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Ist Nationale Tageszeitung für die Fandwülschast, Ta« .Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags S UHr. Bezugspreis: Bei Abholung in der «eschästsstelle und den Ausgabestellen L AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten L,3oAM., bei Postbestellnng 2 AM. zuzüglich Abtrag. . .... . gebühr. Einzelnummern liRpsg.AllePost-nst-lten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend Postboten und UN,ercAns. trägerund Geschäftsstellen nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. ImFallc höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Biicksendung eingesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8uespa!tene Raumzeile 20Rxfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsenmge. vor geschriebene Erscheinungs- tage und Platzvorschnsten werden nach Möglichkeit KevN sv VE Ä Lk: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen- annabme bis porm.10Ubr. — — Für die Richtigkeit dn durch Fernruf übermittelteuAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Radatianspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Witsdruff, des Forstreniamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 9 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Montag, den 12. Januar 1931 Postscheck: Dresden 2640 Verlängerung der Krisenfürsorge. Nach amtlicher Mitteilung. Der Neichsarbeitsminifter hat sich damit einverstanden er klärt, das! für Arbeitslose, die sich am 3. November 1930 in der Kriscnfürsorge befanden, die frühere Höchstbezugsdauer von 39 oder 52 Wochen bis zum 28. März 1931 weiter gilt. Aus diesen Zeitpunkt sind die für den 17. und 24. Januar 1931 vor gesehenen AnslaufSfristen verschoben worden. Durch die Neuregelung der Krisenfürsorge ab 3. November 1930 wurde die Höchstdauer der Krisenunterstühung von 39 Wochen auf 32 Wochen herabgesetzt, für Perfonen über 40'Jahre auf 4o Wochen. In der Hauptsache zur Entlastung der Gemein den tritt fetzt ein Härteausgleich ein Die am Stichtag, dem 3. November, bereits in der Krisenfürsorge stehenden Arbeits losen wie die ms zum 3. November der Krisenfürsorgc über wlescnen .lrbcttsloscn haben noch Anspruch auf die frühere Unterstutzungsdaucr von 39 Wochen bzw. 52 Wochen. Arbeits lose, die nach dem 3. November in die Krisenfürsorge kamen, baden nur 32 Wochen Anspruch auf Krisenunterstützung, über 40 Jahre alte Personen nur 45 Wochen. „Helden der Lust." Natürlich kann es nie ganz ausbleiben, daß ein Flieger sich „verfranzt", wie wir das im Kriege nannten, also die Orientierung verliert, wird es auch vorkommen, daß er aus diesem Grunde auch einmal fremdes Gebiet überfliegt. Aber bei den polnischen Fliegern ist das nun wirklich ein bißchen allzuoft vorgekommen! Und dieses „Versehen" passierte nicht bloß allzuoft einem Einzelfliegcr, sondern gleich ganzen Flugzeuggeschwadern, wo die Führung doch in bestens erfahrenen Händen liegen sollte. Solche Fälle des Überfliegens der deutschen Grenze geschahen außerdem auch oft genug unter guten Wetter verhältnissen, die das „Verfranzen" geradeswegs zu einer besonderen fliegerischen „Glanzleistung" machten! Und weiterhin rst auffallend, daß dieses Überfliegen fremden Gebietes den Fliegern anderer Staaten, z. B. der Tschecho slowakei, Rumäniens, Jugoslawiens, selbst Sowjet rußlands sehr selten passiert; denn wenn und wo der- artigcs vorkommt, erfährt es gleich die ganze Welt. Zahl lose ^iaie und zwar nicht bloß gegenüber Deutsch- . Mrten aber die polnischen Flieger solche Jrr- die Grenzen zu erkennen im Flachland des " Ostens durchaus nicht schwieriger ist, als sich , .en.zgebirgen lind -flüssen zu orientieren. Bekanntlich einiger Zeit Litauen das überfliegen seines Ge- meies durch Polenflieger damit beantwortet, daß