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MsdmfferÄWblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, H Dienstag, den 29. Dezember 1931 Nr. 301 — 90. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Tele-r.-Adr.: „Amtsblatt" Postscheck: Dresden 2640 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 2VRpfg., die 4 gespaltene Zeile d<r amtlichen Bekanntmachungen 40Reichs« Pfennig, die Zgefpaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachwei.ungsgebühr 20 Reichspfennige. Dor- gejchriebeneErscheinungs- -- - tage und Platzvorschrrften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm.10Ubr. -' Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. 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Es entspricht nur dem Kompromißcharakter, dem in manchen Punkten bewußt — oder notgedrungen — Unbe stimmten und Schwankenden des Baseler Ausschuß berichts, wenn man nun bei der Beurteilung seines In halts ebenso in Berlin wie in Paris das Beste für sich dabei heraussucht. Dabei möchte man vom deutschen Standpunkt aus noch etwas nachholen, das auch nur an gedeutet ist, aber doch als eine „Feststellung" von größter Bedeutung für die kreditpolitische Lage Deutschlands be trachtet werden kann. Der Bericht hat — ebenso wie sein Vorgänger, die Baseler Denkschrift der Wiggin-Layton- Kommission aus dem August — wieder aus die ganz außerordentlichen opfervollen Anstrengungen hingewiesen, mittels derer Deutschland die Stabilität feiner Währung und seines Haushalts zu verteidigen und aufrechtzuerhalten versucht hat. Drastischer als im jetzigen Bericht war damals formuliert worden, daß „diese Politik, wenn sie streng fortgesetzt wird, entschieden dazu beiträgt, Deutschlands Kredit zu stärken." Die zweite Baseler Kommission hat nun sestgestellt, daß diese „Fortsetzung" auch wirklich bis zum Endpunkt des Möglichen ersolgt ist. Und ebenso wird die Ent stehung der deutschen Auslandsverschuldung kurz- und langfristiger Art doch ganz anders behandelt und beur teilt als dies der französische Ministerpräsident Laval und sein Kollege von der Finanz, Flandin, oft und offi ziell darstellten. Wir haben nicht aus einem gewissen Übermut oder gar aus unzeitgemätzester Verschwendungs sucht das Ausland um viele Milliarden „erleichtert" und uns dann achselzuckend als zahlungsunfähigen Schuldner vor unsere Gläubiger hingestellt mit der Erklärung: Macht, was ihr wollt, aber kriegen werdet ihr nichts! Diese oft genug von maßgebenden Staatsmännern und Finanzleuten des Auslandes verbreitete Verleumdung ist von dem Baseler Ausschußbericht — versehen auch mit der französischen Unterschrift — endlich einmal richtig gekenn zeichnet worden, allerdings nur nach der negativen Seite hin. Denn zu der positiven Feststellung, daß die unsinnig hohen Tributverpflichtungen und ihre Folgen diese Überschuldung Deutschlands hauptsächlich verursacht haben, vermochte sich der gezwungene kompromißlerische Baseler Ausschuß „im Rahmen des Noung-Planes" nicht aufzuschwingen. Währungs-, Verteidigungs- und Haus haltsausgleich aus eigener Kraft leisten zu wollen, — das ist aber ausdrücklich als Ziel der deutschen Anstrengun gen anerkannt worden, die aber natürlich nur Erfolg haben können, wenn man uns nicht fortgesetzt den Shylockschein des Joung-Planes präsentiert und seine Einlösung fordert. Bon Paris aus gibt man in einem, wohl als halb amtliche Äußerung zu betrachtenden Leitartikel des „Temps" über den Ausschußbericht doch wenigstens das eine zu, daß Deutschland zurzeit keinesfalls seinen T ri b u t v e r p f l i ch t u n g e n nachkom men könne, erklärt aber wiederholt, daß Deutschland „nach