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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter »«M^prst»! Bei «dh»l>m« i« B»«rv r^v RM., bei Poftbeftellun, HD! M« .Wilsdruffer Tageblatt« -rscheiat an alle« Werktage« «acharittags 5 Uhr. »« DeschLftsstelleund den Ausgabestellen 2«M. imMoaat, bei Zustellung durch diel ,, r«M. zuzüglich Abtrag. ,, . gebühr, «iuzeluummeru »«tbf,. Alle Postanstalten Wochenblatt für Wilsdruff U. Umgearitd Postboten und »nlereAu». trtlgerund DchchöftssteLen —77 7t nehme« zu jeder Zeit Be. stellnugen entgegen. Im Falle hSherer Deioalt, «rie, -de« sonstiger BetrtebsstSrungeu besteht Kei» Anspruch »uf Lieferung »er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreise». — Aücksendung eingesaadter Schriftstücke «rf»lgt u«r, »esu Port» beiliegt. Das Wilsdruffer Tageblatt ist dar zur VerSff-ntlichung der amtliche» Bekanntmachimgen der Amtshauptmanaschast Meiffeu, de- Amts, gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des ForftreMamts Tharandt und der Finanzamt, Noffe» behördlicherseits bestimmte Blatt. s«r»s»r«ch-r: Amt WU.dn.ff Nr. « KNN'AS: Sbermittelten«uzei^u übernehme»mir Keiu-Larautt.. J-derAokatianspruch erlischt' u^u dmW^Ä Klag« eingezsge, »erden must »derder Auftraggeber in Koukur» gerS«. «lnzeigen nehmen alle Nr. 344 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 19. Oktober 1931 Brünings Weg. Mit deutlichster, allerdings kaum noch auffallender Be- kmung hatte der Reichskanzler in seiner ersten Rede im Reichstag darauf hingewiesen, daß sein Kabinett zu sammengesetzt worden sei ohne Rücksicht auf Hoffnungen und Wünsche der Parteien oder wirtschaftlicher Interessen vertretungen. Neben dem Führer eines großen Teiles der Gewerkschaften sitzt in der Reichsregierung ein bisheriges Aufsichtsratsmitglied des größten Chemiekonzerns in Deutschland —, doch beide nicht als Vertreter ihrer wirt schaftlichen Einstellung, sondern als Persönlichkeiten. Das gleiche hat der Kanzler im Auge bei der Auswahl der jenigen Männer, die er in den Wirtfchaftsbeirat berufen will. Dr. Brüning und sein Kabinett haben sich aber nicht bloß ganz bewußt von den Parteien distan ziert — und damit befolgte der Kanzler nur einen Auftrag des Reichspräsidenten von Hindenburg, der bei den Vor bereitungen für die Neubildung des Kabinetts ausdrück lich diese Distanzierung verlangte —, sondern das entschei dende Ergebnis der Abstimmung am 16. Oktober ist noch eine weitere praktische Unterstreichung der Unab hängigkeit, die Brüning gegenüber den Parteien besitzen wird. Von den Parteien zwischen dem Zentrum und der Rechten, die die Entscheidung herbeiführten, haben nur die Wirtschaftspartei und die Christlich-Sozialen ge schlossen gestimmt, also eine einheitliche politische Willens bildung durch die Stimmabgabe zum Ausdruck gebracht. Bei den anderen Parteien der „rechten Mitte" erfolgten aber gegensätzliche Meinungsäußerungen mittels des Stimmzettels. Das ist — abgesehen von allen anderen — nicht ohne Bedeutung für unsere innere politische Zukunft insofern, als einem wohl sehr bald auftauchenden Antrag auf Wiederzusammentritt des Reichstages vor dem 23. Fe bruar die Ungewißheit gegenüberstehen würde, wie denn nun die Mitglieder der gegensätzlich stimmenden Frak tionen überhaupt zu solch einem Antrag stehen. Dr. Brüning hatte die absolute Mehrheit des Reichstages hinter sich; es bedürste also des Abschwenkens etwa der Sozialdemokratie, um den Zusammentritt des Reichstages herbeizuführen. Das charakterisier! auch nach innen und außen hin doch wieder die Haltung und die Politik des Kabinetts Brüning. Auf der anderen Seite ist für ihn von entscheidender Bedeutung, wie sich