es diese Flugzeuge einfach unter Maschinengewehrfeuer nahm. Das scheint geholfen zu haben, denn seitdem „irrten" sich dort die polnischen Flieger nicht mehr über die Grenzlinie. Proteste hatten der Kownoer Regierung nämlich ebensowenig etwas genutzt wie es praktisch irgendwelchen Erfolg hatte, daß die Berliner Re gierung immer wieder Einspruch in Warschau erhob. Man fühlte sich dort höchstens zu ein paar höflich-nichts sagenden Worten veranlaßt und ließ sonst alles beim alten. Zum mindesten scheint das polnische Fliegerkorps zum größten Teil aus Leuten zu bestehen, denen man nur dringend ans Herz legen möchte, die Fliegerei aus Mangel an Begabung aufzu st ecken und lieber friedlich und auf der festen Erde ihren Kohl zu bauen, anstatt solchen in der Luft zu fabrizieren. Der Vorfall in Oppeln bzw. Rosenberg läßt eine derartige Empfehlung noch berechtigter erscheinen. Das technische Ungeschick dieser polnischen „Helden der Luft" wird aber noch weit übertroffen durch das politische „Ge schick" der ihnen übergeordneten Stellen. Man weiß nicht, ob die Blamage der drei, von denen einer leider ent wischen und sich damit der Verantwortung entziehen konnte, das Schlimmere ist oder die Verantwortungs losigkeit ihrer Vorgesetzten. Die Stimmung der Deutschen an der deutsch-polnischen Grenze ist derart gereizt, daß es für jeden Verständigen eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müßte, alle auch nur möglichen oder denkbaren Zwischenfälle mit größter Sorgsamkeit hintanzuhalten. Diese Sorgfalt haben die pol nischen Militärbehörden wieder einmal vermissen lassen. Auch daß das Wetter die Orientierung sehr erschwert habe und deswegen der Zwischenfall über Oppeln entstanden sei. ist nur eine sehr dürftige Entschuldigung, weil es bekannt lich zu den Pflichten der militärischen Lustbehörde gehört, sich ein bißchen um die Wettermeldungen zu kümmern! Statt nach Norden sind die drei polnischen Lufthelden nach Westen gegondelt, — aber das alles ist schließlich nicht das Entscheidende, sondern das ist erst das Verhalten der Ne gierung in Warschau diesem Vorkommnis gegenüber. Das ist erst die F r a g e d e r G e n u g t u u n g fü r d i e ses fahrlässige Tun der polnischen Flieger, für die Verletzung der deutschen Hoheitsrechte mit einer Dra stik, wie sie bisher trotz der zaylreichen früheren Vor kommnisse ähnlicher Art doch noch nicht vorgekommen ist. Daher hält man es in Dcntschland für selbstverständlich, daß Warschau sich beeilt, dafür Genugtuung zu leisten; denn sonst fällt es immer schwerer, dieses tief in deutsches Gebiet hineinführende überfliegen der Grenze bis zu der Stadt, wo sich gerade der Reichskanzler, der Reichsbank- Präsidcnt, der Leiter der Osthilfe und sonstige hohe Beamte aufhalten, nicht als eine beabsichtigte Herausforderung oder Drohung zu betrachten. Vie „unlichtbare keletaung". HoffMW des ReWbMprWentcn Bei dem Empfang des Reichskanzlers in Breslau be schäftigte sich der Reichsbankpräsident zuerst mit allgemein politischen Fragen. Er bestritt, daß das übrige Deutsch land kein Verständnis für die Nöte des deutschen Ostens habe. Im Zeichen der Not habe das deutsche Volk sich immer wieder auf sich selbst besonnen und schließlich zu sammengestanden. Der Zug vom Osten nach dem Westen, der sich heute bemerkbar mache, sei nichts Neues. Schon wie vor tausend Jahren werde man wieder sagen: Wir wollen gen Ostland reiten. Der Reichsbankpräsident beschäftigte sich dann eingehend mit der deutschen Währung. Ohne eine feste Wäh rung sei eine gesunde Wirtschaftslage überhaupt nicht möglich. Aber die Währung allein sei es nicht, auf die es ankomme. Es gelte die Brücke zu schlagen zwischen Wäh rung und Wirtschaft. Unsere deutsche Währung habe allerdings unter der ungeheuer starken kurzfristigen Verschuldung