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für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »Wilsdruffer Tageblatt» erscheint an allen Werktagen nachmittags »Uhr. «r,ng»prei»> Bei «bholung in kar BeschLttsstelle und den Ausgabestellen r NW. im Monat, bei Zustellung durch die Bolen 2,30 NW., bei Poftbeftellung 2«M. zuzüglich Abtrag. . — .. . g-bühr. Einzelnummern Wochenblatt für Wilsdruff «. Umgegend B-kanntmachnuge- «Nttchs. a-schriebe.ErsZ^ustn,,. ^ textlichen Teile I «eichamar». R«h->.i,ung.g-brchr 20 «eich^sm,^^ «,-rund»e,chüs.sst-uen — — " stehm-° ,u j.d-rZe..xi - ;-I'-,/' Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr, 6 SchM'LW strllnngrn entgegen. ImFallc höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betttebsstörungei» besteht bcin Anspruch aus Lieserung Vjj durch Fernru, übermitteltenAnz eigen übernehmen wir keine Garantie. -ieder«»L°tlanlnruGee,i^/-.^.?^Ä?^-^ dergeitüng oder Kürzung des Bezugspreises. - «üchseudung eingesandter Sch-istMche «folgt nur, wenn Porto beiliegt. Klag« -ingezogeu ««denmust od«derAustta°°eberinKon»uV?E, ^^^^ °t aus^>lch eckIcht,n>«mder»e»rag»«ch Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meisten des Amts. gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Noffen behördlicherseits bestimmte Blatt. Wilsdruff-Dresden Nr. 224 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 25. September 1931 M große MtWWgW Syndikus Tögel über die Stellung der Deutschnatio nalen Dolkspartei zur söchfischen Notverordnung. formen wirb int großen Ganzen die Not rein finanziell gesehen und mechanisch zu beseitigen versucht. Die Verordnung -ist Der Suuie Girauß. Die Not des Notprogramms. Das Reichskabinett wird sich in seinen nächster Sitzungen mit der Durchberatung der innenpolitischen Maßnahmen für die kommenden Wintermonate beschäf tigen. Die Sachreferenten der einzelnen Ressorts werden die von ihnen ausgearbeiteten und jetzt sertiggestellten Entwürfe vortragen und begründen, und das Reichs kabinett wird danach endlich seine Entscheidungen treffen Nach den ursprünglichen Plänen, die aber bis zu ihrer abschließenden Verkündung noch einige Änderungen er fahren dürften, sollen durch die neuen Notverordnungen zunächst folgende Gegenstände geregelt werden: Die Zu sammenlegung der Krisenfürforge mit der kom munalen Erwerbslosenfürsorge soll den Gemeinden die notwendige Entlastung bringen. Die Bearbeitung der Siedlungsfrage, sowohl der ländlichen wie der im Umkreis der Städte geplanten, soll Herabsetzung der finanziellen Lasten der Arbeitslosenversicherung und gleich zeitig Beschäftigungsmöglichkeit für einen Teil der Er werbslosen schaffen. Die Herabsetzung der Hauszins- steuer hat zum Ziel die Senkung der Mieten. Der Aus fall an Hauszinssteuermitteln sollte ursprünglich durch eine Heraufsetzung der Umsatzsteuer ausgeglichen werden doch scheint man von diesem Plan abgekommen zu fein und statt dessen eine Verminderung der öffentlichen Mittel für Wohnbauzwecke vorgeschlagen zu haben. Ferner kommt noch in Frage die Aufrück ungssperre für Reichsbeamte und die Herabsetzung der Höchstpensions grenze, die Regelung der Naturalbezüge für Ar beitslose zur Entlastung der Barunterstützung und ein« Justiz resorm mit dem Ziel von Ersparnissen. Schließlich noch die in letzter Zeit aufgetauchten Plänc der Einsetzung von Sondergerichten zur bescheu- nigten Aburteilung von Terrorfällen, geschäftlicher Miß wirtschaft und Steuerbetrug und die Verlängerung des laufenden Haushaltsjahres um drei Monate, d. h. vom 31. März bis zum 30. Juni 1932. Man sieht, es ist ein sehr bunter Strauß, der hier die Regierung sich zusammengepflückt und zusammen gebunden hat. Er ist in seiner Ausgestaltung verwirrend vielseitig, und man ist versucht auszurufen: „Die Teile hab' ich