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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in ^Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2RM. im Monat, bei Anstellung durch die Boten 2,3vRM., bei Post destellung Abtrag- gebühr. Einzelnummern lMpfg.ANePoftanstallcn Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend Postbolen und unftrcAus. ULgerund Geschäftsstellen - 2 2-2 nehmen zu ftder Zeil Be. stelluugen entgegen. ImFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 111 — 90. Jahrelang. Telegr.-Adr: .Amtsblatt" Wilsdrufs-Dresden Postscheck ^Dresden 2640 Freitag, den 15. Alai 1931 Oer Dreizehnte im Elysee. Die 18 gili als Unglückszahl, aber ver neue Präsident der Französischen Republik, der nach einem Monai in das Elysee einziehen wird, könnie sich damit beruhigen, daß er eigentlich nicht der dreizehnte, sondern schon der vierzehnte in der Reihe der Präsidenten der dritten Republik ist — wenn man nämlich Jules Grevh, .Papa Grevy", wie sie ihn einst nannten, zwei mal zählt, weil er zweimal zum Präsidenten gewählt worden ist. Die dritte Republik besteht seit 1870, und ein Präsident bleibt in Frankreich — wie das ja auch in Deutschland der Fall ist — sieben Jahre im Amte. Reckw i man nun nach, so findet man sofort, daß nicht alle von r > zwölf bis drei zehn Präsidenten, die es bisher in Frankrcic., gegeben hat, ihre ganze Amtszeit „abgedient" haben können. Nebenbei bemerkt: es hat in Frankreich schon vor 1871 einen Präsidenten ge geben, einen Präsidenten, der sich eines Tages die Kaiserkrone seines großen Onkels aufs Haupt setzte. Louis Napoleon, der Besiegte von Sedan, der Neffe Napoleons I., war dieser Präsi dent gewesen. Aber bleiben wir bet den Präsidenten der dritten Republik. Den Reigen eröffnete Thiers, der nach dem Zusammenbruch Frankreichs zunächst zum „Inhaber der ausführenden Gewalt", dann aber, da die neue Republik ein Haupt brauchte, zum Präsidenten erwählt worden war, und zwar aus drei Jahre. Tas Septennal — die Präsidentenwahl für sieben Jahre — kam erst unter dem Marschall Mac Mahon, der Thiers auf dem Präsidentenstuhl ersetzte, als der Präsident am 24. Mat 1873 durch ein Tadelsvotum der damals noch mächtigen Mon archisten zum Rücktritt veranlaßt wurde. Mac Mahon war ein Mann nach dem Sinne der Monarchisten: sie erwarteten von ihm die Wiederherstellung eines Königreiches Frankreich und waren stark enttäuscht, als er ihre Erwartungen nicht er füllen konnte, hauptsächlich darum nicht, weil die Häuser Bourbon und Orleans sich über die Köntgswürde nicht einigen konnten, weil keines von beiden seinen persönlichen Ehrgeiz zurückstellen wollte. Als Mac Mahon schließlich ein- sehcn mußte, daß er als reaktionärer Präsident nicht an der Spitze einer republikanischen Regierung stehen konnte, nahm auch er seine Entlassung. Das war am 30. Januar 1879 Noch am gleichen Tage wählte der Kongreß den Kammerpräsi denten Jules Grevy zum Staatspräsidenten. Obwohl Grevv niemals besonders beliebt war — man warf ihm vor allem seine „Knickrigkeit" und Kleinlichkeit vor — wurde er nach Ablauf seiner Amtsperiode noch einmal gewählt. Aber diesmal dauerte seine Präsidentenherrlichkei, nicht lange: sein Schwiegersohn Wilson war wegen Ordensschachers und anderer unsauberer Geschäfte in eine Untersuchung verwickelt worden, was zur Folge hatte, daß der Schwiegerpapa seine Entlassung nehmen mutzte. Zur Würde des Präsidenten erhoben wurde am 3. Dezem ber 1887 Sadt Carnot, ein ehrlicher, aber nicht eben her vorragender Mann, der von dem Ruhme großer Ahnen zehrte. Am 