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MsdmfferÄlgeblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltene Maumzeile 20 Apfg., die 4gespalteve Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Aeichs- Pfennige, die 3gespaltene Neklütnezeile im textlichen Teile 1 AML. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. D»r- Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmedisvorm.lVUHr. — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden must oder der Auftraggeber inKonkurs gerät. Anz. nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das „Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. 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Als vor zwei Jahren die in Paris unter dem Vorsitz des Amerikaners Young versammelten Sachverständigen das Ergebnis ihrer Arbeit zusammenfatzten, haben sie ausdrücklich darauf hingewtesen, daß für ihr Urteil und für die Stellungnahme des einzelnen nicht etwa nur wirt schaftliche und finanzielle Erwägungen maßgebend waren, sondern daß man bei der Aufstellung des Young-Plans auch die „politischen" Bedingungen und Schranken zu berücksichtigen genötigt war. Ähnliches scheint jetzt auch inBasel bei der Arbeit des Ausschusses wirksam zu sein oder wirksam zu werden, der ein formal beschränktes Urteil über die Zahlungsfähigkeit Deutschlands „im Rahmen des Young-Plans" fällen soll. Theoretisch und den Buchstaben dieses „Neuen Plans" gemäß würde der Bericht, den dieser Ausschuß verfassen soll, für die Re gierungen der Gläubigerstaaten Deutschlands nur sozu sagen das Jnformationsmaterial darstellen, das zu zwingenden Entschlüssen auf der beabsichtigten Repa- rationskonserenz nicht zu führen braucht. Aber lauter als dieser Buchstabe, als diese Theorie spricht die Wirklich keit. Und wenn man in Basel den Mm dazu haben würde, sich zum Sprachrohr dieser Wirklichkeit zu machen, also nicht bloß formell zu prüfen, ob Deutschlands Wäh rung und Wirtschaft den Transfer des ungeschützten Teils der Young-Plan-Verpflichtungen erträgt oder nicht, — dann würde eben diese Wirklichkeit ein so lautes Wort sprechen, daß es die „Politik" sofort übertönen würde. „Wir werden den Young-Plan nicht zer reißen lassen, hat der französische Ministerpräsi dent Laval gerade jetzt wieder erklärt, da in Basel seit Tagen so etwas wie ein Kamps um den Inhalt des Aus schußberichtes tobt. Man Hai dorr die Türen fest ver schlossen gegen jeden Zuhörer. Denn was in den Be ratungszimmern des Ausschusses wirkt und spricht, ist nicht mehr die Wirtschaft, sondern die Politik. Denn darüber ist man sich zwar nicht formell, aber doch tat sächlich einig, daß Deutschland einfach nicht in der Lage ist, die im Young-Plan festgelegten Tributzahlungen zu leisten. Aber der Buchstabe soll gerettet werden. Die Stellungnahme der deutschen Delegation in Base! ist ja ganz unzweideutig: sie erklärt es sür ganz unmöglich, daß Deutschland überhaupt Tributzahlungen leisten kann. Auch unsere Gläubiger — Frankreich einbegriffen — sehen ein, daß jetzt und in absehbarer Zeit von Deutschland irgendwelche Tributzahlun gen gar nicht erwartet werden können. Man sträubt sich auch in Paris gar nicht mehr gegen die Er kenntnis, daß zum mindesten für die Zeit der Weltwirt schaftskrise eine „Stillhaltung" der Gläubigerstaaten Deutschlands auch für die „politischen Schulden" erfolgen muß. Aber in Basel sucht und will Frankreich, genau so Wie gegenüber dem Hoover-Feierjahr, das Prinzip des Young-Planes nicht etwa nur retten, sondern durch neue weltpolitische Ver einbarungen untermauern. Es wäre eine radikale Zerstörung dieser Grundlage, wenn der Baseler Ausschuß es vor aller Welt und für alle Welt aussprechen Würde, daß eine der Hauptgründe für die Weltwirtschafts krise die Reparationsverpflichtung Deutschlands ist, die Tatsache also, daß Deutschland der Schuldner nicht bloß seiner Gläubiger, sondern über diese hinweg zu Zahlun gen an den einzigen „Kriegsgewinnler", Amerika nämlich, sein und bleiben soll. In Basel kommt es daher jetzt eigentlich nur noch daraus an, daß man zum mindesten die gegenwärtige Zahlungsunfähigkeit Deutschlands feststellt und dadurch .moralisch" die Regierungen der Gläubigerstaaten nötigt, aus dieser Feststellung dann auch die notwendigen Folge rungen zu ziehen. Daß es dabei nicht mehr daraus an- kommt, um welchen Teil der formellen deutschen Schuld verpflichtung — „geschützter" oder „ungeschützter" Teil der »Politischen" dzw. die privaten Schulden — es sich handelt, ist in dem Augenblick selbstverständliche Erkennt nis, wenn die allgemeine deutsche Zahlungsunfähigkeit ^gestellt und vom Baseler Ausschuß unterzeichnet wird. Aber um diesen heißen Brei wird man dort wohl her- umgehen. Von Paris aus will und wird man wenigstens Prinzip des Young-Plones retten, jetzt und später, Wenn von der Reparationskonferenz eine Entscheidung gefallt wird Dieses „Prinzip" aber ist schon längst kein ^östlich-finanzielles mehr, sondern ein rein poli- Njches. Und darum ist eben die Rückwirkung dieser »Politik" auf die Wirtschaft und die Finanzen in aller Welt so furchtbar und vernichtend! 