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MsdmfferTageblatl Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an «Len Werktagen »ach«ittags 6 Uhr. Verngsprei«: Bei Abholung in b« Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 SiW. im Monat, bei Anstellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbestellung ^'rÜglich Abtrag- , , ., gebühr. Einzelnummern Evfg.AllePostanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend Postvoten und unscreAus- d^crund Geschäftsstellen - r nehmen zu jeder Zeit Be, stellnngen entgegen. Jur Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch ans Lieferung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Siucksendnng ein-esaudter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzete«nprr>«: di« 8^espalt«ne R»»»u«Ue 20Rxsg., Siri,«spalt«»« gril« d«r amtlichcn DekamiiMach«»»«» 40Si«tch». Pfennig, dir 3,«spalte»« Rrklamr-ril« «» t«uitch«n Teile 1 Brichamaek. Rachweisung.sebkchr 20 SUichrpsrtUit,«. Ba«, geschriedeneErschei«»»,», . „ „ „ tage und PIatz»»üapetft«» «erden nach Md,lichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 derü-knchii«-. «n^,» anvahmebwooem.lvUhr. — — — U Für pk «ichtt,k«tt »« durch Fernrui überuii ltelten Bn,eigen üdernehmen wir keine Garantie, ^eder Siakal^ilspruck erlischt, wenn der Belen, deereb Kla«c cingezdt, en »erdenmaß o b«rScr Auftrag,rber in Konkuri ,erlit. rl»^i,e»nehmen alleDermiM»usrst«lle»««^«>t. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenramts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. ZZ5 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 26. September 1931 Notsignale. Was wird England tun? — Die Hand aus dem Porte monnaie. — Der französische Besuch in Berlin. Sprichwörter oder sonstige Ausbrüche der Volks meinung haben stets das eine an sich, höchstens zur Hälfte oder sehr bedingt richtig zu sein. Und wmn die eine Hälfte des Sprichworts: „Die Zeiten ändern sich . . ." zweifellos richtig ist, so darf man um so stärkere Zweifel in die Rich tigkeit dessen fetzen, daß „auch die Menschen sich mit den Zeiten ändern". Die Menschheit ändert sich, wenn über haupt, dann nur sehr langsam; selbst dann beeilt sie sich nicht allzusehr damit, wenn das Schicksal, die „Zeiten" ihr einen tüchtigen Faustschlag versetzen, wie das jetzt durch den offenen Krisenausbruch in England ge schehen ist oder vielleicht ganz absichtlich erfolgen sollte. Das heißt ja auch viel mehr, ist von ungleich größerer Be deutung für die Welt und ihre Wirtschaft, wenn England sich jetzt mit aller Kraft, mit ganz rücksichtslosen Maß nahmen zur Wehr setzt gegen den Ansturm der anderen aus seine Währung und seinen Kredit, — als wenn Deutschland einen noch so lauten Hilferuf in die Welt hin aussendet. Man hat in London gehandelt, ehe man dort auf dem letzten Loch pfiff. Und darum ist heute die mit leichter Besorgnis untermischte Frage drüben in Amerika, aber besonders in Frankreich zu hören: Waswirdman denn nun in England tun, wozu wird man sich dort entschließen? Der politische Streit zwischen dem Koalitionskabinett Macdonald und seinen Kritikern ist so gut wie verstummt; das Notsignal flattert zwar am Mast des britischen Staatsschiffes, aber die Be satzung denkt gar nicht daran, tatenlos nur auf die Rettung von den „Goldküsten" her zu warten, sondern will sich in einigender Arbeit selbst helfen, die Lecke stopfen und das Zchifs wieder in Fahrt bringen. Da wird man von jedem das Letzte an Kräfteeinsatz verlangen. Nun etwa schadenfroh oder mahnend den Finger hoch- zuheben und den Engländern zu dozieren, sie seien „eigent lich" selbst an der ganzen Geschichte schuld, weil sie immer nur pro-französische Politik getrieben haben, anstatt mit Deutschland gemeinsam wirklich den Weltkrieg zu liqui dieren und den Kamps gegen unsere Tributbelastung auf zunehmen —, derartige politische Weisheiten von sich zu geben, wäre nur wieder ein Beweis dafür, daß sich