24. Juni 1894 wurde Carnot während eines Besuches m Lvon das Opfer eines Mordanschlages: der italienische Anarchist Caserio schwang sich auf den Tritt des Präsidenten- wagens und stieß dem Präsidenten einen Dolch ins Herz, so daß Carnot nach wenigen Stunden verschied. Präsident wurde nun Castmtr-Perier, auch er eines berühmten Namens Erbe. Man erwartete Großes von ihm, aber er war in sich selbst so unsicher und „unausgeglichen", daß er schon nach wenigen Monaten die Flinte ins Korn warf und auf sein Ami verzichtete. Es folgte ihm der ehrgeizige Feliz Faure, ein ehemaliger Gerber, der sich später als Reeder in Havre ein großes Vermögen erworben hatte. Unter Faure begann Frankreichs Techtelmechtel mit Rußland. Als Feliz Faure am 16. Februar 1899 im Hause einer Schauspielerin an einem Hirnschlage starb, wurde der gemäßigte Republikaner Loubet, bisheriger Vorsitzender des Senates, sein Nach folger. Aus ihn folgte wieder ein Senatspräsident: Fal- liS res, der. wie sein Vorgänger, bieder, treu und väterlich gesinnt war. Und dann kam „ER", kam PotncarS, der „große" Kriegspräsident, den wir noch alle frisch in nicht ganz angenehmer Erinnerung haben und besten Einfluß in und au? Frankreich auch jetzt noch nichi ausgeschaltet ist. Als PoincarSs Präsidentschaft zu Ende war, hoffte Clömenceau, der „Organisator des Sieges", Präsident zu werden, aber die Sache war so, datz man ihn mehr fürchtete als liebte, und so kam es, daß nicht er, sondern der ganz unbedeutende und über nervöse Paul Deschanel, der „schöne Paul" genannt gewählt wurde. Er hatte tn seiner Auffassung von der Präsi- dentenwürde eine gewiße Ähnlichkeit mit Casimtr-Perter und war, genau wie dieser, schon nach wenigen Wochen „erledigt" Millerand, der sein Nachfolger wurde, war der Typus des strebsamen Präsidenten, aber zu irgendeiner Popu larität hat er es nie bringen können, und eines Tages mußte er dem starken Ansturm der Linken weichen und das ElysSe vor der Zeit verlassen. Aber, wie sein Freund PotncarS, wirkt auch er noch heute. Ränke spinnend, hinter den politischen Kulissen. Aber Doumergue, der das erste Präsidenten dutzend voll machte, ist auch die jüngere Generation „lm Bilde": wir haben ihn alle milerlebt und brauchen seine Qualitäten nicht näher darzulegen. Er war ein Mann ohne größere Macht, ein Mann, der im Elys^e anständig repräsen- tierte, und sein einziger Fehler - im Auge der Franzosen - ""/.datz er unverheiratet blieb. Und nun mag die Herrschaft des Dreizehnten beginnen! » Fördert die Ortspresse » Frankreichs neuer Präsident Doumer zum Staatspräsidenten gewählt. Briand unterlegen. Die französische Präsidcntschaftswahl in Versailles endete im zweiten Wahlgang mit dem überwältigenden Sieg des Senatspräsidcnten Doumer mit 504 Stimmen gegen den radikalsozialistischen Kandidaten Marraud, der nur 334 Stimmen auf sich vereinigte. Im ersten Wahl gang wurden 901 Stimmen abgegeben, davon erhielten Doumer 442 und Briand 401 Stimmen. Daraus legte Briand seine Kandidatur nieder, und von den Anhängern Briands wurde als Verlegcnheitskandidat Marraud auf gestellt. Paul Doumer ist 74 Jahre alt. Er war von Hause aus Lehrer und Publizist, wandte sich dann aber der Politik zu und begann seine politische Lausbahn als Doumer. Deputierter für das Aisne-Departemcnt. Nachdem er bei der Präsidentenwahl 1906 gegen Faillires unterlegen war, wurde er im siebenten Kabinett Briands Finanz minister. Bei der Präsidentenwahl von 1927 wurde er mit 238 von 273 Stimmen zum Präsidenten des Senats gewählt. Die Überraschung. Durchaus nicht zum erstenmal hat die Geheimabstim mung der Französischen Deputiertenkammer und des Senats in der „Nationalversammlung" schließlich einen andern Mann auf den Präsidentenstuhl der Französischen Republik gehoben, als dies allgemein erwartet wurde. Briand schien als Kandidat seinem Wettbewerber Doumer haushoch überlegen zu sein. Er hatte in der vergangenen Woche noch durch seine Rede über die deutsch österreichische Zollunion und die Schärfe, die er darin ganz unverhüllt zeigte, in der Deputiertenkammer für sich per sönlich einen Sieg erfochten, der ihm den Weg zur Präsi dentschaft ohne weiteres zu ebnen schien. Allerdings ent brannte im letzten Augenblick noch, als nun Briand sich wirklich bereit erklärt hatte, zu kandidieren, der Kampf der Rechten gegen ihn mit größter Heftigkeit. Daß Briand die Mehrheit des Senats nicht hinter sich hat, weiß er selbst sehr genau. Vielleicht spricht aus dem End ergebnis der Wahl auch die innere Ablehnung der Volks vertreter, eine politisch so ausgeprägte Per sönlichkeit, wie es Briand nun einmal ist, an die oberste Stelle im Staat hinaufzuführen. Auch anderen vor ihm geschah gleiches. Schon der erste Wahlgang war eine Überraschung. Mit seinen 432 Stimmen war Doumer der auf Briand entfallenden Zahl nicht nur überlegen, sondern es fehlten überhaupt nicht mehr viel Stimmen daran, daß der bis herige Senatspräsident Doumer sofort zum Präsidenten der Französischen Republik gewählt worden wäre. Erst die Stichwahl ergab seinen Sieg. Als eine irgendwie markante Persönlichkeit ist der neue Präsident nicht zu bezeichnen; er wird daher ebenso wie sein Vorgänger Doumergue kaum irgendwie her- vortreten. Wir Deutsche erinnern uns daran, datz er 1921 auf der Pariser Konferenz der alliierten Finkinzminister im damaligen Kabinett Briand gegen Deutschland Forde rungen auf eine Kriegsentschädigung ausstellte, die nicht weniger als 132 Milliarden betragen sollten. Im Londoner Ultimatum erzwangen dann auch die Alliierten ein entsprechendes deutsches Zugeständnis. Der Haß gegen Deutschland ließ ihn jedes Augenmaß für das Mögliche verlieren, ein Haß, der seine Ursache Wohl auch in dem Verlust von drei Söhnen während des Weltkrieges gehabt haben mag. Und der „zweite Sieger" in diesem Ringen um die Präsidentenwürde. Herr Briand also? Briands Rücktritts gesuch. In der Sitzung des französischen Ministerrates unter breitete Briand sein Rücktrittsgesuch. Sämtliche Minister haben lebhaft auf den Außen minister cingewirkt, damit er in Gens vor dem Europa- auZTchuß und dem Bölkerbundrat die Interessen Frankreichs in dem Sinne verteidigt, wie er in der Ab stimmung der beiden Häuser zum Ausdruck gekommen ist. Briand hat schließlich eingwilligt und sich bereit erklärt, diesmal noch nach Genf zu gehen Briand hat sich inzwischen zu den Verhandlungen nach Genf begeben. Das würde — einer Äußerung des Kabincttschefs Briands zufolge — nicht unbedingt be deuten, daß Briand die Führung der französischen Völlcr- bunddelcgation als Außenminister beibchält. Die Beurteilung tu Berlin. Der Ausgang der Präsidentschaftswahl in Versailles hat auch in Berlin außerordentlich überrascht. In Regierungskreiscn wird zu der Niederlage Briands er klärt, daß Undank ja bekanntlich der Welt Lohn sei. Andererseits wird einer gewissen Genugtuung darüber Ausdruck gegeben, daß Briand offenbar zunächst am Ruder bleibe und damit die Gewähr dafür gegeben sei, daß der bisherige außenpolitische Kurs Frankreichs fortgesetzt werde. Auch im ElysSe ist nach Berliner Auf fassung eine Kursänderung nicht zu erwarten, da Doumer als früherer Radikalsozialist kaum der Rechten zuzu- rechncn sei. * Die Pariser Presse zur Präsidentenwahl Paris, 15, Mai. In den Rechtsblätlern kommt offene Freude über die Niederlage Briands zum Ausdruck, während die Linkspresse das Wahlergebnis lies beklagt, jedoch erklärt, datz noch nicht aller Tage Abend sei. Der Temps erklärt, Briand selbst sei für den Ausgang der Dinge «richt verantwortlich. In Versailles habe es einen Besieg ten gegeben, doch das sei nicht der Außenminister, sondern das „Kartell". Dadurch, daß die Linke die Präsidenlschaftskandidatur Briands zu ihrer Parteisache gemacht habe, sei die Reaktion un vermeidlich gewesen. Die Linke glaube, den Frieden gepachtet zu haben, während tatsächlich ganz Frankreich friedlich gesinnt sei. Der Malin sagt, niemand habe das Recht, die Kundgebung der Volksvertreter anders auszulegen, denn als eine Huldigung für den Frieden. Vielleicht sei es auch eine Kundgebung gegen den Sozialismus gewesen. Im Populair schreibt Leon Blum, man dürfe es sich nicht verhehlen, daß der Mißerfolg Briands ein außerordentlich schwerwiegendes Ereignis sei. Gleichzeitig veröffentlicht das Blatt einen Ausruf der Sozialistischen Gesamtsraktion aus Kam mer und Senat, in dem es heißt: „Wir wenden uns angesichts des französischen Volkes gegen ein Wahlergebnis, das seinen Willen entstellt Has. Wir erklären der Welt feierlichst, daß sich Frankreich nicht nach dieser falschen Situation beurteilen darf. Die Wahlen haben mit aller Deutlichkeit bewiesen, daß das fran zösische Volk den Frieden will. Es wird seine untreuen Vertreter brandmarken und verleugnen." Perlinax führt im Echo de Paris aus, daß Briand über seine ideologische Politik gestürzt sei. In Deutschland werde man vermutlich behaupten, daß die Friedenspolitik in der Person Bri ands getroffen worden sei. Man müsse dagegen betonen, daß eg in Frankreich keine Kriegsgefahr gebe. Es handele sich nur um die Frage der „Melhoden" zum Schutze des Friedens. * Die englische Presse zur Wahl Doumers. London, 15. Mai. Die englischen Kommentare zur Wahl Doumers lassen ein gewisses Bedauern über die Niederlage Bri ands erkennen, was jedoch nicht daran hindert, die Verdienste Doumers zu würdigen. Die Tatsache aber bleibe bestehen, jo scgt die Times, daß Doumer der Kandidat der Chauvinisten ge wesen sei, die noch immer auf Deutschland mit „verständlichem Mißtrauen" hinblicklen. Manchester Guardian, der ebenfalls auf die trüben Aussich ten sür Europa hinweist, befürchtet, daß sich die fanzösische Po litik in Zukunft erheblich ändern werde. Daily Telegraph und Daily Herald werden es bedauern, wenn die Stellung Briands geschwächt würde. Die liberale News Chronicle hofft, daß Briand jetzt sein europäisches Friedenswerk werde besser fortsetzen können, als wenn er Präsident geworden wäre. -i- Auslaudsstimmen zur sranzösischen Prä sidentenwahl. Neuyork, 14. Mai. Die unerwartete Niederlage Bri ands ist in Amerika die Sensation des Tages. Allgemein wird zugegeben, daß der Wahlausgang, den man als Beweis sür das Anwachsen der nationalistischen Strömung in Frankreich kenn zeichnet die Stellung Briands aufs schwerste erschüttert hat. Die Times glaubt, daß die geplante deutsch-österreichische Zollunion mit dem Mißerfolg Briands mehr zu tun habe als alle politischen Machenschaften und persönlichen Antipathien. Der Ausgang der Genser Ratstagung werde die Zukunft Briands entscheiden. Rom, 14. Mai. Das Ergebnis der Präsidentschaslswahlen in Frankreich ist in Italien mit Spannung erwartet und die Nie derlage Briands osfen begrüßt worden. Die Wahl Doumers, so