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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da, »WU-druffrr Tagrblalt" scheint an allen Werktaae» nachmittag, S Uhr. Bezug,preis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM, im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3t) AM., bet Poftbeftellung 2 AW. zuzüglich Abtrog. gebühr. Einzelnummern »«p,All«P-st-nsta -n Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend P-ftb°t-nundun, trügerund tSeschLstssteUen — ! u nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung brr Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — «ücksendung «ingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto b-iliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: di« »gespaltene Raumzeile MRxfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40Reich». Pfennig, die »gespaltene Reklamezeile im teztlichen Teile I Reichsmark. Nachweisungsgedühr 2V Reich-Pfennige. 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Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der AmtshauptMannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstreniamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. — »iIayrgÄikg Leiegr.-Ädr.: .Amtsblatt* W LtKÄLUff - Bopscheck: Dresden L64V Montag, den IS März 1SL8 7E ", L der mhastete» MW« in UW sreigelnssen Untersuchungsausschüffe. „Der Reichstag hat das Recht und auf Antrag von einem Fünftel seiner Mitglieder die Pflicht, Unter suchungsausschüsse einzusetzen; diese Ausschüsse erheben in öffentlicher Verhandlung die Beweise, die sie oder die Antragsteller für erforderlich erachten" — so heißt es in Artikel 34 der Verfassung. Und ähnlich in den Ver fassungsbestimmungen der Länder. Im Mutterland des Parlaments, in England, entstand dieser Brauch, ohne jegliche offizielle Festlegung, lediglich aus der Tatsache heraus, daß das englische Parlament Träger der Macht war. Und vor einem solchen Ausschuß verlor König Karl l. Thron und Leben. Aber nur selten, sehr selten und nur die allerwichtigsten Angelegenheiten be treffend, wurde solch' ein Untersuchungsausschuß ein gesetzt, der so manches Mal die Vorkommnisse nicht klären, sondern verschleiern sollte. Der „Prozeß" gegen den be rühmten englischen Generalgouverneur in Indien, Warren Hastings, ist ein besonders drastisches Beispiel dafür. Wir Deutsche sind gründlicher. Von der Nationalversammlung wurden gleich vier Untersuchungs ausschüsse eingesetzt, die seitdem arbeiteten. Gründlich arbeiteten und noch längst nicht fertig sind. Sie bildeten zudem noch eine Reihe Unterausschüsse und das Resultat des Ganzen ist — denn noch immer ist ihre Tätigkeit nicht beendet — eine immer noch im Wachsen begriffene — Bibliothek. 36 Bände, von denen vierzehn bereits erschienen sind, wie soeben der Generalsekretär dieser Aus schüsse mitteilte. Denn diese Einrichtung hat sich zu einem großen politisch-wissenschaftlichen Organismus ausgewach sen. Politisch — gewiß; man müht sich auch ab, wissen schaftlich zu bleiben durch weitgehende Zuziehung von Sachverständigen, also Diplomaten, hohe und höchste Beamte, Professoren usw., also Leute, die etwas wissen können. Man erinnert sich ja an einzelne ganz besonders sensationelle „Verhöre". Freilich spielen dabei ja doch vorgefaßte Meinungen, parteipolitische Einstellung und ähnliches oft eine unerfreulich laute Rolle. So wurde z. B. vor einigen Monaten der Bericht des Ausschusses über deutsche Völkerrechtsverletzungen im Kriege Gegen stand einer sehr aufgeregten, parteipolitisch überaus be einflußten, politisch aber sehr unklugen Debatte im Reichs tag. Einer solchen Gefahr aber unterliegt die Arbeit solcher Ausschüsse und die Bewertung ihrer Ergebnisse nur allzu leicht; denn es ist eben eine rein politische und dam eine parteipolitisch überaus zerrissene Körperschaft, die die Mitglieder dieser Ausschüsse stellt, und — auch Ab geordnete sind doch