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fferTageblatt - Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »Wilsdruff«« T«,«blatt- «rich«int an »L«n W«rkt«g«n nachmittags S Uhr. Be,ug,pr«i«: Bel Adholnng in b« DefchLft,stelle und ben Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bet Zustellung durch die Boten 2,3» RW„ del Poftbeftellung r «M. zuzüglich Abtrag. ,. . „ gebühr. Einzelnummer» ILR?f,.«llePüsta»ftaltm, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgehend Postboten und uns-re«»-. trilgerun^ Geschäftsstellen ——— nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. ImFalle Hühner Gewalt, Krieg odn sonstign Betriebsstürungcn besteht kein Anspruch aus Liesnung bn Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — BLcksendnng eingesandter Schriftstücke nsolgt nur, wenn Porto beiliegt. " 1 für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: di« »gespaltene Raumzelle 2» Rpsg., die 1 gespalten« Zeile dn amtlichen Bekanntmachungen 40Reich«. Pfennig, d^ 3 gespaltene R«klam«zeile im textlichen Teile l Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichrpsenuige. B«» geschriebeneErfcheinungs. . tage und PlatzvorschrW« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anz-i^s. annahm-bis vorm.l»Uhr. Für die Richtigkeit »« durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingezoge» werden mutz oderderAustraggeberin KonkursgerSt. Anzügen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannsch>Lft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr.146.— 86.Jahrgang Telgr Adr .Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Sonnabend, den25 Juni 1S27 Jugend und Alter. Der unbelehrbare Lothringer. — Zu neuen Zielen. — Der gefeierte Liebermann. — Hindenburg, der Volksheros. Mit seiner unzeitgemäßen Erinnerung an längst ver gessene Stresemann-Reden von vor sieben oder acht Jahren hat der französische Ministerpräsident lediglich eine neue Stresemann-Rede heraufbeschworen, die so ziemlich auf «Len Seiten des Reichstages als im höchsten Grade zeit gemäß begrüßt wurde. Es heißt ja wirklich, einen Fels block ohne jede Aussicht auf Erfolg einen hohen Berg immer wieder hinaufzurollen, wenn Herr Poincarü nicht darauf verzichten will, bei jeder passenden oder un passenden Gelegenheit kaum vernarbte Wunden mit gif tigen Worten zu bestreichen, die ihm in so überaus reicher Auswahl zur Verfügung stehen. Und wenn Herr Pom- carch wie es ja zumeist bei ihm der Fall ist, mit seiner neuesten Denkmalsrede das Böse wollte, so hat er doch insofern auch hier wieder das Gute bewirkt, als er die maßgebenden deutschen Parteien zu einer Protest kundgebung gegen sich zusammengeführt hat, die hoffentlich den Tag, an dem sie dem berufsmäßigen Friedensstörer an der Spitze der sranzösischen Regierung entgegengesetzt wurde, überdauern wird. Herr Poincarö ist ein Mann Ausgangs der Sechziger, aber er bleibt der unbelehrbare Lothringer, als der er in die politische Laufbahn eingetreten ist, und selbst sein nächster Freund wird ihm nicht nachsagen können, daß die Reife seines Urteils oder die Güte seines Herzens mit den Jahren zugenommen hätten. Wir müssen ihn als eine Erscheinung empfinden, die eigentlich ganz und gar der Vergangenheit angehört, und kommen, trotz nun schon reichlich gehäufter Erfahrungen mit ihm, aus dem Staunen nicht heraus, wenn wir immer wieder sehen, wie dieser Mann seine Herrschaft über Parlament und öffent liche Meinung des Landes zu behaupten weiß. Ob auch der politisch« Nachwuchs der Republik zu ihm hält, läht sich allerdings von außen her schwer beurteilen. Bei uns drängt dieIugend nach neuen Wegen und zu neuen Zielen. Wenn es nach ihr ginge, ganz und allein nach ihr, so wie sie es nicht gerade selten als ihr natürliches Recht laut und vernehmlich fordert, würde sich die alte r e Generation aus