zwar die Zeiten ändern, aber manche Menschen nur sehr lang sam oder gar nicht! England ist Deutschlands größter Kunde und größter europäischer Geldgeber, mit dem wir durch zahllose Fäden kredit- und auch wäh rungspolitisch verbunden sind. Alles dies wird aber aufs stärkste berührt und zum Teil gefährdet durch das, was gestern in England geschehen ist und was morgen geschehen wird. Warum also gar noch eine Rechnung über eine längst hinter uns liegende Vergangenheit aufmachen, auf Ser sich überdies auch einige für uns nicht gerade erfreu liche Posten befinden würden! In Genf hat es der franzö sische Finanzminister — mit der Hand fest auf dem Porte monnaie — fertigbekommen, solch ein Sündenregister aus der verflossenen Geld- und Kreditpolitik den anderen Staa ten vorzulesen und in gleichem Atem jede Hilfe in der au genblicklichen Weltlage unverändert von derAnnnahme aller französischen Bedingungen abhängig zu machen, außer dem eine Hilfe auch dann — nicht etwa fest zu versprechen, wildern sie höchstens anzudeuten! In Paris liebt man nicht, sich zu ändern seit den Tagen von Versailles, als alles so gestaltet wurde, wie Frankreich es sich nur wün- "hen konnte. Man verneint dort auch, daß die Zeiten sich geändert hätten. „Vom sicheren Port aus läßt Iich's trefflich raten" heißt's ja mit Hohn und ditterkeit im „Teil". Denn die französische Erde bebt noch ^icht unter dem zermalmenden Tritt der Weltwirtschafts- ^ie. Zur größten Militärmachi ist Frankreich geworden, größten Geldmacht — denn auf den Kopf seiner Be- Eerung entfällt fast noch einmal soviel Gold wie in den Vereinigen Staaten — und es wurde damit auch zur Lobten'politischen Macht. Nie ist dies so deutlich sichtbar geworden, wie es heute geschieht. Wie wenig sich die Menschen ändern, zeigt ja auch der Losbruch pes chinesisch-japanischen Konflikts. Wirtschaft- ltche Erpansionsgründe, vielleicht auch nur der Wille, einen mit Waffengewalt eroberten und mit den Mitteln der „friedlichen Durchdringung" erworbenen Gewinn zu halten, führten zu militärischen Maßnahmen des Angriffs und der Abwehr. Natürlich hat dann — wie schon immer — „der andere" angefangen! Aber fast „unnatür lich" ist es, daß dem chinesischen Nordrcich zwar nicht der Süden zu Hilfe kam, Wohl aber der Völkerbund und — was besser ist - Amerika, sobald China die Notflagge gehißt hatte. Wir Deutsche haben ja hinsichtlich des Ver haltens des Völkerbundes gegenüber deutschen Notrufen solcher Art ganz andere Erfahrungen machen müssen! Da lst's erfreulich, daß wenigstens diesmal in Genf doch einiges für die deutschen Minderheiten in Polen erreicht werden konnte. Aber trotzdem flattert noch immer über diesen ehemals deutschen Gebieten die Notflagge. Denn die Polen werden sich nicht ändern, un verändert bleiben darum dort auch die Spannungen. Ist doch dre Weltkrise überhaupt gar nicht nur wirtschaft licher Art, sondern in ihr wirken ja auch viele Poli- ver IranxSMcke Staatsbesuch EmpfanMorbereilungen für Laval und Briand. Bittere Erinnerungen und Hoffnungen. Der französische Ministerpräsident Laval und der französische Außenminister Briand werden am Sonntag als Gäste der Reichsregierung nach Berlin kommen. Es wird dies das erstemal seit dem Berliner Kongreß von l878 sein, daß französische Minister offiziell Berlin be suchen. Laval und Briand werden im Hotel Adlon woh nen, das den Vorteil der unmittelbaren Nähe der fran- zösifchen Botschaft hat. Von seinem Zimmer aus wird der französische Ministerpräsident das Brandenbur ger T o r sehen und sein Anblick wird ihn vielleicht daran erinnern, daß das Rad der Weltgeschichte ftch dreht und mit des Geschickes Mächten kein ewiger Bund zu flechten ist. Als eine Warnung und Mahnung! Den Gipfelpunkt des französischen Besuches wird der Empfang beim Reichspräsidenten bilden und diese Zusammen kunft hat leider bittere Erinnerungen wachgerufen. Im Zusammenhang mit der Meldung über den ge planten