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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Nr. 25 — 90. Jahrgang Freitag, den 30. Januar 1931 Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' JeMMsReWusMemMW spruch aus sofortige Neuregelung Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstreniamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. der ihm 1919 auferlegten Rüstungsbeschränkungen gebe. Durö Aufklärung im In- und Auslande sowie durch entsprechende, Vorgehen im Völkerbundrat müsse Frankreich die Möglichkei genommen werden, nach Briands Drohung Deutschland wegei dessen Sicherheitsforderung die Verantwortung für ein Scher lern der Allgemeinen Abrüstungskonferenz zuzuschieben. zur Stützung der deutschen Landwirtschaft verlangen, stehen in einem gewissen Gegensatz zu dem Schieleschen Agrarprojekt. Der Neichslandbund scheint statt seines Ehrenpräsi denten einen andern Mann feines Vertrauens in das Kabinett haben zu wollen, und cs wird sich in diesen Tagen entscheiden müssen, ob der Reichskanzler und der Ernäh- rungsministcr diesem Druck nachzugcben gewillt sind. Die Kämpfe um den Reichsetat, die in nächster Woche im Reichstag einsetzen werden, werden insofern ein besonderes Gepräge erhalten, als es für die Regierung nicht nur darauf ankommt, daß der Haushaltsplan in seinem Gesamtrahmen durchgesetzt wird, sondern auch, daß er schnell erledigt wird. Eine der notwendigsten Voraussetzungen des „Z e h n j a h r e s p l a n e s" , von dem der Kanzler kürzlich gesprochen hat, ist, daß der neue Etat zum 1. April d. I. in Kraft tritt. Man geht Wohl nicht fehl, wenn man annimmt, daß der Kanzler alle ihm zu Gebote stehenden Mittel in Bewegung setzen wird zur Erreichung dieses Zieles. Die Verhandlungen in den Reichstagsaus schüssen, die bereits in vollem Gange sind, haben gezeigt, daß die Op p o s i t i o n nicht gewillt ist, klein bei zugeben und ihren Standpunkt energisch zu vertreten gedenkt. Schon munkelt man in parlamentarischen Kreisen wieder von Notverordnungen, und der Artikel 48 der Rcichsvcrsassung taucht drohend bereits wieder als ultima ratio der Regierung aus. In engem Zusammenhang mit der Etatsberatung wird die Beratung des Osthilfcgesetzes stehen. Für seine Erledigung dürfte es auch von Wichtigkeit sein, ob sie auf parlamentarischem Wege erfolgen kann. In diesem Falle wird sich, wie der Neichsfinanzminister angckündigt hat, eine größere Basis für die Osthtlfe ergeben, und zwar vom Jahre 1932 ab. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennig, die 3gespaltene Aeklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Vor- geschriebeueErscheinung-- rv» tage und PlatzvUrschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis norm.10 Uhr. — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzei gen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werdenmuß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Im Oberhaus fragte Lord Dickinson die Regierung, ob sie eine Erklärung über den Fortichritt der internationalen Abrüstung >abgeben könne. Er erklärte, er tue «dies, weil man sich einem sehr kritischen Stadium in der Frage der internationalen Abrüstung nähere. Man muffe daran erinnern, daß der Friedensvertrag nicht ein Vertrag sei, «der dem Besiegten auferlegk wurde, son dern einer, der von Deutschland angenommen worden ist. Die Staaten, die diese Verträge unterzeichnet hätten, seien moralisch verpflichtet, die darin ausgesprochenen Absichten, auf Grund derer die Deutschen den Vertrag unterzeichnet hätten, durchzuführen. Diese Verpflichtung finde auch auf die Vereinigten Staaten An wendung. Der amerikanische Bundessenat habe zwar den Ver trag nicht ratifiziert, aber die fP'ariser Erklärung sei mit der Zu stimmung der Vereinigten Staaten erfolgt, nachdem der Gedanke einer internationalen