der Führung in Staat und Gesell schaft, in Kunst und Literatur widerspruchslos zuruckzu ziehen haben. Aber nicht jeder ist bereit, ihr diesen Ge fallen zu tun. Vorläufig hält man doch noch einigermaßen an dem überlieferten Standpunkt fest, daß erst einmal einen Befähigungsnachweis für sein Führer- talent zu erbringen hat, wer den Anspruch erheben will, an der Spitze des Volkes neue Wege für seine kulturelle Fortentwicklung, für die Sicherung seiner wirtschaftlichen Zukunft zu finden. Bisher ist wohl die Jugend den Be weis vielfach schuldig geblieben. Grund genug, um so liebevoller die wenigen hervorragenden Häupter der alten Generation zu feiern, die uns nach den schmerzensreichen Erlebnissen des letzten Jahrzehnts noch geblieben sind. Da ist einmal ein ganz großer Künstler, der in wenigen Wochen sein 80. Lebensjahr vollenden wird und dem zu Ehren aus diesem Anlaß die Berliner Akademie der Künste soeben in ihren Räumen eine Sonderans- stellunq veranstaltet hat: Max Liebermann. Ein bodenständiger vreußischer Mensch, wie er bei der Er öffnungsfeier der Ausstellung von dem Festredner des Tages genannt wurde, ein Künstler von internationalem Rang, den aller Wandel der Zeiten, der Kunstrichtungen und des Farbengeschmacks in der Selbstsicherheit seines Wesens, in der Unabhängigkeit seiner künstlerischen An schauungen niemals auch nur einen Augenblick hat irre machen können. Ein urwüchsiges Berliner Kind, hat er es an spöttischer Kritik gegenüber den mannigfachen Wandlungen des modernen Kunstlebens niemals fehlen lassen. Und wer selbst den köstlichen Schöpfungen seines unermüdlichen Pinsels nicht immer ungeteilten Beifall zollen konnte, der hat doch stets an dem bald beißenden, bald gutmütigen Witz dieses Meisters seine Helle Freude gehabt. , Da ist zum zweiten myer Reichspräsident, l der, ungebeugt durch die Last der Jahre, dem deutschen j Volk als ein ehrwürdiges Vorbild treuester Pflichterfül ¬ lung vorangeht. Als er vor zwei Jahren sehr gegen feinen Willen an die Spitze des Reiches berufen wurde, konnte er bereits auf ein Lebenswerk zurückblicken, das seinem Namen für immer den ersten Platz in der deut schen Geschichte sicherte. Wie er seitdem als Nachfolger Eberts das deutsche Volk nach außen und nach innen ver treten hat, das hat viele seiner früheren Gegner zum Schweigen gebracht, viele Zweifler in das Lager seiner Verehrer und Bewunderer geführt. Hat doch sogar der Bundespräsident der Schweizerischen Eidgenossenschaft von Hindenburg kürzlich gesagt, er werde „im Bewußt sein des deutschen Volkes wie ein Heros der antiken Legende fortleben", und sich zu diesem außergewöhnlichen Ruhmeswort in einer Debatte im Berner Nationalrat, als es von verschiedenen sozialdemokratischen Rednern be anstandet wurde, noch ganz ausdrücklich ohne jede Ein schränkung wieder bekannt. Wenn so ein auswärtiges Staatsoberhaupt über den deutschen Reichspräsidenten denkt und spricht, darf man gewiß der Zuversicht Aus druck geben, daß der 2. Oktober, an dem Feldmarschall von Ruhr oder Locarno? Das Echo der Stresemann-Rede. Was die internationale Presse sagt. Die Rede des deutschen Reichsaußenministers Dr. Stresemann im Reichstag, in der er sich hauptsächlich mit dem Verhältnis Deutschlands zu Rußland und Frank reich beschäftigte, hat sowohl im Inland wie im Ausland starkes politisches Interesse erweckt. Natürlich haben die Ausführungen Dr. Stresemanns auch Veranlassung zu längeren Kommentaren gegeben. Die Blätter der Reichs hauptstadt, die, politisch stark eingestellt, in solchen Fällen häufig als S,prachorgane der von ihnen vertretenen poli tischen Parteien gelten, heben fast übereinstimmend den großen Eindruck der Rede Dr. Stresemanns auf den Reichstag hervor und stellen auch das hohe Niveau dieser Neichstagssitzung fest. Die deutschnationale Deutsche Tageszeitung