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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das ^Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abkolung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 AM., bei Poftbestellung 2 AM. zuzüglich Abtrag- . gebühr. Einzelnummern Mpftz.AllePostanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend Postboten und unsereAus. tragerund Geschäftsstellen —— nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Stücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Naumzeile 20Apfg., die 4 gespaltene ."eile der amtlichen Bekanntmachungen 40Reichs pfennig, die 3gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Aeichspfennige. Bor geschriebene Erscheinungs- . ' tage und Platzvorschristex werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis norm.10 Uhr. — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltcnAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Ieder Ra battanspruch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggederin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alleVcrmittlungsstellenentgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 97 — 90. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Telegr.-Ädr.: „Amtsblatt' Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 27. April 1931 Polens Tinteufischpolttik. Als Kind auf der Schule Hai man gelernt, daß der Tintenfisch beim Angriff eines Gegners eine dunkelfarbige Flüssigkeit von sich gibt, um sich dadurch zu schützen. Es gibt aber nicht bloß im Meer derartige Fische, sondern sie existieren auch reichlich in der Politik und entwickeln dort Tinten Wolken in Form von Beschwerde- Noten, wenn sie mit Recht von irgendeiner Seite her attackiert werden. So treibt es Polen mit Vorliebe, Nur ist das Herrn Zaleski aus der Januartagung des Völkerbundrats dem deutschen Außenminister gegenüber nicht recht geglückt, als dieser nun mit dem schweren Ge schütz berechtigter Klagen über die Behandlung der deut schen Minderheit losschoß. Daraus hat man in Warschau allerhand gelernt und hofft, diesmal bei den Ausein andersetzungen mit dem Freistaat Danzig die Tintenfischpolitik erfolgreicher betreiben zu können. Die Polen haben,es ja von Anfang an als einen argen „Schönheitsfehler" des Versailler Vertrages er klärt, daß damals ein Freistaat Danzig geschaffen wurde, statt daß Polen diese deutsche Stadt sich gleich einverleiben durfte. Es war für den neuen Polnischen Staat nur eine geringe Entschädigung, daß er in Danzig sehr viel zu sagen, sogar die außenpolitische Vertretung des Frei staates in Händen hatte. Die wirtschaftlichen und handelspolitischen Zugeständnisse, die in Danzig den Polen auch noch eingeräumt werden mußten, sind bekannt und viel erörtert; alles „ging unter der Firma", daß Polen nicht bloß einen freien Zugang zum Meere, son dern auch über einen entsprechend großen, für seinen Handelsverkehr und seine — militärischen Zwecke brauch baren Hafen verfügen sollte. Daß dies alles oft genug zu Mißhelligleiten führte und führen mußte, ver mochte der frühere Völkerbundkommissar in Danzig eben sowenig zu verhindern wie er auf die Klagen der Dan ziger hörte. Der jetzige, Graf Gravina, ein Schwieger sohn Richard Wagners, zeigt den Danziger Interessen gegenüber ein größeres Wohlwollen — sehr zum Schmerz des polnischen Residenten in Danzig, der den nicht gerade sehr polnisch klingenden Namen „Strasburger" trägt. Und als nun gar der Danziger Senat beim Völkerbund den Antrag stellte, Polen sollte veranlaßt werden, sein Munitionsdepot auf der Westerplatte, also mitten im Hafen, nebst dem dazugehörigen Gebiet und den dortigen Militärischen Anlagen aufzulösen und wieder dem Frei staat Danzig zurückzugeben, weil Polens Seehafen Gdingen ausreichende Auslade- und Stavelungsmöglich- leiten hierfür nunmehr besäße, da packte den Herrn Stras burger die kalte Wut, er reichte in Warschau seine De