die 270 Stimmen zusammensetzen, die ihm das Mißtrauen votier ten. Abgesehen noch von dem kiesen Abgrund, der zwischen der Rechten und den Kommunisten klafft — aus den mit größter Deutlichkeit gerade die Redner der Deutschnationa len hingewiesen haben durch die Formulierung: Hie Na tionalismus — hie Bolschewismus! — stehen die wirtschaft lichen und sozialpolitischen Anschauungen und Absichten der verschiedenen Oppositionsparteien vielfach im scharfen Gegensatz zu einander. Das macht dem Kabinett Brüning den Weg frei zu eigenen Entschlüssen. Daß diese gerade wirtschaftspolitisch von größter Not wendigkeit sind, ist im Reichstage dem Kanzler immer ge sagt worden. Nicht etwa nur von der Opposition, sondern auch von den Parteien, die ihn schließlich parlamentarisch gerettet haben. Und darin sind die Reichstagsfraktionen doch die Sprachrohre des deutschen Volkes: dem Kanzler und seinem Kabinett ist durch die Abstimmung im Reichs tage nicht etwa ein unbedingtes Vertrauen ausgesprochen worden, sondern man darf sagen, daß ihm am 16. Oktober ein Auftrag erteilt wurde. Mehr als die Hälfte der Volksvertreter, die das Mißtrauensvotum ablehnten, haben dem Kanzler sagen lassen, daß sie ihn, seine Arbeit, sein Wollen nur „tolerieren". Daß sie also nicht bloß a b - warten, was er tut, sondern von ihm vieles er warten. Daß sie ihm nicht etwa einen Blankowechsel über seine Politik ausstellen, sondern eine Forderung über reichten, die er bis zum Wiederzusammentritt des Reichs tages eingelöst haben muß. Und in dieser Zeit liegt ein Winter, dessen Schwere innenpolitisch, wirtschaftlich, sozial so groß ist wie nie zuvor. Ihn zu überwinden, ohne daß unser ganzes Reich auseinanderbricht, — dafür hat die parlamentarische Vertretung des deutschen Volkes dem Kanzler Brüning vorerst die Bahn frei gemacht. Er steht damit vor einer Äufgabevonfa st unermeßlicher Ausdehnung. Und der Tag wird kommen, an dem man nicht nur parlamentarisch von ihm Rechenschaft fordern, sondern an dem auch das unbestechliche, überpartei liche Urteil der Geschichte gefällt wird. In den Händen Brünings liegt jetzt das Schicksal des deutschen Volkes, — gewiß nicht ganz und unbedingt; denn vieles, Entscheidendes wird draußen in der Welt vor sich gehen, worauf der Leiter der deutschen Politik, worauf der Mann, der das Wollen eines 65-Millionen-Volkes zum Ausdruck und zur Wirkung bringen soll, einen bestimmenden Ein fluß nicht besitzt. Trotzdem oder gerade darum wird er Rechenschaft geben müssen. GroßeTeile des deutschenVolkes haben das Vertrauen dafür verloren, daß auf den Wegen, die Dr. Brüning geht, diese Wirkung ausgeübt werden kann und ein Erfolg außenpolitisch erreichbar ist. Der Kanzler und die hinter ihm stehenden Parteien aber haben diesen Glauben oder wollen zum mindesten, daß Dr. Brüning freie Bahn erhält auf das eine Ziel hin, dem ja alle Deutschen, ohne jeden Unterschied der Parteien, zustreben. Denn trotz Mehrheit oder Minderheit im Reichstage, — „wir wissen und wollen ein einziges Ziel: Deutschland!" Jie deW-smzWen MWstmelhMiiM Die deutschen Mitglieder der Kommission. Das Reichskabinett bestellte die nachfolgend auf geführten Persönlichkeiten zu Vertretern der deutschen Regierung in der Gemischten deutsch-französischen Wirtschaftskommission, deren Einsetzung gele gentlich des Besuches der französischen Minister in Berlin zwischen den beiden Negierungen vereinbart worden war: Die Ministerialdirektoren Ritter (Auswärtiges Amt), Ernst (Reichsfinanzministerium), Posse (Reichswirt schaftsministerium), Sitzler (Reichsarbeitsmintsterium), Königs (Reichsverkehrsministertum), Streit (Reichs ministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Den