in der Hand, fehlt leider nur das geistige Band/ Es mangelt diesem Plan, soweit bis jetzt bekannt geworden ist, der organisatorische Aufbau und Zusammen hang. Man hat den Eindruck, daß man von allen mög lichen und unmöglichen Ecken und Enden der finanzieller und wirtschaftlichen Not der nächsten Zeit zu Leibe zu gehen versucht, man vermißt aber in dieser Vielseitigkeit und Zersplitterung den Drehpunkt der Generaloffensive, die dis Krise mitten ins Herz zu treffen geeignet erscheint. Über die durch die englischen und chinesischen Vor gänge durchaus veränderte außenpolitische Lage wird der aus Genf zurückgekehrte Reichsaußenminister dem Kabinett Wichtiges zu berichten haben und besonders die Auswirkungen der englischen Pfundkrise auf den deutschen Export werden auch bei den innenpolitischen Maßnahmen scharfe Berücksichtigung finden müssen und von einschneidender Bedeutung sein. Rationale Opposition im Reichstag. Eine Unterredung mit Hugenberg. In einer Unterredung erklärte Dr. Hugenberg in Hamburc auf die Frage: „Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit de: nationalen Opposition beim Wiederzusammentritt des Reichs tages?" folgendes: „Wir haben Ende August mit den Nationalsozialisten ver einbart, daß wir gemeinsam wieder im Reichstage erscheinet werden, natürlich unter dem Vorbehalt, ihn wieder zu ver lassen, wenn es uns richtig erscheint. Uns ist an einer Einzel veränderung im Kabinett nichts gelegen, da wir das ganze Kabinett für rücktrittsreif halten. Gegenüber Bedenken, ob nicht Spannungen in de, nationalen Opposition zu erwarten seien, habe ich die Auf fassung, daß ein einheitliches Vorgehen der nationalen Oppo sition gegen die Regierung gewährleistet ist/ Dresden, 24. September. Die Notverordnung kuriert nur an den Symptomen. In seiner Kritik an dem Staatshaus haltplan 1931/32 stellte der deutschnationale Landtagsabgeord nete Professor Siegert fest: „Die sächsische Regierung Schieck ist nur der verlängerte Arm des Kabinetts Brüning!" Wie recht — so führte der Vorsitzende der Ortsgruppe Dresden der Deutschn-ativnalen Volkspartei Schriftsteller Gu- ratzsch in seiner Pressekonferenz aus der deutschnationale Redner damals gehabt hat, beweist mit aller Deutlichkeit die Sparnotverordnung, die der sächsische Ministerpräsident jetzt dem sächsischen Volke präsentiert hat. Landtagsabgeordneter Tögel präzisierte dann die Stellungnahme der Deutschnationalen Volkspartei zur sächsischen Notverordnung. Er führte dabei folgendes aus: Die Notverordnung greift in außerordentlich weitgehender Weise in das sächsische -staats- und Kulturleben ein. Man muß zugeben, daß sich das Kabinett Schieck die Arbeit nicht leicht gemacht hat. Aus der Verordnung spricht -auch der Mut der Verantwortung zur Anpvpularität. Die Deutschnationale Volkspartei stellt aber, fest, daß sie seit einem Jahre die Regierung -gewarnt hat. Sie lehnt jede Ver antwortung für die Politik des sächsischen Kabinetts und da mit -auch für die Verordnung und ihre Folgen ab. Im ganzen gesehen, führen diese Maßnahmen die nötige Heilung nicht her bei. Neben einer Anzahl anerkennenswerter organischer Ne- N Sindenburg empfängt Laval und Irland. Der französische Ministerpräsident Laval und Außen minister Briand haben den Wunsch ausgesprochen, an läßlich ihres Berliner Besuches von Reichspräsident von Hindenburg empfangen zu werden. Der Reichspräsident wird diesem Wunsche entsprechen, doch steht noch nicht fest, wann dieser Empfang stattfindcn wird. In Aussicht genommen ist bisher der Montag dei kommenden Woche. Oer unüberbrückbare Abgrund Selbst in die sonst so ruhigen, gegen die Ereignisse des Tages ziemlich verschlossenen Beratungszimmer in Genf ist die englische Währungs- und Kreditkrise in breitem Strom hineingeflossen: man spricht