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MOmfferMeblatt I Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, W?^nbla1t für Wilsdruff u. Umgegend Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeiarnprri»: dir 8 gespaltene Raum,eile ro Sipsg., l>ie t gespalten« Zeile Ler amtlichen Debannlniachungen 40 «eich» Pfennig, die Sgespaltene Retlamezeil« im textlichen Teil» 1 Reichsmark. Nachw«is»ngrgrbühr 2V Reich-Pfennige. Bem» geschriebene Erscheinung,. tag-und Platzporschrist« werden nach MSglichdeit VNsvVLkll Lkl Amt WllSdkUff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeige» «»nähme bi-norm.10Uhr. > " Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keineGarantte. Jeder Radatianspruch erlischt, wenndcrBetragdtlrch Klage eingezogen werden mutz oderder Austraggcber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Dermittluug-ftellen entgegeu. Nr, 261, — 86 Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« W LlSdrUsf- DVSSdk » Postscheck: Dresden 2646 Dienstag, den 8 November 1S27 KmWze ichlze der Mberl-MWist Mieter und Vermieter zwischen vem Reich aus der einen, den Ländern und den Gemeinden auf der anderen Seite zum Gegenstand schärfster und rücksichtslosester Kritik gemacht hat. In ihnen sieht er nur den Hemmschuh für eine verwaltungs organisatorische, wirtschaftliche, finanzielle Vereinheit lichung Deutschlands zu dem alleinigen Zwecke, Träger der Reparationsverpflichtungen zu sein, einen Haushalt aufzustellen, von dem die Ausgaben für jene Körper schaften möglichst weitgehend zu verschwinden haben, Daß dies nicht geschieht mit der Schnelligkeit, wie es Gilbert verlangt, ist für ihn Beweis genug für die Be hauptung, Deutschland zeige nicht bloß einen Widerwillen gegen die Durchführung des Dawes-Planes, sondern ver hindere die Transfermöglichkeit. Gerade auf diese kommt es ja dem Reparations agenten natürlich in erster Linie an: es ist ihm nicht genug, daß Deutschland zahlt, sondern die Gläubigerländer sollen auch „bar Geld sehen". Wenn er davon spricht, daß die steigende Ausgabenwirtschaft der deutschen Regierung ein schnelles Anwachsen der deutschen Ausfuhr über die Ein fuhr verhindere, so rührt er damit an der Grundlage des gesamten Dawes-Planes. Er war daränf abgestellt worden, daß die deutsche Wirtschaft sich schnell erholen würde, um die Lasten des Planes durch die Steige rung der Ausfuhr über die Einfuhr, volkswirtschaftlich ge sehen, hereinzubringen. Dann erst ist ein die Währung nicht erschütternder Transfer möglich. Aber diese Voraus setzung hat sich nicht erfüllt; Parker Gilbert sagt: durch die Schuld der deutschen Regierung. Was das auf unsere Kreditwürdigkeit im Ausland an nachteiligem Einfluß ausüben kann, braucht nicht erst hcrvorgehoben zu werden. Einen Schlag hat damit der Reparationsagent gegen uns geführt, dessen schwere Folgen wir bald genug verspüren werden. Frankreich. Die französischen Blätter heben aus der Antwort Dr. Kohlers an Gilbert vor allem die Stelle hervor, wo er im Ramen der Reichsregierung sich noch einmal formell zur ge wissenhaften Durchführung des Dawes-Plaues verpflichtet. — „Malin" betrachtet die Antwort der Reichsrcgicrung als einen politischen Akt von höchster Bedeutung. Es sei einer der Vorteile des Dawes-Planes, daß durch direkte Verhandlungen zwischen Deutschland und den interessierten Mächten eine loyale Aussprache ermöglicht werde. — „JournöeJn-e dustrielle" erklärt, vom Standpunkt Deutschlands aus ge sehen, bestätige die Lage die Schlußfolgerungen Parker Gil berts, daß das künstlich ersetzte Kapital sich nur durch Ord nung, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit tatsächlich wieder bilden könne. Die Interessen Deutschlands deckten sich hier genau mit denen seiner Gläubiger. — „Populair e" meint, schon heute könne man sich sagen, daß in zwei Jahren, wenn