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Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 2V Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen BeKa»atmachr»ven 4» KaGchs* Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Letle 1 Reichsmark. Srachmeiinngsgetjihr 2» ReichspsenniH«. D»- geschriebene Erscheinung»- —, , * tnge und Plntz» rschr^k« werden nach Möglichdet Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. v »erLeksichttgt. »nzri-«- annakmebis orm.lOUbr. - > - Kür die Richtiger dm durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernebmen wir keine Garantie, -ieder Rabat: ansprr^ch erlischt, wen« derBetragdnmh Klage eingez0t,e» werden muß oderderAuftraggeberinKonkurs gerLt. An-et-eUnrhmru aleDemuitttrnigspelenenlO«,«. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P°ftd°'«n^.?Ünu«BÜ^ l»»m,<r «»-'»d,»»-«>>,«« btftrh, k-"n Anspruch'»^ ° Bkjug,p,ki,„. - «ücklend«», Nn,e,andl« Schrgtstü-i,- nsolg, nur, »tun Porlo b-itttgt. Mittwoch, den S Mal iS LS Rr. 108. — 87. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruff - Dresden Postscheck: Dresden 2840 Einundöreißig. Wer die Wahl hat, hat die Qual, und da mögen Wohl der deutsche Reichstagswähler und die deutsche Reichstags wählerin am 20. Mai die gequältesten Menschen auf Erden sein. Buridans Esel brauchte ja nur zwischen zwei Heubündeln zu wählen, aber der und die Deutsche haben am 20. Mai die Auswahl zwischen 31 — in Worten: ein unddreißig — Listen, denen sie, wenn sie durchaus wollen, ihre Stimmen geben können. Aber allzu viele werden sich da überhaupt lachend bedanken, weil die Sache allmählich »nsängt, grotesk zu werden. Als die Reichstagsmitglieder das Reichstagswahl- gesetz berieten, waren sie bei ihrem Beschlusse, zur Rechts gültigkeit einer Kandidatenvorschlagsliste für den Reichs tag genügen die Unterschriften von 20 wahlberechtigten Personen, wirklich von allen guten Geistern verlassen. Hat sich doch z. B. eine Familie Wülfmeyer — Vater, Mutter, Sohn und Tochter — als „Rechts- und Mieterschutzpartei" aufgetan. Vater wird am Stammtisch, Mutter beim Kaffeekränzchen, Sohn und Tochter werden im Tanzklub die fehlenden 16 Unterschriften für den viergliedrigen Fa milien- — Verzeihung! Reichstagsvorschlag unter Lachen und Scherzen zusammengeholt haben — und der Reichs- Wahlausschuß mußte das als ernsthaft gemeint tatsächlich annehmen. Einen anderen, vielleicht noch groteskeren Vorschlag hat der Reichswahlausschuß jedoch abgelehnt. Da hatte nämlich ein grüner, soeben erst wahlfähig ge wordener Jüngling einen solchen Vorschlag eingereicht unter dem Kennwort oder der „Parteibezeichnung": „Le bensinteressen der Ledigen", wobei er die Unterschriften von — A) verheirateten Frauen mitbrachte. Also geschehen in der schönen Seestadt Hamburg. Daß selbstverständlich die „Partei der Parteilosen" auch diesmal nicht fehlte, aber abgewiesen wurde, ist ja — dank jener Gesetzes bestimmung — auch wieder möglich gewesen. Man hat so viel über Verfassungs- und Wahlrechtsänderungen ge redet und geschrieben: hätte man lieber zur Beseitigung dieses Unfuges etwas getan — und für die Erhöhung jener Ziffer wäre in jeden, Reichstag die Zweidrittelmehr heit vorhanden gewesen —, so hätte man dies wirklich all seitig begrüßt. Unter einer gleiche;!, wenn auch nicht ebenso großen Zersplitterungspsychosc stehen alle Parteien und Par- teichen, Gruppen