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Notdämme gegen Krifenfluten. — Das Ja und Nein un Brünmg. — Achtungsverletzungen an ven deutschen Grenzen Hindenburg bet der Einweihung des Gesallenenehren mals: „Möge diese Gedächtnisstätte dazu beitragen, du innere Einheit zu fördern; damit ehren wit unsere gefallenen Brüder am besten, die auf dem Schlacht seid stets und ohne Unterschied zusammenstau den!" — Hier sprach der wahre Frontgeist, der auch in der Gegenwart Deutschland aus dem Schlachtfeld stehen steht Auf einem andern als dem des Weltkrieges, aber dock einem solchen, auf dem Deutschland auch wieder um seid Dasein kämpfen mutz. Auch wieder mit einer Welt vor Gegnern. Aber jetzt ist die deutsche Front zerspalten in Parteien, die gegeneinander kämpfen; jetzt streitet man sick um angebliche Weltanschauungsfragen, die doch oft kaum noch das darunter steckende nackte, durchaus materiell« Machtinteresse verbergen können. Und der eine stützt der andern von sich, behandelt ihn als Feind, obwohl wii Deutschen alle unter demselben Schicksal stehen, uns aller sie materielle ebenso wie die nationale Daseinsgrundlagk durch die Angriffe von draußen her gefährdet wird unk bereits aufs schwerste erschüttert ist. Mit verzweifeltet Anstrengung müht sich die Reichsregierung, das immet von neuem heranrollende Chaos in Wirtschaft und Finan zen mit den Dämmen neuer Notverordnungen — dies Wort Hai einen ernsthaften, fast schon furchtbarer Klang erhalten — zu bändigen und zum Stehen zr bringen. Dr. Brüning hat vor einiger Zeit gesagt, in der artigen Zeiten wie den jetzigen, müsse die Reichsregieruno den «M u r zur U n p o p u l a ri t ä t" haben. Datz sie diesen Mut hat, beweist allein der von allen Seiten hei pfeifende Sturm der Kritik, der sich bei den ersten Verlaut- > barungen über den Inhalt der kommenden Notverord- ! nungen sofort erhoben hat und noch immer anschwillt ! Und wenn er die Kraft besitzt, den Notbau jener Dämmi wegzublasen, was dann . . . ? Sind sie doch schon un sicher genug, weil die früher errichteten immer wieder hin- weggespüU wurden durch die steigenden Fluten der Wirt schaftskrise, weil sie zu niedrig, zu schwach waren und — weil man daher nicht mehr die unbedingte Zuversicht und die Sicherheit haben kann, daß der neue Damm hoch und fest genug ist, nm das k>aus in dem wir alle wohnen, vor der Überflutung und dem Einsturz zu bewahren. Und wenn unter dem Streit beim Bau das Werk selbst leidet, dann freilich ist die Sicherheit noch mehr gefährdet. Zu mal wenn man uns nicht von außen her hilft, sondern uns nach wi'e vor zwingt, statt nur für uns zu arbeiten, mehr für die anderen zu sronden, die von der Sturmflut nicht oder kaum bedroht sind, vor allem aber auch dann sich allein helfen könnten. Das „ohne Unterschied" Hindenburgs bezieht sich aber auch aus die sozialen Differenzen. Besser gesagt: die sozialpolitischen. Denn die sozialen Gegensätze, die sich unter dem Druck der Nm und der — Steuerschraube be denklich verschärft haben, sind ja stark politisch gesärbl und politisch, also für das Leben des Staates, von stärkstem, parteipolitisch zusammengeballtem Einfluß. Man sah das besonders deutlich auf der Tagung der Sozialdemokraten. In Leipzig kam es zu scharfen Auseinandersetzungen aus dem Hintergrund der gerade im Arbeiter- und Angestellten- stand ins Furchtbare angeschwollenen sozialen Not und Be- vrängnis, zu der noch durch die Notverordnung eine staat