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MOmfferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gegoltene Raumzeile 20 Rpfg.. die 4geipaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachmeisungsgebühr 20 Reichxpfennige. Vor- g-schricbeneErsq-inllngs. « -age und Platz-orschrift-n werden nach Möglichkeit FekNfpkLll? Lk: AMt AftlSopUff 9tL. 6 berücksichtigt. Anzeigen« annahmcbisvorm.lOUHr. - ' -- - Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir l-eine Garantie. Jeder Rabattonspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingczogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Anz. nehmen aUeVermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ ^,chü»"Ld^Auö^ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend döh-ttr »<wa», Kr cg ob-r I-nsi. D-Iri-brstöruugen bcstkd- kein ous e>kserm!g d-r.Teilung oderKürzung d-sBezugspieises. — Rückirndung cing-iandterSchriststücke eifolgt nur, wennPorlo beiiregt. Nr. 259 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 6. November 1931 Oie Osthilfe. An „Programmen" für die Osthilfe bat es wirklich nich! gefehlt, seit 1929 das erste erschien und dann das selbe Schicksal wie die späteren erlitt, nämlich: die Durch führung im ursprünglichen Rahmen erwies sich als Un möglichkeit. Richt anders ist es mit dem Vorschlag der Industrie geschehen, die Mittel der ursprünglich für den Dawes-Plan geschaffenen Industrie - Aufbringungssteuer nun den Zwecken der Osthilfe dienstbar zu machen. Sehr erhebliche Summen waren auch im Reichsetat für die Osthilfe eingesetzt und die Reichsregierung — ebenso wie übrigens auch die preußische Regierung — hatten sich obendrein noch große Kredite dafür bewilligen lassen. Aber es ist mit der Osthilfe gerade so gegangen wie mit vielen, vielleicht den meisten Kampfmaßnahmen wirt schaftspolitischer Art, die gegen die anscheinend unauf haltsam vorrückende Krise eingesetzt wurden oder ein gesetzt werden sollten. Es ist gerade so, als wenn die Sturmflut an den Dämmen und Deichen unaufhörlich wogt und sie schließlich durchbricht; dann pflegen menschliche Mittel und menschliches Können zu versagen. Was man Sen stürmenden Fluten noch entgegenwirft, wird rasch hinweggespült. So hat die Entwicklung der Wirtschafts krise besonders auf dem kreditpolitischen Gebiet bei weitem überwunden, was ihr als Osthilfe an finan ziellen und organisatorischen Mitteln entgegengestclll wurde. Die Oststelle selbst ebenso wie die Landstellen sahen sich sehr bald in den Finanzierungshoffnungen schwer enttäuscht, mit denen in besserer Zeit das beabsichtigte Werk zu unterbauen beschlossen war; die Gelder der hier mitarbeitenden Bank für Jndustrieobli- gationen konnten ja nur tropfenweise eingesetzt werden und weder auf dem ausländischen noch gar auf dem in ländischen Geldmarkt waren Mittel für die Vorfinan zierung zu erhalten. Dabei wurde die Lage in der ostdeutschen, nament lich der o st p r e u ß i s ch c n Landwirtschaft immer schlechter. Die Ernte enttäuschte ganz außerordentlich und oie Zahl der nvttleren und großen Gutsbesitzer wächst immer schneller, die weder für den Personal- noch für den Realkredit die Zins- und Amortisationssummen auf- vringen können. Wie stark diese Zahlungsunfähigkeit auf das ganze Wirtschaftsleben der hauptsächlich agra rischen bzw. von der Landwirtschaft abhängenden Ge biete des deutschen Ostens weitcrwirkte und wirkt, ist ja seit Jahren bekannt und die Gläubiger der dort in vestierten Kapitalien und Kredite selbst sehen kaum noch eine Möglichkeit, ohne eine Zerstörung der überschuldeten Betriebe zu einer Befriedigung ihrer Forderungen zu ge langen. Hier liegt also nicht bloß ein Schuldner-, sondern auch ein G l ä u b i g e r p r o b l e m vor. Diese Tatsache erschwert daher sofort eine an sich auf der Hand liegende Lösung der Frage, wie dem jetzigen