nicht schon früher, alle Mächte, die die Abkommen von Lon don unterzeichnet haben, in ihrem eigenen Interesse veranlaßt Werden würden, die Zahlungsbedingungen einer neuen Prü fung zu unterziehen. Dies werde vielleicht der Augenblick sein, endgültig die Höchstsumme der deutschen Reparations zahlungen festzusetzen. Echo im Auslände. England. Die Londoner Presse behandelt die Auseinandersetzung zwischen dem Revarationsaaenten und dem deutschen Reichs- Schwarzer Moniag an der Söffe. Folgen des Reparationsschriftwechsels. Die Kritik des Reparationsagcnten Parker Gilbert an der deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik hat die Börse außerordentlich ungünstig beeinflußt. Obwohl die Groß banken erklärten, daß der Kursstand schon seit Wochen zü- rückgegangen wäre und für die Baissespekulanten jetzt kein Anlaß mehr für eine neue Ermäßigung des Kursstandes der deutschen Aktien vorläge, kam es in Berlin, Hamburg, Frankfurt a. M. zu Abgaben auf der ganzen Linie. Un glücklicherweise wurde zur gleichen Zeit wie die Gilbert- Denkschrift auch ein Situationsbericht der Vereinigten Stahlwerke in Düsseldorf veröffentlicht, der pessimistisch gehalten war und von den erwarteten Dividenden aussichten nicht sprach. Er wirkte daher aus die Aktien der Westdeutschen Jndustrieunternehmungen nachteilig ein. Wenn diese Papiere der Schwerindustrie im Kurse znrück- gchen, folgt zwangsläufig eine allgemeine Abschwächung. Es gab bei den bekannten hochbewerteten Aktien Rück schläge um 1v bis 15 Prozent, Vereinigte Glanzstofswerke Elberfeld gingen sogar um 28 Prozent zurück. Das merst- gehandelte Papier, I. G. Farbenindustrie, verlor 14 Pro zent. Auch festverzinsliche Werte, Obligationen und Gold- Pfandbriefe gingen um N vis Prozeut zuruck. Das ist "in so auffälliger, als doch bei einer schlechteren Renta bilität der industriellen Unternehmungen dre Verzinsung für diese Werte nach dem Handelsgesetz dieselbe bleiben muß. Auch das Privatpublikum erschien auf den Börsen- märkten mit großen Angeboten, ein Beweis, wie beunruhi gend die Reparationsauseinandersetzung auch außerhalb der Fiuanzkreise gewirkt hat. steuer geordnet und es werden einheitliche Vorschriften über die Veranlagung und die Erhebung gegeben. Das Schwergewicht des Gesetzentwurfes liegt bei dem Gebäudeentschuldungsgesetz, das einen Hauszinssteuerersatz bringt. Die jetzige Hauszinssteuer soll in eine Gebäudeentschuldungssteuer und in eine Wertcrhalttmgssteuer umgewandelt werden. Die Höhe der Entschuldungssteuer richtet sich nach der Höhe der Be lastung des Gebäudes in der Vorinslattonszeit, also nach der Höhe des investierten fremden Kapitals, die Werterhaltungs steuer wird in einer nach der Höhe des im Gebäude in der Vorinslattonszeit angelegten Eigenkapttals sich richtenden Staffelung vorgesehen. Der Ertrag der Steuer, der auf eineinhalb Milliarden geschätzt wird, ist für den allgemeinen Finanzbedarf der Länder und für die Wohnungswirtschaft bestimmt, und zwar in der Regel mit je 50 Prozent des Gesamtaufkommens. Die Werterhaltungssteuer soll vom Rechnungsjahr 1931 ab auf die Hälfte herabgesetzt werden und von 1934 an ganz Wegsallen. Der Chc-rakter einer Sondcrstcucr und einer reinen Finanzsteuer kann bei dieser Steuer ernsthaft nicht geleugnet werden. Wenn man glaubte, dem Hausbcsitz eine solche Be lastung neben den übrigen ihn treffenden Steuern zumuten zu können, so hätte es eines so komplizierten Gebäudes nicht bedurft, dann hätte man es einfacher gehabt, wenn man für städtischen und ländlichen Grundbesitz eine Sondersteuer vom tatsächlichen Mietertrag oder bei Selbstbenutzung vom ge schätzten Mietcrtrag erhoben hätte. Daß der städtische Haus bcsitz gegen die Gcbäuoecntschuldungsstcucr in Kampfstellung rückt, ist eine wirtschaftspsychologische Selbstverständlichkeit. Das Schicksal des Gesetzes läßt sich zurzeit auch nicht im ent ferntesten übersehen. Der letzte Entschcidungslamps wird beim endgültigen Finanzausgleich zwischen Reich, Län dern und Gemeinden zu führen sein. Zum Schluß der Tagung wurde einstimmig eine Ent schließung angenommen, in der u. a. gefordert wird: ein festes, zur freien Wirtschaft zurücksübrendes Reichsbau- und Woh nungsprogramm, sofortige reichsgesetzliche Aushebung der Zwangsgcsetze für alle diejenigen Räume, die in ausreichender Zahl an- geboten sind, also rein gewerbliche Räume und übergroße Wohnungen, Festsetzung von unveränderlichen Zeitpunkten, an welchen künftig die verschiedenen anderen Raumgruppen in stufenweisem Abbau befreit werden, Wegfall von Sondcr- nnd Doppelbesteuerungen der gewerblichen Räume. * Gegen die Ausgabe des Mieterschutzes. Protestkundgebung der Mieter. Der Reichsbund deutscher Mieter, Verband Berlin, ver anstaltete eine öffentliche Protestkundgebung, in der gegen den Amerika. Das Memorandum Parker Gilberts und die deuksche Ant wort bildeten die Sensation der amerikanischen Sonntags- blätter. Im allgemeinen wird der Schriftwechsel ausführlich, doch nicht sehr freundlich für Deutschland besprochen. Man pflichtet Parker Gilberts Behauptungen bei, daß Deutschland zuviel Geld borge und zuviel ausgebe. Die Ausführung des Dawes-Planes müsse allen anderen Verpflichtungen voraus gehen. Me Vesteurmog des Hausbesißes. Für Abbau der Zwangswirtschaft. Auf einer Tagung des Reichsverbandes Deutscher Ge schäfts- und Jndustriehausbesttzer E. V. in Magdeburg hielt Reichsminister a. D. Külz über Hausbcsitzerfragen eine Rede, in der er aussührtc: Die Sorgen des Hausbesitzes strömen aus zwei großen Quellen, aus der Wohnungswirtschaft und aus der steuer lichen Behandlung des Hausbesitzes; zwischen beiden besteht eine unmittelbare Verbindung, und zwar dergestalt, daß die gegenwärtige Wohnungswirtschaft in erheblichem Umfange die Ursache für die jetzige steuerliche Behandlung des Haus besitzes ist. Als allgemeines Gebot läßt sich erkennen: Die Zwangswirtschaft ist überall dort und immer dann durch klare und einfache Rechtsvorschriften abznbauen, wo für bestimmte Gruppen und Klassen von Räumen die Entwicklung im frei- gcwordenen Verkehr durch Angebot und Nachfrage vor sich gehen kann. Das wird bei gewerblichen Räumen anders aus sehen wie bei Wohnräumen, bei kleinen Raumeinheiten anders als hei großen, aus dem Lande anders als in der Stadt, über all aber mutz die Tendenz aus Wiederherstellung vertrags mäßig geregelter freier Wirtschaft und nicht aus Verewigung gesetzlich gebundener Zwangswirtschaft gerichtet sein. Das liegt im Interesse des Hausbesitzes, des Mieters, dem die moderne Errungenschaft der Freizügigkeit wieder gegeben sein wird, die jetzt praktisch für Hunderttausende von Arbeitern, Angestellten und Beamten aufgehoben ist, weil sie am Orte ihrer Arbeit keine Wohnung finden, das liegt auch im Interesse der Behebung des Wohnungsmangels, weil auf andere Weise kein Anreiz für das freie Kapital gegeben ist, in der Er stellung von Wohnraum Anlage zu suchen. Das Problem der Wohnraumbeschaffung in Verbindung mit fiskalischem Bedarf hat die Hauszinssteuer geboren. Das jetzt vorliegende Steuervereinheitlichungsgesetz erstrebt eine reichsgesetzliche Festlegung der Besteuerungs grundlagen. Ein Grundstück soll künftig nur noch mit dem Einheitswert, der nach den Vorschriften des Bewertungs rechtes festgestellt ist, zur Grundsteuer herangczogen werden können, eine klare Scheidung der Steuergegenstände, die der Grundsteuer und derjenigen, die der Gewerbesteuer unter liegen, und eine einheitliche Begriffsbestimmung der Steuer gegenstände für das ganze Deutsche Reich und eine einheitliche Bcrechnungsart der Rcalstcucrn werden nngestrebt. Insoweit m die allgemeine Tendenz des gesetzgeberischen Vorgehens zu billigen. Auch die speziellen Absichten des Grundsteuer- Gesetzes verfolgen richtige Ziele. Hier soll die Frage n>verden, weiche Gegenstände der Grundsteuer unter- wird der richtige Grundsatz sestgehalten, daß Au ^"lekt ""ch "ur öum Teil mit beiden Nealsteuern, also mit Grund- und mit Gewerbesteuer, belastet werden darf, ferner wird in dem Gesetz die Bercchnunasart für die Grund- sinänzminister, Dr. Köhler, zwar zurückhaltend, aber doch mit deutlichem Unterton zur Kritik an der deutschen Finanzhand habung. Die „Times" bezeichnen das Schreiben Gilberts als eine wirksame Anklage gegen die deuischc Finanzpolitik. Seitdem, im Jahre 1924, durch de» Dawes-Plan Deutschland finanziell Luft bekommen habe, sei dort eine Politik der Ver schwendung eingerissen. Die Antwort des Reichsfinanz- minificrs aus die „Anklagen" Gilberts sei wenig überzeugend. — „Financial News" schreiben, daß die Denkschrift des Reparationsagertten nicht geeignet sei, die Befürchtungen in bezug aus die glatte Abwicklung des Reparationsplanes zu beseitigen. Deutschlands jetziger Wohlstand, der aus geborgtem Gclde beruhe, sei künstlich und unnatürlich und könne eines Tages zur Katastrophe führen. Reichsregierung und Reparationsagent. Man mag von dem Memorandum des Reparations- ngenteu sagen, daß es sich immerhin noch in den Former äußerer Höflichkeit hält, mau mag auch sagen, daß dic deutsche Antwort ein sehr weites Entgegenkommen be weist — das räumt beides die Tatsache nicht aus dei Welt, daß hier der Reparatiousagent, dort die Reichs- regieruug die Dinge mit ganz verschiedener A ugen anschen. Mau liest in der Erwiderung der Neichsregierung: „Auch vom Staudpunkt der Gläubiger- läuder aus kann es nicht ohne Bedeutung sein, ob das Deutschland, von dem die Leistungen des Sachverstän digenplaues erwartet werden, ein Land voller politischer Erregung und voller innerer Unruhe ist, weil eine Reihe von nach der Überzeugung des deutschen Volkes und seiner Regierung lebenswichtigen Fragen nicht oder nicht zu länglich gelöst sind." Hier, in diesem Gedanken liegt der Punkt, in dem die Gegensätze aufeinanderprallen; die Negierung spricht von „staatspolitischen Notwendigkeiten", legt größtes Gewicht auf die Erhaltung des „Leistungs willens des Gesamtvolkes" — und dem Reparatious- agenteu ist das alles nicht nur gleichgültig, sondern er ockampft jeden Versuch der deutschen Reichsregierung, die Erregung im Volke zu dämpfen, weil das den Dawes- ^lan in Gefahr bringe. Er beschuldigt die Negierung Sabotage der Ansführung dieses Planes, ans vee besehen, überhaupt nicht erfüllen; lichkcii' siÄ^g'erung selbst muß die V e r a n t w o r t - durch nbermäsüq^,,^ ruhen bleiben, welche Behinderung der c». der Einfuhren und durch die Transfers darauf ausgeheu, k e n". Durch die Kommend t e n beschräu - und Pariser Presse wird der Satt L°«douer Rewv07kec unterstrichen; wenn den .FiatsttNä^nd^erGllberts noch "'s,- Isolat die Tendenwn" r, des Generalaaenten Ä KV d es d-n Eindruck verstärke u nicht mit gehöriger Berücksichtigung seiner Reparations- ^'^PÄe^ eben ^ur Sachwalter der Gläu ¬ bigerstaaten und lehne ee> NN falsch verstandenem Interesse seiner Mandanten rundweg ab, irgendwelche Rücksicht auf das historisch Geworg nehme«. Tie Antwort ver Re-chsreg erung trifft einem Punkt diesen Gegenwtz cer ffnichauungen be sonders deutlich: Der F > na n z a " Aufgaben- und die Lastenverteifling Zwischen Reich Lan dern und Gemeinden in Deutlchland, la^t Uom *e!n wirtschaftlich-finanziellen Standpnnrt aller i au^> be urteilen, sondern ist nur als Produkt einer laugen historischen Entwicklung anzusehcn, und „das fft ganz ve- ondcrs schwierig für jeden, der dic geschichtliche Ent- tvicklung nicht vor Augen bat". Darüber geht Parket Pbert tu seinem jüngsten Memorandum ebenso hinweg, u>e er schon jn seinen früheren Berichten das Verhältnis