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lsdmffer Tageblatt Z SS3 Nr. 93 — 86. Jahrgang Wilsdruff- Dresden Telegr.-Adr.: „Amtsblatt* Freitag, den 22 April 1927 Postscheck: Dresden 2640 -DL ; 3 s vcr xa c» 3 8' Wie aus Mexiko gemeldet wird, überfielen Banditen den von Guadalajara kommenden Zug. Sie verschlossen die Türen und steckten den Zug in Brand, so das? sämtliche Reisende, 186 Männer, Frauen und Kinder, unter furcht barem Schreien bis zur Unkenntlichkeit verkohlten. Wie der amtliche amerikanische Funkspruch meldete, bietet die Stelle, an der der nach Mexiko City unterwegs befindliche Eisenbahnzug von mexikanischen Banditen überfallen und mit allen Reisenden verbrannt wurde, ein grauenhaftes Bild der Zerstörung. Der Angriff auf den Zug in dem sich etwa 600 Reisende befanden, wurde von 500 wohlausgerüsteten Banditen vollführt, nachdem der Hug zum Entgleisen gebracht worden war. Die Passagiere versuchten, sich durch die Fenster aus dem brennenden Huge zu retten, wurden jedoch von einem Schnellfeuer der Banditen empfangen. Alle Personen, die nicht mehr fliehen Neuyork, 21. April. Nach Berichten von Augenzeugen wurden zahlreiche Opfer des Banditenüberfalles auf den Mexiko- Expreß beim Eintreffen der Regicrugstruppen durch Messerstücke zerstückelt und im Wahnsinn schreien- aufgefunden. 12 Ueberle- bende, zumeist Amerikaner und Engländer, konnten nach Guadela- jara geschafft werden. Ein Ueberlchender, der ansehen mutzte, wie seine ganze Familie verbrannte, lachte von Wahnsinn ergriffen, als man ihm von dem Vorgefallenen berichtete. Die Opfer wurden grötztenteils sofort an der Schreckensstelle begraben, um Seuchen zu vermeiden. Ser italienisch-jugoslawische Konflikt. Neue diplomatische Verhandlungen. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Tele graph* ist der Meinung, daß der Meinungsaustausch zwischen Paris, Berlin und London über die Frage des italienisch-jugoslawischen Zwistes auf dem diplomatischen Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. konnten, wurden in die letzten Wagen gedrängt, die dann mit Ol übergossen und in Brand gesteckt wurden. Die Tochter des Expräsidenten Obregon wurde aus dem Wagen gezerrt und erschlagen. Der mexikanische Kriegsminister hat persönlich mit einer Kavallerieabteilung die Ver folgung der Banditen ausgenommen. Nach den letzten Meldungen befürchtet man, daß die Zahl der Toten 200 übersteigen wird. Die entsetzliche Tat wurde zwischen Guadalajara und Limon verübt. Guadalajara hat mehr als 100 000 Ein wohner und ist die Hauptstadt des Staates Jalisco, der der größte der mexikanischen Staaten ist und an den Stillen Ozean grenzt. Guadalajara, in der Talebene des Rio Grande de Santiago gelegen, ist gleichzeitig die zweit größte Stadt Mexikos. Der kleine Ort Limon liegt dicht bei Guadalajara und gehört ebenfalls noch zum Staate Jaliscco. Die Hauptstadt von Jalisco besitzt eine Univer sität, eine Garnison und ist ein großer Platz für den Handel, der hier zumeist von Ausländern betrieben wird. Eine Bekanntmachung des Oberpräsidiums der Rhein Provinz. Das Oberpräsidium der Rheinprovinz gibt bekannt: Durch Abkommen vom 9. April 1927 zwischen dem Reichskommissar für die besetzten rheinischen Gebiete und der interalliierten Rheinlandkommission ist die nörd liche Demarkationslinie der zweiten Be satzungszone nunmehr im einzelnen festgesetzt wor den. Das Abkommen tritt am 1. Mai d. I. in Kraft. Die Demarkationslinie wird hauptsächlich von Landstraßen und Eisenbahnlinien gebildet. Um das der Besatzung auf diesen Linien zustehende Verkehrsrecht auch im Inter esse der deutschen Bevölkerung reibungslos zu gestalten, sind sogenannte übergangsstrcisen gebildet worden, die je