zu leiden. Hätten wir diese kurzfristige Verschuldung nicht, so hätten wir eine viel größere Bewegungsfreiheit. Das Wort: „Die kurzfristige Verschuldung sei wie eine unsichtbare Besetzung!" treffe durchaus zu. Wenn davon gesprochen worden sei, daß die Selbstverwaltung in den Kommunen keine Wunder tun könne, so müsse er darauf erwidern, daß auch die Reichsregierung keine Wunder tun könne. Man dürfe aber nicht nur immer wieder die Notstände hervorkehren, sondern müsse offen sagen, wo sich Ansätze zum Besseren zeigen, damit daraus weitcrgcbaut werden könne. Das deutsche Volk habe außer den übrigen ungeheu ren Leistungen im vergangenen Jahre allein für die Er werbslosen an zwei bis drei Milliarden Mark aufgebracht. Das sei eine ungeheure Leistung. Wenn das deulfche Volk solche Leistungen vollbringe, so könne man nicht hoffnungslos sein. Außerdem habe sich immer wieder gezeigt, daß auf jede Krise ein Aufstieg gefolgt sei. Der Reichsbankpräsident ging dann auf die Preis senkungsaktion der Regierung ein und hob hervor, daß die Rohstoffpreise in der ganzen Welt in sehr starkem Maße zurückgegangen seien und daß nun die Notwendig keit bestehe, sich dieser rückläufigen Bewegung der Preise anzupassen. Das Volk, das als erstes diese Notwendig keit begreife, werde den größten Nutzen davon haben. Im weiteren Verlaus seiner Ausführungen beschäftigte sich der Reichsbankpräsident mit den Bestrebungen, den hohen Zins zu senken. Mit staatlichen Maßnahmen allein sei hier nicht zu helfen, es müsse die Hilfe der beteiligten privaten Kreise hinzu kommen, ja eine Zinssenkung müsse in erster Linie gerade von ihnen ausgehen. Es käme darauf an, daß die deutsche Regierung innenpolitisch und außenpolitisch auf ihrem Wege mit ganzer Kraft vorwärts schreite. Das deutsche Volk habe bis zur Stunde ungeheure Leistungen vollbracht. Au wem sollte man sonst Vertrauen haben, wenn nicht das deutsche Voll nach diesen Leistungen zu sich selbst und zu seiner Zukunft Vertrauen habe. Auswege aus der allge meinen Krise. Mitteldeutscher Wirtschaststag. Nach vorausgegangenem Vegrüßungsabend begann in Leipzig die Hauptversammlung des Wirtschaftsver bandes Mitteldeutschland unter dem Vorsitz von Landrat a. D. Freiherr von Wilmowski- Marienthal. General direktor Tr. Pielrkowski, M. d. R. W. R. sprach über „Die Arbcitslosenkrise". Reben den bekannten allgemeinen Ursachen der gegen wärtigen Arbeitslosigkeit kämen für die deutsche Wirt schaftskrise Ursachen besonderer Art in Frage. Zunächst der veränderte Altersaufbau der Bevölkerung, der durch die Not verstärkte Drang insbesondere der Frauen zm Erwerbstätigkeit und die zahlreichen Rückwanderer aus den abgetretenen Gebieten. Immerhin sei es der deutschen Wirtschaft gelungen, trotz der schweren Erschütterungen bis jetzt zwei bis drei Millionen Menschen mehr zu be schäftigen. Durch eine Überspannung der politischen Macht sei der auf die Arbeit entfallende Teil des Sozial produktes zu Lasten des Kapitals und der Rente ständig gestiegen. Die Kapitalvcrsorgnng der deutschen Wirtschaft sei «Ur zu etwa zwei Drittel des Bedarfs aus eigener Kraft möglich. Der Vortragende ist der Auffassung, daß die Tributlasten und die Einführung von entbehrlichen Nahrungs- und Genußmitteln die Arbeitslosigkeit von etwa 2,6 Millionen Menschen verursachten. Unberechtigt seien die Angrifft aus Rationalisierung und Zollpolitik. Die Arbeitslosenkrise fei vielmehr, soweit sie nicht weltwirtschaftlich bedingt sei, eine Selbstkostenkrise. Eine Senkung der Selbstkosten sei zum Teil bereits eingetreten. Anschließend sprach Regierungspräsident a. D. Dr Kutscher über „Die Agrarkrise als deutsches Wirtschaftsproblem": Tie Rückwirkung der gesunkenen Kaufkraft im Bin nenmärkte auf die Landwirtschaft ergäbe einen neuen Beweis für die