Volltext Seite (XML)
ilMufferTageblatt für LürgertuM/ Beamte, Angestellte u. Arbeiter Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstremamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Anzeigenpreis: die Zerspaltene Raumzeile 20 Rpfg., die < gespaltene Zeile der amtlicher Bekanntmachungen 4V Neichs» Pfennig, die Zgefpaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachwei,ungsgebühr 20 Reichspfennige. Bo» gesc! riedeneErscheinunas- — _ tage und Platz» richrif«« werden nach Möglichkeit Kornsprechev: 2lM^ Wilsdruff Nk*. 6 berücksichtigt, «nzeigen- annadmebis orm.1l'Uhr. -- - " Fü- die Richtigkeit b« durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen nur Kerne Garantie, ^reder Rabat anspri «t er ijcht, wenn der Berra g durch Klage erngezvven werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerat. Anzeigen nrhmen aLeDcrmittiUt gsstelen entgrga«. Nationale Tageszeitung für dle Landwirtfchast, Da» »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint au allen Werktaoen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Datei! 2,Zu RM., der Postbestellung r RM. zuzüglich Abtrag- , , . . . __ . gebühr. Einzelnummern ISRpfg. Alle Postanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Amqeaend Postboten und unfrreAus- iMögerundGefchäfrssteUen » - - - - — nehmen zu jeder Zeit Be. Stellungen entgegen. I« Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteh, kein Anspruch auf L'eferung jdrr Zeitung oder Kürzung des Bezugspreiies. — Rücksendung etngesandter Schriftstücke erfolgt nnr, wenn Porto beiliegt. Rr. 1VS. — 87 Jahrgang Donnerstag, den 10 Moi 1928 T-legr.-Adr.: .Amtsblatt« Wttadruff- Dresden Postscheck: Dresden 2640 Die Krau an der Ltrne. Langsam setzt sich auch in England das Frauenwahl recht immer weiter durch. Soeben ist nämlich vom Unter haus in der dritten Lesung eine Bill angenommen worden, die die Frauen schon vom 21. Lebensjahr ab an die Wahlurne heranläßt, Es ist bemerkenswert, daß das Frauenwahlrecht gerade in diesem Mutterlande des Par lamentarismus vor seiner Einführung auf besonders große Schwierigkeiten gestoßen ist, und die Frau spielt such jetzt noch im öffentlichen, namentlich im politischen Leben Englands längst nicht die Rolle, die sie sich in Deutschland errungen hat. Und dies alles trotz der un vergeßlichen wilden Suffragetten st reiche einer Lady Pankhurst! Bisher durften in England nur über 30 Jahre alte Frauen wählen und durch die Erwei terung des Wahlrechts wird jetzt die Zahl der weiblichen Wähler um nicht weniger als etwa 2 Millionen größer werden als die der männlichen, — anch dies zum TeU eine Folge des Krieges, genau so wie es in Deutschland mehr weibliche als männliche Wühler gibt. Nebenbei be merkt: in Frankreich existiert weder das aktive noch das passive Frauenwahlrecht; dort hat die Frau in der Po litik offiziell zu schweigen, aber bekanntlich ist Wohl nir gends in der Geschichte der politische Einfluß von Frauen so groß gewesen wie gerade in Frankreich. Bei den kommenden Wahlen wird an vielen Orten Deutschlands eine getrennte Stimmabgabe von Frauen und Männern stattfinden, wie das bereits mehr fach geschieht. Aus den bisherigen Erfahrungen soll an geblich hervorgehen, daß besonders im Zentrum die Zahl oer weiblichen Stimmen die der männlichen übertreffe, daß überhaupt die deutsche Frau im allgemeinen ihre Stimme zu größerem Teil der Rechten o^?r der Mitte zuwende. Aber diese sogenannten Erfahrungen beruhen doch nur auf den Feststellungen in den einigen wenigen Orten, wo getrennte Stimmabgabe erfolgte. Als sehr