Vorsitz auf deutscher Seite hat der derzeitige Leiter des Auswärtigen Amtes, Reichs kanzler Dr. Brüning, übernommen und als seinen ständigen Vertreter den Staatssekretär im Reichs wirtschaftsministerium, Dr. Trendelenburg, be stimmt. Zum deutschen Generalsekretär ist Ministerial direktor Ritter bestellt worden. Außer den aufgeführten Negierungsvertretern werden Vertreter der verschiedenen Zweige der Wirtschaft und der Arbeitnehmer als Sachverständige zur Teilnahme an den Arbeiten der Kommission geladen werden. Die Namen dieser Sachver ständigen werden demnächst veröffentlicht werden. Der Reichskanzler benutzte den Anlaß der Bildung der deutsch-französischen Wirtschaftskommission, in der Staats sekretär Dr. Trendelenburg der ständige Vertreter des Reichskanzlers ist, um ihm den herzlichsten Dankder Reichsregierung auszusprechen für die wertvollen Dienste, die er in der vergangenen schwierigen Zeit als Leiter des Neichswirtschaftsministeriums geleistet hat. Vom Reichskabinett wurden darauf die Persönlich keiten bestimmt, die dem Reichspräsidenten als Mitglieder des in Aussicht genommenen Wirtschaftsbeirates vorgeschlagen werden sollen. Die Liste wird alsbald nach der Berufung durch den Reichspräsidenten bekanntgegeben. Staatssekretär Dr. Trendelenburg, der ständige Vertreter d"s Reichskanzlers in der deutsch- französischen W i r t s ch a s t s k o m m i s s i o n. Erholungsurlaub des Reichskanzlers. Reichskanzler Brüning wird sich am Montag aus einen etwa einwöchigen Erholungsurlaub begeben, den er völlig zurückgezogen außerhalb Berlins zu verbringen gedenkt. Zum Empfang des italienischen Außenministers Grandi, dessen Besuch für den 25. und 26. Oktober vor gesehen ist, wird er wieder in Berlin fein. HWWI»!1M!h!Ws1MkWIMMI1l! M Reichstreffen der Aattonalsozialisten. Ansprache Hitlers in Braunschweig. Die Stadt Heinrich des Löwen steht am diesjährigen Erinnerungstage der Völkerschlacht bei Leipzig im Zeichen Adolf Hitlers. Aus dem ganzen Reiche kamen die braunen Scharen. In 38 Sonderzügen, mit 5000 Kraftwagen und in Tages- und Nachtmärschcn eilten 75 000 Mitglieder der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei zu dem Kroßen Treffen. In der Frühe des Sonntagmorgen schon gingen die Kolonnen zum Sammeln durch die Stadt. Mit Musik zogen dann die Zehntausende hinaus zu dem Franzschen Feld, dem ausgedehnten Wiesenhang hinter dem Stadtpark am Fuße des Nußbergcs. über dem Felde zogen Flugzeuge ihre Kreise. Inzwischen besichtigte Hitler mit seiner Begleitung den Kraftfahrverband der SA. Nachdem die Verbände vollzählig ausmarschiert waren, schritt Hitler als oberster Führer der Sturmabteilungen in der SA.-Uniform die lange Front der Standarten und Fahnen der SÄ. und SS. sowie der Hitler-Jugend aus allen deutschen Gauen ab. 24 neue Standarten erhielten durch Hitler ihre Weihe. Anschließend richtete Hitler eine Anivracbe an die Verbände, in der er u. a. ausfübrte: Verkürzie Gowdecke. Erhebliche Anspannung der Reichsbank. Die zweite Oktoberwoche hat der Reichsbank eins nur unwesentliche Erweiterung des Notenumlaufes ge bracht. Dagegen haben sich die Bestände an Gold und deckungsfähigen Devisen nicht unbeträchtlich, nämlich uni 66,7 Millionen auf 1294,1 Millionen vermindert. Hauptsächlich ist es Gold gewesen, das die Reichsbank ab geben mußte. Damit verringert sich die Nolendeckung durch Gold und deckungsfähige Devisen von 30,1 Prozent auf 28,6 Prozent und unterschreitet damit sogar die im Juli heruntergcsetzte 30prozentige Deckungsgrenze. Dieser Ausweis der Neichsbank ist der beste Beweis dafür, daß die Devisenablieferung trotz des ge waltigen Ausfuhrüberschusses von 370 Millionen