schließlich nur Menschen. Beeinflußt und beeinflußbar, zumal, wenn sie dabei auch noch partei mäßig abgestempeltc Anschauungen in die Arbeit mit hin einnehmen. Handelt es sich dabei noch um Ausschüsse, die i n n e u- poli tische Vorkommnisse zu behandeln haben oder solche, die irgendwie mit den Parteien Zusammenhängen, dann wird man von einer wirklichen Urteilsbildung kaum noch sprechen können. Das hat nichts damit zu tun, als ob nun ein solcher Ausschuß nicht trotzdem ganz nützliche Arbeit leisten kann. Aber es geht mehr in die Breite als in die Tiefe. So hat z. B. der b a y e r i s ch e L a n d - t a g s u n t e r s u ch u n g s a u s s ch u ß, der den Hitler- Putsch vom g. November 1923 zu bearbeiten hatte, langer Jahre dazu benötigt und seine „Bilanz", die er jetzt zieht, und besonders die dabei vorkommenden Abstimmungs resultats sind ja doch in der Hauptsache nur das Ergebnis parteipolitischer Machtverteilung. In die Breite ging ja auch die Untersuchung der Barmat-Affäre, und zwar ganz wörtlich genommen; denn neben dem vom Reichstag eingesetzten tagte ein zweiter im Preußischen Landtag. Auch hier manch' wertvolles Resultat, manch' gute Vorarbeit, — aber im ganzen doch ein ebenso un erfreuliches wie kostspieliges Verfahren, zu dem ein großer Teil der „Richter" sozufagen mit dem fertigen „Urteil" in der Tasche erschienen. ,ll"iersuchungsausschüsse anderer, kleinerer Art hat es ja vielfach gegeben, so z. B. über die furchtbare Explosions katastrophe ber der Badischen Anilinfabrik in Oppau und auch sonst bei Ereignissen, die solchen katastrophalen Cha rakter hatten. Das ist aber doch mehr eine Art Be ruhigungspulver und der hinterher abgestattete, häufig recht spät kommende Bericht wandert zumeist un beachtet in die Reichstagsakten. Man sollte sich also doch mehr an das englische Vorbild halten, nämlich nur für die Untersuchung solcher Vorkommnisse oder Fragen Aus schüsse einzusetzen, die von allergrößter Bedeu tung sind und die vor allem einen politischen Charakter tragen. Freilich wird auch dann — oder gerade dann — die Geschichte später ein ganz anderes Urteil fällen als solch ein Untersuchungsausschuß, in dem eben doch keine «ach Objektivität strebenden Historiker, sondern -Poli tiker sitzen. Nachklänge zum Hitler-Putsch. Der zur Untersuchung der politischen Vorgänge im Zahre 1923 (Hitler-Putsch) eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuß des Bayerischen Landtages hat «eine Verhandlungen abgeschlossen. Der Ausschuß lehnte ämtliche Beweis- und Feststellungsanträge des Mtt- senchterstatters Abg. Dr. Hügler (Soz.) ab und stimmte init großer Mehrheit den vom Berichterstatter Grase» Vestalozza (Bayerische Volksparteil voraeschlaaenen Fest- Rußland auf dem Rückzug. Brockdorff-Rantzau bei Tschitscherin. In Moskau hat man den deutlichen Wink dei Reichsregierung, die dunkle Verhaftungsaffäre der sechs deutschen Ingenieure sofort zu klären, richtig verstanden. Man beeilte sich dort, mitzuteilen, daß ein Beschluß übei eine Beschleunigung des Verfahrens schon gefaßt worden wäre, bevor dort das deutsche Memorandum bekannt war. Allerdings hält sich in sowjetpolitischen Kreisen Moskaus die Ansicht, daß die Freilassung der deutschen Ingenieur« in einem gesonderten Verfahren kaum durchführbar iß und daß selbst die Stellung einer Kaution die Verdunke lungsgefahr nicht ausschlösse. Die Stimmung und d« Lage, so heißt es in der Moskauer Meldung, erscheint kompliziert, doch sind zweifellos Versuche im Gange, de« deutschen Wünschen gerecht zu werden, unter der Voraus setzung allerdings, daß dies ohne Prestigeverluß möglich ist. über die Unterredung des deutschen Botschafters i« Moskau, Grafen Brockdorff-Rantzau, mit dem russische« Außenkommissar Tschitscherin wird jetzt eine amtlich« russische Verlautbarung ausgegeben. Danach habe Tschi tscherin darauf hingewiesen, daß Deutschland die Verhaf tung einiger deutscher Ingenieure, die