Besitzer der bisher von ihm bewirtschaftete Boden er halten werden könne; diese Lösung wirb bekanntlich aus dem Wege des Moratoriums angestrebt. Ergänzt werden soll dies dann später noch durch eine mehr oder- minder zwangsweise „Umschuldung" mittels Herab setzung der Zinsen, was dann in andere, aber sehr viel umfassendere Pläne und Vorschläge einer all gemeinen Zins-„Konvertierung" hineinmündet. Daß sich die Gläubiger, die ja ihrerseits wieder häufig nicht minder schweren Verpflichtungen unterliegen, scharf gegen ein Teilmoratorium wenden, wird noch ergänzt durch den Hinweis darauf, daß ein solches Moratorium und eine zwangsweise Zinsherabsetzung dem Agrarkredit — oder vielmehr seinen Resten — überhaupt den Todesstoß ver setzen müßte. Vielleicht würde sich außerdem sehr bald die Notwendigkeit herausstellen, dieses vorläufig nur für die Landwirtschaft vorgeschlagene Moratorium auch aus immer breitere Kreise der sonstigen Wirt schaft auszudehnen, besonders dann natürlich, wenn etwa die Osthilfe auf noch größere Teile des Deut schen Reiches ausgeweitet wird als bisher. Aber wer will das Risiko übernehmen, auf diese Art einen Weg einzuschlagen, dessen Ende überhaupt nicht ab- - zusehen ist, der aber Schritt um Schritt zu immer folgen schwereren Entschlüssen führen müßte! Zwangsweise Zins senkung ohne Moratorium wäre ein Schlag ins Wasser, heil der Geldgeber dann sofort seine Kapitalien und Kredite kündigen würde. Andererseits würde ein Mora- ^rium für die Landwirtschaft nicht bloß die Lage aller ^alkreditinstitute, darunter der Sparkassen und Ge- "Henschaften, einschneidend beeinflussen, sondern müßte vier durch ein Moratorium für diese Institute, außerdem ^och vurch ein Perkaufsverbot für Hvpothckenpsand- "riefe usw. ergänzt werden. Das kann natürlich wieder "ich« ohne stärkste Rückwirkungen auf das gesamte deutsche Kreditwesen bleiben. Eine Zinszwangswirt- lchafi nebst Moratorium für die Landwirtschaft im Ahmen Osthilfe wäre also ein Experiment, dessen lcyließlicher Ausgang ganz ungewiß ist. n- -^sen Vorschlägen treten nun Bestrebungen gegen- krnl' Ansicht ausgehen, daß von der Kredit ¬ är» ^-^ersten und hoffnungslosesten der Groß- auk wo sitz betroffen und bei diesen eine Rentabilität Maßnabn^n"^. "»ch nichl etwa durch schutzzollpolitische schäft mit sei; die bäuerliche Familienwirt- icha hab? der agrarischen Veredelungswirt- der Kreditknie doch besser erfolgreicheren veuttchlancks „Nervenprobe" Der Kanzler über den Krisenwinler. Das Zenlrum gegen Koattttonsgcrüchle. Der Retchsausschußder Deutschen Zen > lrumspartei trat im Plenarsitzungssaal des Reichs lages zusammen. Der Vorsitzende der Partei, Abgeordne ler Kaas, eröffnete die Sitzung. Mil großer Schärf' wandle sich Kaas Vann gegen die Koaltttons gerächte, die, wie er sich ausdrückte, in jüngster Zei von Kreisen außerhalb der Partei in der Osfentlichkei erörtert worden seien. Es seien keine Tatsachen ein getreten die geeignet wären, an dem seinerzeitigen Be schluß der Zentrumsfraktion des Reichstages in der jede Tolerierung einer Nechtsregierung abgelehni wurde, irgend etwas abzuändern. Es sei jetzt nicht dic Zeit für derartige Koalitionsredereten, du schließlich nur geeignet wären, die Aktionsfähigkeit und Handlungsfreiheit der Reichsregierung zu schwächen und zu hemmen. Es komme jetzt nicht auf Worte an, sondern auf Taten. Die Ausführungen des Vorsitzenden Kaac fanden aus der Versammlung heraus außerordentlich starken Beifall. Sodann erhielt das Wort der General sekretär der Rheinischen Zentrumspartei, Ruffini- Köln, zu einem Vortrag: „Wie sieht die Partei dic Tätigkeit des Reichskanzlers Brüning?" Die Ausführungen des Redners zeigten, daß die Wähler schaft des Zentrums nach wie vor gesonnen sei, sich vor behaltlos und entschlossen hinter den Reichskanzler Brüning zu stellen. Der Kernpunkt der Tagung des