Abrüstung auch in den 14 Punkten enthal ten sei, die die Grundlage des Waffenstillstandes bildeten. Im weiteren Verlauf seiner Rede sagte Lo Dickinson noch u. a.: Welche Auffassung wir auch von den Verpflichtungen haben, die uns diese Verträge auferlegen, so steht so viel fest, daß das deutsche Volk mit einem großen Maß von Berechtigung darauf hinweist, daß bei dem Abschluß der Vereinbarungen von keiner Seite in Aussicht genommen war, die Zcntralmächte ständig in einer Stellung der militärischen Unterlegenheit gegenüber den an deren europäischen zu halten. Deutschland sollte das erste Land sei, das abrüstet, aber es war vorausgesetzt, daß die anderen Länder Nachfolgen würden. Wenn dieses nicht geschehe, so scheine es ihm, daß die deutsche Nation das Recht beanspruchen könne, wieder aufzuriisten. Auf jeden, der nach Deutschland, Oesterreich, Ungarn oder Bul garien reise, müsse das, was er sehe, starken Eindruck machen. Aus der einen Seite der Grenze sei so gut wie nichts von militäri schem Aufwand zu merken. Auf der anderen Seite der Grenze sehe man große Mengen von Soldaten, die alle bis an die Zähne bewaffnet und bereit seien, sich auf Befehl sofort auf ihren Nach barn zu stürzen. Dies fei eine Lage, deren Duldung von keiner Nation erwartet werden könne. Der Redner erklärte sodann, daß sich ein zunehmender Wi derstand gegen die Bestimmungen' des Friedensvertrages in Deutschland bemerkbar mache, sich in einer Wiedererstarkung des militärischen Geistes zeige und auch zu den nationalsozialistischen Wahlerfolgen geführt habe. Sollten die beteiligten Mächte Zö gern, einen Plan der Abrüstung anzunehmen, so könnten die Folgen in Europa und in der Welt sehr ernst sein. Krieg sei dann nicht unmöglich. Wenn kein Vertrauen in die Völkerbundssatzmgen bestehe, so zweifle er sehr daran, ob der Kelloggpakt zur Beilegung einer Krise beitragen wende. Es könne sich, so schloß Lvrd Dickinson, für uns und andere Nationen als notwendig erweisen, unseren Standpunkt hinsichtlich der Sicher heit, die «den Nationen Europas gewährt werden muß, zu revi- tano angesichts der yeranrückenden Krise glaubte, sondern hat vernichtende, nach Korrektur geradezu schreiende Wir kungen ausgeübt. Hoffentlich aber läßt politische Inter essiertheit den von wachsender wirtschaftlicher Ernüchte rung ersehnten Arzt nicht zu spät kommen. Und darum müsse man, wenn die innere Sanierung endgültig werden solle von der Reichsregierung „erwarten, daß sie ein Höchstmaß ihrer Aktivität gerade diesem zen tralen Problem zuwendet". Grundlagen des „Zehnjahresplanes". Reichstagsbarometer zeigt Sturm. Die Verhandlungen, die in diesen Tagen vor Wieder zusammentritt des Reichstages zwischen dem Reichskanzler, den Ministern und Parteien und Berufsvertretungen geführt werden, zeigen deutlich, daß Brüning bestrebt ist, bis zum Frühjahr unter allen Umständen die Grund lagen zu schaffen, auf denen eine Wiederankurbelung der Wirtschaft und besonders eine Belebung des Arbeits marktes seiner Ansicht nach möglich ist. Die Besprechungen mit Wirtschafts führern und Wirtschafts - gruppen nehmen einen großen Raum ein. Nachdem durch den Abschluß der Genfer Tagung eine gewisse Ruhepause für den Außenminister eingetreten ist, verdichtet sich das Interesse des Kabinetts auf die Wirtschaftspolitik hin. In der Industrie geben die zahlreichen Vorstöße, die von feiten der Arbeitgeber sowohl wie der Arbeitnehmer gegen die Lohn- und Preispolitik der Regierung gemacht werden, reichlichen Anlaß, vor weiteren Maßnahmen die Meinungen und Wünsche der Beteiligten zu hören und ihnen selbst die Ansichten der Regierung auseinanderzu setzen. Nicht weniger Notwendigkeit ist vorhanden zu Unterhandlungen mit Vertretern der Landwirt schaften der Unzufriedenheit mit dem Agrarprogramm Schieles laut wird und Berücksichtigung verlangt. Die