder stark betroffen wird, und die Folgen davon wird die Reichspostverwaltung auf ihrer Einnahmenseite auch verspüren müssen. Man wird ihr entgegenhalten, daß überhaupt schon ihre Gebühren höhere, die Leistungen aber weit geringere sind als früher. Der Verwaltungsrat der Reichspost wird also Wohl eher sein Augenmerk darauf richten müssen, wie die ge spannte Finanzlage der Post gemildert werden kann durch Abstriche aus der Ausgabenseite, ehe er darangeht, durch eine Tariferhöhung nun eine immerhin sehr zweifel hafte Einnahmenerhöhung zu erzielen. * g» Ergänzung öer amtlichen Ankündigung über bie «exLonte Portoochöhung wirb noch dekanntgegeben, bah Srohkampfwahttag in Oettrrreieb. Neuwahlen zu österreichischen Parlamenten. Ruhiger Wahlverlauf. Österreich hat einen Grotzkampf Wahltag hinter sich. Nm Sonntag wurden dis Wähler in Österreich zu den Urnen gerufen, um sür den Nationalrat, für fünf Land tage und eine ganze Anzahl von Gemeindevertretungen die Abgeordneten zu wählen. Insgesamt waren 1316 Mandate zu vergeben, von denen 165 Mandate auf den Nationalrat, der etwa dem Deutschen Reichstag entspricht, entfallen. Der Wahlkampf wurde in heftigster Weise ge führt, was schon daraus zu ersehen ist, daß in dem kleinen Österreich etwa 14 verschiedene Parteilisten aufgestellt waren, die um die Gunst der Wähler kämpften. Die großen bürgerlichen Parteien hatten eine Einheitswahl liste aufgestellt, um gegen die sozialdemokratische Liste im Lande und vor allem in Wien in gemeinsamer Front ope rieren zu können. Nach den bisherigen Wahlergebnissen werden die bürgerlichen Parteien im Nationalrat etwa über 93 Man date verfügen, die Sozialdemokraten über 72 Mandate. Bisher war das Verhältnis 97 zu 68. Der Landbund er hält 6 Sitze. Die Verteilung der Reststimmen, die nach einem schwierigen Wahlmodus festgestellt werden, steht noch aus, wird aber wohl kaum wesentliche Veränderun gen in dem Verhältnis der Parteien zueinander bringen können. Neben den Wahlen zum Nationalrat konzentrierte sich das Interesse besonders auf die Gemeinderats - Wahlen in Wien, wo die Sozialdemokratie bisher die Herrschaft innehatte. Sie hat auch bei den jetzigen Wahlen wieder die Mehrheit erlangt, und zwar hat sie die bereits von ihr innegehabten 78 Mandate wieder erhalten, denen 42 Mitglieder der Einheitsliste gegenüberstehen. Die Wahlbeteiligung war außerordent lich stark, besonders fiel die große Teilnahme der weiblichen Wählerschaft auf. Der Wahltag ist im großen und ganzen ruhig verlaufen. Etwa 50 Personen wurden Von der Polizei wegen kleinerer Vergehen festgenommen, jedoch nach Feststellung der Personalien wieder entlassen. Bemerkenswert ist, daß ein zweitägiges Alkohol verbot, das vom 23. bis 25. April dauerte, erlassen worden war, da man die schon durch den Wahlkampf er hitzten Gemüter durch Alkohol nicht noch mehr in Er regung bringen wollte. Die bisherigen Ergebnisse aus den Landtagen der Bundesländer zeigen, daß überall eine bür gerliche Mehrheit gewählt worden ist. Wiener Presseftimmeu zum Wahlergebnis Wien, 25. April. Das „Nene Wiener Tageblatt" kenn zeichnet den Ausgang der Wahlen dahin, daß er dem Bürgertum keinen Anlaß zur Siegesfreude, ober auch nicht zur Verzagtheit und Resignation gäbe. Das Bürgertum habe sich behauptet, ob wohl es unter den denkbar ungünstigsten ilmstanden zur Wahl gegangen sei. Die großdeutschen „Wiener Neuesten Nachrichten" schreiben, die Wahl hab-: eine mächtige Volksabstimmung über Sem und Nichtsein der Wirtschaftsordnung dargestellt und sei gegen die Sozsilbemokraten ausgefallen. Die „Reue Freie Presse" erklärt, die „Hochwassermarke des roten Schreckens" sei nunmehr erreicht. Die sozialdemokratischen Blätter, besonders die „Ar beiterzeitung" bezeichnet den Ausgang des gestrigen Wahlkampfes als den „glänzendsten Sieg der Sozialdemokratie" und weisen insbesondere auf den großen Stimmenzuwachs in Wien hin. * Pariser Stimmen zum Ausgang der österreichischen Wahlen. Paris, 25, April. Die österreichischen Wahlen werden von der Pariser Presse stark beachtet. Der Temps meint, Oester reich Hobe den Beweis für die Fähigkeit seines politischen Lebens die Vorlage in etwa acht dis zehn Tagen dem Verwal tungsrat der Reichspost zugeleitet werden bürst«. Die Postverwattung beabsichtigt eine 50prozentige Erhöhung des Briefportos und ferner in geringem Ausmaße eins Erhöhung des Paketportos. Diefe Erhöhung ist nicht schon früher durchgeführt worden, weil die Post an nahm, daß die Besserung der allgemeinen Wirtschaftslage auch eine Vermehrung ihrer Einnahmen bringen würde. Diese Hoffnung hat sich indes nicht erfüllt. Auf der an deren Seite hat die Post eine Reihe von