8 Mame MWWMferenz? Washington, 21. Dezember. Staatssekretär Stim- scn tc lte dem Präsidenten Hoover mit, daß die im Februar in Eens begumerde Abrüstungskonferenz möglicherwefis acht Mo nate dauere. Die Kosten, die sich für die Vereinigten Staaten aus dieser Konferenz ergeben, würden monatlich 55 000 Dol lar betragen. Jie EilligWOmel ii Asel gesunden Keine Lösung. Kapitulation vor den französischen Ford^ruuge n. Die Verhandlungen des Tributausschnsses in Basel werden um so schwieriger, je mehr sie sich ihrem Ende nähern. Eine Kompromißformel, die jetzt endlich zustande gekommen ist, soll nach einer französischen halb amtlichen Meldung „die Bedenken derjenigen zu zerstreuen geeignet sein, die irgendeine Verbindung zwischen den Reparationen und den Interessen der Privatgläubiger des Reiches befürchten". Wenn Frankreich dem Gutachten des Baseler Ausschusses bereits vor dem Bekanntwerden seines Wortlautes eine solche Auslegung gibt, sieht es nicht danach aus, als ob in Basel eine grundsätzliche Lösung gefunden werden wird und daß alles der Regierungs- konfercnz überlassen bleibt. über Einzelheiten, die bisher schon feststehen sollen, erfährt man noch folgendes: Der Sonderausschuß hat sich, wie verlautet, dahin geeinigt, daß Deutschland nicht in der Lage sei, die 1,3 Milliarden Mark der aufschied- baren Reparationen in seinen Haushalt einzujchließen und daß es ein viel längeres Moratorium erhalten müsse. Der Bericht werde sich eng an den Layton-Bericht an schließen, aber stärker betonen, daß Deutschland nicht bezahlen könne. Ferner werden über den wahrscheinlichen Inhalt des Berichts folgende Angaben gemacht: Auf Grund des Zahlenmaterials werde nachgewiesen, daß Deutschland die geschützten Zahlungen nicht leisten könne. Alles scheine darauf hinzudeulen, daß dasselbe auch für die ungeschützten Zahlungen gelte. Die Zurückführung deutschen Kapitals im Auslande als Mittel zur Be gleichung sofortiger Verpflichtungen erscheine nicht an gängig. Die Sachverständigen glaubten anscheinend, daß die Deutsche Reichsbahn in normalen Zeiten 1,32 Milliarden Mark aufbringen könne. Der Bericht werde ferner einen Hinweis auf die Bedingungen enthalten, unter denen der deutsche Kredit wiederhergestellt werden könne, was eine Voraussetzung für das Stillhalteabkommen sei. Allem Anschein nach werde der Ausschuß in dieser Hinsicht keine bindenden Erklärungen machen. Obgleich man zeitweilig im Ausschuß für eine vollständige Strei chung der Tribute und Kriegsschulden gewesen sei, habe man mit Bedauern einsehen müssen, daß die amerikanischen und französischen Forderungen mit dem Wunsche nach Wiederherstellung des Vertrauens unvereinbar seien. Wahrscheinlich werde der Ausschuß nicht zu dem Schluß kommen, daß die Tribute die Hauptursache der Weltkrise seien, aber er habe bereits deutlich darauf hin- gewiescn, daß sie als hauptsächlicher Faktor für ein weiteres Anhalten der Krise angesehen werden müßten Frankreich besteht ausden Uoung-Plan. Frankreichs starre Haltung in der Tributfrage. Ministerpräsident Laval hat die Gelegenheit eines Festes benutzt, um die starre außenpolitische Haltung Frankreichs im Sinne seiner letzten großen Kammerrede noch einmal zu bekräftigen. Er erklärte u. a., daß er gelegentlich seiner Besuchsretse nach England, Deutschland und den Vereinigten Staaten sie Möglichkeit gehabt habe, die französische Auffassung ganz offen oarzulegen. In diesen schwierigen Zeiten könne sich kein Land abschlietzen und ganz auf sich selbst stellen. In dem Augenblick aber, in dem die Staaten die Not wendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit voll erkannt hätten, seien sie gezwungen, eine Politik des nationalen Protektionismus durchzuführen. Heute genüge es nicht mehr, die Zollsätze zu erhöhen, sondern Frankreich sei genötigt, den Weg des Kon tingentierungssystems einzuschlagen, um den inneren Markt zu