nach den örtlichen Verhältnissen gewisse Geländegebiete nördlich und südlich der Demarkationslinie umfassen. Die Besatzung hat Zugeständnisse für die Ausübung des Besatzungsregimcs in gewissen Teilen des noch besetzt bleibenden Gebietes gemacht. So soll Bad Neuen ahr grundsätzlich von Besatzung frei bleiben, und von Kontrollen der Personalausweise soll dort möglichst abgesehen werden. Der Oberpräsident der Rheinprovinz fordert in einer Bekanntmachung, die in den übergangsstreisen zum An schlag gekommen ist, die Bevölkerung auf, das Verkehrs recht der Besatzung zu respektieren. Ruhe und Ordnung müsse unter allen Umständen gewahrt werden. kal wurde. Er sucht jetzt Verbindung mit Tschangtsolin, um dann wahrscheinlich gemeinsam gegen Kanton zu marschieren. 2- Z —s. OS 2 rr A Russischer Protest gegen die Besetzung der Pekinger Botschaft Riga, 21. April. Aus Moskau wird gemeldet, -atz die Sowjetregierung gegen die Besetzung des russischen Botschaftsge bäudes in Peking durch amerikanische Truppen bei -en Protokoll- Mächten Einspruch erheben wird. Die Sowjetregierung werde zum Zeichen -es Protestes nunmehr auch ihr in Peking befind liches Generalkonsulat schlichen. Truppen in -er Pekinger russischen Gesandtschaft Bildung einer antibolschewistischen Regierung. Wie Reuter meldet, haben bewaffnete Wächter der Protokollmächte die westliche Mauer des russischen Ge- sandtschastsareals besetzt. Diese Maßnahme, die in Über einstimmung mit den chinesischen Behörden ergriffen wurde, war, wie Reuter behauptet, zur Verteidigung des Gesandtschaftsviertels notwendig. Da die Tore des russischen Grundstücks geschlossen waren, kletterten ameri kanische Seeleute über die Mauer und ließen dann die Wächter der anderen Mächte hinein. Nach einer Havasmeldung aus Schanghai setzt Tschangkaischek seine Bemühungen für die Bildung einer antibolschewistischen Negierung fort. Tschangkaischek werde, nicht nur von Politikern und Militärs, sondern auch vou der Kaufmannschaft des Südens unterstützt. Sein Be streben gehe besonders dahin, zu einer Einigung mit Tschangtsolin zu gelangen. Zur besseren Orientierung über die Lage in China sei noch mitgeteilt, daß gegenwärtig dort drei Regie rungen am Ruder sind. Die Nordregierung in Peking, die unter Marschall Tschangtsolin steht, ist antibolschewistisch und mächtefreundlich eingestellt. Die zweite Regierung unter Tschangkaischek wurde vor einigen Tagen in Schanghai und Nanking ausgerufen. General Tschangkaischek, der an ihrer Spitze steht, hat sich von seinen bisberiegen Parteigängern, der dritten kom munistischen Regierung in Kanton, getrennt, -a sie ihm zu radl- OSerfchlesifche Gchülnot. Der Beschluß, den der Völk^bundrat nach den be kannten Vereinbarungen zwischen dem deutschen und dem polnischen Außenminister in Gens gefaßt hatte, ist bis her von polnischer Sette einfach nicht- ausgeführt worden. Nicht weniger wie 7000 Anmeldungen ostoberschlesischer Kinder bei den deutschen Minderheitsschulen waren von den polnischen Schulbehörden beanstandet worden; in Genf blieben davon schließlich nur noch 2000 Beanstandungen übrig, die nun von dem Präsidenten der Gemischten Kommission, Calonder, unter Zuziehung eines schweizerischen Schulmannes noch einmal nachgeprüft werden sollen, obwohl Calonder sie schon einmal als zu Unrecht bestehend bezeichnet hatte. Die ostober schlesische Woiwodschaft zwang aber die 2000 Schulkinder ebenso zu weiterem Besuch der polnischen Schule wie jene 1400 Kinder, die einer Entscheidung Calonders schon vom Dezember 1926 zufolge ganz unzweifelhaft deut schen Stammes waren und den deutschen Minderheits schulen zugesührt werden sollten. Ebensowenig geschah selbstverständlich etwas den Genfer Beschlüssen