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Bor- aefchriebene Lrscheinungs- tage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit Kernsvremev: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis oorm.10 Uhr. — Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. JederNabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werdenmutzoderderAustraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 36 — 90. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 12. Februar 1931 Die Zielsetzung. Im Reichstag haben sich die Gegensätze erneut starl verschärft. Die Opposition fühlt sich durch die Annahme der neuen Geschäftsordnung des^ Reichstages geknebelt und ist darüber sehr ungehalten. Sie hat es denn auch nicht unterlassen, ihren Uninutdemonstrativvorallei Welt zu bezeugen. Vor der Rede des Reichsaußen- Nlinistcrs verließ sie nach geharnischten Erklärungen den Sitzungssaal. Die Mehrheitsparteien waren zwar etwas überrascht, ließen sich indessen in ihren Beratungen kaum stören. Aber vielleicht hat der Reichstagspräsident Löbe die Situation richtig gekennzeichnet, wenn er von einer ernsten Lage sprach und wenn er die Abgeordneten anffordertc, dafür Sorge zu tragen, daß der Reichstag nicht der Beschlußunfahlgkeit anhcimfalle. Zweifach ist der Grund für das neue plötzliche hitzige Aufeinanderprallen der Geister. Einmal wollte die Rcchtsopposttion, wie gesagt, mit ihrem Auszug nochmals Protest erheben gegen die Einführung der neuen Geschäftsordnung, zum andern wollte sie wohl auch den in Diplomatenloge versammelten fremden Vertretern der -NSlvqrtigen pachte erneut ihren stärksten Mißmut Nbes die. Führung der deutschen Außen- do/itik, über Versailles und den Doung-Plan bekunden, as po l i t 11 ch e B a r o m e t e r st e h t a u f S t u r m. Der Völkhche Beobachter spricht unter Bezugnahme auf die Vorgänge un Reichstag von einem „geschichtlich-poli tischen Ereignis". Das Blatt kündigt eine riesige national sozialistische Versammlnngswelle an und betont, „daß der Auszug der nationalsozialistischen Reichstagsfraktion keine vorübergehende Sonderaktion darstelle, sondern den Anfang eines neuen Abschnittes in der Geschichte der natio nalsozialistischen Freiheitsbewegung bedeute". Auf der anderen Seite wird die Regierung aufgefordert, ein waches Auge gegenüber diesem nationalsozialistischen Beginnen zu haben, um sich nicht überraschen zu lassen. * Außenminister Curtius hat nach dem Auszug der Rcchtsopposttion dann seine Rede, die vielleicht mehr an die Adresse des Auslandes gerichtet als für das deutsche Volk bestimmt war, ohne die Anwesenheit der Rechtsoppo sition gehalten. In den einzelnen, deutlich voneinander getrennten Abschnitten der Curtius-Rede ist jedesmal eine klare programmatisch-strategische Erklärung zn finden: Zurückhaltung in der Pan-Europa-Frage, Verständigung mit Frankreich, aber nicht „aus der Grundlage unseres schwersten Niederbruchcs". Dann folgt die scharfe Unter streichung unseres Rechtsanspruches auf Durchführung der allgemeinen Abrüstung, wie sie aber durch das Arbeits ergebnis der Abrüstungskommission nicht zu erreichen ist. „Die Lösung der Abrüstungsfrage ist der P/rüfstein des Völkerbundes." Im deutsch- volnischen Streit: Nachprüfung dessen, was Polen bis zur Alaitagung des Völkerbundrats getan und nicht getan hat Und hernach ein Versuch zu weiterer Verbesserung des Mnderheitenschutzversahrens. In der Frage der Behand lung unserer früheren Kolonien: Vorläufig Beobachtung des Verhaltens der Mandatarmächte und rechtzeitiges Eingreifen, wenn hier Verstöße erfolgen. Und weiter: Deutschlands