schützen. Andererseits müsse man sehr vorsichtig vorgehen, um die Ausfuhr keinem zu starken Rückgang auszufetzen. In der Schulden- und Tributfrage sei die Aufgabe der französischen Regierung ebenso bedeutsam wie schwierig. Demnächst würden inter nationale Konferenzen stattfinden. In Washington sei die europäische Lage und ganz besonders die deutsche Krise eingehend besprochen worden. Man sei zu der Überzeugung gelangt, daß Deutschland die Einberufung des Young-Ausschusses beantragen müsse. Die Sachverständigen hätten sich daraus in Basel versammelt. Sie würden demnächst ihren Bericht abgeben. Die natür liche Folge sei eine Konferenz der Negierungen, die bald stattfinden solle. Im Hinblick aus diese Konferenz müsse man seflflellen, daß eine Neuregelung nur sür die Dauer der deutschen Wirtschaftskrise, d. h. also zeitlich begrenzt, getroffen werden könne. Ferner werde Frankreich die Frage der ungeschützten Zahlungen ebenso wie im vergangenen Juli nur im Rahmen des Young-Plans behandeln und nicht zulassen, daß die Tribute den Privatschulden zum Opfer gebracht werden. In gewissen Ländern habe man zu schnell erklärt, daß die Schulden und Reparationen beseitigt werden müssen Angesichts der Haltung der Vereinigten Staaten würden die betreffenden Regierungen jetzt vermutlich weniger begierig sein, diese kühne Initiative aufrechtzuerhalten In jedem Fall könnten die Vertreter Frankreichs einer derartigen Aussprache nicht znstimmen. Frankreich werde die Zerstörung des Young-Plans niemals z u l a s s e n. * Deutschland „einstweilen" zahlungsunfähig? Die endlosen Baseler Verhandlungen. Der Sonderausschuß hat die Verhandlungen fortgesetzt, was deswegen mit ganz besonderer Aufmerk samkeit verfolgt wurde, weil sich das Gerücht von einer Vertagung der Konferenz verbreitete. Im Laufe des Nachmittags wurde ein gewisser Fort schritt erzielt, der allerdings nur darin bestehen dürfte, daß man sich auf Grund der jüngsten französischen Ministerrede auf einer mehr und mehr allgemein gehal tenen Linie bewegen wird, wonach angesichts der großen Wirtschaftskrise Deutschland einstweilen zahlungsunfähig ist. Die Entscheidung, die aus diesem Befund zu ziehen ist, soll ver kommenden Regierungskonferenz überlassen werden. Von französischer Seite verlautet, daß der Sonder ausschuß darauf verzichtet habe, die Frage der privaten Verschuldung im Bericht näher zu erörtern. * Zweijähriger Aufschub -er geschützten Zahlungen? Nach französischer Ansicht. Die Pariser Abendpresse läßt sich aus Basel melden, daß der Young-Ausschuß den Regierungen empfehlen werde, Deutschland in bezug auf die geschützten Tribur- zahlungen im Betrage von 4250 Millionen Reichsmark einen zweijährigen Zahlungsaufschub zu gewähren. Was die ungeschützten Zahlungen im Betrage von 612 Millionen Reichsmark anbelange, so werde der Ausschuß Vorschlägen, die Gesamtheit der Schuldenfragen auf der bevorstehenden Regierungskonferenz zu prüfen. * Die Einigungsformel. Basel, 22. Dezember. Der Redaktionsausschuß des Sonderausschusses hat am Montag abend gegen 21 Uhr die eigentliche Abfassung der Schlußfolgerungen des Gutachtens unter dem Vorsitz des Präsidenten Beneduce begonnen und tagt um 1 Uhr nachts noch. Die Sachverständigen der einzelnen Abordnungen kommen und gehen. Texte werden geschrieben und wieder abMändert. Kurz: Es geht mit allen Kräften dem Ende zu. Die Einigungsformel, die gefunden wurde, ist die, daß aus besondere Empfehlungen und Anregungen verzichtet wird, daß in den Schlußfolgerungen weder die Frage der Reparationen noch der privaten Schulden mit bestimmten Hinweisen aufge führt wird. Vian wird betonen, daß der Ausschuß auf den Antrag Deutschlands, gemäß dem Houngplan eine genaue Prü fung der Gesamtheit der deutschen Verhältnisse vorgenommen hat, daß der Eindruck, den man von den besonderen wirtschaft lichen Schwierigkeiten Deutschlands erhielt, ein überaus star ker ist und deshalb die Regierungskonferenz auffvrdert, ent sprechende Maßnahmen zu ergreifen. Diese Einigungsformeh niemand zu liebe und niemand zu leide, wird von allen Vertretern unterzeichnet. Für Deutsch land werden keine neuen Bindungen gefordert. Frankreich über läßt die Entscheidung über geschützte und ungeschützte Repara tionen der Regierungskonferenz. England läßt die Frage der privaten Verschuldung nur nach allgemeinen Gesichtspunkten aufsühren. In einer Einleitung zum Gutachten dürfte der Son derausschuß dann noch einen lleberbiick über die Art und Be deutung seiner Tätigkeit geben.