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AWdnOrTageblait Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Da« »Wilsdruffer Tageblatt' erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Postbestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle nehmen zu jednZ-iiD-stellungcneni. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umhegend g-gkn. Im Kalle Hähner Gewalt oder sonstiger Betriebsstörungen besteht Lein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut aufliegender Preisliste Nr. 5. - Ziffer-Gebühr: 20 Rpfg. - Vorgeschriebene Erscheinungstage und Pla^wünjche werden nach Möglichkeit berücksichtigt. Rnzer g en - ^nn a h me bis vormittags 10 Uhr. Für d'e Richtigkeit der durch Fernruf übermit- Fernsprecher: Amt Wilsdruff 206 leiten Anzeigen uberneh. mm wi? kein« Gewähr. Tl— — - B°, Konkurs und Zwangrvergleich erlisch, jeder Anspruch aus Nachlaß. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 228 — 94. Jahrgang Drahtanschrift: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 30. September 1935 An die Soldaten von morgen. Ein Frontsoldat spricht zu dem ersten Jahrgang der neuen Wehrmacht. Ihr Jungen von 21 Jahren, ihr Kinder des Schick saljahres 1914 seid vom Führer und Reichskanzler auf gerufen, eure Dienstpflicht in der Wehrmacht zu er füllen. Ihr seid bereits gemustert, ihr seid zum größten Teile für tauglich befunden, ihr habt Wünsche geäußert, zu welchem Wehrmachtsteil, zu welcher Waffengattung euch euer Herz zieht. Ihr seid voller Spannung, ob ihr das Weiß des Infanteristen, das Rot des Artilleristen, das Gelb des Kavalleristen, das Rosa des Kraftfahrers, das Schwarz des Pioniers, das Braun des Funkers, das Lichtblau des Fliegers oder das Dunkelblau des Matrosen tragen werdet, ob ihr auf flinkem Pferde Feld und Flur durchstreifen, auf knatterndem Motor die Straßen ent- langbrausen, im Flugzeug die Luft durchsegeln, mit dem Torpedoboot die Wellen durchfurchen werdet oder ob ihr euch wie die Musketiere und Grenadiere des Weltkrieges auf eure eigenen Füße werdet verlassen müssen. Es ist letzten Endes nicht so von entscheidender Be deutung, bei welchem Wehrmachtsteil, bei welcher Waffen gattung und in welchem Standort ihr eurer Dienstpflicht genügt. Eine jede Waffengattung ist notwendig, ist un entbehrlich im großen Organismus der Wehrmacht, ein jeder Wehrmachtsteil, eine jede Waffengattung hat ihre Vorzüge, hat ihre Nachteile, ihre Schönheiten, ihre Schat tenseiten. Waffenstolz ist verständlich, aber er darf nicht zur Überhebung führen. Wer auf dem Pfcrderückcn, dem Sitz des Kraftfahrzeuges sich fünf Fuß über den Erd boden erhebt, darf nicht geringschätzig auf den herab- blrcke», der im Straßenstaub der Marschkolonne an einem Tage mehr Schweißtropfen vergießt, als er in Wochen und Monaten. Er darf nicht vergessen, daß der In fanterist nach wie vor die Hauptlast des Kampfes zu tragen hat und ihm daher die höchste Ebre gebührt. Der 'Infanterist mag sich aber im Frieden trösten, daß ihm nach Abschluß jeder Gefechts- und Marsch übung Feierstunden Winken, die für die Kameraden der berittenen und motorisierten Waffen mit der Pflege von Pferd und Gerät ausgefüllt sind. Glaubt mir auch: in jedem Standort läßt es sich für den Soldaten leben, auch ein kleiner Standort hat seine besonderen Reize, und allzuoft und allzuweit führt euch euer Weg überhaupt nicht aus dem Kasernentore hin aus. Seid froh, wenn jhr nicht immer an Mutters Schürzenband hängt, wenw eure Dienstzeit euch Gelegen heit gibt, auch andere Gaue und Stämme eures Vater landes