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Denn in Washington ist das, was bereits im Juli bei den Verhandlungen über das Hoover-Feierjahr aus drücklich festgestellt wurde, nun den Franzosen noch ein mal bestätigt worden: Trotz des Feierjahres be steht der Noung-Plan formell immer noch vom ersten bis zum letzten Paragraphen. Und formell soll er am l. Juli ^932 wieder in Kraft treten, nur haben sich dann die Jahreszahlungen inso fern geändert, als die aufgeschobenen Leistungen des Feierjahres verzinst und zusätzlich abbezahli werden sollen. Es heißt ja nun, Deutschland solle — oder werde — den Bestimmungen des Noung-Planes gemäß zweier lei tun, um nicht am l. Juli 1932 genötigt zu sein, seine Tributzahlungen wieder aufzunchmcn. Der eine Schritt wäre die Verwirklichung des deutschen Rechts, „mit wenigstens 90tägiger Ankündigung für höchstens zwei Jahre den Transfer des als ausschiebbar bezeich neten Teiles der Jahresleistung ganz oder teilweise auf- zuschiebcn". Weiter gezahlt werden müßte freilich die ganze Summe an das Konto der Baseler Internatio nalen Bank bei der Deutschen Reichsbank, aber von dort Weitergeleitet werden dürfte nur der „ungeschützte" Teil, nämlich 612 Millionen, die „Mark"zahlungen an Belgien und der Zins- und Amortisationsdienst für die Dawes- Anleihe von 1924. Auch die Sonderzahlungen an Amerika können sofort eingestellt werden. Dieser Trans- seraufschub kann ein Jahr, nachdem er in Wirksamkeit getreten ist, dann noch ergänzt werden durch einen Auf bringungsaufschub, der aber nur die Hälfte der vom Transfcraufschub betroffenen Summe umfassen darf; 1933/34 wären dies etwa 550 Millionen, während die Erklärung eines Transferaufschubs ab 1. Juli 1932 etwas über 1000 Millionen treffen würde. Nur diese Summe ist uns ja auch jetzt im „Feierjahr" gestundet, da wir formell den ungeschützten Teil weiter zahlen, allerdings von der Baseler Bank dieselbe Summe sofort als Kredit zurückerhalten. Einen zweiten Schritt zu tun ist nun dem Noung-Plan gemäß für die Negierung auch möglich dadurch, daß sie „zu irgendwelcher Zeit" — also jetzt zum Beispiel — den Regierungen der Gläubigerländer und der Baseler Bank erklärt, „sie sei in gutem Glauben zu dem Schluß ge kommen, daß die Währung und das Wirtschaftsleben Deutschlands durch den teilweisen oder vollständigen Transfer des aufschiebbaren Teiles der Jahreszahlungen ernstlich in Gefahr gebracht werden könnten". Dann muß die Baseler Bank den „beratenden Sonderausschuß" zu- fammenberufen, von dem jetzt viel die Rede ist. Auch wenn Deutschland den Transferaufschub erklärt, muß der Ausschuß von der Baseler Bank einberufen werden. Er hat sieben ordentliche und vier außerordentliche Mit glieder, die von den Notenbanken Deutschlands, Frankreichs, Englands, Italiens, Belgiens, Japan und der Vereinigten Staaten ernannt werden. Und dieser Sonderausschuß hat nun die allgemeine währungs- und wirtschaftspolitische Lage Deutschlands zu prüfen, hat dann aber den Gläubigerregierungen und der Baseler Bank „Empfehlungen" von Maßnahmen vorzubringen, die „nach seiner Ansicht hinsichtlich der Anwendung des Noung-Plans ergriffen werden sollen". Daß darunter auch Abänderungen zu verstehen sind, ergibt sich ja schon aus der einen Tatsache, daß der Noung-Plan durch das Feierjahr selbst und unter Zustimmung aller Vertrags partner ganz wesentlich abgeändert worden ist. Anderer seits handelt es sich eben nur um „Empfehlungen" des Ausschusses, also um Vorschläge, die weder die Gläubiger regierungen noch Deutschland binden oder zu irgend welchen Entschlüssen zwingen können. Das sind also die beiden Wege, die Deutschland formell im Rahmen des Noung-Plans gehen kann; in Betracht käme wohl vorerst nur der zweite, da eine Mora- toriumserklärung nicht vor dem 1. Juli 1932 in Kraft zu treten brauchte. Ihn zu gehen, war Deutschlands Regie rung ja schon im Juni entschlossen, als nun der Präsident Hoover mit dem Vorschlag seines „Feierjahres" da zwischengriff. Ähnliches wäre natürlich auch jetzt möglich: Laval brauchte nur eine neue internationale Konferenz einzuberufen, auf der der Noung-Plan abgeändert wird. Daß dies