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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, D« .WUrdnigrr Tagedlatt- erschein, an allen Werktagen nachmittags k Uhr. »e,llg«piei»: Lei Abholung in Kar SeschSstsftrlle und den Au,gäbest,llen 2RW. im Monat, bei Anstellung durch di« Boten 2^0 »W., bei Paftdeftellung LBW. MMAVch Adtrog» . gebühr. Einzelnumwern l^llpfg.Me'Pvstanschuen Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend PMbotenu-dnns-r-Au-. dctgerund cheschöfrsstcllcn —————————— nehmen rn jeder Zeit Be. steüungcn entgegen. höherer Gewalt, jkrieg oder sonstiger BrtricbrftSrun gcn besteht dein Anspruch auf Lieferung der Zeitung »der Kürzung de» Bezugspreise,. — Rücksendung ringesandter Schrijistüche erfolgt nur, wenn Dorio deiliegl. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die «gespaltene R«v»a^eile 20 Apfg., die tgespalten« Zelle der amtlichen Dkilanntmacyaage» Pfennig, dir «gespaltene Reklamezetle t« textlichen Teile 1 NeichsmarL. Nachweisuugsgebkchr 20 Sleich»Pfennig«. 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Unter anderen, nämlich unter normalen Umständen, wäre der französische Ministerbesuch in Berlin ein Ereig nis, aus das die ganze Welt Hinblicken würde, auch dann, wenn dieser Besuch nur der Ausdruck einer höflichen Er widerung deutscher Ministerreisen nach Paris wäre, jedoch nicht eine Staatsaktion. Eine wirkliche Konferenz aber, nicht ein „Gegenbesuch", war der Zweck der Fahrt Lavals und Briands nach Berlin, — und doch sieht sie Welt vor allem nach London, schenkt den Berliner Be sprechungen höchstens einen Seitenblick. Vielleicht darum, weil sie ja nicht eine „politische" sondern überhaupt nur sine Wirtschaftskonferenz sein wollen und sein sollten. Und die Wirtschaftskrise hat derartige Formen und Schärfen angenommen, daß sie immer energischer — und hoffentlich auch erfolgreich — in das Gebiet hinüber greift, das die Politik bisher als ihre eigene Domäne be trachtete und behütete. Außerdem stand ja von vornherein über dem Programm des französischen Ministerbesuchs in Berlin der Satz, daß von dem Thema „Politik" nicht ge sprochen werden soll. Daran dürfte man auch wohl fest gehalten haben. Wenn alles wankt und schwankt unter den sich ständig noch verstärkenden Erdstößen der Weltkrise, wenn selbst die Goldmauern nicht mehr ganz sicher stehen, dann kann sich jeder ernste Rettungs- und Stützungs- oerfuch nicht mehr durch ihm wesensfremde politische Wünsche und Abneigungen beeinflussen lassen. Auch das Ausland glaubt nur an wirtschaftliche Be sprechungen in Berlin. Ist doch der Mitarbeiterftab, von dem sich die französischen Minister nach Berlin begleiten ließen, im wesentlichen aus Persönlichkeiten des Wirt schaftslebens Frankreichs zusammengesetzt; auch der neue französische Botschafter ist ein Mann, der durch und über die Wirtschaft zu seinem Posten emporgestiegen ist. Aber gerade hierin liegt die Schwäche dieser Berliner Konferenz. Der deutsche Reichskanzler hat in seiner Rede anläßlich der Feier für den Geh.-Rat Duisberg auch gesprochen, es würden von ihm „gewisse weit tragende Schritte" getan werden, aber erst „in dem Augenblick, in dem die Bewegung des englischen Pfundes in ihrer weiteren Entwicklung sicher erkannt werden könne". Bedeutet doch schon heute diese Entwicklung wohl die stärkste, bisher erlebte Revolutionierung aller an sich schon krisenschwachen währungs-, kredit- und wirtschaftspoliti- schenWeltbeziehungen; darum wird es in Berlinschwer sein, weitergreifende Pläne zu diskutieren, feste Beschlüsse zu fassen, wenn dahinter die Dinge sich in rasender Schnellig keit ändern. Welche Bedeutung für die Welt das englische Pfund hat, wird eben erst jetzt so recht erkannt, nachdem es „schwach" geworden ist. Weil nun aber alles nicht etwa nur „im Fluß" ist, sondern in einem geradezu tollen Wirbel, in einem reißenden Strom, der schon so zahlreiche Damm brüche verursacht hat, so ist es auch abwegig, etwa von einer deutsch-französischen Zusammenarbeit — natürlich nur wirtschaftspolitischer Art — zu sprechen, zu der die Berliner Konferenz die Grundlage finden solle und die eine gewisse Spitze gegen die energischen Selbsthilfematz nahmen Englands erhalten oder enthalten könnte —, also etwa eine „kontinentale Wirtschaftspolitik" einleitcn wolle. Derartiges ist schon deswegen nicht möglich, weil zwischen Deutschland und Frankreich — man erinnere sich an die letzten Genfer Ausführungen des französischen Finanz ministers — das Reparationsproblem stand und heute in noch schärferer Zuspitzung steht. Die Ablehnung jeglicher Revision war in Gens mit auffallendster Deut lichkeit zum Ausdruck gebracht worden, und es gehört keine große Kombinationsgabe dazu, um anzunehmen, daß über dieses Thema in den Berliner Verhandlungen sicherlich nicht gesprochen wurde. Daß es bei der Ministerbegegnung in Chequers anders gewesen ist, wissen wir heute; auch beim Besuch Macdonalds in Berlin dürfte man diesen Punkt durchaus nicht umgangen haben. Trotzdem