stichhaltig kann man sie wenigstens bis jetzt kaum be zeichnen. Vor dein Kriege, als es noch kein Frauenstimmrecht gab, hat man das Problem „die Frau und die Politik" höchst eifrig debattiert und bis weit in den damaligen Freisinn hinein wurde es abgelehnt. Als mit der Re volution auch hierin der Umschwung kam, mögen Wohl 5ie meisten wahlfähigen Frauen bei der Wahl zur Na tionalversammlung, unter dem Reiz der Neuheit, ihre Stimme wirklich abgegeben haben. Aber als diese Neu- - heit allmählich ihren Reiz verlor, da machte sich eine ge wisse Reaktion, eine Art Abwendung der Frau von der Politik, auch beim Wählen, immer stärker bemerkbar. Das; die Frauen verhältnismäßig zu ganz geringem Prozent satz, jedenfalls längst nicht ihrer Zahl entsprechend, in po litischen Versammlungen erscheinen, mag freilich auch einige andere Ursachen haben. Aber alle Parteien klagen darüber, daß der frühere Eifer, politisch 'mitzuarbeiten, bei den Frauen in ungleich größerem Maße erschlafft ist als bei den Männern, vielleicht noch mehr als bei der Jugend. Das gleiche gilt übrigens von den Frauen im Reichstag, wahrscheinlich auch in den anderen deutschen Parlamenten, wo sich die Zahl der weiblichen Abgeord neten seit dem Jahre 1919 ständig vermindert hat, eine Entwicklung, die sich vermutlich auch in den kommenden Reichstagswahlen fortsetzen wird. Eigentlich ist dieser schwindende Einfluß der Frauen in der Politik und in den Parlamenten zu bedauern. Im großen und ganzen haben die Frauen im Reichstag gute Arbeit geleistet, bisweilen dort auch einen sehr wohltätigen Einfluß ausgeübt. In manchen Fragen bildete sich sogar etwas, was aussah wie eine geschlossene weibliche Front, so namentlich in den Fragen der Fürsorge, Jugendpflege und der gleichen. Da zeigte sich das geradezu Unerhörte, im Deutschen Reichstag ganz selten Dagewesene, daß, dies mal allerdings die weiblichen, Abgeordnete aller Parteien zu gemeinsamen Anträgen, zu gemeinsamem Vorgehen sich zusammenfanden und dann meistens auch die wohlwollende Unterstützung ihrer männlichen Kol legen erhielten. Freilich ragten andererseits manchmal die weiblichen Abgeordneten durch besonderen Radikalis mus hervor und bei ihren Reden war wenig von den himmlischen Rosen zu verspüren, die laut Goethe die Frauen den Männern ins irdische Leben flechten und e weben. Aber auch das hat sich schon gemildert, die Fran l hat Gefühl für die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des « politischen Lebens gewonnen, ohne aber darum in der größten Mehrzahl politisiert zu werden. Weite Teile des öffentlichen Lebens schreien aber geradezu nach der weiblichen Mitarbeit und darum wäre es schade und schädigend, wenn das Interesse der Frau daran, auf diesem Gebiete sozusagen ihren Mann zu stehen, ermüden würde. Deshalb bleibt auch für die Frau das erst vor zehn Jahren errungene Wahlrecht ebenso wie für den Mann eine Wahlpflicht. Mtim Wer die imei-MWe Lire ix Rumänin Bukarest, 9. Mai. Ministerpräsident Bratianu gab dem Vertreter der TU. folgende Erklärung über die innerpolitische Lage Japans Chinafeldzug Mobilmachung derjapanischenArmee Krieg ohne Kriegserklärung. Obwohl in Tokio auch offiziell erklärt worden ist, man plane keineswegs ein bewaffnetes Eingreifen in die chinesischen Wirre», darf ohne weiteres das Bestehen des offenen Kriegszustandes zwischen Südchina und Japan angenommen werden. Schlachten werden geschlagen und Massenheere in angreifende Bewegung gesetzt, wenn auch bis jetzt vermieden worden ist, das amtliche Siegel unter den Abbruch der friedlichen Beziehungen zu