beim Völker bund darüber, man — streitet sich sogar über ihre Gründe, noch mehr allerdings darüber, was nun eigentlich ge schehen soll. Draußen, außerhalb dieser Säle freilich, dürften die Völker, die den englischen Niederbruch, ab gesehen von dem damit verknüpften währungs- oder kreditpolitischen Sonderproblemen, vor allem doch als eine weitere Verschärfung der allgemeinen Weltwirtschaftskrise betrachten, nun wohl sehr bald der unbescheidenen Ansicht sein, daß das Debattieren und Streiten wirklich nicht mehr „zeitgemäß" ist, sondern diese Zeit ein sofortiges energisches Handeln verlangt, wobei es weniger aus „weitausschauende Pläne" als zunächst ein mal auf möglichst beschleunigtes Einsetzen drastischer Hilfs mittel ankommt. Immer wieder wird überall die „Schaffung des Vertrauens in der Welt" als Ziel oder vielmehr als Voraussetzung für die Besse rung der allgemeinen Kreditlage gefordert —, statt dessen vermehrt unnötiges Streiten im Völkerbund noch das Mißtrauen gegenüber der Gegenwart, die Angst vor der immer dunkler erscheinenden Zukunft. Läßt man als Deutscher die augenblickliche Not im eigenen Hause beiseite, so ist für uns an dem Rede duell, das sich im Wirtschaftsausschuß des Völkerbundes der Franzose — Finanzminister Flandin — und der eng lische Regierungsvertreter Sir Artur Salter leisteten, doch insofern etwas theoretisch Erfreuliches festzustellen, als der Engländer nun mit nüchtern-drastischen Worten auf die wirtschaftlich verhängnisvolle Hauptrolle hinwies, die bei der ganzen Weltkrise die deutschen Tribut belastungen spielten und spielen. Diese Krise habe seine wesentliche Ursache in dem fehlenden Gleich gewicht zwischen den Gläubiger- und den Schuldnerländern oder, deutlicher gesprochen: Die „politischen" Schulden sind wirtschastsstörend und -zer störend,. weil dieser Schuldverpflichtung ja gar keine vor herige Gegenleistung der Gläubiger entspricht, die nun durch die Schuldenbezahlung „glattgemacht" wird. Wenn die Kuh Milch geben soll, muß sie vorher ordentlich zu fressen erhalten! — so kann man es vielleicht noch drastischer ausdrücken. In Genf stellte daher der englische Vertreter die Mindestforderung auf: Herabsetzung der Reparationen und internationalen Zahlungen „politischer" Art, Neuregelung dieser Reparationsfrage überhaupt und dazu schleunige Prüfung der zweiten Frage: Wie sieht die Lage aus und was soll geschehen, wenn das Hoover-Feier jahr zu Ende ist? Sir Salter gibt schon selbst die Antwort: Verlängerung. Das allein schon richtete sich gegen den Kernpunkt der oorhergegangenen Ausführungen des französischen Finanz ministers Flandin über das „deutsche Problem"; er hatte gesagt: Ursache der deutschen Krise ist nicht die Keparationsverpflichtung, sondern die Kreditzurückziehung von draußen her, also „glaube ich nicht daran, daß ein Verschwinden der interalliierten Schulden und der Re parationen eine wesentliche Erleichterung der inter- Nationalen Lage herbeiführen würde". Auch nicht eine »Gesamtlösung", höchstens einen „politischen und mora lischen" Effekt, aber keinen wirtschaftlichen! Das ist also Zenau das Gegenteil dessen, was hernach der Engländer Zesagl hat und eine Brücke über diesen Abgrund sieht man nicht. Hinter Flandin aber steht die französische Geldmacht, an der vorbeizugehen hem bei jedem Sanierungsversuch noch aussichtsloser, un möglicher ist als in den Tagen der Pariser und der Lon doner Konferenz; denn der damals schon ermattende Ge- Zenspjeler, England, ist heute kraftlos geworden, sucht ielbst Hilfe. Ganz präzise, etwa an die Sanierung eines in Schwierigkeiten geratenen Geschäfts erinnernde Vorschläge machte der Engländer hinsichtlich einer sofortigen Be- !