beschuldigt würden, an der wirtschaftlichen Konterrevolution teilgenommen z« haben, dazu benutzt habe, die Berliner Verhandlungen nbznbrcchen. Damit habe Deutschland die Verantwortung für die Folgen des Abbruchs übernommen. Daß die Ber Haftung einiger deutscher Ingenieure nicht als Grund sü, den Abbruch der Verhandlungen dienen könne, fei selbst verständlich. (!) Die Verhaftung der deutschen Ingenieur« sei durch die sowjetrussischen Gerichtsbehörden auf Grund der Gesetze der Sowjetunion verfügt worden, die gleicht Geltung für alle hätten, die sich in der Sowjetunion aus- bielteu. Alle Versuche, einen Druck auf die sowjetrussische« Gerichte auszuüben, seien vou vornherein zum Mißerfolg verurteilt. Unterdessen haben ja Wohl die Russen ihr Unrecht schon eingefehen. Wenn von einer Erhaltung des Prestiges die Rede ist, so^muß gesagt werden, daß unter diesem Prestige nicht die Gerechtigkeit leiden darf, rind daß vor der Gerechtigkeit Prestigefragen zurücktreten müssen. Protest der deutschen Industrie. Der Reichsverband der Deutschen Industrie betont in einer Entschließung, daß durch das Vorgehen der Sowjet organe gegen deutsche Ingenieure und Angestellte das stellungen über das Ergebnis der Ausschüßverhandlungen, ju. In diesen Feststellungen heißt es n. a., es lasse sich nicht feststellsn, daß im Oktober 1923 ein Bruch mit dem Keich beabsichtigt war. Ein Beweis dafür, daß fettens bayerischer Behörden ein Marsch nach Berlin geplant war, habe sich nicht ergeben. Wegen einer Beteiligung Kahrs, Lossows und Seißers an den hochverräterischen Plänen Hitlers lägen gerichtliche staatsanwaltlichs Feststellungen vor. Der Untersuchungsausschuß glaube zu deren Nach prüfung nicht berufen zu sein. Er stelle aber fest, daß der OLerreichsanwalt seinerzeit einem Antrag auf Erhebung der öffentlichen Klage gegen Kahr, Lossow und Seißer wegen Hochverrats keine Folge gegeben habe. Wie bereits durch den Gerichtsvorsitzenden festgeflellt wurde, habe der ehemalige Kronprinz Rupprecht zu den hochverräterischen Vorgängen vom 18. und 19. November 1923 in keiner Be ziehung gestanden. Regierungserklärung zum Mprogramm. Bei der Einbringung des Ergänzungsetats für 1928 im Reichstag, die am Montag oder Dienstag erfolge« wird, wird der«« Vernehmen nach die Reichsregierung eine Erklärung zum Notprogramm abgeben. In dies« Erklärung wird sie noch einmal betonen, daß ihr Stand punkt in dieser Frage unverändert ist und daß sie nach wi« vor größtes Gewicht auf die rasche Verabschiedung deS Notprogramms legt. In seiner letzten Sitzung beschäftigte sich das Kabinett mit mehreren Fragen über die parlamentarische Lage. Es handelte sich dabei auch mm die Schwierigkeiten, die noch in der Frage der Beamteneinstufung bestehen. Ein Be schluß ist nicht gefaßt worden. Weiter stand der Vorschlag des Kabinetts auf Erhöhung der Repräsentationsgelder für die obersten Reichsbeamten zur Erörterung, jedoch kam es auch hier noch nicht zu einem Abschluß. Der Auswärtige Ausschuß befaßte sich mit der Auslandspolitik. Auf der Tagesord nung standen der Vertrag über den Warenaustausch mit dem Saargebiet, die Genfer Verhandlungen und die Answanderungsfrage. Reichsaußenminister Dr. Strese mann, der zusammen mit dem Staatssekretär v. Schubert erschienen war, nahm das Wort zu längeren Ausführun gen über die gesamte außenpolitische Lage. Hieran schloß sich eine allgemeine Aussprache. Vertrauen, das die Voraussetzung für jeden geschäftliche« Verkehr bildet, auf das schwerste erschüttert ist. Der prak tische Wert der mit der Sowjetunion unter großen Opfer« der deutschen Wirtschaft abgeschlossenen Staatsverträge, insbesondere des Abkommens über Niederlassungen und allgemeinen Rechtsschutz, ist dadurch in Frage gestellt. A» Wirtschaftsorganisationen billigen ausdrücklich die von de» Reichsregierung angeordnete Unterbrechung der gegen wärtig schwebenden Wirtschaftsverhandlungen. Bezüglich der Fortsetzung