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Wir haben es ja in den letzten Wochen oft genug zu spüren bekommen, mit welch emsigen Fleiße man daraus »chtet, daß die deutsche Abrüstung bis zur letzten La- sette und bis zum letzten Koppelschloß durchgeführt ist und vurchgeführt bleibt. Um so stärker wirkt es, daß man in Kens sich über die Seeabrüstung wieder einmal nicht hat einigen können. Wochenlang haben England und die Vereinigten Staat en verhandelt, wochenlang gin- zen die Vorschläge, die Anregungen, die Vermittlungs versuche hin und her, bis jetzt endlich Japan, das dabei in allererster Linie versuchte, einen Ausgleich herzustellen, dem englischen Delegierten erklären ließ, daß alle Vermitt lungsversuche als gescheitert zu betrachten seien. Infolge- dessen wird die Konferenz ergebnislos auseinandergehen. Die Anregung zu dieser und den früheren, ebenso er gebnislos gebliebenen Abrüstungskonferenzen ging immer vom amerikanischen Präsidenten aus. Man muß das auch innenpolitisch betrachten, weil der amerikanische Präsident sehr gern in den Wahlkampf hineingegangen wäre mit dem Ruhm, das Wettrüsten der Welt gehemmt oder gar in nne rückläufige Bewegung versetzt zu haben. Natürlich hat dies nicht bloß einen moralischen, sondern vor allem einen finanziellen Hintergrund. Die Vereinigten Staaten als Gläubiger haben das größte Interesse daran, daß dis ehemaligen Alliierten ihre in Amerika gemachten Schulden auch bezahlen. England ist dazu imstande, aber Frank reich, das ja die größte Armee unterhält, hat immer noch lein Übereinkommen mit Amerika zwecks Regelung und Tilgung seiner Schulden getroffen. Daß Japan größtes Interesse zum mindesten an einer Einschränkung der See- cüstung hat, ergibt sich schon aus der schwierigen finan ziellen Lage, in der sich dieses Land befindet. Anderer seits ist England immer noch das Weltreich mit dem aus- gebrerteten Kolonialbesitz, hat also zahllose verwundbare die besonders durch eine möglichst große Kreuzer- stottille geschützt werden sollen. Zwischen England, Amerika, Frankreich, Italien und Japan war der Rauminhalt für Großkampfschiffe be schränkt Worden; ein Schiff sollte nicht mehr als 35 000 Tonnen Rauminhalt besitzen. Entscheidend war, daß für Kreuzer keine Baubeschränkung vorgesehen war oder viel mehr nur die eine, daß keine Kreuzer über 10 000 Tonnen gebaut werden sollten. Das hat England ausgenützt, in dem es nun einfach eine große Anzahl kleiner Kreuzer haute. Darin hat es Amerika gegenüber einen ganz ge waltigen Vorsprung erlangt und die Vereinigten Staaten müßten ein großes Bauprogramm ausstellen, um zur See rbenso gerüstet zu sein wie England. Denn inan traut einander nicht und der Geist des Mißtrauens hat auch jetzt wieder in Genf gesiegt. Man hat in Washington sehr bald erkannt, daß bei Durchfüh rung eines englischen Kompromißvorschlages gerade das Gegenteil der ursprünglichen Absicht erreicht wird, näm lich nicht die Abrüstung, sondern die Notwendigkeit für Amerika den englischen Vorsprung im Bau von Kreuzern wieder einzuholen, also eine sehr ausgedehnte Auf rüstung stattzufinden hätte. Und bezeichnenderweise gibt es in England keine einzige Partei, die sich nicht hinter den ablehnenden Standpunkt der Regierung stellt; man nimmt deswegen auch kaltblütig den Vorwurf auf sich, die Frage der Abrüstung wieder einmal auf die lange Bank geschoben zu haben, ehe