drücken. Die letzten Berichte aus Tsinanfu besagen, daß die Japaner im Besitz aller strategisch wichtigen Punkte sind. Ein Pulvermagazin der Südtruppen wurde von den Japanern in die Luft gesprengt. Das japanische Kriegsministerium hat nach der erst vor wenigen Tagen beschlossenen Entsendung von 15 000 Mann nach Schantung nunmehr die Mobilisierung weiterer 50 000 Mann ungeordnet. Ministerpräsident Tanaka begründete gegenüber den Botschaftern Amerikas, Englands, Frankreichs und Italiens die Notwendigkeit des iapanischen Einareifens in Schantung. Der japanische Botschafter in Washington bat natürlich die Versicherung abgegeben, daß die javanischen Truppenverstärkungen für Schantung nur den Schub des Lebens und Eigentums der Japaner und übrigen Ausländer bezweckten und ibnen keine andere Bedeutung beizumeüen sei. Fünf Kom pagnien japanischer Infanterie erhielten Befehl, sich un verzüglich nach Tientsin zu begeben Sieben Torpedo- bootszerstörer gingen nach Kanton, Amoy und Futschem ab. Man reckniet damit, daß demnächst vier weitere Tor pedobootszerstörer nach Südchina fahren werden. Kämpfe in Tsinanfu. Die militärischen Oberbefehlshaber der Japaner haben den fremden Konsuln mitgeteilt, es sei möglich, daß die japanischen Truppen unverzüglich ihre militärischen Operat-onen beginnen würden. Die Konsuln hätten daraufhin um Bereitstellung eines Eisenbabnzuaes ge beten. Dieser Eisenbahnzug sei mit 70 Anaehöriaen fremder Nationen nach Tsingtau abgefahren. Die java nischen Truvven sind in Tsinanfu von Truppen der chinesischen Südarmee umzingelt worden. Es entspinnen sich schwere Kämpfe. Die javanischen Verstärkungen i» der Nähe von Tschangtin sind mit den chinesischen Truppen in Kampf geraten. Amerika wird unruhig. In den Vereinigten Staaten haben die Nachricht«« vom japanischen Vormarsch tiefgehende Unruhe wach- aerufen. Die Vereinigten Staaten scheinen einer wetteren Okkupation keineswegs interesselos zusehen zu wollen. Die amerikanische Botschaft inTokio stellte dem Außen ministerium ein Telegramm des amerikanischen General konsuls in Nanking zu. in dem mitgeteilt wird, daß die Nankingregierung die Vermittlung des amerikanischen Ge neralkonsuls zur Beilegung der Zwischenfälle zwischen den Südtruppen und den Japanern in Anspruch zu nehmen gedenke. Das japanische Außenministerium lehnte die Vermittlung mit der Begründung ab. daß die Nankingregierung die Verhandlungen mit Japan im- mtttelbar führen könne. Es liegen also alle Anzeichen für weitergehende Verwicklungen im Fernen Osten vor. * Zavmischks MmtW an TWanDischtk. Tokio, 9. Mai. Der japanische Befehlshaber in China richtete an Tschiangkaischek die telegraphische Aufforderung, die chinesischen Truppen innerhalb 72 Stunden aus dem japanischen Machtbereich zu entfernen. Der Befehlshaber forderte weiter, die Bildung eines gemischten japanisch-chinesischen Ausschußes zur Abgrenzung der japanischen Einslußzone. Die japanischen Truppe» tönmen die Verantwortung für die weiteren Ereignisse infolge der Ablehnung dieser Forderungen nicht übernehmen. Das Außenministerium veröjfentlicht eine Mitteilung über das Ergebnis der Besprechungen zwischen Kellogg und dem japa nischen Botschafter Matsudaira. Die amerikanische Negierung habe danach nicht die Absicht, an Japan eine Note zu richten. Zwischen Japan und Amerika bestehe in der chinesischen Frage volle Uebereinstimmung. Eine zweite Veröffentlichung des Mini steriums besagt, daß Italien, England und Frankreich ebenfalls seine Einsprüche gegen das Vorgehen Japans in China erheben. in Rumänien ab: „Ich bin sehr