und Verbände, die sich die AufwertungS-, Liquidationsgeschädigten- und ähnliche Fragen als Wahl- nnd Arbeitsthema zu eigen machten. Aufwertungs- sruppen mit besonderen Listen gibt es gleich sieben: sie werden sich und ihren Zielen durch die Zersplitterung, an der vielfach rein persönliche Dinge schuld sind, selbst am meisten schädigen, da vermutlich kein einziger ihrer Kan didaten in -einen, Wahlkreis Vie notwendigen 60 000 Stimm-m erhält. Nicht anders ist cs mit den sogenannten Volksrechtsparteien, von denen nun eine noch in letzter Stunde ihren Namen ändern muß, weil sonst Ver wechslungen sehr leicht möglich sind. Die wird es aber trotzdem noch in großen Massen geben, Hunderttausenoe von Stimmen aus diese Weise einfach verlorcngehen, wie bei der letzten Wahl 1921, als auf diese Weise fast 900 000 Wahlstimmen unter den Tisch sielen. Diese Liste der Listen ließe sich noch beliebig fortsetzen. Da gibt es drei christliche lcvangelische) Listen — eine vierte hat sich mit den Völkischen oder vielmehr mit einer der völkischen Listen verbunden, denn dort gibt es auch gleich drei „verschiedene" — gibt es vier in die Kreise der landwirtschaftlichen Wähler hineingehende Listen usw., alles Zersplitterungen, die in, mchtsozialistischen Lager entstanden sind. Aber auch im Lager der Sozialdemo kraten bis zu den Kommunisten fehlt es nicht an Pariei- splittern. Da gibt es auf dem rechten Flügel die „Alte Sozialdemokratische Partei", die von ihrem „großen Bruder", den Mehrhcitssozialisten, durchaus, ferngehalten werden sollte, wenigstens unter diesen, Namen, weil er zu Verwechselungen Anlaß gebe. Dem ist aber nicht statt- gegeben worden. Auch der alte Lcdebour erscheint wieder auf der Kamvfbahn, natürlich ohne die geringste Aussicht, je die ersehnten Hallen des Reichstages als Abgeordneter wieder betreten zu dürfen. Die alten Parteien blieben, nur die Deutsch-Hannoveraner verzichteten auf einen eige nen Wahlvorschlag. Das Ganze: ein unerfreuliches Schauspiel und ein nicht gerade günstiges Vorzeichen für den 20. Mai. Akk AusUlM 3LMS gkW Ksstoll Tokio, 8. Mai. Das japanische Kriegsministerium hat iclgn de Maßnahmen beschlossen: Mobil sierung der dritten Hee resgruppe und der Nagojaer Division zur Entsendung nach Schan- lung, ferner starke militärische Besetzung der Hauptstadt der Pro- vinz Schenkung Tsinnafu, sowie der gesamten Schantungbahn u:rd sämtucher in dieser Prov nz von Japanern bewohnten Plätze; end lich die Einsendung von zwanzig Kriegsschissen in die chinesischen Ncwaßcr. Dese Maßnahmen bedeuten eine vollständige mili- tän chc Besetzung der Vrov.nz. Da das japanische Parlament be kanntlich termmlos vertagt ist, hat die Regierung völlig sreie Hand. Die Mansche Presse verfolgt mit begreiflichem Inter esse die Haltung des Auslandes, die als überwiegend japanfreund- lich geschildert wird. VeWrsW der Lage in Rnmänien Die Ereignisse in Rumänien. In Bukarest Standrecht. Di* Wirrnisse in Rumänien und die gewaltigen Bauernkundgebungen haben eine Auswirkung gehabt, die für den Betroffenen, den Exkronprinzen Carol, recht un angenehm sein können. Er lebt bekanntlich zurzeit in England. Montag abend fand eine Konferenz in London zwischen Vertretern des Ministeriums des Auswärtigen und des Innenministeriums statt, in der beschlossen wurde, den früheren Kronprinzen Carol von Rumänien aufzu- forderu, England zu verlassen. Nach