man darin einwilligt, dis englische Seerüstung nicht so vollständig zu machen und zu^erhalten, als die Weltinteressen Englands dies in den Augen aller Engländer zu verlangen scheinen. Es ist mehr als ein zufälliges Zusammentreffen, daß gerade jetzt, da die Konferenz in Genf dem Ende entgegengeht, über London die großen Flugzeugmanöver veranstaltet wurden, die an geblich bewiesen, daß die Hauptstadt des englischen Reiches und damit England selbst nicht im entferntesten gegen einen feindlichen Angriff gesichert sei. Das Wettrüsten wird also in vielleicht noch ver schärfter Form fortgesetzt werden. Nur wissen wir aus den Erfahrungen bei Ausbruch des Weltkrieges, daß das Sprichwort: „Wenn du den Frieden haben willst, so rüste dich zum Kriege!" an Wahrheit recht viel eingebüßt hat. Langsam wächst der englischen Weltmacht als Kon kurrent die gewaltige Wirtschaftsmacht der Vereinigten Staaten heran und die Konfliktsstoffe häufen sich. Gerade in den letzten Tagen kam in der Olfrage ein solcher Zwist wieder besonders kraß zum Ausbruch und selbst kleine Ursachen haben in der Politik der Geschichte häufig unerwartet große Wirkungen ausgelöst. Schon wirft man sich gegenseitig übelwollen und Mißtrauen vor. Und ausgerechnet eine englische liberale Zeitung ist es, die von italienischen Absichten spricht, an strategisch wichtigen Stellen des Mittsl- meeres Flottenstationen zu errichten;, erwähnt wird dabei auch eine solche auf einer der.türkischen Klein- astenküste vorgelagerten Insel, wo sich dre Italiener schon 1911 festgesetzt haben. So verdämmert wieder der Traum der Abrüstung und wir Deutsche, die man zwangsweise abgerüstet hat, stehen allein im Kreise schwer bewaffneter Staaten, die hinter ihre Forderungen jederzeit dre Ge walt zu fetzen vermögen. Der KehIIchlag von 8enl. Neue Rüstungen in Aussicht England will keine Einschränkung. Die mit so vielen schönen Worten ins Leben gerufen. Genfer Konferenz zur angeblichen Beschränkung de: Seerüstungen nimmt einen kläglichen Ausgang. Di« Verhandlungen zwischen England, den Vereinigter Staaten und Japan haben auch nicht das geringste tat sächliche Resultat gebracht — man wird nach Hause gehe: mit dem allerseits gefaßten stillen Vorsatz, nun erst' rech neue schwimmende Festungen zu bauen. Niemand zweifelt mehr daran, dast die Genfer Ab rüstungskonfcrenz vollständig gescheitert ist. Zwar gib das Generalsekretär rat der Marinckonserenz offiziell be kannst daß die Vollsitzung der Konferenz auf Donnerstag den 4. August, festgesetzt worden ist, aber diese Bekannt gäbe wird eben als amtliches Eingeständnis der Erfolg, losigkeit angesehen. Japan, das die Vermittlerrolle zwischen den widerstreitenden Interessen Amerikas uul Englands spielen, sollte, erWrie, eine Vermittlung sei uw möglich gewesen. Und wie der „Chicago Tribune" aus Genf gemeldet wird, soll der Vorsitzende der amerikanische« Delegation der Drrimachteseeabrüstnngskc-nferenz mnnfl telbar aus Washington die Weisung erhalten haben, siü, von dieser Konferenz unverzüglich zurüSzuziehen. Wie ferner aus Newyork berichtet wird, habe der amerikanische Präsident Coolidge mittlerweile erklären lassen, daß er eine Vertagung der Seeabrüstungskonferenz jf auf unbestimmte Zeit einem offenen Zusammenbruch de; ! Konferenz in der Plenarsitzung am Donnerstag vorziehen i Würde, und hatte entsprechende Anweisungen nach Geist ' gehen