Maßnahmen, die die Führer der „Grünen Front" jetzt dieren. Aus diesen Gründen habe ich die heutige Frage an die Regierung gestellt. Lord Cecil meinte, «der Frieden sei so lange nicht gesichert, als der internationale Rüstungswettkampf andauere. Die Aus sichten für die Abrüstung seien nach seiner Ansicht gut, ganz be sonders, wenn England und «die englische Regierung die sehr wichtige Frage ernst nähmen. Discount Bridgeman behauptete, daß von allen europäischen Ländern England allein bei der Flotte bedeutende Abstriche vor genommen habe. Diese könnten nur gerechtfertigt werden, wenn die anderen Mächte auf dem Festland entsprechende Schritte ergreifen würden. Die englische Regierung müsse zum mindesten darauf bestehen, daß die Mächte wirklich ihre Rüstungen verminderten. Die Zahlen für die militärischen Aufgaben zeigten, daß sie ihre Rüstungen noch immer vermehrten. Namens der Regierung erklärte Lobb Parmovr, man komme zu keinem Ergebnis, solange der Rüstungswettbewerb andauere. Die unmittelbare Ursache des Weltkrieges sei der Wettbewerb in herausfordernden Rüstungen gewesen. Die Gefahr, daß die Naüonen wieder in den Fehler des Wettrüstens verfallen, müsse unter allen Umständen vermieden werden. Die Abrüstungskonferenz solle die Zahlen in die Tabelle einstigen. Ohne unnötige Unruhe erzeugen zu wollen, müsse er «doch der Be fürchtung Ausdruck geben, daß eine Fortsetzung des Rüstens große Gefahren und ungeheure Schwierigkeiten Hervorrufen müßte. * Oie wachsende Kriegsgefahr. Für Neuregelung der deutschen Rüstungsbeschränkungen. In einer Vorstandssitzung der Arbeitsgemeinschaft fü Deutsche Wehrverstärkung in München wurde übereinstim mend festgestellt, daß nach den Vorgängen auf der letzte! Genfer Tagung von der Allgemeinen Abrüstungs konferenz nichts mehr für Deutschlands Sicherheit zu ev warten sei. Da aber die Kriegsgefahr für das entwaffnet! Deutschland sich ständig steigere, müsse zum Schutze Deutsch lands ein anderer Weg eingeschlagen werden. Ein solcher wär, die Anwendung des Artikels 8 der Völkerbundsatzung, do -Deutschland nicht bloß ein Mindestmaß an nationaler Sicherheit zugestehe, sondern ihm durch die Bestimmung, daß Abrüstungs Pläne mindestens alle zehn Jahre überprüft und — sowei erforderlich — geändert werden müßten, auch den An Die Pflicht zur Revision. Wenn der Reichskanzler jetzt namens des Kabinetts dem Außenminister Dr. Curtius die einstimmige Billigung dafür aussprach, wie die deutsche Delegation in Genf die Interessen und die Forderungen Deutschlands vertreten hat, — wenn ferner die Befriedigung über das Ergebnis der Konferenz zum Ausdruck gebracht wurde, so ist man sich in der Regierung darüber klar, daß vor dem Völker bundrat nur zwei von den drei großen Aufgaben der deutschen Außenpolitik in Angriff genommen wurden: der Schutz der Minderheiten und die Abrüstungsfrage. An die dritte, die wichtigste, wurde hier und da ein wenig gerührt, ab und zu einmal darauf hingedeutet: Revi sion des Young-Planes und darüber hinaus Revision der gesamten Beziehungen, über denen das Wort „Versailler Frieden" steht. Einschließlich der andern „Pariser Vorstadtverträge", wie der Zentrumsführer Dr. Kaas aus einer großen Trierer Parteiverfammlung in glücklicher Wortwahl äußerte. seinem „Zivilberuf" nach höherer katho- llscher. Geistlicher, ist der außenpolitische Wortführer seiner auch den Reichskanzler stellt. Für Dr. dn Perfassungsartikel, wonach „der Reichs- o»k von. der Politik bestimmt", keineswegs nur und wenn sein Parteifreund Dr. Kaas ->ontsol.on Darlegungen Ziele und Methoden der dcuticken Außenpolitik schildert, so darf inan annehmen, daß er damit auch Vie Ansichten und Absichten des Reichs kanzlers selbst erläutert Dem „nichtverantwortlichen" Parteiführer ist dann aber auch ein offenes und deutliches Wort a» vas Ausland