unterstreicht, im Reichstag sei die Wirkung der dämmernden Erkenntnis erlebt worden, daß die großen außenpolitischen Tage nicht dazu da sind, um innenpolitische Fehden auszusechten, sondern, daß hier durch Zusammenspiel von Regierung und Volksver- lretung eine bestimmte Wirkung nach außen hin erzielt werden müsse. Im Gegensatz hierzu kennzeichnet der deutschnationale Berliner Lokalanzeiger allerdings die Kede Dr. Stresemanns als eine politische Konkursansage. Die der Deutschen Volkspartei nahestehende Deutsche All- zemeine Zeitung stellt fest, daß die Darlegungen Dr. Stresemanns den allerstärksten Eindruck hinterließen und daß sie geeignet seien, auch im Auslands das Gefühl für anser Recht und unser ehrliches Wollen zu wecken. Die Rermania, die für das Zentrum ihre Stimme erhebt, unterstreicht, daß der Tag die Übereinstimmung der über wältigenden Mehrheit des deutschen Volkes in den großen Fragen unserer Außenpolitik von neuem gezeigt habe. Ein Zweifel an dem Locarnowillen des deutschen Volkes fei unmöglich. Die linksstehende Presse interessiert sich stark für die innenpolitische Seite der außenpolitischen Debatte, vor allem für die Zustimmung der Deutschnationalen zur Erklärung des Abgeordneten Kaas, die dieser im Namen der Regierungsparteien abgegeben hatte. Hindenburg sein 80. Lebensjahr vollendet, vom ganzen deutschen Volk als ein Tag der Freude, des Dankes und des Gelöbnisses zu opferbereiter Gefolgschaft im Dienste des uns allen gemeinsamen Vaterlandes gefeiert werden wird. Dr. Sv. Schwierige Wirischastsverhandlungen mit Krankreich. Vor dem vertragslosen Zu st and. Die in Paris seit längerer Zeit geführten deutsch- französischen Handelsvertragsverhandlungen drohen er folglos zu bleiben. Die Verhandlungen hätten am 30. Juni zum Abschluß gebracht werden müssen, da an diesem Tage das bisherige deutsch-französische Handels provisorium abläuft. Der französische Handrlsminister hat nun vor einigen Tagen der deutschen Delegation mit geteilt, daß vor dem l. Januar l928 keineswegs mit einer Erledigung des französischen Zolltarifes zu rechnen sei. Die französische Regierung hat den Vorschlag gemacht, ein neues Provisorium abzuschließen, bei dem aber nur ein sehr kleiner Teil der Waren einbezogen werden sollte. Die deutsche Regierung ist auf diesen Vorschlag nicht eiu- gegangen, da sie das System der kurzfristigen Handels provisorien völlig aufgrgeben hat. Ein deutscher Vor schlag, ein Handelsabkommen mit mindestens einjähriger Dauer abzuschließen, ist von Frankreich abgelehnt wor den. Gegenwärtig finden zwischen der französischen und der deutschen Handelskommission noch Besprechungen statt, doch handelt es sich hierbei um das Bestreb-en, dem kom menden vertragslosen Zustand gewisse Schärfen z» nehmen. Dieser vertragslose Zustand tritt also am 1. Juli in Kraft. Eine allzu große Verschärfung im deutsch-franzö sischen Warenverkehr wird allerdings nicht eintreten, denn auch die bisherigen Vereinbarungen erstreckten sich nur auf 15 bis 20 Prozent der gesamten Vertragsmaterie. * Frankreich fordert Meistbegünstigung ohne Gegenleistung. Paris, 25. Juni. Wie aus Paris gemeldet wir-, besteht Frankreich auf Zugestehung der Meistbegünstigung, ohne Deutsch land irgendwelche Gegenleistungen znznsprechen. Im befon-ren geschähe das mit Rücksicht auf die Industrie. Oie Auffassung in Krankreich. Von besonderem Interesse ist natürlich das Echo aus Frankreich, an dessen Adresse ein großer Teil der Aus führungen Strefemanns gerichtet war. Die Rechtspresse nimmt die Gelegenheit wahr, um ihre Hetze gegen Deutsch land zu verstärken. Sie bringt vor allen Dingen die Er klärungen Stresemanns, die sich mit dem Rheinland problem beschäftigen; arg verstimmt ist sie aber durch den Hinweis des Reichsaußenministers darauf, daß Poincars nicht mehr in außenpolitischen