Reichsausschusses waren längere Ausführungen des Reichskanzlers Brüning. Der Weg, den die N e i ch s r e g t e r u n g zur Be- -kämpfung der Notzeiten eingeschlagen Hal, ist der einzig mögliche, so führte der Kanzler u. a. aus: Das jetzige Kabinett Brüning steht den Parteiwünschen noch objektiver gegenüber als das vorherige. Es gibt für die Neichs- regierung nur einen Weg: den Weg der Ergreifung sachlich notwendiger Maßnahmen. Sie wird sich durch keine Angriffe bei der Ausführung derselben irgendwie beeinflussen oder gar stören lassen. Man kann allerdings mit Notverordnungen nicht auf die Dauer so regieren, wie man das alles in der Öffentlichkeit vielfach glaubt. Es müssen im Interesse der Gesundung der deutschen Wirtschaft vorsichtig Schritt für Schrill alle Maßnahmen sorgfältig erwogen werden, und deshalb bedeutet der Notverordnungsweg durchaus keine Erleichterung für die Reichsregterung bei der Bewälti gung dieser Aufgaben. Dazu kommt, daß es heute in Deutschland noch sehr viele Leute gibt — und dazu ge hören auch manche Parteiführer — die offenbar den ganzen ungeheueren Ernst der gegenwärtigen Lage noch immer nicht klar erkannt haben. Die Reichsregierung will den Reichstag nicht aus die Dauer ausschallen, sie muß aber Zeit und Raum haben, ihre Aufgabe zu lösen, und dies allein ist der ausschließliche und alleinige Zweck der längeren Vertagung des Reichstags. Die Verschuldung Deutschlands ist im wesentlichen eine ausländische in ausländischer Währung. Trotzdem dürfe die Reichsregierung die Mark dem Pfund unter keinen Umständen folgen lassen. Ich werde mich bis zum äußersten gegen jede infla torische Maßnahmen stemmen. Denn wenn das Ausland sieht, wie dir Wirtschaftslage in Deutschland in Wirklichkeit ist, und nicht, wie sie durch gewisse inflatorische Bestrebungen vernebelt werden soll, erst dann wird das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft aus dem Aus land gefestigt werden. Die bisherige Politik der Reichs regierung hat bereits dazu geführt, daß heute in Deutsch land die wirtschaftliche Lage Deutschlands mit ganz Widerstand leisten können. Auch verschiebe sich überhaupt nach dieser Richtung hin die allgemeine Struktur der deut schen Landwirtschaft. Großbetriebe, die wirklich zu sa nieren als Unmöglichkeit erkannt sei, sollten mit Hilfe vor allem der Landschaften möglichst rasch zu einer Aufbau siedlung umgewandelt werden, um von dem im Betrieb investierten Kapital so viel zu retten, wie angängig sei. Und für diese bäuerliche Siedlung sollten die Arbeiten und die Mittel der Osthilfe eingesetzt werden. Dieser Vorschlag zielt also auf eine Struktur veränderung des deutschen Ostens ab. Darum ist verständlich, daß die Verantwortlichen nicht vorschnell folgenschwere Entschlüsse über die Marschroute der Ost hilfe und damit auch der deutschen Agrarpolitik überhaupt fassen wollen und fassen können. Denn auch Siedelnwollen bedeutet noch lange nicht auch Siedelnkönnen. Und das volkswirtschaftliche Endziel jeder irgendwie gearteten Ost- Hilfe ist ja immer nur das eine, dem deutschen Volk eine möglichst große Ernährungsgrundlage zu schaffen, schon deswegen, um unsere Einfuhr an Lebensmitteln so stark wie nur irgend denkbar einzuschränken. anderen Augen gesehen wird, als das noch vor wenigen Jahren der Fall war. Auch die kommende Zeit wird das deutsche Volk noch vor weitere schwere Opfer und Einschränkungen stellen. Um so mehr mutz das Volk unbedingte und gerecht- mäßige Verteilung der Lasten haben. Es müssen Maß nahmen getroffen werden, die zwar Ersparnisse ruch weiterhin möglich machen, aber sie müssen auf der anderen Seite auch dic Kaufkraft und die Lebenshaltung wieder stärken. Die Maß nahmen der Reichsrcgierung dürfen nicht zur Schrump fung führen, sondern sic müssen die deutsche Wirtschaft beleben. Die Selbstkosten der deutschen Wirt schaft müssen