liche Leistungskürzung treten wird. Sollte man trotzdem daS Kabinett Brüning politisch «tolerieren* wie und so weit man das bisher getan hatte? überraschend stark war die Mehrheit, die diese Frage mit Ja beantwortete und überdies den früheren Neinsagern bei der Abstimmung über den Panzerkreuzer jetzt in Leipzig ein scharfes Tadels volum erteilte. Dr. Brüning pflegt ja parteipolitischen Wünschen, Anregungen und taktischen Notwendigkeiten kaum irgendwie Folge zu leisten und kümmert sich — namentlich bei der Vorarbeit für die Notverordnungen — gar nicht darum, ob ein Entschluß, zu dem er kommt, nun den Wünschen oder Anregungen von rechts oder links oder der Mitte her entspricht. Mit ihm läßt sich parteipolitisch nichts anfangen, weder von feiten der Parteien, die ihn stützen, nach derer, die ihn bekämpfen. Auf der Düssel dorfer Tas""« der n o r d w e st d e u t s ch e n S t a h l i n d u st r i e l l e n verlangte man trotz mancher Angriffe auf Dr. Brünings Haltung in sozialen, wirr- schasts- oder lohnpolltischen Emzelsragen doch auch, daß die schwere Notzeit k e i n e pa rt e i p o l i t i f ch e n Rück sichten dulde und das Volk vom Reichskanzler eine entschlossene Führung verlange. Auch dort stell' man die Notwendigkeit ganz und unbedingt in den Vordergrund, zwischen den öffentlichen Einnahmen und Ausgaben ein Gleichgewicht zu schaffen, aber nur ein solches auf lange Sicht. Taran müht man sich sxj, l3 Jahren, aber über die Mittel und Wege zu diesem Ziel geht eben ununterbrochen der Streit! * Die „innere Einheit', das „ohne Unterschied- Hindenburgs gab uns ja auch die Kraft nach außen hin, gegen daS Ausland. Das wäre trotz unserer militärischen Schwäche auch heute noch der Fall, weil der geschlossene Wille eines Volkes dann doch zum mindesten Achtung erheischt und erhält. Achiungsverletzungen aber sind die fortdauernden Fälle vesUberfliegensunserer M ReMlltWMMem Md Mert stil NeMmzllt Mm- zm deWen Pnfst st Lanim Die Vergangenheit begraben? Brüning und Curtius in London. Die deutsche Delegation Ist bet schönstem Sommer wetter programmäßig in England eingetroffen. Vor Southampton aus, wo die deutschen Herren vom Bürger- meister herzlich begrüßt wurden, fuhren sie in einem Ertra- zuge nach London weiter. Hier wurden sie von Macdo nald und Henderson erwartet. Die englischen Minister begrüßten den Reichskanzler und den Reichsaußenminister aufs freundlichste Es waren weitestgehende Absperrungs matznahmen vorgenommen worden. Als der Reichskanzlei den Bahnhof verließ, ereignete sich ein Zwischenfall. Aus der Menge heraus rief eine klare deutsche Stimme: „Deutschland erwache!' Die deutschen Gäste begaben sich im Auto zum Carlton-Hotel. Fast die ganze Londoner Presse widmet dem Reichs kanzler und dem Reichsaußenminister Begrüßungsartikel. Der der Regierung nahestehende „Daily Herold" betrachtet den Besuch als äußeres Zeichen dafür, datz die Vergan genheit nun endlich begraben sei und die eng lischen Beziehungen zu Dcritschland von derselben Güte wie zu den anderen Mächten seien. Diese Tatsache zu unterstreichen, sei der ursprüngliche Zweck der Einladung gewesen. Der Gang der Ereignisse habe aber den Erörte rungen in Chequers eine neue und ernste Bedeutung ge geben. Die konservative „Times" betont, die Deutschen brächten keinen Finanzsachverständigen mit. was hinreichend beweise, datz auf keiner Seite erschöpfende Verhandlungen beabsichtigt seien Die Unterhaltung in Chequers würde