der Periode der Wirtschaftskrise wieder zahlungs fähig sein werde". Man stürzt und stützt sich dabei auf die Behauptung, daß bei uns schon jetzt die wirtschaftlich- finanzielle Lage „durchaus ernst, aber keineswegs ver zweifelt sei". Wenn erst die Periode wirtschaftlichen Niederganges vorbei sein werde, dann könne Deutschland aus eigenen Mitteln mit dem Ertrag seines wirtschaftlichen Rüstzeuges und — den Einkünften seiner Guthaben im Ausland durchaus seinen Verpflichtungen nachkommen. An eine Abschaffung der Reparationen oder an ein Mora torium von längerer Dauer sei aber gar nicht zu denken. Hier ist also eine Debatte zwischen Deutschland und Frank reich nicht möglich, denn in jenen Sätzen spricht die ein hellige und zu allem entschlossene Ansicht des gesamten französischen Volkes. Sie wird in gleichem Sinne und Wortlaut auch auf der nun folgenden Reparationskonferenz fprechcn, die voraussichtlich im Januar in der holländischen Kongreß- und „Friedens"stadt Der Haag beginnen soll. Dort wird es uns an Bundesgenossen nicht fehlen, wenigstens insofern, als das englische und das italienische Echo aus den Baseler Bericht unzweideutig eine drastische Neuregelung der Neparations- und Kriegsschuldenfrage verlangt. Denn sonst käme es nie und nimmer zu einer Stabilisierung der wirtschaftlichen und finanziellen Welt lage. Allein eine wirkliche Reform, eine endgültige, nicht aber eine nur zeitweilige müsse das Ziel der Konferenz sein. Und ebenso einhellig steht man in England wie in Italien auf dem Standpunkt, daß Deutschland auf abseh bare Zeit hinaus nicht zahlen könne, daß sich die Zah lungsunfähigkeit aber auch nicht, wie der Ausschuß in seinem Kompromißbericht sage, nur auf den geschützten Teil der Uoung-Plan-Leistungen erstrecke, sondern auch auf den als unbedingte Verpflichtung bestimmten Teil, also aus alle politischen Schulden Deutschlands. Und schließlich darf man auf ein gleichgestimmtes, Halb oder ganz amtliches Echo aus England und Italien ver- lveisen, das, ähnlich wie der Ausschußbericht, eine Konfe renzbehandlung ohne jede Verzögerung fordert. Hoffent- nch wird wenigstens dieses allgemeine Verlangen baldigst > Fördert die Ortsprefse » Rüstung W Regiemgrkonsmnz Kurze Regiemngsferien. Dann Vorbereitung ver Regterungslonferenz. Reichskanzler Brüning Hal Berlin verlassen, um sich einen kurzen Erholungsurlaub bis nach Neujahr zu gönnen. Ebenso sind die Minister Dietrich und Groener nicht in Berlin anwesend. Bet den Neu- jahrsempfängen dürfte voraussichtlich Neichspostminister Schätzel als der älteste in Berlin anwesende Minister die Reichsregterung vertreten. Während der Feiertage haben die Mitglieder des Kabinetts den neuen Baseler Bericht, der inzwischen auch amtlich der Reichsregie rung übergeben worden ist, studiert. Eine Kabinetts sitzung darüber ist jedoch vorläufig nicht vorgesehen. Das Schwergewicht der Arbeit der Reichsregierung wird erst nach Neujahr in der Vorbereitung der bevor stehenden Regierungskonferenz liegen. Am Silvesterabend um 21.30 Uhr wird Reichspräsi dent von Hindenburg im Rundfunk eine Ansprache an das deutsche Volk richten. Die Neujahrs empfänge werden sich in der überlieferten Weise voll ziehen. Erstmalig werden am Neujahrstage 11 Uhr die Halloren (Salzbergleute) in ihren besonderen, ge schmackvollen Trachten vom Reichspräsidenten empfangen werden. Vor dem Kriege war es üblich, daß jedesmal am Neujahrstage die Halloren vom Kaiser empfangen wur den. An diesen Empfang werden sich die üblichen Neu jahrswünsche des Diplomatischen Korps mit Ansprachen des Apostolischen Nuntius als Doyen und des Reichs präsidenten anschließen, daran ein Emfang