lassen. Die britische Botschaft in Washington dementiert die Nachricht, daß England beabsichtige, noch ein anderes Mal neue Vorschläge zur Beilegung der be stehenden Schwierigkeiten zu machen. Wenn nicht im letzten Augenblick etwas Unerwartetes eintritt, so hat man unter diesen Umständen den bestimmten Einbruch daß die Vollsitzung am Donnerstag die letzte sein wird. Nur eine wohlklingende, zu nichts verpflichtende Ab- gangsformel wird man zu finden versuchen. Amerikanische Kritik an England. In einem viel beachteten Artikel weist die „Washington Kost" daraufhin, das? Großbritannien, bevor es begonnen yaoe, reine nrregs? a; ulo an Amerika zu tilgen, va- mit angefangen habe, die stärkste Flotte der Welt zu bauen, und fährt fort: Wenn Genf nichts weiter getan hat, dann hat es doch wenigstens Großbritannien gezeigt, wo es Geld sparen könnte, nämlich, indem es unnötige Kreuzer beseitigen und Neubauten einstellen würde. Amerikaner, die für die Annullierung der Kriegsschulden waren, können sich mit dem Gedanken trösten, daß Großbritanniens Schuldenzahlungen an Amerika immerhin die Vergröße rung seiner Kriegsflotte nicht stören. Es ist unbekannt, ob der Besuch, den der britische Botschafter Howard dem Staatssekretär Kellogg abstattete, mit diesem Artikel in Zusammenhang steht. LLsyö Georgs redet wieder. Der „große Mann" Englands aus dem Kriege, der so trefflich für fortschrittliche Ideen zu schwärmen weiß und ruhigen Herzens den Vertrag von Versailles mitzu schaffen sich bemühte, sagte in einer Rede zu Cambridge, daß es die größte Katastrophe für die Welt bedeuten würde, wenn der Fehlschlag der Genfer Konferenz zu einem Schisfbauwettbewerb zwischen den beiden größten Nationen der Welt führen würde. Im Augenblick lasse sich noch kaum übersehen, was geschehen würde, wenn es nicht gelänge, sich mit den Vereinigten Staaten über ein Schiff bauprogramm zu einigen. Er hoffe jedoch aufrichtig, daß es nicht zu einer Rivalität kommen werde, die zu einer Entfremdung der beiden größten Nationen führen würde. Von Amerika und England hänge der Frieden der Welt ab. Daß der „Frieden der Welt" nach britischer und an scheinend auch nach Lloyd Georges Ansicht gleichbedeutend ist mit dem uneingeschränkten nutzbaren Michtbedürfnis Englands, erwähnte der Redner nicht. Letzter Versuch Japans. Die Führer der japanischen Delegation versuchen, die Genfer Konferenz noch im letzten Augenblick zu retten. Sie haben den Amerikanern und den Engländern neue Vorschläge und Anregungen unterbreitet. Infolge dieses Schrittes finden ununterbrochen Verhandlungen zwischen den Japanern und Amerikanern einerseits und den Japanern und Engländern andererseits statt, über den Inhalt der neuen Vorschläge wird vorläufig strengstes Stillschweiaen gewahrt. Oie ueus Rsichsamueßis. Zum 80. Geburtstag des Reichspräsidenten. Im Reichsjustizmimstsrium wird ein Am ne stie gesetz entwurf sertiggesteltt, der dem Reichstag in seiner Septembertagung zur Erledigung vorgelegt werden soll. Auf Grund des neuen Gesetzes soll eine große Zahl politischer Gefangener, darunter auch solche, die zu lang jährigen Zuchthausstrafen verurteilt worden sind, be gnadigt werden. Der Reichstag hatte am 3. Juli einen Antrag an genommen, in dem der Reichsregierung der Erlaß einer Amnestie anläßlich des 80. Geburtstages des Reichspräsidenten nahegelegt wird. Da dem Reichspräsidenten das Begnadigungsrecht