offen sein und zum beiderseitigen besseren Verständnis der Schwierigkeiten in beiden Ländern bei tragen. Alle AuSlandsvervslWungen werden erfüllt. Englischer Appell an Amerika. Der „Dailh Heralv' bringt einen Artikel über den Zweck des Besuchs von Chequers, der anscheinend darauf abzielt, die Mitarbeit der Vereinigten Staa te n in der ReparationS- und Schuldensrage zu gewinnen. Die Deutschen erwögen, glaubt das Blatt der Arbeiter partei, ernstlich, ihren Gläubigern mitzuteilen. datz sie ge zwungen sein würden, alle Zahlungen, und zwar sowohl der Reparationen wie auch der Zinsen aus alle ausländi schen Anleihen einstellen zu müssen, wenn Deutschland nichi dauernd von der Zahlung eines großen Teiles der Nepa- rationslast befreit würden. Daraus ergebe sich die Not wendigkeit. daß alle Banken und Regierungen sowie auch die Vereinigten Staaten eine Zusammenarbeit versuchen sollten, um die Lage zu retten. Hoover und Mellon wider setzten sich wegen des Fehlbetrages im amerikanischen Staatshaushalt und wegen der kommenden Wahlen einer Revision. Man müsse fragen, ob die Besorgnis über die Einstellung der deutschen Zahlungen und die sich daraus ergebende neue finanzielle Krise ihren Sinn ändern oder ob sie die deutsche Haltung lediglich als einen Bluff an sprechen würden. Die anderen Gläubigermächte müßten zur Mitarbeit herangezogen werden. Man müsse einen Fühler ausstrecken, ob eine Beteiligung Amerikas bei einer gemeinsamen Revision der Reparations- und Schuldenzahlungen möglich sei. Es sei viel zu tun, aber die Hauptsache sei, daß man einer gefährlichenLage offen undmutig insAngesichtsehe.ehe man die Kontrolle über sie verliere. Wie hierzu von zuständiger deutscher Stelle mitgctcilt wird, ist die Ausführung, datz Deutschland beim Aus bleiben einer praktischen Revision die Zinszahlungen der auswärtigen Anleihen suspendieren werde, frei er- tNre uzen. Ein heavstchttgkes Überfliegen der West grenze ist aber — nebenbei bemerkt — sogar ein Bruch des Vertrags von Locarno, wonach die dort festgelegte Ent militarisierung der Rheinlandzone auch von der französi schen Seite her unbedingt beobachtet werden mutz. Und diese Grenzverletzungen, diese Achtungsverletzungen durch Überfliegen geschehen derart häufig, daß man als Erklä rung dafür bei unseren lieben Nachbarn im Osten und Westen die lässige Anschauung als vorhanden ansehen muß: „Ach, Deutschland gegenüber brauchen wii nicht die Sorgfalt anzuwenden bei der genauen Beobach tung der Grenzen wie gegenüber den anderen Völ kern!" Uns bleibt aber nicht nu» der Protest nach außen, gegen diesen Mangel von Achtuttg, sondern der zwing' uns auch zu einer Tai, die aber jedoch nach innen gerichtei ist: im Hinschauen aus die Gefallenenehrenhalle „die inner! Einheit" zu fördern" Nicht bloß, weil wir „damit unser: gefallenen Brüder am besten ehren", sondern weil von dor> aus die Mahnung zu uns spricht, ihnen durch die Tat nach eifernd wieder zu einem einigen Volk zu werden. sunven. Nirgendwo in Deutschland bestehe auch nur der geringste Zweifel darüber, daß alleZinszahlun- gen unter allen Umständen geleistet werden würden und datz insbesondere alle Verpflichtungen, die sich aus den privaten ausländischen Anleihen ergeben, selbstverständlich pünktlich eingehaltcn werden. * WasderRelchSlanzIer»°kLhequerserhofst Brüning über den Zweck des Besuches. Vor der Abfahrt nach London erklärte Dr. Brüning nach einer Meldung des „Evening Standard" zu einem