ümpfung der Kreditnot in den davon betroffenen Ländern, üner Ausgleichung der Goldvorräte usw. Flandin aber hatte immer wieder von der Notwendigkeit geredet, daß sich erstens selbst jedes Land helfen sollte und zweitens, saß vor allem „das Vertrauen geschaffen" werden müsse, che Frankreich an eine Mitarbeit, an ein Einsetzen seiner Finanzkräfte denke. Diese verdanke es ja gerade der Tat sache, daß Frankreich dem Gold der Welt die größte An- age-„Sicherheit" biete. Der französische Regierungs- sertreter verknüpft also Vertrauensschaffung mit Sicher heitsstärkung, unter der er und sein Land natürlich die politische „Sicherheit" versteht. Und damit wird die ge rade, von Paris über London nach Genf führende Linie ruch für die Zukunft vorgezeichnet in einem Sinne, der ser Wett im allgemeinen und Deutschland im besonderen M müll mehr ganz unbekannt ist. Das Genfer Duell zwischen Flandin und nicht i>loß dem Engländer, sondern der ganzen wirtschaftlich senkenden Welt, dreht sich um den Streit :Gibt es einen ckusweg aus der Weltwirtschaftskrise ohne eine gründliche llevlpon bzw. Beseitigung der deutschen Tributverpflich- ungen oder nicht? Die Weltsagtnein! Frankreich wer lehnt die Revision oder gar die Beseitigung der ^bute ab und verlangt „Sicherung" des jetzigen, des »Versailler" Zustandes. Ser französisch« Ministerbesuch in Berlin Hoffnungen der französischen Wirtschaft. Die Völkerbundversammlung nahm den umfang, reichen Bericht des Wirtschaftsausschusses der Völkerbund Versammlung an, der die zahlreichen von den wirtschaft lichen Organen des Völkerbundes und im Wirtschaftsaus- schuß selbst erörterten Fragen behandelt. Der französtschl Handelsminister Rollins wies in einer den Bericht er läuternden Rede auf den bevorstehenden Besuck Lavals und Briands in Berlin hin und erklärte daß dieser Besuch der Ausgangspunkt einer neuer Politik der Solidarität zwischen den beiden Völker» werden und neue Grundlagen schaffen könne für die ach Sicherheit und Vertrauen aufgebauten Beziehungen zwischen ihnen. kein klares zielsicheres Abrücken vom Wege, sondern ein krampfhaftes Bemühen, das alte morsche System noch einige Tage am Leben zu erhalten. Die Verordnung stellt eine Fortsetzung und Vollendung mecha nistischer Grundsätze dar, verlagert die Verantwortung aus Lem Selbstverwaltungskörper in Lie Regierungsämter, Zentralismus und Mechanismus führen zum Verlust der Individualität und Selbstverwaltung. Weil man die organischen Lebensbeziehungen zerrissen hat, deswegen ist Las heutige.System zum Untergang verurteilt. , „ Die Notverordnung der sächsischen Regierung stutzt sich auf die Reichsnotverordnung vom 24. August. Diese Verordnung des Reiches steht wider die Verfassung. Die Deutschnationale Volkspartei hat schon am T Juni darauf hingewiesen, daß die Notverordnungen einen glatten Verfassungsbruch Larstellen. Dies gilt -auch für die sächsische Notverordnung. Die Regierung hat es v-orgezogen, die Notverordnung ohne Füh lungnahme mit Lem Parlament als Maßnahme einer Diktatur herauszugeben. Regierungen anderer Länder haben anders ge handelt. Ls muß festgestellt werden, daß das Ende Les parla mentarisch-demokratischen Systems in Deutschland die Zerstörung der Bismarckschen Reichsorgmusation, der Steinschen Selbstverwaltung und die Diktatur ist. Die Besprechung Brüning-Curtius. Außenpolitische Aussprache nächsten Dienstag. Die Besprechung zwischen dem Reichskanzler und de« Relchsautzenminister über die mit dem Verlauf der Genfer Tagungen zusammenhängenden Fragen ist auf Freitag vor mittag verschoben worden. Am Donnerstag nachmittag Hai das Reichskabinett seine Beratungen über das Notpro gramm für den kommenden Winter fortgesetzt. Curtius' Berichterstattung über die außenpolitische Laa« innerhalb des Kabinetts dürfte erst nach der Abreise der fran zösischen Minister, also frühestens Dienstag, erfolgen. *