verwundert, alle die falschen Nachrichten zu lesen, die auch diesmal im Ausland über die Lage in Rumänien verbreitet worden sind. Die Versammlung von Karlsburg war nur eine Episode im Kampf, den die Nationale Bauernpartei gegen die Regierung führt. Von der Parlaments mehrheit und den verfassungsmäßigen Stellen unterstützt wird die Regierung das Werk der politischen und finanziellen Festigung weiterMren. Uebrigens dürfte jeder, der die wahre Lage Ru-. mäniens kernt, nicht bestreiten können, daß, allen Schwierigkeiten zum Trotz, das Werk der inneren Festigung fortgefiihrt worden ist. Ueber die Frag; des Prinzen Carols habe ich zu erklären, das; ich es sehr bedauere, daß der Prinz, schlecht beraten, Fehler begeht, die seinem- Ruf abträglich sind." Deuischerwechastung bei Belfori. Ein angeblicher „Spion". Der französische Generalstaatsanwalt, der im Kal marer Autonomi st enprozeß außer allgemeinen Redensarten kaum ein ernsthaftes Argument für die be hauptete „deutsche" Verschwörung bisher beizubringen vermochte, hat Glück. Im rechten Augenblick berichten die Pariser Blätter in großer Aufmachung von einer neuen sensationellen Spionageaffäre und der Verhaftung eines Badeners, dessen Name angeblich mit dem Buchstaben S. beginnt. Die Festnahme erfolgte in einem Kaffeehaus auf der aus dem Kriege bekannten Höhe 512 bei Belfort und in nächster Nähe der schweizerischen Grenze, als der betreffen den Persönlichkeit von einem Elsässer fünf französische Militärpässe übergeben worden waren. Dem Elsässer ge lang es, sich durch einen Sprung aus dem Fenster zu retten und trotz sofort aufgenommener Verfolgung die Grenze zu erreichen. In dem Bericht wird angedeutet, daß der Verhaftete im Auftrage eines in Freiburg im Breisgau befindlichen- Spionagebureaus tätig gewesen sei und mit der Angelegenheit zu tun yave, m vre aucy die beiden ehemaligen Redakteure der „Wahrheit", Kohler und Baumann, Angeklagte im Kolmarer Autonomisten- prozeß, verwickelt sein sollen. Merkwürdig, daß diese Angelegenheit jetzt erst zur Sprache gebracht wird, zur Zett der offenbaren Notlage des Kolmarer Gerichtshofes, die sich selbst durch das red nerische Eingreifen Poincarös nicht gebessert hat. Moskaus Anklage gegen Deutsche. Der Inge nie urprozeß. Die deutsche Botschaft in Moskau ist jetzt im Besitz der Auszüge aus der Anklageschrift im Prozeß gegen vis Ingenieure aus dem Donezrevier. Es wird u. a. darin behauptet, die Firma Knapp in Wanne habe unbrauch bare Kohleschneidemaschinen geliefert, über deren Kauf ser Ingenieur Gorletzki verhandelt habe, und zwar trotz der offenbaren Unbrauchbarkeit dieser Fabrikate für die Zwecke der Dongruben. Die Ingenieure hätten Bestechun gen bekommen, um die Geschäfte zustande zu bringen. Auch wird in der Anklageschrift behauptet, im März 1927 sei in der russischen Abteilung ver A. E. G- von veren Leiter, Direktor Älehmann, im Beisein eines Ver treters des früheren Besitzers Worjantschik (jetzt in War schau) beschlossen worden, gewisse Prozente von den Lie ferungen fremder Firmen abzuzweigen und zur Unter stützung der Donverschwörer zu verwenden. In diesem Sinne seien die Angeklagten Otto und Maier von der A. E. G. nach der erwähnten Sitzung ins Dongebiet ge- sandt worden. Der Ingenieur Wägner habe ausgesagt, er selbst sowie die Ingenieure Otto und Maier hätten Aufträge zur Zerstörungsarbeit und zur Aufnahme der Verbindung mit der örtlichen Organisation der Ver- schwörer gehabt. Es werden noch eine Menge Angaben gemacht, die aber bei der bruchstückweisen Veröffentlichung absolut unübersichtlich erscheinen.