Verbesserungen ihres Betriebes eingeführt, z. B. die Einrichtung der Selbstanschlußämter im Telephonverkehr. Dadurch sind ihr Ausgaben erwachsen, die bisher nur auf dem Anleihe wege gedeckt werden konnten. Das Gesamtvermögen der Reichspost, das auf 2 Milliarden geschätzt wird, ist mit 470 Millionen Mark belastet, und der Ainsendienst hat es bisher nicht gestattet, die Anlagen der Post noch weiter auszubauen, wie das Interesse der Wirtschaft es verlangt. und sür das Interesse erbracht, das sein Volk den Geschicken des Landes cntgegenbringc. Die Liberte spricht von de: moralischen Wiedererstarkung Oesterreichs, nachdem die dreijährige sozialisti sche Verwaltung das Land Ker schrecklichen Katastrophe entgegen- gcführt habe. Infolge der schwachen Mehrheit der bürgerlichen Parteien sei ein Rückfall Oesterreichs in die Inflation zu fürchten. Zum Schluß stellt das Blatt fest, daß die Anschlußidee jeden Tag größere Fortschritte mache. Jas GasMegMM m der Senser Kominissian. Eine Erklärung Bernstorffs Gcnf, 25. April. Die vorbereitende Abrüstungskommission behandelte heute nachmittag das Verbot -es Gaskrieges. Es lag folgender von Belgien, Polen, Rumänien, -er Tschechoslowakei und Jugoslawien unterzeichneter Antrag vor: „Die vertrrgfchließenden Staaten untersagen jede Verwen dung von Essten, betäubenden und ähnlichen Gasen oder Flüs sigkeiten und jeglicher batteriologischer Mittel im- Kriege. Sie ver pflichten sich wester, weder eine Einfuhr, noch eine Ausfuhr, noch eine Herstellung von chemischen und bakteriologischen Mitteln, die im Kriege verwendbar such, in ihren Gebieten zuzulassen." Zu dem Antrag gab -er deutsche Delegierte Gras Bernstorff eine längere Erklärung ab. Er wies darauf hin, daß er bereits im Mai vorigen Jahres in der vorbereitenden Abrüstungslom mission die völlige Aufhebung des chemischen Krieges gefordert Hobe. Damals sei in der Kommission daraus hingewiesen worden, daß dieses unmöglich sei, da in einem zukünftigen Kriege jedem Staate alle Mittel, über die er verfüge, zu seiner Verteidigung überlassen werden mühten. Aus der privaten Wrfsenhandels- lonferenz habe Deutschland sich bereit erklärt, ohne Vorbehalt jede internationale Regelung anzunehmen, die eine Beseitigung der chemischen Waffen zum Ziele habe. Diese Erklärung erneuere er heute. Der vorliegende Antrag erscheine ihm nicht voll aus reichend. Gras Bernstorff becMragte daher eine Abänderung des vor liegenden Antrages in der Richtung, daß nicht nur die Verwen dung von Gärmitteln im Kriege, sondern auch jede Vorbereitung in Friedcnszeiten in der Konvention verboten sein soll. In der Diskussion schlossen sich sämtliche Delegierte dem vorliegenden Anttag sowie dem deutschen Zusatzantrag an. Der amerikanische Delegierte machte hierbei den Vorbehalt der endgültigen Stel lungnahme der amerikanischen Delegation in der zweiten Lesung gellend. Der Antrag sowie der deutsche Zusatzantrag wurden so dann einstimmig angenommen. SermMe Amerikas aa Cd«. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Neuyork, 26. April. Nach einer amtlichen Erklärung be- abfichtigt Amerika in der chinesischen Angelegenheit nicht mst den übrigen Mächten vorzugehen. Der chinesischen Regierung soll eine Seperatnote überreicht werden. MO Ate im llebttMcmWUMbiet des MiWM Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Neuyork, 26. April. Nach letzten Meldungen aus dem llcberschwemmu nosgebiet des Mississippi beträgt die Zahl der Toten 500, 260 000 sind obdachlos. Der Schaden beträgt eine Milliarde Dollar, der zur Halste aus Baumwollfelder, zur Hälf te auf Kornfelder entfällt. Fünf Millionen Acres sind über- jckwemmt, eine gleiche Fläche steht in Gefahr, überflutet zu werden. Aattooalsoziali-if-t Tagung in Gen. Blutige Zusammenstöße. In Essen sprach in einer Massenversammlung Reichstagsabgeordneter Graf Revcntlow über „Marxistische und sozialistische Befreier". Als zweiter Redner behandelte Dr. Göbbels-Berlin die bisherige deutsche Innen- und Außenpolitik. Adolf Hitler hielt eine Rede, in der er einleitend auf die Entwicklung der Bewegung in Essen und im Jndustrierevier zu sprechen kam. Das deutsche Bürgertum habe einen Nationalismus geprägt, der arbeiterfeindlich sei, und der Sozialismus habe seine Lehre in eine Form gekleidet, die Millionen Menschen abstoßen müsse. Der Redner gab dann einen Rückblick auf die Entwicklung und die ursprünglichen Ziele der Gewerkschaften, die durch Marx zu Jnteressen- vsrtretern der Banken und der Börse gemacht worden seien. Hitler geißelte dann die Demokratie und den Pazi fismus. Das Bürgertum und der Marxismus würden zerfallen: entstehen werde die iunae nationalsozialistische