gemäß hin- sichttlch der 2300 Fälle, bei denen von den Eltern die deutsche und die polnische Sprache als Muttersprache angegeben war, die Kinder nach dem Wunsch der Eltern die deutsche Schule besuchen sollten. Wer nicht gehorchte, Wurde zunächst polizeilich zu hohen Geldstrafen verurteilt, und zwar erfolgten diese Verurteilungen in der Haupt sache erst nach den Genfer Vereinbarungen. Vielfach wurde gerichtliche Berufung seitens der deutschen Väter dagegen eingelegt, aber ohne jeden Erfolg, weil sie in ganzen Massen nicht bloß wiederum zu hohen Geld summen verurteilt, sondern teilweise die polizeilichen Strafen jetzt auch noch erhöht wurden. Damit gingen unter dem Druck des polnischen Westmarkenvereins massenhafte Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenentlassungen Hand in Hand, nur weil deren Kinder deutsche Schulen besuchen. Das Ganze war schärfster Hohn auf die Genfer Verein barungen. Noch immer befinden sich heute — trotz des schweren polnischen Druckes — 2000 Kinder im S ch u l st r e i k, aber die polnischen Behörden haben sich endlich bereit er klärt, den Erlaß von Strafbefehlen einzustellen und die schwebenden Strafsachen niederzuschlagen. Die noch im Schulstreik befindlichen Kinder werden zunächst den Min- derheitsschulen zugeführt und der schweizerische Schulmann wird zwecks Sprachprüfung in den nächsten Tagen in Ostoberschlesien eintreffen. Das schlimmste bei der Sache ist zunächst, daß die bisher schon gefällten, teilweise sehr schweren polizeilichen und gerichtlichen Urteile bestehen bleiben. Das hat der Woiwode in Kattowitz dem Geschäftsführer des Deutschen Voltsb,indes gegenüber ausdrücklich betont. Die Ent scheidung aber darüber, wer sein Kind in die deutsche Schule zu schicken berechtigt ist, hat nach wie vor nur der Präsident Calonder, der sich dabei auf das Gutachten des schweizerischen Pädagogen stützt. Keineswegs haben aber alle Eltern das Recht, ihre Kinder in die Minderheits schulen zu entsenden; wie sich Calonder gerade den Wün schen der gemischtsprachigen Eltern gegenüber verhält, bleibt abzuwarten. Die deutschen Mitglieder der Gemisch ten Kommission werden aber nun alles daransetzen, daß auch die gefällten Strafbefehle gestrichen werden müssen; denn sie bedeuten einen glatten Verstoß gegen die Genfer Beschlusse, um die man sich polnischerseits einfach nicht ge- hat. Die Völkerbundkommission für nationale Minderheiten hat sich um diesen polnischen Boykott aber evenwwenlg gekümmert und ließ es sich außerdem gefallen, sonders Entscheidung vom Dezember 1926 gleich falls unbeachtet blieb. Der schwere Druck, der gerade in der Schulfrage über den deutschen Minderheiten Ostoberschlesiens schwebt, Wird hoffentlich wenigstens etwas behoben werden; aber er ist nur ein Ausschnitt aus dem trostlosen Bilde, wie das einst so blühende deutsche Schulwesen von den Polen syste matisch ausgerottet wird. Poincare MM die deiMe Sprache MEW- LMiaW sleWerechiW an! Paris, 21. April. Heute vormittag fand in Straßburg die or-entliche Vollversammlung -er Gesellschaft der Freunde der Straßburger Universität statt. Poincare, der den Vorsitz führte, erklärte, man habe das Elsaß glauben machen wollen, daß die französische Regierung seine Tradition und Sitten nicht beachte, ihm eine Gesetzgebung auferlegen wolle, der die Mehrheit der Bevölkerung nicht zustimm-r und die bei dem Volksschulunterricht die Zweisprachigkeit und den elsässischen Dialekt beseitige, sowie die Kinder daran hindern wolle, mit Familien, die kein Franzö sisch verständen, in Briefwechsel zu treten und -ein Religions unterricht in deutscher Sprache erteilt zu bekcm-men. Poincare er klärte dann wörtlich: Die Kinder müssen überall, wo die deutsche Sprache von ihren Eltern gesprochen wird, deutsch schreiben können. Sie muffen es auch verstehen, weil sie zu einem Grenzland gehö ren, wo die deutsche Sprache selbst vor dem Jahre 1870 üblich war. Sie müssen aber auch mindestens ebensogut Französisch kön nen, weil das Französische die Natiomlsprache ist und die Kinder allein in Verbindung mit ihren Landsleuten bringen, ihnen die Türen der Verwaltung öffnen un- die industriellen und Handels beziehungen mit dem übrigen Lande erleichtern kann. »3 3 ^Z.