geschieht, kann man jedenfalls heute nicht als sehr wahrscheinlich ansehen. Denn bisher war für JrankreichdasAunddasO allerdeutschen Verpflichtungen stets die Innehaltung "es Noung-Planes! Ob sich das Verhältnis Zwischen Deutschland und Frankreich so gestaltet, daß man W Paris dieses Pochen auf die Buchstaben „bestehender ^-ertrüge" aufqibt, vermag im gegenwärtigen Zeitpunkt natürlich niemand zu sagen. Der französische Minister- ^astdent hat hierin praktisch völlig freie Hand, wenigstens nach außen hin; ob auch nach mnen, ist allerdings sehr Fraqe. Siez der nzW» MmalWerW Wie man in England wWie. Es mutet uns Deutsche, die wir uns schon vollkommen daran gewöhnt haben, höchst seltsam an, daß man in England grundsätzlich nuran Werktagen zur Wahl urne schreitet. Das liegt aber in dem religiösen Empfinden des Engländers begründet, der eine Wahl am Sonntag unbedingt als eine Entweihung und Entwürdigung des Feiertages ansieht. Um die 615 Sitze, die das Unterhaus zu vergeben hat, stritten sich jetzt 1300 Kandidaten die acht verschiedenen Parteien angehören Es ist dies das erstemal, daß in England so viele Parteien zum Wahlkampf ausmarschierten, allerdings befinden sich darunter ganz wie bei uns mehrere Splitterparteien. Die Zahl der Wahlberechtigten in ganz England beläuft sich auf rund 30 Millionen, von denen schätzungs weise 25 Millionen von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben dürften. Eine Ncichsliste, auf der, wie etwa beim deutschen Wahlsystem, die zahlreichen Rest stimmen noch verwertet werden könnten, ist in England unbekannt. In jedem Wahlkreis ist derjenige Kandidai Sieger, der die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte: die restlichen Stimmen bleiben ganz unberücksichtigt. Der Wahlakt dauert bis 8 Uhr abends und kann auf Verlangen sogar bis auf 9 Uhr ausgedehnt werden. Auch der englische Wähler erhält im Abstimmungslokal einen Stimm zett e l, auf dem er hinter dem Namen seines Kandidaten ein Kreuz zu machen hat. Interessant ist, daß einige Kandidaten bereits vor der Wahl ihr Mandat sicher in der Tasche hatten, weil in ihrem Wahlkreis ein Gegenkandidat überhaupt nicht aufgestellt worden war. Die Wahlen in England. Ruhiger Verlauf, gute Beteiligung. Am Wahltag herrschte in London dichter Rebel, der den Verkehr in den Vormittagsstunden ganz außerordent lich behinderte. Gegen Mittag waren die Straßen in so tiefes Dunkel gehüllt, daß sogar dieNebelfackelnan- gezündet werden mußten. Späterhin verstärkte sich der Zustrom zu den Wahllokalen. Aus einzelnen Teilen Lon dons, besonders aus dem Osten, werden Rekordbeteiligun gen gemeldet, teilweise 85 Prozent, eine für England ungewöhnlich hohe Zahl. Auch in Glasgow und in anderen Jndustriegegenden des Nordens war die Betei ligung sehr gut. Allgemein nimmt man an, daß die Wahl beteiligung, die sich im Jahre 1929 aus 78 Prozent stellte, diesesmal mindestens eben so hoch sein wird Die Wahlwetten bei Lloyds, wo man bekanntlich alles versichern, alles wetten kann, stiegen weiter zugunsten der Nationalregierung und wurden mit einer Mehrheit von 210 zugunsten der Negierung notiert. Man rechnet mir einer Niederlage der Opposition. Irgendwelche Ruhestörungen sind bis in die Abend stunden uickn voraekommen. Bei der letzten Wahl wurden für die Arbeiter partei etwa 8 389 000 Stimmen abgegeben, für die Konservativen 8 656 000 und für die Liberalen 5 308 000. Die Sitze verteilten sich folgendermaßen: Die Konservativen hatten 264 Sitze erhalten, die Arbeiterpartei 286 und die Liberalen 58. Für jeden Kandidaten, der sich zur Wah! aufstellen läßt, müssen 150 Pfund hinter legt werden, die nur dann zurückgezahlt werden, wenn der betreffende Kandidat einen bestimmten Prozentsatz der abgegebenen Stimmen erreicht. Am Wahltag. Der englische Ministerpräsident (rechts) stu diert mit seinem Parteigenossen, dem Kolonialminister Thomas, die Wahlaufrufe in „der Zeitung. Bei der jetzigen Wahl standen sich acht Gruppen gegen über. Die Konservativen hatten 517 Kandidaten aus gestellt, die Nationalliberalen 39, die Natkonale Arbeiter partei 21, die Liberalen 121, die Arbeiterpartei 513, eine