Empfang der französischen Minister durch Reichs präsident von Hindenburg ist die Frage aufgeworfen wor den, ob die französische Regierung amtlich Mitteilung von der Annullierung der bcrüchtigsten Kriegsver brecherliste, aus der bekanntlich auch Hindenburg stand, gemacht habe. Eine derartige Mitteilung ist, wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, nicht eingetroffen. Die Tatsache, daß der französische Ministerpräsident den Wunsch ausgesprochen habe, vom Reichspräsidenten empfangen zu werden, spreche viel mehr für ein Nicht- w e i t e r b e st e h c n der Krlegsverbrecherliste, als eine formal-juristische Regelung der Angelegenheit das tun könne. Es sei unwürdig, die Streichung einer Liste zu verlangen, die von Deutschland nie anerkannt worden sei. Die Tatsache des Besuches beweise schon, daß Frankreich Vonden alten Methoden abgerückt s e i. Wir wollen hoffen, daß vor allem auch die Fol gen des Besuches beweisen werden, daß Frankreich von seinen bisher geübten Methoden einer Verewigung des Weltkrieges abgegangen ist. Was Paris über das Programm zu melden weiß. In einem bemerkenswerten Artikel, der anscheinend auf eine zuverlässige Quelle zurückgeht, bringt Fernand de Brinon in der „Information" das angeblich von der französischen Regierung für die Berliner Besprechungen aufgestellte Programm. Brinon erklärt, man werde ver suchen, einen Organismus zu schaffen, dem Vertreter der Industrie, der Regierungen und anderer interessierter Kreise angehören solle, und der die Wirtschaftsbeziehun gen beider Länder überprüfen, Möglichkeiten für ihre Er weiterung zu suchen und möglicherweise auch auf politi schem Gebiet neue Beziehungen schaffen solle. Ferner plane man sranzösischerseits, die Zusammenarbeit mit Deutsch land auf die Kolonien auszndehnen. Man denke daran, durch Wiederaufnahme der Sachlieferungen im Rahmen der Reparationen Deutschland auf der industriellen Ver sorgung der Kolonien zu beteiligen. Man verfolge sogar den Plan, Togo und Kamerun in nicht zu ferner Zukunft an Deutschland zurückzugeben. ttiwe Gegenlatzltchketten mit und stellten sich ost und hartnäckig wirtschaftlichen Besserungsversuchen in den Weg; leider waren sie durch ihr politisches Machtgewicht auch in der Lage, zu hemmen und zu verhindern. Wir Deutsche wissen, daß einer der politischen Hauptherde dieser Weltkrise diedeutsch-französischenBeziehun- gen sind, außerdem wird es uns von allen Seiten her auch noch gesagt. Sie sotten anders werden, besser; denn schlechter können sie wirklich nicht mehr werden! Daher wird es nicht bloß für die wirtschaftliche, sondern auch für oie politische Weiterentwicklung der Welt von gewisser Be- oeutung sein, wie der Gegenbesuch der franzö sischen M i n i st e r in Berlin verläuft, welches sein Ergebnis sein wird. Auch wir sitzen auf leckem Schiff, ambraust vom Sturm der Krise, überdröhnt von den Wogen schwersten wirtschaftlichen Elends, auch wir geben immer wieder neue Notsignale ab, — aber helfen können and werden uns doch nur die eigene Kraft, der eigene Mut, oie eigene unverdrossene Arbeit, auch wenn diese im Augenblick fast hoffnungslos erscheint. Dr. Pr. Rund um die sächsische Rotverordnung. Die Bezirksverbände beklagen sich. Der Vorstand des Verbandes der Sächsischen Bezirks verbände hat sich eingehend mit der Sparverordnung der sächsischen Negierung vom 21. September 1931 befaßt. Er stellt fest, daß auch die überaus harten und einschnei denden Maßnahmen dieser Verordnung den Zuiammen- Eine gemeinsame Finanzgesellschaft solle die Finanzie rung von in beiden Ländern bestehenden großen In dustriezweigen durchführen. Die Berliner Besprechungen würden sich allerdings nicht nur in dem engen Rahmen be wegen, den er gezogen habe, um nur die wichtigsten Fragen auszuwerfen, an deren Lösung man in Berlin herantreten könne. Polizeiliche Vorbereitungen. Der Empfang der französischen Minister in Berlin ist. wie vom Berliner