>Z Ä -r Mnkreilhs Sttwen gegen die MUMM Paris, 21. April. Gegenüber -en Erklärungen der Ber liner Rechtspresse, -aß Frankreich in Loccarno eine fühlbare Ver ringerung der Besatzungstruppen versprochen, dieses Versprechen bis jetzt aber nicht erfüllt habe, bemerkt das Journal -e Debats heute, der Effektivbcstand der französischen Besatzungstruppen habe seit Locarno bedeutende Verringerungen erfahren. Gegenwärtig werde ein Reorganisativnsplan geprüft, der die Besatzungsstärke aus 4 Divisionen verringern solle. — Demgegenüber muß von deutscher Seite betont werden, daß auch eine Herabsetzung der Be- satzungstruppen auf 4 Divisionen keineswegs befriedigen kann und daß immer wieder nachdrücklichst die völlige Räumung -es Rhcinlandes von Frankreich gefordert werden muß. Große Erregung in ganz Mexiko. Die vorliegenden Meldungen überbieten die früheren Berichte über den Zugüberfall noch. Ganz Mexiko ist aufs allerhöchste erregt und die Regierung hielt es für besser, eine Zensur für alle Bahnüberfallnachrichten einzuführen. Die Rebellen sollen über 500 bis 1000 Mann verfügt haben. Sie rissen nahe Limon im Staate Jalisco die Schienen aus, so daß der Zug zunächst entgleiste. Präsident Calles erließ eine Botschaft, worin die zuständigen Lokalbehörden zu rücksichtsloser Verfolgung der Rebellen und zu aller- strengsten Maßnahmen aufgefordert werden. Hilfszügs sind an der Mordstelle eingetrofsen und große Truppen aufgebote nahmen die Verfolgung auf. Mexikanische Zeitungen drücken vielfach die Vermutung aus, daß die Rebellen die Grausamkeiten begingen, um die Regierung Calles vor dem Ausland in Mißkredit zu bringen. An der Stätte des Verbrechens werden dauernd weitere Leichen geborgen. In dem überfallenen Zuge be fanden sich zwei Pullman-Wagen und verschiedene Bahn wagen erster und zweiter Klaffe. Die Reisenden waren meistens Wallfahrer, die in der Osterzeit die berühmte Kathedrale von Guadalajara aufgesucht hatten. Die Schreckenstat mexikanischer Banditen. 200 Passagiere getötet. Z ? 3 c- ^2 für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raum,eile 20 Rpfg., die 1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reicht» Pfennig, die 8 gespaltene Reklamczeile im textlichen Teile I Reichsmark. Nachweisuugsgebühr 20 Rcichspfennige. Dor» geschriebene Erscheinungs» —. . tage und PlatzvoHchristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeige», annahmebis vorm.ioukr. Für die Richtigkeit der durch Ferurus üdermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Raballanspruch erlischt, wenn dcrBetrag dnrch Klage eingezogen werden muh oderdcrAuftraggcberin Konkurs gerät. Anzeigcnnchincn alle Vermittlungsstellen entgegen. Z-S-3» ß 3 «Z " Z —-b 37-. L-* Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» .Wil»druff«r Tageblatt» erscheint an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bet Zustellung durch die Boten 2,3» RM., bei Postdestellung 2 DM. zuzüglich Abtrag» , , n rr .. . gebühr. Einzelnummern WRpsg. AllePostanstaUen 2BPcheUokatl fUk LBllHorUff U, ÜINsiLgLNd Postboten und unsereAus» trägcrunb Geschäftsstellen ' — nehmen zu jeder Zeit Be. stellungen entgegen. 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