der Konferenz wurde ein hoher Beamter der englischen Kriminalpolizei nach Godstone, einem Landhaus in der Grafschaft Surrey, wo sich der ehemalige Kronprinz aufhält, entsandt. Bei der Ankunft wurde dem Beamten mitgeteilt, daß sich Carol mit Frau Luvescu in einem Londoner Kino befinde. In der Zwischenzeit begaben sich drei weitere führende Beamte der Kriminalpolizei nach Godstone, um Carol nach feiner Rückkehr von London das Ergebnis der Ne gierungskonferenz mitzutrilen. Carol, der um Mitternacht von London zurücktehrte, war außerordentlich überrascht, als ihm die Entscheidung der englischen Regierung be kanntgegeben wurde. Er beschränkte sich auf die Er klärung, daß ihm die Mitteilung sehr unerwartet komme. Wie verlautet, wird man dem Prinzen Carol angemessene Zeit gewähren, um die nötigen Abreissvorbereitungen zu treffen. Das britische Luftfahrtministerium veröffentlicht eine Erklärung, die mitteilt, den britischen Behörden sei be kannt geworden, daß zwei Flugzeuge der Imperial Airways gemietet waren, offensichtlich um den Prinzen Carol nach Rumänien zu bringen. Da Prinz Carol nicht die notwendigen Papiere zur Landung in Rumänien be saß, seien Maßnahmen zur Verhinderung des Fluges ge troffen worden. Carol veröffentlicht eine neue Erklärung, in der es heißt, er sei nicht nach England gekommen, um hier das Hauptquartier für eine Bewegung zur Zurück gewinnung des rumänischen Thrones aufzuschlagen. Es bestehe keine Verschwörung. Er habe nur an den ge> sunoen Sinn seiner Landsleute appellieren wollen. Oie Unruhen dauern an. Wenn auch nach den Regierungsmeldungen aus Bukarest die Bewegung der Bauern zurückgedämmt worden ist und diese nach ihren Wohnsitzen znrückkehren sollen, hält die allgemeine Beunruhigung an. Die Leitung der Nationalen Bauernpartei erklärt, die zweite Etappe des Kampfes gegen das Regime Bratianu werde die Ver weigerung der Steuerzahlung durch die flebenbürgische» Bauern sein, ferner die passive Resistenz aller Stadtver waltungen gegenüber der Staatsverwaltung, in denen sich die Bauernpartei in der Mehrheit befinde. Auf diese Weise hoffe die Partei, die Regierung Bratian» zum Rü«k- tritt zwingen zu können. Sämtliche ausländischen Journalisten in Bilkarc-, die sich mit dem Präsidenten der Nationalen Bauern partei, Maniu, und den Bauernmassen aus Karlsburg nach Bukarest begeben wollten, sind an die Grenze abge schoben worden. In Bukarest kam eS zwischen Militär und Bauern zu Zusammenstößen. Die Truppen stehen t« Bereitschaft und besetzten alle nach Bukarest führende« Straßen, über Bukarest ist das Standrecht verhängt worden. Durch Umzingelung der Bauern- und ArbeUermasien, Ver hütung jeder Gewalttat sowie passive Resistenz seitens der Eisenbahnverwaltung soll die unruhige Bevölkerung in vc»- schiedene Richtungen abgedrängt worden fein. Etwa KRH Bergleute der Kohlenbergwerke im Tale der Jtu warten «och ungeduldig auf ihre Nachhausebeförderung Die Soldat*« verhielten sich diszipliniert, waren aber ebenfalls unruhig. * MBMlMkteibri-McVeziehilWU zur Regierung ab. Bukarest, 8. Mai. Die polit sehe Lage hat eine weitere Ver schärfung erfahren und zwar dadurch, daß die Führung der Ra tionalen Bauernpartei beschlossen hat, alle Beziehungen zur Re gierung abzubrechen. Cs steht noch nicht fest, wie und wann der Regentschaft d e Entschließung von Karlsburg überreicht wer den soll. Es verlautet, daß die gesamte