mission ein, die natürlich — wie er sich wohl auch vorher schon überzeugt haben mag — prompt abgelehnt wurde. Begründet wurde von ihm diese Demission aber selbst verständlich nur damit, daß seine Landsleute in Danzig „kein Recht finden" können. Die Danziger Polizei sei machtlos oder sehe tatenlos zu, wenn den Polen im Frei staat übel mitgespielt werde. Jeden einzelnen Fall Hai Herr Strasburger eiligst nach Warschau gemeldet und ebenso eilig ging von dort die Beschwerde an das Völkerbundkommissariat in Genf ab. Mit allzu großer Sorgfalt scheint man dabei aber nicht ver fahren zu sein, wie ein erst kürzlich vorgekommener „Fall" bewies, als einem polnischen Seemann angeblich von Nationalsozialisten ein Hakenkreuz in die Brust geritzt wurde; der „Mißhandelte" konnte in den ihm zudiktierten sechs Wochen Haft den Rausch ausschlafen und darüber Nachdenken, was „grober Unfug" ist. Die polnische Presse hatte sich in Angriffen auf Danzig geradezu überschlagen. Aber diese und andere derartige Grotesken spielen vor einem sehr viel ernsthafteren Hintergrund! Es besteht nämlich ein Beschluß des Völkerbundrats aus dem Jun: 1921, in dem die Verhältnisse zwischen Danzig und Polen »geregelt" wurden und der dem Polnischen Staat die Möglichkeit gibt, in Danzig mit bewaffneter Macht ein- ^greifen, wenn die dortige Polizei nicht in der Lage sist Störungen der inneren Ordnung des übrigens natür- "ch entmilitarisierten Freistaates hintanzuhalten. Dann darf der Völkerbundrat die Sorge für die Sicherheit Danzigs dem Polnischen Staal übertragen. Und nun zielt alles, was von Warschau aus an berechtigten und unberechtigten Beschwerden über „Zwischenfälle" In Danzig nach Genf gemeldet wurde, ganz unverhüllt darauf ab, den Völkerbundrat zu einem solchen V^chluß zu veranlassen, den Polen also die „Erekution" Ist Übertrags, wie man das früher nannte. Denn durch ore „Unsicherheit" in Danzig werde auch Polens Zugang Zum freien Meer gefährdet. Das ist übrigens angesichts der enormen Ausdehnung, die der Ausbau des Hafens Edingen erhalten hat, eine besonders groteske Tintenfisch- Mion. Aber trotz dieser Lächerlichkeit soll man nie ver- Usen, daß sogar ein glattes Nberdcnhaufenrennen der 'triedensbestimmungen sowohl durch Polen in der Wilna- ",Dadurch Litauern'in der Memelfrage später die ebenso matte Sanktion durch den Völkerbundrat gefunden hat. -Darum hat auch der Danziger Senat in aller scharfe protestiert - mehr künn er ja nicht tun - d" polnische Erpresserpolitik und mgen die Drohungen Warschaus. Und bei diesem Protest so "st" erfreulicherweise in dem parteipolitisch sonst Zerrissenen senat einmal ganz einig. Alle Parteien MWM MOrie für Zollmm Tagung des Reichsverbandes der Deutschen Industrie. Das Präsidium und der Vorstand des Reichsver bandes der Deutschen Industrie beschäftigten sich mit der Wirtschaftslage. Die einmütige Auffassung ging dahin, daß zwar die bisherigen Erfolge der Reichsregierung in der Durchführung ihres Programms vom 30. September 1930 durchaus nicht verkannt werden, daß aber die in vielen Industriezweigen in den letzten Wochen eingetretene Verschlimmerung der Lage gebieterisch eine Beschleunigung und auch eine Verstärkung der Reformen erforderte, wenn von ihnen noch eine rechtzeitige Wirkung erhofft werden solle. Bei der Erörterung der Frage einer deutsch-öster reichischen Zollunion wurde einmütig zum Ausdruck ge bracht, daß die Industrie sich zur positiven Mitarbeit an den Verhandlungen über den Abschluß einer deutsch-öster reichischen Zollunion zur Verfügung stelle. Die Industrie erwarte von der Reichsregierung, daß sie ihre gesamte Zoll- und Handelspolitik in den durch den Vorvertrag über die deutsch-österreichische Zollunion gegebenen großen und grundsätzlichen Richtlinien einordne. Nie Weltwirtschaftskrise. Hugenberg in Gelsenkirchen. Aus dem Landesparietlag des Landesver bandes Westsalen-West der Deutschnationalen Volkspar lei in Gelsenkirchen