Polizeipräsidium mitgeteilt wird, mit der größten polizeilichen Sorgfalt vor bereitet. Allenthalben werden sehr starke Polizcikräfte bereitgestellt, um dafür zu sorgen, daß sich der Empfang ohne Störung abspiele. Der Vorplatz am Bahnhof Friedrichstraße wird völlig abgesperrt sein. Ferner wird die Neustädter Kirchstraße, durch die die Fahrt der Minister zum Hotel Adlon erfolgt, polizeilich gesichert sein. Die Polizei wird ferner dafür Sorge tragen, daß es nirgends zu Menschenansammlungen kommt. Oie Reichsleitung der NSDAP, verbietet Kundgebungen. Die Neichslcitung der NSDAP, veröffentlicht folgen den Aufruf: „Es ist der Neichslcitung zur Kenntnis ge kommen, daß Linkskreise beabsichtigen, anläßlich des „Besuchs" der französischen Minister durch Provokateure Nationalsozialisten zu Kundgebungen in Berlin oder auf den Bahnhöfen, die der Zug durchfährt, anzureizen. Es soll dadurch der französischen Regierung der Vorwand ge geben werden, ihre bekannten politischen Forderungen, welche sich in erster Linie gegen die NSDAP, richten, neuerdings zu stellen, wobei gleichzeitig der Berliner Re gierung die Annahme derselben erleichtert würde Die Neichslcitung verbietet daher allen Parteigenossen die Teilnahme an irgendwelchen etwaigen Kundgebungen gegen die französischen Minister. Von deren Anwesenheit ist keinerlei Notiz zu nehmen. Parteigenossen, welche da gegen verstoßen, schließen sich von selbst wegen parteischädigenden Verhaltens aus der NSDAP, aus." Besuch Brünings in Washington? Durchaus im Bereich der Möglichkeit liegend. In Washington waren Gerüchte verbreitet, das; Hoover Reichskanzler Brüning nach Washington cingeladen habe, Unterstaatsfekretär Castle erklärte auf Anfrage, das; diese Gerüchte lediglich eine Kombination darstellten. Er hob je doch hervor, daß ein Besuch Brünings in Washington äußerst willkommen sein würde. In Washingtoner politi schen Kreisen wird erklärt, das; trotz dieses Dementis ein Besuch Brünings durchaus im Bereiche der Möglichkeit liege, selbst wenn bisher, soweit amtlich bekannt, keine Schritte diescrhalb unternommen worden seien. * Laval nimmt Hoovers Einladung an. Botschafter Edge hat Laval eine Abschrift des Wort lautes der Einladung des Präsidenten Hoover überreicht. Die Einladung wurde vom französischen Ministerpräsi dcnten nunmehr offiziell angenommen. bruch der Bezirksverbände und Bezirksgemeinden eben sowenig aufzuhalten vermögen, wie die bisherigen Maß- naymen der Reichsregierung. Er stellte weiter fest, daß Be zirksverbände und Bezirksgemeinden schon von sich aus seit langem zur Aufrechterhaltung der Nnterstützungs Zahlungen Notmaßnahmcu wie Drosselung des Wegebaues und Abbau der vorbeugenden Fürsorge ergriffen haben, die in ihren Auswirkungen nicht Ersparnisse, sondern in absehbarer Zeit Mehrausgaben zur zwangsläufigen Folge haben müssen. Die Aufstellung eines besonderen Sparprogramms nach dem Vorbilde des Deutschen Städte tages kommt daher für den Verband der Bezirksverbäude nicht in Frage. Der Vorstand muß aufs nachdrücklichste Verwahrung dagegen einlegen, daß die Reichsregierung, die durch un zureichende Berücksichtigung der sächsischen Wirtschaft bei der Vergebung von Aufträgen durch die Reichsverwaltun gen und die Reichsbahn selbst in nicht unbeträchtlichem Ausmaße zur Verschärfung der Arbeitslosigkeit in Sachsen beigetragen hat, sich zu einer großzügigen Hilfsaktion sür die sächsischen Bezirksvcrbände trotz fortgesetzter Vorstel lungcn der Landesregierung und der Spitzcnvcrbände nich hat bereit finden lassen, ebenso aber auch dagegen, da; durch dieses Versagen der Reichsregicrung seitens der säch fischen Regierung Maßnahmen getroffen werden mußten die insbesondere auf dem Gebiete der Bcamtenbcsoldum über diejenigen des Reiches weit hinausgehcn und dadurll einseitig zu einer weiteren Schwächung der Kaufkraft brei ter Schichten der sächsischen Bevölkerung und verschärf ter Arbeitslosigkeit führen müssen.