Dingen auf dem laufenden zu sein scheint. Die Blätter bezeichnen den Außenminister als schamlos, gehässig und unverschämt. Die Linkspresse ist allerdings in ihren Äußerungen etwas zurückhaltender. In ihr fehlt es sogar nicht an Anerkennungen für Strese mann. So erklärt dir „Volants", daß Stresemanns Rede gemäßigt, geschickt und beredt gewesen sei. Die Politik Frankreichs sitze jetzt aus dem Armensünderbänkchen. Londoner Echo. Die Londoner Blätter bringen ausführliche Auszüge der Stresemanu-Rcde. Der Berliner Korrespondent der rechtsstehenden Parteien meint, es habe selten in einer De batte üb-r auswärtige Angelegenheiten ein solches Bild der Einhelligkeit gegeben. Stresemanns Worte Ruhr — oder Locarno werden in den englischen Blättern als die Quintessenz der Rede betrachtet. Nach englischer Meinung ist die Sprache Stresemanns Rußland gegenüber bemer kenswert kühl gewesen und werde Moskau kaum be friedigen. Beifall in Wien. Lebhaften Beifall finden die Ausführungen Dr. Stre- femanns in der Wiener Presse. Besonderen Eindruck hat die Frage Stresemanns gemacht, „Wohin gehst du, Frank reich'?", welche daher auch bei fast allen Blättern als Über schrift ihrer Berichte oder Artikel verwendet worden ist. Anerkennung in Italien. Die italienische Presse bringt die Rede Stresemanns in ausführlicher Form an erster Stelle. Wenn auch eigene Betrachtungen fehlen, so ersieht mau doch aus den Über schriften, daß die Öffentlichkeit in Italien den Ausführun gen des Reichsaußenministers freundlich gegeuübersteht. Zwangsmiete bis LulL ^929. Beschlüsse des Reichsrats. Der Reichsrat hielt am Freitag eine öffentliche Voll sitzung ab, in der er die Vorlage der Reichsregierung ge nehmigte, durch die das Mietcrschutzgesetz und das Neichs- Mictengesetz um zwei Jahre bis zum 1. Juli 1929 ver längert werden. Die Entwürfe bringen eine Reihe von Änderungen, die teils vom Ncichsrat genehmigt, teils trotz Widerspruches der Regierung in namentlicher Abstim mung abgelehnt wurden. So wurde im Mieterschutzgcsetz der ganze Abschnitt über die Kündigung vom Reichsrat gestrichen. Der Ncichsrat hat ferner noch eine Änderung dahin getroffen, daß die Möglichkeit der Vornahme von Jnstaudsetzungsarbeiten durch die Wohnungsämter ein geschränkt wird. Neu ist ferner die Bestimmung, daß für Mietverhältnisse, die durch die Landeszentralbehörden aus dem Gesetz herausgcnommen sind, für die aber die gesetzliche Miete zunächst weiter gelte, auch eine Regelung nach dem früheren Vertrag möglich sein soll In diesen Fällen soll stets ein angemessener Zinssatz festgesetzt wer den. Die Ausschüsse des Reichsrats haben dazu Aus führungsbestimmungen beschlossen, gegen die die Reichs- regierung keine grundsätzlichen Bedenken erhob. Diese Beschlüsse bedeuten, daß das Gesetz vom März 1922 über die Bildung der gesetzlichen Miete, der sog. „Zwangsmiete", vorläufig bis zum 1. Juli 1929 bestehen bleibt. Preußen hat aus dem Gesetz bekanntlich die Be stimmungen über die gewerblichen Räume und die möb lierten Zimmer herausgenommen. Für diese Ausnahme hat der Reichsrat nunmehr Übergangsbestimmungen ge- schaffen. Weiter bleibt das Mieterschutzgesetz, also der sog. .Kündigungsschutz", in vollem Umfange bestehen. Kegierungskompromiß in -er Aulwertungssrage. Die Aufwertung der Sparkassenbeträge. In der Aufwertungsfrage ist ein Kompromiß zwi schen sämtlichen Regierungsparteien zustande gekommen. Danach soll 1. das Verfahren der sogenannten Einsetzung in den vorigen Stand erweitert und erleichtert, 2. bei der Anleiheaufwertung die Bedürftigkeitsgrenzc von 800 aus 1000 Mark heraufgesetzt, 3. der Zahlungsbcginn für aufgewertete Hypotheken vom 1. Juli 1926 aus den 1. April 1926 verlegt werden nnd 4. sollen die Nest - lausgelder aus dem Jahre 1921 für die ersten drei Quartale bis zur Höchstgrenze von 400 Prozent, für das