Verhältnis zum und im Völkerbund. Wir sind durchaus nicht in unlöslicher Ehe mit ihm „ver heiratet", sondern „wenn er sich der Erfüllung derjenigen Aufgaben, die die Grundlage seines Daseins bilden, ver sagt, dann wären wir vielleicht eines Tages zu neuen Ent schlüssen gezwungen". Auch an der Kriegsschuld- fragc ging Dr. Curtius durchaus nicht stumm vorüber. Der deutsche Standpunkt hierin ist so oft und so klar dar gelegt, amtlich und durch alle deutschen Regierungen, „daß es nicht noch weiterer einseitiger Notifizierungen von unserer Serie bedarf". Der Reichsaußenminister spielt da mit ans die vielfach geforderte „Kündigung des Kriegsschuldparagraphen des Versailler Vertrages' durch Deutschland an, die aber — vor läufig noch — auf der Gegenseite nur als Geste ohne for- well-völkerrechtlich-lurlstrschs Wirkung empfunden und be zeichnet werden würde. Er will den Kampf gegen diese Hüge ans anderen, langst nnd erfolgreich beschrittenen Hegen wcitcrführen. * Und der letzte, aber der Höhepunkt in den Ausfüh rungen: da stehen die zwei «atze, daß „wir nie die Erfüll barkeit des Noung-Plans garantiert haben". Und daß wir ihn nicht „zerreißen", sondern seine Revision „auf dem Vertragsboden und nur mit den Mitteln inter nationaler Rechtsordnung" betreiben werden. Die Welt krise hat alles auf den Kopf gestellt und infolgedessen ist die Revision sfrage nicht bloß der Drehpunkt unserer sinanziellen Sanierungsbemuhungen, sondern Finanz- und soziale Not unseres Volkes „bringt diese Frage in den Vordergrund auch des außenpolitischen vandlungsbercichs". Das ist die Zielsetzung, — und darin la die Regierung und die hinter ihr stehenden Par- " auch mit der Opposition völlig einig. Aushebung dMneMchuldmW Entschließung zur Kriegsschuldfrage im Reichstag. Reichstag haben die Abgeordneten Dauch- m,?^lirg (Dt. Pp.) und Perlitlus (Z.) folgende Ent- Atzung Zur Kriegsschuldfrage eingebracht: Vie Lücke im Reichstag Die Taktik der MchSsopposiiion. Noch keine Klarheit über die Wege. Uber die endgültigen Ziele der Rechtsopposition nach ihrem Auszug aus dem Reichstag herrscht noch Dunkel. Insbesondere ist noch nicht geklärt, ob die Sezession der einzelnen Parteien aus gleichen Gründen erfolgte oder teil weise, um gegen die Gesamtheit der Regierungs maßnahmen zu protestieren, und teilweise aus Opposition lediglich gegen die Außenpolitik Curtius'. Mu anderen Worten, man weiß vorläufig noch nicht, ob die Rechtsopposition überhaupt ihre praktische Beteili gung an den Reichstagsarbeiten einstellen, oder nur bei der außenpolitischen Debatte fehlen wird. Mannig fache Gerüchte sind natürlich in den.Wandelgängen des Parlaments verbreitet über die möglichen Schritte dei Opposition. So verlautet, daß die Parteien der Rechts opposition beabsichtigen, sich als „Parlament dei nationalen Opposition" in Weimar aufzu- tun, eine Nachricht, die allerdings mit einigem Zweifel ausgenommen wird. In einer Versammlung der Deutsch nationalen Volkspartei in Oldenburg machte nämlich dei Reichstagsabgeordnete Stubbendorff im Zusammenhang mit dem Auszug der Rechtsparteien aus dem Reichstag die Mitteilung, daß die nationale Opposition iii Kürze ein Rumpfparlament aufzumachen beab sichtige. Von zuständiger Berliner Parteistelle der Deutsch nationalen Volkspartei wird hierzu bemerkt, daß dies! Mitteilung nicht den Tatsachen entspreche Ferner heißt es, daß man vorhabe, lediglich als „Beob - achter", wie sie ja beim Völkerbund so beliebt sind, im Reichstag zu bleiben. Wahrscheinlich besteht bei den aus- geschiedenen Fraktionen selbst noch keine Klarheit über di« Art des weiteren Vorgehens, und