der Tätigkeit der in Rußland befindliche« Angestellten deutscher Firmen wird das Ergebnis der von der Neichsreg^eung unternommenen Schritte abgewartel Was die Erttj-mdung weiterer Spezialisten nach Rußlani angebt, so sind die wirtschaftlichen Organisation«» einmütig de: Überzeugung, daß bis zur völliges Klärung der Angelegenheit sich niemand zur Aufnahme einer Tätigkeit in Rußland bereitfindeu wird. Zwei deutsche in Rußland steigelaffen. Die Gutmachung des Übergriffs. Volkskommissar des Auswärtigen, Tschitscherin, teilte rem deutschen Botschafter in Moskau mit, daß Ober ingenieur Goldstein und Ingenieur Wagener sreigelassen worden sind. Wann und ob die Freilassung der übrigen liier deutschen Ingenieure erfolgt, steht nicht fest, doch wird seitens der deutschen Botschaft unter Berufung auf den Riederlassungsvertrag darauf hingewirkt, daß ein deutscher Eonsulatsbeamter zu den Gefangenen Zutritt erhält. Der befreite Goldstein hat an seine Berliner Verwandten Lele- zraphiert, er werde alsbald in Deutschland eintressen. Ein weiteres Telegramm aus Moskau besagt, daß auch der deutsche Ingenieur Otto wieder auf freiem Fuß sei, doch im Gegensatz zu Goldstein Rußland noch nicht »erlassen dürfe, sondern sich zur Verfügung der Gerichts behörden halten müsse. Eine Bestätigung dieser Nachricht lag Sonntag an amtlichen Stellet« noch nicht vor. Allein Anschein nach ist die Sowjetregierung bemüht, ihren, ver mutlich auf Gruud falscher Informationen untergeord neten Stellen beruhenden Übergriff wieder gutzumachen. Der Protestkundgebung des Reichsverbandes der Deut schen Industrie gegen das Vorgehen der russischen Re gierung haben sich angeschlossen der Deutsche Judustrie- und Handelstag, der Reichsverband des deutschen Groß- und Überseehandels, der Zcntralverband des deutschen Bank- und Vankiergewerües, der Neichsausschuß der Deutschen Landwirtschaft, der Deutsch-russische Verein. Aachtragseiat ^928 im Michsrat. Die Vorlage angenommen. Der Reichsrat hielt eine Vollsitzung ab, auf deren Tagesordnung der Ergänzungsetat für 1928 stand. Der Berichterstatter Dr. Brecht stellte fest, daß der Ergünzungs- etat insgesamt 184,5 Millionen Mark neue Ausgaben be willige. Die Deckung solle neben Ausgabenverkürzungen durch die Mehreinnahme an Zöllen erfolgen. Dr. Brecht errechnete für den Haushalt 1929, der schon in wenigen Monaten vorbereitet werden müsse, einen Fehl betrag voir 581 Millionen. In den Mehrausgaben sind 293 Millionen neu hinzutretende Reparations. lasten enthalten. Auch wenn die vom Reich gegebenen Kleinwohnungsbaukredite von 200 Millionen im nächsten Jahr zurückkommen sollten, sei eine Deckung für 380 Millionen nicht erkennbar. Der Ergänzungsetat wurde vorn Neichsrat in der Fassung der Ausschußbeschlüsse angenommen. Die Vorschläge über die Errichtung der Deutschen Nentenbank- kreditanstalt mußten abgesetzt werden, da noch keine Eini gung im Neichsratsausschuh erzielt werden konnte. Dann nahm der Reichsrat noch eine Novelle zum Tabaksteuer, gesetz an. Nie Krage der Amnestie. In erster Lesung abgelehnt. Der Rechtsausschutz des Reichstages beendete dle erste Lesung des Amnestiegesetzes. Den Beratungen lag ein sozialdemokratischer und ein deutschnationaler Antrag zu- gründe. Der deutschnationale Antrag will Straferlaß ge währen für die Strafen, die vor« Gerichten des Reiches und der Länder Wege«« Straftaten begangen wurden, die aus politischen Beweggründen begangen worden sind. Der sozialdemokratische Antrag schlug Straferlaß vor fü, Straftaten, die in Zusammenhang init den politischen wirtschaftlichen oder sozialen Kämpfen begangen worde« sind. Nach einer Erörterung des einen und des anderen Antrages kam es zur Abstimmung. Der Antrag der Bayerischen Volkspartei, die Amnestic auf Urteile von Gerichten des Reiches zu beschränken unk die Urteile der Ländergerichte von der Amnestie auszu nehmen, wurde abgelehnt. Für den sozialdemokratische!