nur gegenüber den vom Reichsgericht Verurteilten zusteht, das Begna digungsrecht im übrigen aber den Landesregierungen Vorbehalten ist, wird zur einheitlichen Durchführung einer größeren Begnadigungsaktion immer der Erlaß eines Reichsgesetzes notwendig. MWim über die Anjchluöstase. Italien setzt die Steuern herab. Mussolini wies im letzten italienischen Ministerrat darauf hin, daß sich auf dem Gebiet der internationalen Politik in den letzten Wochen nichts ereignet habe, woran Italien besonders interessiert gewesen wäre. Was die Vorgänge in Wien angehe, so habe die italienische Regierung nie daran gedacht, sich in die inneren Angelegenheiten der Österreichischen Republik einzumischen. Anläßlich der Wiener Revolte seien aber wieder die alten Thesen von der Donauföderation und von der Bereinigung mit Deutschland ausge taucht. Es sei klar, daß keine dieser Lösungen mit den Friedensverträgen vereinbar sei, und daß vor allem der Anschluß die politische Karte Europas verschieben würde. Italien ändere daher seine Haltung nicht. Im weiteren Verlauf des Ministerrates wurde ein Gesetzentwurf über Herabsetzung der Steuern angenom men. Der Betrag der Herabsetzungen soll 1135 000 000 Lire erreichen. Herabgesetzt werden vor allem auch die Post- und Eisenbahngebühren. Sie dsuM-sranMchen WirMaD- verhaudlnngcn. Optimistische Auffassung in Frankreich. Bis vor kurzem hatte die Pariser Presse die Schuld an dem schleppenden Verlauf der deutsch-französischen Wirtschaftsverhandlungen Deutschland in die Schuhe zu schieben gesucht und täglich fast das Gespenst des Ab bruches der Verhandlungen an die Wand gemalt. Nun aber melden die Pariser Blätter, daß sich eine An gleichung zwischen den beiderseitigen Auffassungen anbahne, und daß auch der Handels- minister Bokanowski sich über den Verlauf der Wirt schaftsverhandlungen optimistisch geäußert habe. Das „Journal" glaubt sogar Mitteilen zu können, daß durch gegeneitige Zugeständnisse der beiden Dele gationen die Unterzeichnung des Handelsprovisoriums unmittelbar bevorstehe, und daß die Geltungsdauer des Abkommens bis zum 31. Dezember dieses Jahres festgesetzt werden werde. Festzustehen scheint, daß man auch auf der Seite der deutschen Delegation der Auffassung ist, daß zum Ende dieser Woche eine Entscheidung herbeigeführt werden wird. Em Großfesrsr durch BÜtzschZag. 40 Häuser in Liedolfsheim (Baden) vernichtet. Durch Blitzschlag entstand in dem Dorfe Liedolfs - y e i m bei Karlsruhe ein Grotzfeuer, das sich infolge starken Sturmes sehr rasch ansbrcitetc. Ganze Straßenzüge wurden vernichtet. Die von allen Seiten zur Hilfeleistung herbeigceilten 20 Feuerwehren konnten infolge Wassermangels nicht verhindern, daß dem Brande über 40 Häuser zum Opfer fielen. Zahlreiches Vieh ist um gekommen. Der Materialschaden wird iuf über eine halbe Million Mark geschätzt. Wenn die Karlsruher Berufsfuerwehr nicht mit großer Tatkraft eingegrifsen hätte, so wäre zweisellos die ganze große Ortschaft dem Feuer zum Opfer gefallen. Mehrere Häuserkomplexe bilden einen Trümmerhaufen. Der große Gasthof Fuerniß ist mit sämtlichen Einrichtun gen und Warenvorräten ein Raub der Flammen ge worden. Menschenleben sind aber glücklicherweise nicht zu Schaden gekommen. Ebenso sind in Nußloch bei Heidelberg durch ein Nroßfeuer sieben Wohnhäuser und fünf Scheunen vernich- let. Lier. wird,eine Brandstiftung vermutet.