hat sich aber auch das Reparationsproblem in Verbindung mit der Frage der interalliierten Schulden unzweifelhaft in Bewegung gesetzt, langsam zwar und stockend, aber — „es bewegt sich doch", um Galileis Trotzwort zu zitieren. So ist es denn auch verständlich, daß man in Deutsch land auf der einen Seite die Berliner Konferenz im gegen wärtigen Augenblick nur mit halbem Herzen begrüßt, auch wenn man ein derartiges Zusammentreffen grundsätzlich als zweckmäßig betrachtet. Andererseits stehen sich die ebenso grundsätzliche Ablehnung und die unbedingte Be grüßung des Ministerbesuchs schroff gegenüber. Morgen aber dürfte auch dieser Streit in die Vergangenheit hin übergleiten, weil das endgültige Urteil über die Berliner Konferenz sich nur auf die tatsächlichen Ergebnisse stützen kann, die sie haben oder — nicht haben wird. Die Gäste. Die Anwesenheit des französischen Ministerpräsidenten Laval und des Außenministers Briand in Berlin läßt an die Tatsache erinnern, daß seit 53 Jahren, seit den Tagen des Berliner Kongresses von 1878, kein amtierender französischer Minister den Boden der Hauptstadt des Deut schen Reiches betreten hat. Freilich möchte man nicht daran erinnern, welch ein gewaltiger Unterschied zwischen dem Damals und dem Heute klafft! Wenn auch der französische Ministerpräsident heute die politisch viel wichtigere Persönlichkeit darstellt, so ist doch Briand lange Jahre hindurch gerade für die Gestaltung der deutsch-französischen Beziehungen als Ministerpräsident und dann als Außenminister von größter Bedeutung für uns Deutsche geworden. Er hat, aus ärm lichen Verhältnissen stammend, die typische Laufbahn des französischen Politikers hinter sich, begann parteipolitisch auf dem Flügel der radikalsten Linken und hat sich aus dieser Vergangenheit trotz starker Entwicklung nach rechts hinüber doch so viel bewahrt, daß er sich dem wilden Chau vinismus etwa eines Clemenceau oder Poincars verschloß und bemüht war. den Denissen aeaenNber weniaktens in oer Form entgegenzukommen. Aber schon dies hat ja genügt, um seine Kandidatur um das höchste Amt in Frankreich, das des Staatspräsidenten, scheitern zu lassen. Auch der Ministerpräsident hat sich empor hungern müssen, bis er, gleichfalls politisch links eingestellt, vom Rechtsanwaltsberuf Pen Sprung in die Politik machte. Briand hat ihn zum Unterstaatssckretär, schließ lich zum Justizminister emporgehoben und seitdem tauchte Laval fast immer wieder in den wechselnden Kabinetten auf; allerdings ging seine politische Entwicklung beträcht lich weiter nach rechts als die seines ehemaligen Protek tors, den er dafür aber vor einem schon fast unausbleib lichen Sturz bewahrte, als wegen der dcntsch-öster- reichischen Zollunion Briand zum Ziel schärfster Angriffe von der Rechten und der Mitte in der Kammer und im Senat geworden war. Natürlich ist Lavals Stellung durch die drastisch-sichtbaren Erfolge der französischen Politik in den letzten Monaten außerordentlich sest ge worden; diese Erfolge zu sichern ist ja auch Zweck der Reife nach Berlin. -i- Wünsche zum Ministerbesuch. 114 Milliarden Goldmark, die nicht auf Reparationskonto gutgeschriebcn wurden. Die Reichsvereinigung ehemaliger Kriegsgefangener e. V. hat aus Anlaß des Besuches der französi schen Minister an den Reichskanzler ein Schreiben gerichtet, in dem es u. a. heißt: Nach dem Waffenstillstand und der Heimschaffung der französischen Kriegsgefangenen aus Deutschland hielt Frankreich über 400 000 kriegsgefangene Deutsche zurück. Es gab sie erst unter den« immer stärker werdenden mora lischen Druck der Weltmeinung im Frühjahr 1920 frei. Während dieser Zeit wurden die kriegsgefangenen Deutschen von Frankreich zu den ersten, -schwierigsten und gefährlichsten Wieder her st ellungsarbeiten im zerstörten Kriegsgebiet verwendet. Diese unter schweren materiellen und seelischen Opfern der kriegsgefangenen Deutschen und ihrer.Angehörigen geleistete Wiederaufbau arbeit muß auch offiziell von Frankreich als eine Repa rationsleistung anerkannt und ihr Wert Deutsch land aus Reparationskonto gutgeschriebcn werden. Dieser Wert ist mit 114 Milliarden Goldmark errechnet worden. Bisher ist eine solche Gutschrift nicht erfolgt. Wenn Frankreich und seinen leitenden Staatsmännern wirklich an einer Verständigung mit Deutschland gelegen ist, dann sollte es nicht zögern, die erste Leistung Deutschlands zur Wiederherstellung der Kriegsgebiete in ihrer moralischen und materiellen Bedeutung anzu erkennen. Vielleicht bietet sich auch die Gelegenheit, die französischen Minister darauf aufmerksam zu machen, daß eine Erleichterung der formalen Schwierigkeiten, die immer noch einer wirksamen Betreuung unserer K a m e r a d e n g r ä b c r in Frankreich cntgegcnstehen und eine Beseitigung des skandalösen Zustandes, in dem sich vielfach die Gräber der in Frankreich verstorbenen Anlunst au; Baynyos srieonchsiraße. Bon links nach rechts: Curtius, Briand, Laval, Brüning. Brüning begrüß! Laval vor der ReichStanztci.