es ist ja auch verstand lich, daß man einen so weittragenden Schritt, wie ein even tuelles völliges Ausscheiden aus den parlamentarischer Arbeiten nicht ohne reifliche Überlegung tun wird. * Aumpf-Reichsiagsausschüffe. Die Nechtsopposition fehlt. Im Reichstag waren der Haushalts ausschuß zur Weiterberatung des Haushalts des Reichsfinanzministe riums und der Strafrechts ausschuß, der den Stras- gesetzbuchentwurf weiterberät, zusammengetreten. Der Sozialpolitische Ausschuß beschäftigt sich mit dem Gesetzentwurf über die Entschädigung der gewerbs mäßigen Stellenvermittler und mit einer sozialdemokra tischen Entschließung über die Neuregelung des Wohn wesens der Hausangestellten. An den Sitzungen dieser Ausschüsse haben weder die nationalsozialisti schen noch die deutsch nationalen Mitglieder teil- genommen. Der Roggen st ützungsuntersu- chungsausschuß setzte in einer vertraulichen Sitzung seine Arbeit fort. Er beschäftigte sich zunächst mit der polnischen Roggenkonvention. Die nationalsozia listischen Ausschutzmitglieder und der Vertreter des Landvolkes waren nicht erschienen. Für dieDeutsch- nationalen teilte der Abgeordnete Stubbendorff mit, datz er von seiner Fraktion die Weisung erhalten habe, an der Sitzung nicht tcilzunehmen; er hoffe jedoch, schon in der Dounerstagsitzunq wieder mitarbeiten zu können. * Neichstagsprasi-ium ohne Nationalsozialisten. Die Beschlüsse des Ältestenrates. Der Ältestenrat des Reichstages beschäftigte sich u. a. auch mit der durch das Fernbleiben der Rechtsoppo sition geschossenen Lage. Es wurde beschlossen, am Donnerstag die Besetzung der frei gewordenen Posten des Vizepräsidenten und zweier Schriftführer vorzu nehmen. Die in den Ausschüssen frei gewordenen Ämter werden von den bereits vorhandenen Stellvertretern über nommen. Die Ausschüsse, die bisher nationalsozia listische Vorsitzende hatten, werden also in Zukunft durch die Stellvertretenden Vorsitzenden einberusen. Am Donners tag soll nach Vornahme der Ersatzwahlen die Beratung des Haushalts des Reichswirtschaftsministeriums beginnen. Außer den drei Tagen um Fastnacht sollen auch die beiden letzten Februartage sitzungsfrei bleiben. Als voraussichtlicher neuer Vizepräsident wird Frei herr von Kardoris lD. Vp.) genannt. Appell des Landvolks an die Aechksopposiiion. Drohender Schaden für die Landwirtschaft. Die Parteileitung der Deutschen Landvolkpartet teilt mit: „Im Haushaltsausschutz des Reichstages ist der Antrag der Fraktion Deutsches Landvolk auf Erhöhung des Brennrechtes für landwirtschaftliche Brennereien aus 100 Prozent abgelehnt worden, weil die Vertreter der Nationalsozialisten und der Deutschnationalen auf Grund ihres Auszuges aus dem Reichstage fehlten. Diese Ablehnung eines landwirtschaftlichen Antrages ist die erste Folge der nationalsozialistischen Obstruktion und stellt eine schwere Benachteiligung der Landwirtschaft dar. Deutschnationale und Nationalsozialisten können die schwere Gefahr von der Landwirtschaft nur abmcnden, wenn sie sofort wieder praktische Arbeit im Interesse der nationalen Wirtschaft leistem dar PrösidiM der ReichslaMMes zur Lage. Der Reichslandbund teilt mit: „Der Reichslandbund sieht keine Veranlassung, zu den Vorgängen im Parlament zurzeit im einzelnen Stellung zu nehmen. Er überläßt die Auseinandersetzung über das Ver halten der einzelnen Abgeordneten der Auseinandersetzung dieser Abgeordneten mit ihren Wählern. Unbeirrt geht der Reichslandbund den Kampsweg, den er durch seinen Beschluß am Reichslandbundtag der Öffentlichkeit bekanntgegeben hat. Der Kamps des Reichslandbundes gilt der Negierung. Die