allerdings gesenkt werden, um sich kon kurrenzfähig zu erhalten. Dieses Problem ist aber nicht zu lösen lediglich durch einseitige Lohnsenkung, denn das würde letzten Endes nicht weiter zur Folge haben, als eine weitere Einschränkung der Kaufkraft und damit die Wirtschaft selbst schädigen. Es mutz möglich sein, daß die einzelnen Bcrussgruppen sich schließlich verständigen, und das wird gelingen bei gegenseitigem aufrichtigen Verständigungswillen. Die Etatslage des Jahres 1932 wird sehr schwierig sein. Die Hauptaufgabe wird es sein müssen, schnellstens zu soliden Geschäftsprinzipten und Maximen der Vorkriegszeit zu kommen. Weiter wird es die Auf- gäbe sein, daß in den jetzt beginnenden Verhandlungen eine Lösung des Reparationsproblems gesunden wird, die für das deutsche Volk und die ganze Welt das Vertrauen wieder herstekt, ohne welches die Weltwirt schaft für lange Zeit gestört bleiben würde. Zugleich muß eine Regelung der kurzfristigen Kredite erfolgen. Alle diese Hauptaufgaben sind aber nicht durchzuführen ohne die Schaffung des Vertrauens !m Inland und Ausland. Die Welt muß sicher sein, daß in Deutschland keine politischen Experimente gemacht werden. Gerade dieser Winter wird dem deutschen Volle die schwerste Nervenkrise auscrlcgen. Darum ist es vater ländische Pflicht, alles zu tun, was zur Schaffung und Kräftigung des Vertrauens mithelscn kann und alles zu unterlassen, was es stören und vernichten mutz. Nach den Ausführungen des Reichskanzlers setzte die Aussprache ein. Die Aussprache im Reichsparteiausschutz. In der Aussprache erklärte u. a. Reichsarbeitsminister Stegerwald, eine koalitionspolitische Frontverbreiterung sei heute weder nach rechts noch nach links möglich. Er betonte, Deutschland habe nie bestritten, daß die privaten Schulden verzinst und rückerstattet werden müssen. Es sei aber auch nicht in der Lage, noch politische Schulden in größeren Beträgen zu zahlen. Erst bei voller Klarheit über den Stand der Reparations- und Stillhaltefragen sei eine feste Grundlage für eine starke deutsche Innen politik gewonnen. Weitere Ausführungen Brünings. Reichskanzler Dr. Brüning betonte im Verlaufe seiner Ausführungen, daß das Notverordnungsregime nicht eine erleichterte Negierungstätigkeit bedeute. Er habe keine Angst vor Auseinandersetzungen, aber er suche sie bewußt zu vermeiden, weil er sich immer sage, es habe wirklich keinen Zweck, in diesem Winter sich auf sinnloses Geplänkel und parteipolitische Auseinandersetzungen ein zulassen, statt jede Minute dazu zu benutzen, um sich zu sammenzufinden und gemeinsam an der Rettung des Vaterlandes zu arbeiten. Auf die wirkliche Lage der Landwirtschaft Deutsch lands kommend, fährt Brüning fort: Wir haben jede Vieheinfuhr unmöglich gemacht. Wir sind also sozusagen zu dem lückenlosen Schutz in dieser Be ziehung gekommen, der jahrzehntelang die Forderung der Landwirtschaft war. Die Preise sind weiter herunter gegangen. Wenn man sich überhaupt zollpolitisch oder durch Devisenbewirtschaftung völlig aus allen Gebieten von der Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte abschließen würde, dann würde nicht mehr die Höhe des Zolles, sondern die Kaufkraft der Bevölkerung allein den Kaufpreis bestimmen. Das mutz in alle Kreise der Land wirtschaft hineingetragen werden. Wie soll man sonst die außerordentlichen Maßnahmen, die für die Landwirt schaft in den eineinhalb Jahren getroffen worden sind, vertreten und durchhalten vor der überwiegenden Zahl der deutschen Bevölkerung, die nun einmal Konsumenten sind- Der Reichskanzler betont dann die Notwendigkeit, die Währung stabil zu halten und wendet sich gegen den Gedanken, die Mark vom Golde abzuhängen. Nach einem Hinweis auf die Notwendigkeit, eine weitere Ver schlechterung der Lebenslage und der Kaufkraft zu ver meiden, den Mittelstand. Einzelhandel und Handwerk zu