hielt der deutschnationale Parteiführer eine Rede, in der er u. a. folgendes aussührte: „Mil den Worien Weltwirtschaft und Weltwirtschaftskrise wird heute wieder einmal grober Unfug getrieben. Es mutz des halb immer wiederholt werden, daß es eine polnische und Ivirtschnfllichs Unnmyrhett ist. wenn unsere vcranlworltichen Männer den elenden Zustand Deutschlands mit der Weltwirt schaftskrise zu entschuldigen suchen. Die Weltwirtschaftskrise Hai Deutschland den Vorteil bil ligen Nohstossetnkaufes gebracht, den wir nur infolge unserer fälschen Politik nicht voll ausgenutzt yaven. Sie yane lym ferner den Vorteil billigerer Zinssätze in viel höherem Maße bringen können, als es geschehen ist, wenn der Doung-Plan uns nicht die Bewegungssreiheit genommen hätte. Sie konnte weiter bei einer richtigen Handelspolitik unserer Landwirtschaft große Vorteile statt Nachteile bringen, weil wir in der Zeit mangelnden Wellabsatzes als Einfuhr land landwirtschaftlicher Erzeugnisse in der glücklichen Lage waren — im Gegensatz zu den meisten Ländern —, auf land wirtschaftlichem Gebiete unsere innere Erzeugung stark zu er höhen, statt sie zu vermindern und uns taten- und geistlos der Überschwemmung vom Weltmärkte her auszuliesern. * Cm Protest des MichslanöSundes. . Der Aufsichtsrat der Bank für Jndustricobligationen. Der Präsident des Reichslandbundes, Graf von Kalck- reuth, hat am 25. April an den Reichskanzler ein Schreiben gerichtet, in dem ees heißt: Zu seinem größten Befremden mutz der Reichsland bund feststellen, daß er bei der Besetzung des Aufsichtsrats der Bank für Jndustrieobligationen, ebenso wie bei der Besetzung der Organe der Deutschen Siedlungsbank, Wiederum übergangen ist, daß dagegen Vertreter der Deutschen Bauernschaft berufen sind. Durch die offensicht liche, einseitige Bevorzugung der Deutschen Bauernschaft von feiten der Reichsregierung wird der Landwirtschaft des deutschen Ostens, die organisatorisch in überwiegen dem Maße dem Reichslandbund angehört, eine Vertretung durch die Deutsche Bauernschaft ausoktropiert, die zwar in hohem Matze das Vertrauen des preußischen Staats ministeriums besitzt, aber von der Landwirtschaft des Ostens, wie die Mitgliederzahlen beweisen, abgelehnt wird. Der Reichslandbund sieht in dem Vorgehen der Reichsregierung eine unerhörte Brüskierung seiner Organisation und erhebt schärssten Protest. billigten die geharnischte Erklärung, die der Senatspräsi dent im Namen des Freistaates abgegeben hat. Und wenn Polen auf der Maitagung des Völkerbundrates wirklich einen Vorstoß in dem beabsichtigten Sinne machen sollte, dann — wird man sich als Deutscher vielleicht das erstemal freuen können, daß Deutschland Mitglied des Völkerbun des und im Rat vertreten ist. Denn, daß unsere Ver tretung hier aus Biegen oder Brechen neben Danzig stehen würde, ist so selbstverständlich wie das andere, daß Danzigeine deutsche Stadt ist nnd bleiben wird. Gefährliche Abröstongsvropaganda. Die Ratstagung unter dem Reichsaußcnminister. Uber den Besuch des Generalsekretärs des Völker bundes, Sir Eric Drummond, in Berlin wird eine amtliche Mitteilung nicht ausgegeben. Von gutunterrich teter Seite verlautet jedoch, daß der Generalsekretär mu dem Reichsaußenminister Curtius die reibungslose Abwick lung der Ratstagung im Mai, deren Präsident der deutsche Außenminister sein wird, besprochen hat. Wie er neut mitgeteilt wird, hat man über eine Abrüstungs konferenz nicht verhandelt. Dagegen dürfte sich der Rat in einer späteren Tagung mit der Organisation der technischen Vorbereitung der Abrüstungskonferenz befassen Bekanntlich hatten dahingehend Pläne bestanden, daß das Sekretariat des V ö lkerbundes eine groß zügige Abrüstungspropaganda betreiben soll, dic allerdings dann auch einseitig zugunsten der englisch französischen Abrüstungsthese ausgefallen wäre. Nunmehr wird versichert, es sei in der Unterredung zwischen Drummond und dem Reichsaußenminister