unabhängige Gruppe der Arbeiter 19, die Mosley-Gruppe 23 und die Kommunisten, die zum erstenmal im Wahlkampf kandidierten, 23. * Sieg der Aationalregierung zu erwarten. Schon vor Beginn der Wahl waren als gewählt zu betrachten insgesamt 68 Abgeordnete, da in den betreffen den Wahlkreisen nur je ein Kandidat aufgestellt worden war. Diese 68 Abgeordneten verteilen sich auf die einzel nen Parteien wie folgt: 49 Konservative, 7 Liberale Na tionalisten, 6 nationale Liberale und 6 Arbeiterparteiler, das sind 62 Anhänger der Rationalregierung und 6 Oppo sitionelle. Bei den Wahlen traten nicht weniger als zehn Parteien auf, nämlich die Offizielle Arbeiterpartei, die Un abhängige Arbeiterpartei, die Kommunisten, die Nationale Arbeiterpartei (MacDonald), die Konservative Partei, die Nationalen Liberalen (Samuel), die Liberalen Nationa listen (Simon), die Unabhängigen Liberalen (Lloyd George), die Unabhängigen Kandidaten und die Neue Partei (Mosley). Die ersten Wahlergebnisse lassen einen Sieg der Na tionalrcgicrung erwarten. Bisher von der Arbeiterpartei vertretene Wahlkreise fielen zum Teil den Konservativen zu, in vielen Wahlkreisen müssen zahlreiche Arbciterstim men für die Kandidaten der Nationalregierung abgegeben worden fein. Das endgültige Wahlergebnis steht noch aus. * Ergebnisse bis 2,30 Uhr. London, 28. Oktober. In rund 140 Wahlbezirken hat die Arbeiterpartei auch noch nicht einen Sitz von irgendeiner anderen Partei abgerungen. Liverpool und Manchester sind nur durch Konservative vertreten. Der Stand der Parteien war um 2.30 Uhr: Konservative 162 Nationale Arbeiterpartei (MacDonald): Nationalliberale (Sir John Simon): 19 Liberale Nationalisten (Sir Herbst Samuel): 12 Unabhängige Nationalisten 1 Arbeiterpartei 18 Unabhängige Liberale (Lloyd George) 2 insgesamt: 214 Der Führer der Nationalliberalen Sir Herbert Samuel ist in Darwen gewählt worden. Unter den führenden Personen der Konservativen Partei ist Sir Samuel Hoare, Almuree Neville Chamberlain, Lady Astor und Locker Lampson wiedergewählt. Die Arbeiterparteiler Ben Turner, der frühere Marineminister Alexander, der frühere Innenminister Clynes und der frühere Generalpvstmeister Lees-Smith sind auf dem Schlachtfelde ge blieben. Auch der liberale Schriftsteller Edgar Wallace war nicht erfolgreich. Der Führer der neuen Partei Sir Oswald Mosley ist geschlagen, obwohl er über 10 000 Stimmen be kam. Sonst haben die Anhänger seiner Partes nur sehr geringe Erfolge zu verzeichnen. In mehreren Fällen erhielten sie nicht mehr als einige hundert Stimmen, lleber das Schicksal der na tionalen Arbeiterpartei MacDonalds liegt bisher nur eine Be kanntgabe vor. Der betreffende Kandidat erhielt nur einige hundert Stimmen. London, 28. Oktober. Fast alle weiteren bisher be kanntgewordenen Ergebnisse bestätigen den großen Zulaus zu den Konservativen, die starken Verluste der Samuel-Liberalen in den Wahlkreisen, in denen sie gegen Konservative und Ar- heiter zu kämpfen hatten und die durchschnittliche Verminderung der Arbeiterstimmen um mindestens 10 bis 15 v. H., in vielen Fällen noch höher. Die Arbeiterpartei hat die Verluste des ehe maligen Verlehrsministers Herbert Morison, des früheren Kriegsministers Tom Shaw, des Sohnes von Henderson und anderen zu beklagen. * Henderson von Campbell geschlagen. London, 28. Oktober. In dem Wahlkreis Burnley wurde der Führer der Arbeiterpartei Henderson geschlagen. Er erhielt nur 26 917 Stimmen gegenüber dem Vertreter der Na- tionalregierung, der 35126 Stimmen bekam. Sein Gegner war der Kvntreadmiral Campbell. In diesem Wahlkreis erhielten die Kommunisten 512 Stimmen. Bei der letzten Wahl hatte die Arbeiterpartei 28 091 Stimmen erhalten. Vergnügte Wahlnacht in London. Wahlergebnisse als Varietöprogramm. Ungeachtet der schlechten Zeiten haben es sich die Lon doner nicht nehmen lassen, alter Gewohnheit gemäß die Wahlnacht möglichst vergnügt zu verbringen. Aus der Provinz sind viele Tausende nach der Hauptstadt geströmt. Während des Tanzes und während des Essens werden die Wahlergebnisse bekanntgegeben, die je nach der Par teieinstelluna mit lauter Freude oder mit Hohn aufgenom-