alles zu wünschen übrig ließ. Allerdings hat die Reichsbank an dererseits der Danai- und der Dresdner Bank sowie den Sparkassen beträchtliche Mittel zufließen lassen. Außerdem mußten auf Grund des Stillhaltungsabkom me n s am 15. Oktober größere Zahlungen von Devisen er folgen, die die Gold- und Devisenreserve der Reichsbank angegriffen haben. Eine besondere Rolle spielt dabei auch noch die Ausnutzung der englischen Pfundentwertung. In großem Umfange sind Pfundkredite zurückgezahlt wor den, weil man glaubte, daß das englische Pfund bald wieder auf seinen früheren Stand zurückgehen würde, und deshalb die Entwertung ausnutzen wollte. Aus dem glei chen Grunde ist auch die Nachfrage nach englischen Waren and demgemäß nach Pfunden gestiegen. In der Zeit vom l.—14. Oktober war ein Drittel der angeforderten Devisen für Einfuhrzwecke besonders englischer Herkunft be stimmt. Die verschärfte Devisenordnung wird sich jetzt nicht nur dadurch günstig für die Reichsbank auswirken, daß Devisen über 200 Mark von der Reichsbank eingezogen werden können, sondern die Zuteilung der Devisen wird überall dort eingeschränkt werden, wo dieauslän - dische Ware in Konkurrenz mit der einheimischen Produktion tritt. Da sich schließlich der N o t e n u m l a u s trotz dieser wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung nicht vermehrt hat, dürfte der Mangel an Markgeld auch zu einer Auflockerung der zurückgehaltenen Devisenbestände führen. Fristverlängerung für Gleueranmestie und Bermögenserklärung. Wie vom Reichsfinanzministerium mitgeteilt wird, haben sich in den letzten Tagen die Zeichnungen auf die steuerfreie Reichsbahnanleihe bei den Zetchnungsstellen in so außerordentlichem Maße gehäuft, daß sie nicht bewältigt werden konnten. Weiter haben zahlreiche Steuerpflichtige geltend gemacht, daß sie sich die erforderlichen Unterlagen sür die Berechnung des von ihnen zu erwerbenden Be trages an Reichsbahnanleihe nicht fristgemäß haben be schaffen können. Aus diesen Gründen ist durch Notverordnung des Reichspräsidenten die Amnesticfrist sowie die Frist für die Abgabe der Vcrmögenscrklärung 1931 (und ebenso die Frist für die Anzeige von ausländischen Familicnstiftungen sowie die Frist für die Anzeige von ausländischen Beteili gungen) bis zum Ablauf des 26. Oktobers 1931 verlängert worden. Schon heute kann gesagt werden, daß sowohl die Am nestie als auch die Zeichnung der Anleihe den erwarteten Erfolg gehabt hat. Wir befinden uns an der Wende. Ich weiß, daß ge rade in diesen Wochen und Monaten von euch, meine lieben Kameraden, das Schwerste verlangt wird. Ich darf an euch nur die Mahnung richten: Haltet die Nerven, haltet euch zusammen. Wanket nicht einen Meter vor dem Ziel. Wenn wir in letzter Minute nicht die Nerven ver lieren, nicht selbst schwach werden und uns als Deutsche, wie so oft in der Geschichte, selbst besiegen, dann wird keine Macht in Deutschland uns niederzwingcn können. Es liegt cm euch nnd an uns, daß sich die Zeit eines zwölfjährigen Niederganges endlich wendet und übergeht in die Zeit eines neuen Aufstieges unseres Polkes. Das Deutschlandlied beendete den Aufmarsch. Dann formierten sich die Verbände wieder zu einem Marsch nach dem Schloßplatz, wo der Vorbeimarsch der Braunhemden an Hitler und zahlreichen anderen Führern der Parte: stattfand. Tie Straßen, durch die sich der lange Zug be wegte, war von dichten Menschenmasjcn umsäumi. An: Abend fand in der Stadthalle eine Massenkundgebung statt Krawalle anläßlich der Tagung. Es kam bereits am Sonnabend verschiedentlich zu Reibe ccien und teilweise auch zu Schlägereien. In der Lange Straße sielen bei einem Zusammenstoß zwischen Nationalsozialisten