Presse der Nationale« Bauernpartei, die stark unter der jetzigen Zensur zu leiden hat, ihr Erscheinen einstellen wird, als Protest gegen die Maßnahmen der Regierung. China will den Völkerbund anrufen. Neue japanische Truppen unterwegs. In Nanking, dem Sitz der südchinesischcn Regierung, ist man augenblicklich dabei, eine Protestnote an den Völkerbund gegen das japanische Vordringen auf chine sischem Boden vorzuberelten. Aus Tokio wird berichtet, der japanische Generalstab habe mit Zustimmung der Re gierung die Entsendung von weiteren 15 000 Mann nach Schantung angeordnet. Gleichzeitig hat das japanische Flugzeugmutterschiff „Notoro", das ^0 Flugzeuge auf- nehmcn kann, Befehl erhalten, nach Tsingtau auszu laufen. Der kommende Haodelsflngverkehr. Hoover ehrt die „Bremen"-Flieger. Bei einem von der Deutsch-Amerikanischen Handels kammer zu Ehren der ..Vremen"-Meaer im Newvorker - Die Ozeanflieger in Newyork. Die erste Aufnahme, von den Ozeanfliegern nach ihrer Lan dung bei Newyork, die sie vornehmen mußten, da sie des starken Regens wegen ihren Flug nach Washington unterbrechen mußten. Von links nach rechts: Hauptmann Köhl, Fräulein Herta Junkers, Freiherr von Hüneseld, Major Fitzmaurice Hotel Astor gegebenen Frühstück wies Handelsse'kre- tär Hoover auf den ersten Flug der Gebrüder Wright hin und betonte, daß die Zukunft einen regelmäßigen Handelsfkugverkehr zwischen Deutschland und Amerika bringen werde. Hoover sagte: Obwohl wir stolz sind auf die Erfindung und die Vervollkommnung des Flugzeuges, müssen wir einräumen, daß unsere deutschen Freunde in wertvollster Weise bei der Entwicklung des Flugwesens mitwirkten. Es besteht ein besonders inniges Verhältnis zwischen der Fliegerei und den internationalen Beziehungen. Das Flugzeug, das einst nur als Kriegswaffe galt, wurde ein Bote des Friedens und ein Förderer des internatio nalen guten Willens. Im Fluge der „Bremen" trat eine freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Vertretern zweier Nationen hervor. Die Empfindung veS guten Willens äußerte sich hierzulande ist den Stun den des Bangens vor der Ankunft der „Bremen". Es kann keinen größeren Beweis der aufrichtigen Freundschaft, die unser Kontinent für die „Bremen"-Flieger und ihre Na tionen empfindet, geben, als die ungeheure Begeisterung, mit der sie empfangen wurden. Freiherr von Hüneseld wies, mit großem Bei fall begrüßt, in einer Rede auf Vas Hilfswerk Hoovers für Deutschland hin. Ramens der Handelskammer über reichte Eugene Henningson den Fliegern goldene Uhren. An dem Frühstück nahm an der Ehrentafel auch Professor Junkers teil, der ebenfalls Gegenstand lebhafter Huldigungen war. * AmerikavettehrMMU „Gras Zeppelin" Im Juni erster Versuchsflug. Do- Vollendung entgegengehende neue deutsche Luftschiff „L. Z. 127", das den Namen „Graf Zeppe - l i n" tragen wird, hat jetzt auf der Friedrichshafener Werft Spitze und Heck erhalten, so daß nur noch die Ballonhülle fehlt. Mitte Juni wird der Bau ganz volleydet sein. Der „Zeppelin" muß sich den Bestimmungen über die Zu- lassung von Luftfahrzeugen für Sport und Verkehr unter werfen, und zwar ist mit der Vornahme dieser Prüfungen die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt in Adlershos vom Neichsverkehrsministerium beauftragt worden. Ge nau so wie jeder neue Flugzeugtvv erst nach eingehender Prüfung kür den Verkehr ruaelassen wird, so muß auch