der Reichs regierung und der übrigen Reichs- und Staatsbehörden beim Reichspräsidenten. q- Für schleunige GchuWeMegelung. Englisch-französische Interessen gemeinschaft gegenüber Amerika. Der englische Ministerpräsident Macdonald hat dem französischen Ministerpräsidenten ein Schreiben überreichen lassen, in dem er dem Wunsche Ausdruck gibt, vor der bevorstehenden Negicrungskonferenz eine persönliche Aus sprache stattfinden zu lassen. Dieses Schreiben entspringt dem mehrfach aus gesprochenen Wunsche Macdonalds, jetzt keine Zeit mehr zu verlieren und die Frage der Schuldeuregelung schnell vorwärtszutreiben. Einen wichtigen Punkt in der Unterredung der beiden Ministerpräsidenten wird sicherlich die englisch-französische Stellungnahme zu Amerika bilden. In Amerika ist bekanntlich bei der Demokratischen sowohl wie bei der Republikanischen Partei eine überraschend starke Opposition gegen eine Herabsetzung dar interalliierten Schulden ausgetreten. Da die Über zeugung jetzt immer mehr, sogar in französischen Kreisen, Platz greift, daß mit einer Wiederaufnahme der deutschen Zahlungen nicht zu rechnen ist, Frankreich und England aber ihre amerikanischen Schulden mit den Eingängen der deutschen Tribute bezahlt haben, so sehen sich jetzt die beiden Länder vor die Frage gestellt, wie sie bei einer Nichtverlängerung des Moratoriums und bei der Zah lungsunfähigkeit Deutschlands ihre Schulden an Amerika bezahlen sollen. Pon französischer amtlicher Stelle wird allerdings »«' »MM erklärt, daß von einer Einladung Macdonalds an Laval noch nichts bekannt sei. Hierzu ist festzustellen, daß zurzeit amtlich zwar keine Verhandlungen stattfinden; hinter- den Kulissen jedoch wird die Aussprache über die Grund lage der bevorstehenden Tributkonferenz fortgesetzt. So lange eine gemeinsame Grundlage nicht gefunden ist, hält! die französische Regierung eine Ministerzusammenkunst für unzweckmäßig. * Mac-Mds Mes au Laual. London, 28. Dezember. Die zuständigen englische» Stellen lassen verlauten, daß der Brief MacDonalds an den französischen Ministerpräsidenten Laval schon vor etwa 14 Ta gen geschrieben und abgesandt wurde. Sie betonen, daß der Brief sich nur in allgemeinen Ausdrücken gehalten habe, und daß eine amtliche Einladung Lavals nach London nicht erfolgt ici. Andererseits aber kann kein Zweifel darüber bestehen, daß MacDenald dem französischen Ministerpräsidenten seinen Wunsch nach einer persönlichen Aussprache über die Repara- tions- und Schuldenfrage als Vorbereitung für die kommende Konferenz nahegelegt hat. Offensichtlich hat die ablehnende Haltung Frankreichs in London stark enttäuscht. Es ist sehr gut möglich, daß die von Macdonald geplante Zusammenkunft mit Laval überhaupt nicht mehr vor der Reparationskonferenz statt- findet. — Hinsichtlich der Verhandlungen zwischen den Finanz sachverständigen wird jetzt bei den zuständigen englischen Stel len der Standpunkt vertreten, daß infolge der amerikanischen Haltung nichts mehr als eine Einigung über eine zeitweilige Lösung der Tributfrage erzielt werden könne. London hofft zu versichtlich, daß die Besprechungen zu einem Einvernehmen zwi schen England und Frankreich führen werden. Doch eine Zusammenkunft Macdonalds- Laval? Paris, 28. Dezember. In Paris finden augenblicklich Verhandlungen zwischen Vertretern des englischen Schatzamtes und des französischen ZinanMinisteriums statt, um den Stand punkt der beiden Regierungen in der Reparationsfrage ein ander näher zu bringen. Diese Besprechungen, die keinen amt lichen Charakter tragen, sollen dazu dienen, den Boden für eine direkte Aussprache zwischen Laval und MacDonald vorzu bereiten. Das