Pressevertreter: Wir sind nach England ohne Papiere und ohne ein festes Programm gekommen. Unsere Aufgabe ist es, freundschaftliche Besprechungen über alle Punkte zu führen, die im gemeinschaftlichen Interesse der beiden Länder liegen. Wir alle wissen, daß Europa augenblicklich Problemen von ungeheurer Tragweite und von entscheidender Lebensbedeutung für uns alle ins Angesicht sieht. Die entscheidenden Punkte unserer Unternehmungen werden sich um die Wirtschafts krise, unter der die gesamte Welt leidet und um die Frage der Abrüstung drehen. Ich bin der Ansicht, datz den Lösun gen dieser Fragen am besten durch einen offenen Mei nungsaustausch gedient ist. Das Reparation-Problem in Chequers. Bedeutsame Kanzlererklärung. Der deutschen Presse gegenüber äußerte sich Reichs kanzler Dr. Brüning in London über den Zweck seines Besuches etwa wie folgt: Aus Einladung des englischen Ministerpräsidenten und des Außenministers gehe er nach Chequers zu einer offenen menschlichen Aussprache. Die Lage sei unzweifelhaft äußerst schwierig. Dies gelte auch ganz besonders hinsichtlich des Haushaltausgleichs. Die neuen Notverordnungen würden ein neuer Beweis für die deutschen Bemühungen sein, mit allen Mitteln die Finanzen in Ordnung zu halten. Für das Haushaltjahr 1932 seien die Aussichten noch wesentlich ungünstiger, da sich dann erst die Rückwirkungen der Wirtschaftskrise in vollem Umfange bemerkbar machen würden. Aber immer hin habe die Reichsregierung jetzt ein klares Bild der Finanzlage des Reiches und der Gemeinden. Der Reichskanzler trat weiter ganz energisch den Ge rüchten entgegen, die zurzeit hinsichtlich der deutschen Anleihen im Umlauf seien. Es sei selbstverständlich, daß die Zinsen für die Anleihen und die sonstigen im Zusammenhang damit übernommenen Verpflichtungen innegehalten wür den. Die Anleihen seien reichlich gesichert. Dr. Brüning kam dann auf die Reparationsfrage zu sprechen. Er teilte mit, datz er dieses Problem auf jeden Fall in Chequers zur Erörterung bringen werde. Er werde diese Frage so darstellcn, wie sie sich der deutschen Regie rung zeige. Er gebe sich der Hoffnung hin, bei den eng lischen Ministern Klarheit über die deutsche Leistungs fähigkeit zu schaffen .soweit dies im Nahmen der Bespre chungen möglich sei. Von Deutschland aus seien alle Anstrengungen ge macht worden, um die Verpflichtungen, die sich aus dem Young-Plan ergeben hätten, zu erfüllen. Der Reichskanzler gab anschließend eine ähnlich lau tende Erklärung auch vor den Vertretern der englischen Presse ab. Die Notverordnung unterzeichnet. Reichspräsident von Hindenburg hat am Freitag nach mittag die neue Notverordnung unterzeichnet. Der Reichs präsident reiste Freitag abend nach Neudeck ab. Weltwirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit. Deuischkands Standpunkt auf der internationalen Arbetls- konserenz. Reichsarbeitsmintster a. D. Dr. Brauns legte aus der internationalen Ärbeitskonserenz als Rubrer der veuischen Ab ordnung den Standpunkt der deutschen Negierung zu den Ur sachen und den Mitteln der Behebung der Weltwirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit dar. Er legte bierbet den entscheidenden Nachdruck aus die Lösung des internationalen Schulden- und Reparationsproblems und politischer Faktoren Dr. Brauns gtng zunächst aus den chaotischen Zustand der heutigen Weltwirtschaft ein und wies darauf hin daß es sich nicht mehr um eine der üblichen Koniunkturkrtien sondern um