Schicksalsverbunden- hcit der deutschen Wirtschaft. Das Barometer für den Stand der Agrarkrise bilde de, Stand der Verschuldung. Die Entwicklung im laufenden Wirtschaftsjahr könne man an den Preisen messen und an den Nachrichten, die über die weitere Zuspitzung der Lage heute aus allen Landesteilen einliefen. Die Ver schärfung der Agrarkrise im deutschen Osten biete das klassische Beispiel dafür, daß weit über die zif fernmäßige Bedeutung des Anteils der Landwirte an der erwerbstätigen Bevölkerung das gesamte Erwerbs leben in Stadt und Land durch die Vernichtung der land wirtschaftlichen Kaufkraft zum Erliegen gebracht werde. Einen Ausweg aus der Agrarkrise bilde nur eine gleich zeitige Steigerung der Einnahmen und einer Senkung der Ausgaben. Voraussetzung für beides sei Ordnung im Staate und im Staatshaushalt. Eine selbstverständliche Pflicht der Landwirtschaft sei, mit allen Mitteln um eine Besserung in der Oualitüt und der Marktherrichtung der Ware bemüht zu sein. Deutscher Protest tu Mrschsu. Einspruch bei der polnischen Regierung Die deutsche Gesandtschaft in Warschau ist durch du deutsche Reichsregierung angewiesen worden, gegen die letzten Grenzverletzungen durch polnifchc Flugzeuge im Zusammenhang mit den früheren ttberflicgungen schärfsten Protest cinzulegen. Die polnifchc Regierung wird weitere Erklärungen nach Abschluß der noch im Gange befindlichen Untersuchung übermittelt er halten. An der erneuten Grenzverletzung wird nichts durch die Tatsache geändert, daß die Flieger, soweit auf Grund der bisherigen Ergebnisse bekannt ist, weder Funk geräte noch photographische Apparate an Bord hatten. Ob über die Protestschritte in Warschau hinaus noch weitere Maßnahmen zur Verhinderung von Grenzverletzungen von deutscher Seite ergriffen werden, ist noch nicht bekannt. Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen. Die ttberfliegnng des Oppelner Gebiets durch pol nische Militärflieger Hal in Berliner Regierungskreisen äußerstes Befremden hervorgerufen. Im günstigsten Falle, so erklärt man, könne vielleicht ein Versehen der Flieger in Frage kommen. Aus jeden Fall aber müfse es merkwürdig berühren, daß diese neue Grenzverletzung gerade zu der Zeit geschehen sei, wo der Reichskanzler sich in Ober schlesien aufhalte. Deutschland habe außer Polen noch andere Nachbarstaaten. Bei keinem von diesen sei aber eine derartig große Anzahl von Grenzverletzungen durch Flieger zu verzeichnen, wie bei Polen. Die Untersuchung. Von den beiden verhafteten polnischen Piloten bei Oppeln — der dritte ist auch aus deutschem Boden ge landet, aber wieder ausgestiegen und entkommen — ist der eine ein Stabsfeldwebel und der andere ein Feldwebel. Der Feldwebel hat sechs Jahre bei der deutschen Armee gedient und auch die Baltikumkämpfe mitgemacht. Er gab in fließender deutscher Sprache die nötigen Erklärungen. Er behauptet, infolge eines Schneegestöbers die Orientie rung verloren zu haben. Die Flugzeuge gehören einer Militürjagdstaffel an, die einen Flug von Krakau nach Graudenz unternommen Hal. Die polnischen Flieger werden wahrscheinlich in wenigen Tagen freigclassen und die Flugzeuge an den Polnischen Staat zurückgegeben werden. Doch dürfte deutscherseits die Bestrafung des dritten Fliegers ge fordert werden. Das drei viertel Stunden lange Kreuzen der beiden Flugzeuge über der Stadt begründete der Feld webel damit, daß er einen Landungsplatz suchte. * Oie deutsch-polnischen Wirtschaftsbeziehungen. Neue Vorwürfe Polens gegen Leu'schland. Der polnische Außenminister Zaleski gab dem Sejmausschuß sür auswärtige Angelegenheiten einen ausführlichen Bericht über die ""gemeine Lage und die polnische A u s e n p o l i t. l. Mit telpunkt dieses Berichtes stand die Erörterung und Bc fürwortuna der vor zwei Tagen dem neun zu_r Anwwme