Dementi, das der Quai d'Orsay im Zusammen hang mit der angeblichen Einladung MacDonalds an Laval er lassen hat, darf auch nicht dahin ausgelegt werden, als ob eine Zusammenkunft zwischen den Heiden Staatsmännern nicht be absichtigt sei. Man betont vielmehr schon jetzt, daß eine der artige Aussprache vor der Regierungskonserenz im Rahmen der von den Sachverständigen gemachten Vorschläge liegen würde. Bei dem von der französischen Presse gemeldeten Schreiben MacDonalds soll es sich außerdem um einen Privatbrief ver traulicher Natur handeln, so daß das Dementi des Ouai d'Or- sey, der bekanntlich die amtliche Einladung des englischen Mi nisterpräsidenten an Laval ableugnet, sehr verständlich ist. Bei den augenblicklichen Pariser Verhandlungen wird englischer seits der bereits in Basel zum Ausdruck gekommene Standpunkt vertreten, wonach die von den Sachverständigen vorgeschlagene Neuregelung sich nicht nur auf die Tributzählungen, sondern auch auf die interalliierten Schulden beziehen müsse. Surchsührungsbeflimmmgen zur Zinsfenkung. Die erste Verordnung zur Durchführung des Teil l Kapitel 3 ver Verordnung des Reichspräsidenten vom 8. Dezember d. I. (Z i n s s e n k u n g) wird jetzt ver öffentlicht. Besonders wichlg ist die Bestimmung, daß die Rückzahlung von Hypotheken usw. durch Pfand briefe bis Ende 1933 befristet ist und daß die Rück zahlung nur dann erfolgen kann, wenn die Hypotheken fällig werden. Bedeutsam ist ferner, daß den Hypotheken banken und den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten ein Berwaltungsko stenzuschlag gewährt worden ist, der bei Hypotheken bis zu 15 000 Mark '/i Prozent und bei Hypotheken, die diesen Betrag übersteigen, Prozent jährlich beträgt. Bei den Sparkassenhypotheken beträgt der Verwaltungskostenzuschlag dagegen nur '/s Prozent, und die Versicherungsgesellschaften dürfen einen Verwaltungskostenzuschlag überhaupt nicht erheben. Ein Unterschied zwischen Tilgungs- und Fälligkeitshypo theken wird nicht gemacht. Den Realkreditinstituten wird ferner die Erhebung eines Disagiozuschlages in den Fällen gestattet, in denen sie nachweisen können, daß sie einen Teil des Disagios, das bei der Begebung der Pfandbriefe ent standen ist, selbst getragen haben. Weiterhin finden sich u. a. in der Verordnung Be stimmungen hinsichtlich des Begriffs „kurz-undlang- fristiger Kredit" und hinsichtlich des Begriffs „Ausländsanleihen". Unter anderem ist seflzu- stellen, daß eine Anleihe, die an einer deutschen Börse gehandelt wird, niemals unter den Begriff „Ausländs anleihen" fällt. Oie Lohn- und Gehalissenkung. Gesetzlich ab 1. Januar 1932 vorgeschrieben. Amtlich wird mitgeteilt: In der Öffentlichkeit sind Zweifel an dem zwingenden Charakter der in der Not verordnung vom 8. Dezember 1931 vorgefchriebenen Lohn- und Gehaltssenkungen ausgetaucht. Nach der Auffassung der zuständigen Stellen, die auch in der amtlichen Verlautbarung zu der Notverordnung zum Ausdruck gekommen ist, kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die im engsten Zufammcnhange mit der Senkung des Gefamtpreisstandes stehende Herabsetzung der tarifvertraglichen Löhne und Ge hälter ab 1. Januar 1932 kraft Gesetzes eintritt. Die Tarifpartcicn haben lediglich das aus der Verord nung selbst ersichtliche Ausmaß der Kürzung in den einzel nen Tarifverträgen als dessen Bestimmung zu über nehmen, wobei sie im Rahmen der Vorschriften der Ver ordnung Unebenheiten beseitigen können, die sich etwa aus dem verordneten Eingriff in den Tarifvertrag ergeben. Nur falls ihnen das nicht gelingt, hat der Schlichter die bindende Festsetzung gemäß den Vorschriften der Notverordnung zu treffen.