kla gestellt worden, daß sich das Genfer Sekretariat einer eigenen Abrüstungspropaganda „selbstverständlich enthalten werde". Paris ist unzufrieden. Schwierigkeiten um das Flotten- ä b k o m m e n. Obgleich der Text der Antwortnote der britischen Nr gierung aus die französischen Vorschläge zur Flottenfrag vorläufig nicht bekannt ist, verlautet doch mit voller Be stimmtheit, daß die Note eine in sehr höflicher Form gefaßte Ablehnung des französischen Standpunktes darstelle. Sie enthalte au geblich gewisse englische Gegenvorschläge, die jedoch der französischen Auffassung in keiner Weise gerecht würden Eine Antwort aus Nom ist noch nicht eingelaufen, do Italien erst die Veröffentlichung der britischen Rote ab warten wollte. Die Pariser Sonntagspresse beschäftigt stü eingehend mit der Lage und spricht sich durchweg äußerst pessimistisch über das Schicksal des Flottenabkommens aus. Nsr Stahlhelm dankt. Eine Entschließung des Stahlhelms zum Volksbegehren. Der Bundesvorstand des Stahlhelms hat zum Volks begehren eine Entschließung gefaßt, in der es heißt: „Das Stahlhelm-Volksbegehren, der erste Vorstoß gegen das derzeitige System mit dessen eigenen Mitteln, ist in engster Zusammenarbeit mit unseren Bundesgenossen erfolgreich durchgeführt. Bei ihm hat sich in Ost und West aus allen Ständen und Berufen die Front des Frontsoldatemums, der Kern des Volkstums, der feste Block des Preußentums kame radschaftlich zusammengefunden. Der Stahlhelm sagt allen seinen Dank, die dabei an ihrer Stelle ihre vaterländische Pflicht erkannten und taten. Das Volksbegehren war nur der erste Vorstoß. Die Entscheidung, deren Zeitpunkt der Stahlhelm in gewissem Maße in der Hand hat, wird noch größere Kräfte, lebhaftere Werbung, stärkeren Einsatz verlangen. Wir Nüssen, daß jeder Tag dieses marxistischen Systems, das die allgemeine Not hauptsächlich verursacht Hal. sie noch lcigert. Viele, die nicht auf uns hörten, wird der unerbittliche Zang der Entwicklung belehren. Wir aber werden weiter m echter deutscher Soldatenart um Preußen und im Verein mit allen anderen Bundesstaaten für das Reich kämpfen: zäh, -reu und unbeirrbar in unserem Glauben an den Sieg!" * Giahlhelm meldet bisher S,83 Millionen Eintragungen. Das Bundesamt des Stahlhelms teilt mit: „Die bis herigen Zählungen zum Volksbegehren fLandtagsauflösung) ergeben einwandfrei die Zahl von reichlich 5,83 Millionen Ein tragungen. Einzelne Meldungen stehen noch aus. Das be deutet mehr als eine halbe Million Überschuß." * Ministerpräsident Braun über die politische Lage. In der Königsberger Stadthalle sprach der preußische Ministerpräsident Braun über die politische Lage. Er wandte sich hierbei gegen die Kampsesweise bei der Propaganda für das Volksbegehren und betonte, nickst der Marxismus trage die Schuld an der schwierigen Lage Deutschlands, sie sei eine Folge des Krieges. Außerdem habe die Rationalisierung in der Wirtschaft Millionen von Arbeitern in das Elend der Arbeitslosigkeit gestürzt, die also eine Folge Les kapitalistischen Systems sei. Preußen sei die stärkste Stellring der Republik im Reich und deshalb wollten die Leute des Volksbegehrens in Preußen die Machi an sich reißen. Wenn die Pröpagan- oisten des Volksbegehrens erklärten, die Notverordnung habe aas Volksbegehren behindert, so gäben sie damit zu, daß sic nur mii Beschimpfungen und Verleumdungen für das Volks begehren Propaganda hätten machen können, denn gegen diese, nicht aber gegen sachliche politische Arbeit richte sich dic Not Verordnung des Reichspräsidenten Für den kommenden Volksentscheid kündigte Brann noch schärfere Maßnahmen an, da die Notverordnung nicht ausreichend gewesen sei. Die Sozialdemokratie in Preußen denke nickst daran, sich aus der Regierung zurückzuziehen und eine Stellung ähnlich wie im Reich einzunehmen. Sie werde sich nicht durch den Ausfall oes Volksbegehrens, das ein Neinfall gewesen sei, beeinflusst' lassen.