Enttäuschung darüber, daß die Regierung der Landwirtschaft selbst bisher keine Kenntnis von den beabsichtigten Maßnahmen gegeben hat, ist stündig im Wachsen, um so mehr, als die Zusage der Regierung, daß die erforderlichen agrarischen Vorlagen in kürzester Frist den Instanzen zugeleitet würden, bis heute unerfüllt ist. Das Mißtrauen gegenüber der Regierung erhält dadurch besondere Nahrung, daß der Öffentlichkeit ebenfalls bisher die der Regierung übergebenen Forderungen der Grü nen Front nicht bekanntgegeben werden konnten. Der Reichs landbund muß den Eindruck gewinnen, daß die Landwirtschaft wieder erneut dem Willen und den Interessen der durch Export und Handclsintcressen beeinflußten Parlamentsmeh'-heit aus- geliefert werden soll. Der Reichslandbund begrüßt in seinem Kampf jeden als Bundesgenossen, der mit ihm die der Land wirtschaft durch Regierung und diese Parlamentsmehrheit drohenden Gefahren mit äußerster Energie bekämpft." * Keine deutschnalionale Opposition im Roggen- Mungs-Ausschuß. Stubbenvorfs bleibt tätig. Tie deutschnationale Reichstagsfraktion hat dem Ab geordneten Stubbendorsf den Auftrag erteilt, seine Tätig keit im Untersuchungsausschuß über die Roggenstützungs aktion der Regierung weiter auszuüben, weil es sich hier um einen Ausschluß handelt, dessen Einsetzung einer deutschnationalen Forderung entspricht. * Spaltung -er Lan-volkfraktion. Drei Mitglieder ausgeschieden. Die Erklärung des Abgeordneten Dr. Wendhauseu von der Landvolkpartei am 10. Februar im Reichstag und der Auszug seiner Freunde aus dem Sitzungssaal gemeinsam mit den Nationalsozialisten und den Deutsch nationalen veranlaßte den Vorstand der Landvolkpartei, dazu Stellung zu nehmen. Von den drei Abgeordneten wurde verlangt, daß sic sich den Beschlüssen des Partei vorstandes grundsätzlich fügen und an den Reichstags verhandlungen teilnehmen. Da die Abgeordneten Dr. Wcndhauscn, von Sybel und Sieber erklärten, sich diesen Beschlüssen des Partei vorstandes nicht fügen zu können, stellte der Parteivor sitzende Höfer fest, daß damit die drei Abgeordneten sich selbst außerhalb der Ncichstagsfraltion und der Partei ae- stcllt hätten. .. * Mitztrauensantrag der Landvolkfraktion gegen Curtius. Die Landvolkfraktion des Reichstages hat jetzt ebenfalls einen Mißtrauensantrag gegen den Reichsaußenminister Dr. Curtius eingebracht. „Der Deutsche Reichstag lenkt erneut die Aufmerksam keit der internationalen Öffentlichkeit auf die schwere Be einträchtigung der Gedanken des Friedens und der Ver ständigung durch das K r i e g s s ch u l o u r 1 e i l des Versailler Vertrages. Deutschland hat unter Zwang den Vertrag unterzeichnet, ohne jedoch damit anzuerkennen, daß das deutsche Volk der Urheber des Krieges sei. Das im Artikel 231 ausgesprochene einseitige Schuldurteil ist nur geeignet, das Vertrauen unter den Völkern, das für den wahrhaften Frieden erforderlich ist, dauernd zu beeinträchtigen. Die restlose Aufklärung der Vor gänge. die zum Weltkrieg führten, auf der Grundlage wahrheitsuchender historischer Forschung ist daher drin gend erforderlich. Deutschland fordert aus diesem Grunde zur Besei tigung des einseitigen, den historischen Tatsachen nicht entsprechenden Kriegsurtcils, wie es im Artikel 231 im Versailler Vertrag zum Ausdruck kommt, die Bildung eines internationalen Ausschusses von unpar teiischen Sachverständigen, der allein ein objektives llrterl über die Vorgänge abgcbcn kann, die zum Ausbruch des Weltkrieges geführt haben. . Der Reichstag ersucht die Netchsregierung, alle ihr möglichen Schritte zu tun, um diese Forderung durch zusetzen."