kennenzulernen. Nutzt die wenigen Wochen, die euch bis zur Einstellung verbleiben! Kräftigt und stählt euren Körper, soweit ihr es bisher nicht getan habt, in Spiel und Sport, macht eure Glieder ge schmeidig und gelenkig! Härtet euch ab! Haltet euch rein! Geht noch ein wenig bei Mutter in die Lehre! Lernt, wenn ihr es bisher noch nicht begriffen habt, wie man einen Knopf annähen, einen Riß ausbessern, ein Paar Strümpfe stopfen und waschen, die Stube ausfegen und aufräumen soll! Habt keine Sorge, daß ihr den Anforderungen eurer Dienstzeit körperlich und geistig nicht gewachsen seid. Ge wiß, es weht ein rauher, aber ein herzlicher Ton durch die Kasernenstuben. Es muß in dem einen kurzen Dienstjahr viel verlangt werden. Aber die Vor gesetzten sind erfahrene Ausbilder, die ihre Forderungen nicht Überspannen, die wissen, was ein junger Körper leisten kann. Es wird euch, die ihr zum größten Teil durch die Schule der HI., der SA., derSS., des Arbeitsdien st es gegangen seid, nicht all zu schwer fallen, sie zufriedenznstellen. Freilich mit ganzem Herzen, mit ehrlicher Begeisterung müßt ihr dabei sein, müßt euch innerlich und äußerlich zusammen reißen, müßt die Zahne zusammenbeißen können. Es werden Stunden kommen, wo ihr meint, daß es über eure Kraft geht; dann denkt an eure Väter, und wieviel Mehr sie im Wirbel der Materialschlacht auf sich zu nehmen hatten, und ihr werdet euch sieghaft durchsetzen und zu wahren, Willensstärken Soldaten werden! Be fürchtet nicht, daß die militärische Zucht und Ordnung euer eigenes Selbst unterdrücken wollen, sie wollen es euch nur in Fleisch und Blut übergehen lassen, daß ihr nicht um eurer selb st, sondern um derGe - Meinschaft, um eures Volkes willen aus Erden seid, daß ihr allein nichts, Seite an Seite mit euren Volksgenossen unter einem starken, zielbewußten Führer willen alles bedeutet! Seid stolz, daß ihr als erster geschlossener Jahrgang seit 18 Jahren wieder dem Vater land dienen dürft! Die ganze Nation sieht auf euch! Sie erwartet, daß ihr euch dieser Ehre würdig zeigen werdet, daß ihr in Friedenstagen feste Stützen des Staates und in Kriegszeiten kampfgeübte Verteidiger seines Lebens- ' raumes werdet. Freut euch auf eure Dienstzeit. Sie wird euch bei aller Aüfpanung manche frohe Stunde bringen. Ihr werdet ein Jahr lang frei sein von den Sorgen und der Hast des Erwerbslebens, von der Enge 3m MemlW M heute mH Wühlt Abänderung des Wahlgesetzes durch die litauische Regierung Die Wahlen am Sonntag im Memelgebiet, die schon seit Wochen im Zeichen des ungesetzlichen litau ischen Wahlterrors standen, haben erwiesen, daß bei der rigorosen Verminderung der Wahllokale eine ordnungs gemäße Durchführung nicht möglich war. Da schon am Sonntagvormittag klnr wurde, daß bei diesem Wahl system unmöglich alle Wahlberechtigten bis zum Sonntag abend ihre Stimme abgebcn konnten, hat das litau ische Kabinett in einer Sonntagssitzung beschlossen, eine Abänderung des Wahlgesetzes dahingehend vor- zunehmcn, daß die Wahl am Montag fort gesetzt wird, und zwar in der Zeit von 8 Uhr früh bis 18 Uhr abends. Der litauische Kriegskommandanl des Memelgebiets, Liormonas, hatte im letzten Augenblick die Stadtverwal tung angewiesen, die memelländische Polizei am Wahltag zurückzu ziehen und den gesamten Ordnungsdienst in der Stadt Memel der litauischen Staatsschutzpolizei und der litauischen Grenzpolizei zu überlassen. Wie aus Memel gemeldet wird, beherrschte das litauische Element unter dem Schütze der litauischen Polizei und der litauischen Spitzel in der Nacht zum Sonntag das Straßenbild der Stadt. Morgens um 7 Uhr waren bereits Hunderte von Wählern vor den Wahl lokalen erschienen. Der Wahlgang wär sehr schleppend und zeitraubend. Da die Entwicklung des Wahlgeschäfts noch infolge der sehr unpraktischen Anlage des Stimm blockes ungeheuer erschwert wurde, wurden in den Wahl lokalen in der Stunde durchschnittlich nur. etwa 80 Wähler abgefertigt. In dem Wahllokal Trakseden fehlten in den Stimmblocks die Nummern 151 bis 156, darunter fallen auch die Nummern für zwei Kandidaten der Memelländi schen Einheitsliste. Aus anderen Orten wurde gemeldet, daß die litauischen Wahlvorsteher den litauischen Ver trauensleuten bereits am Sonnabend die Stimmblocks ausgehändigt haben. Dies läuft der Wahlordnung zu wider. ' In den Orten Wilkictcn und Saluten erhielten die litauischen Vertrauensmänner, u. a. der Litauer Johann Gebenus, schon vorher die Stimmscheine für die als Litauer bekannten Wähler, damit diese Wähler sich für die Wahl bereits vorbereiten konnten. Memelländer von Litauern niedergestochen. Die Befürchtung, daß es unter diesem Terror und bei der einseitig eingestellten Polizeiaufsicht auch zu be - bäuerlichen Zwischenfällen kommen würde, hat sich bestätigt. Am Sonnabend ist der Memelländer Mikloweit aus Jonaten, Kreis Heydekrug, von Litauern, die in einem Postauto vorüberfuhren, auf der Straße beim Anbringen von Werbematerial für die Memelländische Einheitsliste durch Messerstiche schwer verletzt worden. Wie: aus Pröfuls gemeldet wird, ist es dort in der Nacht zum Sonntag zu kleinen Zusammenstößen gekommen. Etwa 2 0 Litauer überfielen eine Klebekolonne der Ein heitspartei, die aus fünf Mann bestand, und feuerten mehrere Schüsse aus sie ab, die aber nie manden verletzten. Im weiteren Verlauf der Nacht kam es dann zu einer Schlägerei, bei der die 20 Litauer mehrere Memelländer durch Schläge verletzten. Der Magistrat der Stadt Memel hatte die Verteilung von Stimmscheinen an etwa 300 bis 400 Litauer, die nach dem 10. September, also nach Ablauf der Einspruchsfrist, Pässe erhallen hatten, abgelehnt. Daraufhin erschien am Sonnabendnachmittag im Magistrat der Stadt Memel das litauische Mitglied des Direktoriums Dr. Anysas mit mehreren anderen Beamten des Direktoriums und Polizei, und zwang die Beamten, den Litauern die Stimmscheine auszustellen. Die Beamten und Angestellten des Magistrats wurden gezwungen, ihre Büros, in denen die Wählerlisten be- und dem Dunst der Fabriken und der Schreibstuben. Ihr werdet wieder eins werden mit der Natur, werdet wieder Augen , bekommen für die Andacht eines Sonnenaufganges, die Stille einer Mondnacht. Ihr werdet euch das große Erlebnis helfender Kamerad schaft, das uns über so manche bittere Kriegsstunde hinweggetragen hat, in tiefster, Seele zu eigen machen. Ihr werdet plaudern und lachen, singen und, spielen. Soldaten von morgen! Wir Soldaten von gestern glauben an euch! Wir vertrauen euch ein großes Erbe an. Bewahrt es zum Segen unseres Vaterlandes als die vom Führer bestellten Waffenträger der Nation! A. L. arbeitet wurden, zu Verlässen, so daß die sämtlichen Wählerlisten der Stadt Memel in die allei nige Verfügungsgewalt des Direktoriumsmit gliedes Anysas und der litauischen Staats- schutzvolizei übergegangen sind. Der litau ischen Willkür wurden damit alle Wege zur Verstärkung ihrer Wahltruppe geöffnet. Fortdauernde Wahlbehinderung Auch nach Einbruch der Dunkelheit sind die Memeler Straßen schwarz von Menschen. Die Empörung über die dauernden Uebergriffe während des Wahltages ist außer ordentlich groß. Aus Memel kommen zahlreiche Meldun gen, nach denen das Zubringen der Kranken durch Autos der Memelländischen Einheitsliste untersagt wurde. Kranke, die mit Autos zum Wahllokal kamen, wurden zurückgewiesen und durften nicht wählen. Aus Coadjuthen wird gemeldet, daß eine Frau, die ein Kind erwartet, von Polizeibeamtcn gestoßen wurde und Schläge erhielt, so daß sie nicht wählen konnte und nach Hause zurückkehren mußte. In Palleiten wurde der Vertrauensmann der Einheitsliste im Wahllokal von Polizeibeamien mit der Pistole bedroht. Besonders zahlreich sind die Fälle, in denen gemeldet wird, daß den alten, kranken und gebrech lichen Personen, die nicht sehen können, die Wahlhilfe verweigert wurde. Die Blocks mit den Kandidatcnnamen waren vielfach falsch zusammengeheflet und die Kandida ten der Einheitsliste fehlten. Aus Wietzen wird gemeldet, daß bei einem Tumult, He. Wahlurne zerschlagen wurde, so daß dort nicht weitergewählt werden konnte. Die Wahllokale wurden am Sonntag pünktlich um 20 Uhr geschlossen. Dabei wurde die Abfertigung der War tenden sehr unterschiedlich behandelt. In einzelnen Fällen wurden nur noch die im Wahlraum Befindlichen, in an deren auch die in den Vorräumen sich aufhaltenden Perso nen abgefertigt. Die Wahl wird am Montag 8 Uhr mor gens fortgesetzt. Als dies den Wartenden mitgetcilt wurde, erklärten Wähler, die vielfach ack't bis neun Stunden vergeblich gewartet hatten, daß sie am Montag nicht mehr zur Wahl gehen wuroen. Aroener fragten vietsan,: „Wer bezahlt uns ven Verdienstausfall, unser Dienstherr gewiß nicht. Wir wer den am Montag noch einmal viele Stunden vergeblich warten. Ueber die Methode der Stimmzählung ist immer noch nichts bekannt. Die Sitzung der Wahikreiskommission, die sich damit beschäftigen wird, hat ihre Sitzung von Mon tag auf Dienstag 9 Uhr verschoben. Wann die Stimm zählung beginnen wird, ist auch noch nicht abzusehen, ver mutlich aber erst am Dienstag oder Mittwoch. Die englische Presse berichtet groß über die Memels Wahl. Einen breiten Raum nehmen dabei die Schilde- - rungen der zahllosen Zwischenfälle ein. Nach einem Be richt der „Sunday Times" ist es zu einem Faustkampf vor einem Bierrestaurant in der Hauptstraße Memels ge kommen. Zwei Polizeibeamten, einer von ihnen ein deutscher Memelländer, wurden von 25 Litauern angegriffen. Während einer der Polizisten nach Hilfe rief, wurde der deutsche Schutzmann Fuellhase zur litauischen Polizei, gebracht. Auf dem Wege dorthin - wurde der hilflose Mann mehrfach mit Messern ge - st o chen und in die Hand gebissen. Obwohl er stark blutete, wurde er in einer Zelle eingesperrt und ohne ärztliche Hilfe gelassen. Litauischerseits werde erklärt, daß dem Zwischenfall „keine Bedeutung" bei zumessen sei. Die Garanliemächte machen sich's leicht. Eine lahme Denkschrift der Signatar mächte des Memel st atuts. Das Völkerbundssekretariat veröffentlicht ein vom 27. September datiertes Schreiben, das die Vertreter Frankreichs, Englands und Italiens, Laval, Eden, Alo isi, an den Präsidenten des Völkerbundsrates über die Memelsrage gerichtet haben und das folgenden Wort laut hat: „Wie der Pölkerbundsrat sich wiederholt überzeugen könnte, hüben es sich die Regierungen Frankreichs, Eng lands und Italiens immer angelegen sein lassen, gemäß der Konvention vom 8. Mai 1924 über die Anwendimg des autonomen Regimes im Memelgebiet zu wachen. Sie haben demgemäß darauf hingewirkt, daß geeignete Maß nahmen erlassen würden, um die Erregung zu beschwich tigen, die sich im Laufe der letzten Jahre unter der Be völkerung des Gebietes aezeiat bat. Lerner um vertrauens-