zu richten eher möglich als dem verantwortlichen Träger der deutschen Politik im allgemeinen, auch schließlich letzten Endes der Außenpolitik. Und da ist es zunächst allerdings für uns Deutsche selbst, die wir unmittelbar davon be troffen werden, dann aber auch für die politisch inter essierten Kreise des Auslandes der Aufmerksamkeit wert, aus dem Munde des Zentrumsführers Dr. Kaas zu hören, daß auf lange Sicht die innere Sanierung und die „revisionspolitische Aktivität" nicht ein Nacheinander, sondern ein Neben- und Miteinander bedeuten. Der Ausgangspunkt ist ja unleugbar richtig: Bei dem Versuch einer Young - Plan - Revision morgen oder übermorgen würde die Gläubigerseite von uns diktatmäßig zunächst einmal das fordern, was wir jetzt als innere Sanierung aus eigener Verantwortung tun. Dieser — um mit Musso linis eigenen Worten zu sprechen — mit „heroischen Mitteln" unternommene Versuch einer Sanierung Deutsch lands verschaffe uns den Gläubigernationen gegenüber den „moralischen Anspruch, nun auch sie an die Pflichten zu erinnern, die sie ihrerseits im Young-Plan übernommen haben". Als die wichtigste dieser „Pflichten der Gläubiger" bezeichnete Dr. Kaas die auch aus drücklich im Young-Plan ausgesprochene Notwendigkeit der „internationalen Zusammenarbeit", also nicht bloß der deutschen Anstrengungen zur Erfüllung der Verpflichtun gen, sondern des Mitwirkens auch der Gläubiger, weil nur beides zusammen den Plan überhaupt erst erfüllbar macht. Wenn man, so gipfeln die Ausführungen des E"^umsparieivorsitzenden, imAuslande diesePflicht nichl ^o/do und daraus die Folgerungen ziehe, dann m draußen eben „damit abfinden müssen, daß jn kürzester Frist seine Deunnn' hrbarkcitzeigt, nicht so sehr deshalb, ""d nicht leisten will, sondern wett der Mange: an positiver Unterstützung von Gläubigerseite Ä/nuk wieder !^"llsfähigkeit zerschlägt". Dr. Kaas ^ Ai ss^ " "nd damit knüpft er A meocn ib^^ die er vor kurzem schon machte und -^Aen aück! d^s? in Frankreich einiges Aufsehen ^"ß A^ R ^Hulb, weil sie gerade aus der Feder besichtig wägenden Mannes kamen —, A Ä L» LM »»d -rM-nd- G-bi-, nicht Inn«- mein Jener „Mangel' an posi er muß weichen. Die Gläubigerseite Boung-Plan und seine Opfer für Deutschwu . 0 - zu machen; sonst gebe es weder letzt noch künftig Asregieru die auf längere Zett hm aus dem deutschen Volke „einseitige Opfer aus dem Reparattonsaltara^ könne und - wolle. Sonst besäße keine deutsche Regierung die Macht und die Kraft, die „explosivenKräfte zu bannen," die eine Verzögerung jener „Tat mit geradezu naturhafter Gewalt auf den Kampfplatz rufen müsse. Dr. Kaas will nicht drohen, will nur — feststcllen. Und will mahnen. Denn sHiietzuch könne es für Europa doch nicht so ganz gleichgültig sein, was mitten in ihm, bei einem Volke von 65 Millionen vor sich gehe und ob Deutschland infolge jenes „Mangels an positiver Unter stützung von Gläubigerseite" in cm wirtschaftliches, finan zielles und soziales Chaos hinabgleite. Sozusagen auf der Rutschbahn eines Zahlungsplanes, bei dem die Verpflichtungen der Gläubiger nicht in Funktion gesetzt werden. In einen, späteren Teil seiner Rede unterstrich Dr. Kaas noch einmal jenes notwendige Neben- und Mit einander der „inneren Sanierung" und der „revisionspoli tischen Aktivität". Er kommt auf diesen Punkt zurück von der Feststellung aus, daß die Weltwirtschaftskrise drastisch genug beweise, welch ein Fehlgriff der „Neparationsaber- glaube" sei. Er war nicht das Allheilmittel, wie das Aus- «sch-int an allen Werktage» nachmittags suhl. Bezugspreis: Bei Abholung in 2 Sen Ausgabestellen 2 AM. im Monat, de! Zustellung durch die Bote» 2,3V AM., bei Postbestellung Wochenblatt für Wilsdruff ».Umgegend stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung oer Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt.