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MsdrufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Tandwirtschast/ für ÄürgertuM/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Witsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits lesümmte Blatt. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Ranmzeile 20Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 -Reichs- Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweifungsgcbühr 20 Reichspsennige. Dor- geschriedeneErscheinungs- tage und Platzvarschriften ^werden nach Möglichkeit AevNsvreMer: Amt Wilsdruff v berücksichtigt. Anzeigen annahme bis oorm.10Ubr. '——7 Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabatlansprr.ch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werdenmutz oderderAuftraggeberinKonkurs gerät. Anzeigcnnchmen olleVermittlungsstellen entgegen. Das «Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an aAen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbestellung Abtrug- . gebühr. Einzelnummern ISRpsg.AllePosianstalten sllk ÄSLlHvkUsf U. Postboten und unsereAus» trag er und Geschäftsstellen 77 7" 7— , — -—- nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandtcr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 115 — 9». Jahraanq. MM« IM»» IM»"!»' Tclegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Mittwoch, den 20. Mai 1931 Poch check: Dresden 2640 „NewManS". Gezwungen und mit wenig Freude, kaum noch mit ge ringen Erwartungen sieht das deutsche Volk auf das Ringen seiner Vertreter in Genf. Aber man weiß, daß dort um vieles gekämpft und nur weniges erreicht werden kann, was doch schicksalshaft für Deutschland ist. Auch und gerade dann, wenn man es dort unseren. Händen ent reißen, wenn man uns von dem schmalen Weg zwischen den Abgründen Herunterstoßen will. Die „Grals hüter" von Versailles sind auf ihrer unhciligen Wacht, wenn Deutschland sich müht, hinan-, hinaufzu steigen zu eigener Selbständigkeit. Wieder einmal klirren laut die Fußfesseln, die in Versailles uns angelegt wurden. Aber wir sind einen Augenblick stehengeblieben und haben hinübergeschaut dorthin, wo unter den Augen des Reichspräsidenten und einer vieltausendköpfigen Zu schauerschar das erste Panzerschiff von den Heiligen herunterglitt in das Element, auf dem es die Heimat verteidigen soll. „Deutschland" — diesen Namen gab ihm Hindenburg mit aus den Weg, den Namen und — eine Bestimmung. Mit Hindenburg und in ihm stand Deutschland, das deutsche Volk, Pate; denn in Kämpfen und fast mit Schmerzen, in langjährigem Für und Wider wurde der Gedanke zur stählernen Wirklichkeit, ein Mittel zur Verteidigung der Heimat zu schaffen, das besser geeignet ist, dem Willen unserer Selbsterhaltung und Selbstbehauptung zu dienen, als was bisher als „Panzerschiff" im Dienst ist. Jetzt ist's glück licherweise zu Ende mit dem parteipolitischen „Kampf um den Panzerkreuzer". Und fast wie ein, allerdings sehr unfreiwilliger Witz mutet es an, wenn eine englische Zei tung darauf verweist, daß die Väter des Versailler Ver trages es waren, die es Deutschland verboten haben, seine überalterten Linienschiffe zu behalten; also seien eigentlich die Alliierten als die Väter der deutschen Schiffsneubauten zu betrachten. Zudem sei die Konstruktion und der Bau der neuen „Deutschland" wegweisend für die Weiterentwicklung des Kriegschiffs- daues gerade bei der Entente. Nun, selbst darüber vermögen wir Deutsche nicht zu lächeln, denn das ist ein sehr trauriger Witz der Weltgeschichte oder vielmehr derer, die in Versailles für die Weltgeschichte und vor ihr verantwortlich waren. Aber einen gewissen Stolz darf es doch bei uns auslösen, wenn ein französischer Marinesachmann sagt, das deutsche Panzerschiff zerstöre die „Illusion" von Versailles, „die Kraft begrenzen zu wollen, indem man derMasse eine Grenze setzte". Denn in die Grenze der 10 OOO-To.-Grötze sind und bleiben wir ja eingeengt, aber die Kraft schiffs bautechnischen Geistes deutscher Ingenieure vermochte diese „Grenze" doch zu sprengen, weil es für die Kampfkraft des Schiffes doch nicht so ganz allein auf die „Masse" der streng eingehaltenen 10 000 Tonnen ankommt! Und eben sowenig und ganz allein auf die „Kanonen", sondern viel mehr noch, einem Wort des größten englischen Seehelden zufolge, „auf die Männer, die hinter ihnen stehen". Nie war unsere Flottenpolitik auf des Ziel des „An griffs" eingestellt; was wir einst schufen, sollte nur zur Verteidigung der Weltinteressen Deutschlands dienen, dem Schutz der Heimat in erster Linie. Die neue „Deutschland" ist für nichts anderes, ist für denselben Zweck gebaut. Auch hierdurch und hierin ist das Schiff Träger einer Tradition. Immer nur sollte Deutschlands Flotte „unangreifbar" gemacht werden. Jetzt dürfen wir auf das Gebot von Versailles hin uns eine solche Abwehr- rüstung nicht schaffen, aber wenn nach langen Monaten das neue Panzerschiff nun wirklich in Dienst gestellt sein wird, dann ist damit der Anfang dazu gemacht, eine Lebensader Deutschlands von seinem Rumpf her zu dem fast ganz abgeschnittenen Glied Ostpreußen hinüber wenigstens etwas zu schützen, wenn selbst eines kleinen Staates raubgierige Hände uns diese Ader zusammenzu drücken versuchen Einst, vor fast achtzig Jahren, hat innere Schwäche und Zerrissenheit die erste deutsche Flotte in ihren Keimen rasch wieder erstickt; ein schweres, furcht bares Schicksal zertrümmerte nach heroischem Kampf auch die zweite. Nun bauen wir langsam an der dritten, argwöhnisch von einer Welt, in der von Friedens- und Abrüstungswillen nichts zu verspüren ist. Wir bauen^fur dle Zukunft, wir zimmern und schmie den an einem da^ auch den Namen „Deutschland" trägt, und das die -wünsche erfüllt sehen möge, die das deutsche Volk der neuen „Deutschland" mit auf den Weg gegeben hat. Ser Reichspräsident bei -er zloiten- MchWung. Die Begeisterung in Kiel. Der Reichspräsident begab sich in Begleitung des Statlonschefs Admiral Hansen, Oberbürgermeister Dr Lucken sowie einer Reihe hoher Marineoffiziere, überall von der Bevölkerung lebhaft begrüßt, durch die innere Stadt zum Wohltäügkeitsfcst des Kreiskriegerverbandes. Hindenburg verweilte eine halbe Stunde im Kreise der alten Kameraden und kehrte alsdann durch die innere s?tadt nach dem Kreuzer „Königsberg" zurück, der um ".oO Uhr zu einer Nachtübung auslief, an der auch der " ^uzer „Köln" und die zweite Flottille teilnimmt. ?ür priecken unck khre Ser Stapellaus der „Deutschland". Festtage in Kiel. Kiel, 19. Mai. (Von einem Sonderberichterstatter.) Es gab wohl selten ein Ereignis, das ganz Deutschland und weiteste Kreise des Auslandes so stark in seinen Bann zog, wie der am 19. Mai vorgegangene Stapellauf des Panzer schiffes „d.". So konnte es nicht wunder nehmen, daß an diesem Tage Kiel im Mittelpunkt ungezählter Tausender wurde, die aus allen Gauen Deutschlands mit Kraftfahrzeugen, Schiff, Eisenbahn, Flugzeugen und zu Fuß herbeigeeilt waren, um Zeuge des bedeutsamen Stapellaufes zu sein, ein Ereignis, das besonderen Glanz dadurch erhielt, daß der Ablauf des Schiffes im Beisein des Reichspräsidenten von Hindenburg und der höchsten Spitzen der deutschen Behörden erkolate. M es m vieler feierlichen -Stunde für uns ein Gebot, zu ve- kennen, was uns der Bau dieses stolzen Schiffes bedeutet und aus welcher Gesinnung es geschaffen wurde Nach unserer Niederlage ist für uns das elementare Recht der Selbstverteidigung einseitig so eingeschränkt worden, daß viele geglaubt haben mögen, das deutsche Volk würde es als zwecklos erachten, für dieses unser Recht überhaupt noch Opfer zu bringen. Durch diese Feier zeigt das deutsche Volk in aller Offenheit der Welt, daß es auch unter den ihm auferlegten Beschränkungen und auch in allergrößter wirtschaftlicher Not die Kraft findet, den Frieden zu sichern und seine Ehre zu wahrem Was unsere stolze Flotte einst bedeutet Hal, als ein reiches, freies Volk sie sich geschaffen hatte, ist unvergessen. Heute sind wir arm, aber wir wissen, daß gleiche Pflichttreue und Tapfer keit und gleicher Erjindungsgeist auch Henie noch im Rahmen der Verträge, die wir loyal erfüllen, und mn den geringen Mitteln eines verarmten Volkes untere Flotte m höchsten Panzerkreuzer „Deutschland" während der Tauschiersichkeilw. 'L>ou auen Linien ,epie oer Hugrom oereus am jNchm Morgen in gewaltigen Massen ein, und der erste Gang gatt der Kieler Föhrde, von wo aus der Blick auf die im Hafen versammelten Einheiten der deutschen Flotte und auf den grauen Leib des aus dem jenseitigen Ufer liegenden Panzer schiffes schweift. Gegen 11 Uhr traf Reichspräsident von Hindenburg auf dem Bahnhof ein, von der Menge lebhaft begrüßt und von dem donnernden Salut der Kriegsschiffe empfangen. In zwischen stauten sich vor den Toren der Deutschen Werke die unablässig einströmenden Gäste, trafen unübersehbare Kolonnen Tausender von Kraftwagen ein. — Schier verwirrt ist der Blick, wenn er das prächtige Bild des Anmarsches derM OOÜ aus dem Werftgelände in sich ausnimml. Ein Ruhe- punkt in der Erscheinungen Flucht, der immer wieder die Auf merksamkeit aus sich lenkt, ist das mit frischem Grün und farbenprächtigen Flaggen geschmückte Panzer schiff der Stolz der Reichsmarine; immer wieder fesselt es den Blick, immer wieder erfüllt es die Beschauer mit Be wunderung für die, Leistung deutscher Schiffs baukunst. Noch war sein Name am Bug nicht sichtbar, noch ruhte sein gewaltiger Körper aus den Gleitbahnen, von wenigen Stützen gehalten. Da verkündete, während in den Lüften flinke Flugzeuge ihre Kreise zogen, immer lauter wer dendes Brausen, immer mächtiger erklingende Hochrufe: Deutschlands Reichspräsident ist da! Mit ehr furchtsvollem Schweigen geleiten die Tausende Hindenburg durch die Menschenmauern nach dem Stapelplatz. Gebannt und gefesselt folgt man den Vorgängen auf der Taufkanzel, wo neben Hindenburg der Reichskanzler Brüning, der Chef der Marineleitung, Admiral Dr. e. h. Räder, Vizeadmiral Hansen, der Ches der Marinestation der Ostsee und der Reichswehr- mtnister Gröner Aufstellung nehmen. Brüning spricht, spricht über die dauernden Opfer eines gequälten Volkes, über den Frieden, über eine Gemeinschaft gleichberechtigter Völker... da geschieht etwas Un erwartetes: Das Schiff setzt sich in Bewegung, ohne daß Hindenburg dazu kommt, die Hand zu heben, zur Flasche zu greifen, die Taufweihe zu vollziehen. . . Brüning stockt in mitten seiner Rede . . . Geistesgegenwärtig ruft Hindenburg dem gleitenden Schiffe die Taufworte nach: „„Deutschland" sei dein Name!". — Die Menge läßt sich nicht beirren . . . Hoch rufe branden an dem gleitenden grauen Leib empor . . . Das Deutschlandlied ertönt. Jetzt taucht das Heck ins Wasser. . . Hoch schäumt die Welle auf . . . Gleich ist das ganze Schiff von den Fluten der Kieler Föhrde umspült . . . Panzerschiff „Deutschland" schwimmt! Deutschlands herrlichstes Schiss ist vom Stapel gelaufen, ist glücklich seinem Element übergeben. Die Tauffeierlichkeiten begannen mit einer Rede des Reichskanzlers, der u. a. ausführte: Oie Taufrede des Reichskanzlers. Ein stolzes Werk wird heute seiner Vollendung entgegen- geführt. Heiße Kämpfe haben sie lange gefährdet. Um so mebr Leibungen vewylgen. L-e-r aller Not uuü Entbehrungen Ivird das deutsche Volk jedes Opfer für seine Ehre wie für die Idee einer Gerechtigkeit für alle Völker der Wett bringen. Wenn ein gequältes Volk den Frieden dienen will und ihm dauernde Opfer bringen soll, so kann es stolzer Augenblicke nicht ent behren, wie dieses, die ihm vor Augen führen, daß es noch immer zu Großem befähigt ist. Ich glaube nicht, daß es irgendeinen wahren Friedensfreund in der Welt stören kann, wenn wir diesen Stapellaus, geweiht durch die Anwesenheit unseres allverehrten und geliebten Herrn Reichspräsidenten von Hindenburg, feierlich begehen, währenddessen in Genf der deutsche Außenminister als Vorsitzender des Völkerbundrates dem hohen Ziele des Weltfriedens und der europäischen Ver ständigung dient. Deutschland kann mit großem Recht und mit tiefem Ernst von sich sagen, daß es in der gewissenhaften Erfüllung seiner Abrüstungsverpslichtungen nichts von dem versäumt hat, was ihm die Verträge auf erlegten. Wir erwarten darauf, daß, wenn aus diesen Ver trägen überhaupt eine Hoffnung für die Menschheit ent stehen soll, unsere Abrüstung Nachahmung findet. Daß wir aber bemüht sind, unserem Volke das geringe Maß von Sicherheit zu verbürgen, das uns die Verträge zu- billigt haben, ist selbstverständlich. Auch das lieg, im Interesse Europas und der Welt. Nicht dadurch dient man dem Frieden, daß man Völker zweierlei Rechts und zweierlei Sicherheit schafft. Nur eine Gemeinschaft freier, gleichberechtigter Völker, ihre Zufriedenheit, ihr eigenes Verantwortungsgefühl und ihre freiwillige Unterordnung unter den Gedanken friedlichen Aus gleichs können eine sichere Bürgschaft für den Weltfrieden sein. In dieser feierlichen Stunde strecken wir in tiefster Wahrhaftigkeit denen die Hand entgegen, die uns gleiches Recht zugestehen wollen wie sich selbst. Viel Leid kann vergessen werden, wenn uns die anderen gleiche Vaterlandsliebe und gleichen nationalen Stolz zubilligen, wie sic diese für sich und ihr eigenes Land in Anspruch nehmen. Für solche Gesinnung möge das stolze Schiff, das jetzt von der Hand des Herrn Reichspräsidenten seine Weihe enipfangen ivird, Sinnbild und Bürgschaft werden. * Hindenburg vollzieht -Le Taufe. Ein Zwischenfall. Der Reichskanzler hatte seine Rede noch nicht beendet, alS das Panzerschiff sich plötzlich, anscheinend durch verkehrt ver- standene Kommandos in Bewegung setzte und unter Hochrufe« der Menge schneller als sonst üblich die Bahn ms Wasser hin abglitt. Noch als der Koloß auf seiner Bahn hmabglitt, sprach Reichspräsident von Hindenburg mit lauter Stlmme folgende« Taufspruch: „Und nnn gleite in dein Element und ziehe hinaus auj das weite Meer! Tue deine Pflicht und Schuldigkeit, sei es, um Zeugnis abznlegen von deutscher Arbeit und deutschem Können, sei es zum Schutze des Vaterlandes. Halte deine Flagge stets rein und hoch in Ehren! Dann wirst du deines Namens immer würdig sein, den ich dir nun gebe: Du sollst „Deutschland" heißen."