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Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des ForstrenLamLs Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die s^espaitene Raumzelle 20Rxsg., Lie j gespaNene Aelle dlr amtlichen Bckannirnachungen 40 Reichs« Pfennig, die 3gejpal1ene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. öiachweifnngsßtdnhr 20 Rcichspscunige. Voc- gefchriedeneErfcheinungs» , ino« und Platzvarichriiten werden nach Möglichkeit l ÄINk LBUsdpUst Bk. 6 deriliisichtigt. Anzeigen- annabme bis eorm.IOUHr. Für die Richtigkeit der durch Fernrns übetMiltcltenAnzeigen üdernebinen wir deine Garantie. Jeder Rabatianiprr ch crlifcht, wenn der Letroa durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggebcrin Konkurs gcröt. Anzeigen nehmen oüe Bcrmiltlun gsfiellrn entgegen^ Nationale Tageszeitung für die .(andwirtschast, Dos „Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachrnittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abbolung in der Getchästsstelle und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei . usteUunv durch die Botew2,3o RM.» bei Posibefiellung dlbtrog- . . ... s „ gebühr. Einzelnummern l^pjg.AüeP.ftanstatten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgehend Postboten und unjereAus- träger und Geschäftsstellen - ! nehmen zu jederzeit De. steLunge» entgegen. ImFaUe höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betrlebsstörungen besteht «ein Anspruch auf Lieferung der Wertung oder Kürzung des Bezugspreises. — Aücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Mittwoch, den 13 Juni 1938 Rr, 136 — 87. JahrMNg Telegr.-Adr.: .Amtsblatt Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Parker Gilbert meldet sich. In der Luisenstraße unweit dem Reichstag in Berlin fitzt seit nunmehr fast vier Jahren der Generalagent dec Reparationskommission mit seinen Unteragenten und seinem nicht gar sehr großen Bureau. Und nicht bloß alle Jahre wird von ihm ein dickleibiger Bericht heraus- Gegeben, sondern dieser Amerikaner, dessen Arbeitskraft und Arbeitsfähigkeit auch der Deutsche anerkennen muß — nur selten steht man ihn dort, wo das „gesellschaftliche" Berlin sich trifst — gibt auch jeden Sommer noch einen nur wenig dünneren Zwischenbericht darüber heraus, wie Deutschland seine Dawes-Zahlungen geleistet hat und wie diese verwendet wurden. Dieser Bericht ist aber auch eine bisweilen ausgezeichnete Darstellung der deutschen Finanzverwaltung in Reich, Län dern und Gemeinden, der deutschen Wirtschafts-, Wäb- rungs-, Kredit-, Tarifpolitik usw. Allerdings gucken bei den Ausführungen überall bestimmte Tendenzen deutlich genug hervor. Neun Monate, die Zeit vom 1. September bis zum l. Juni, umfaßt der soeben wieder erschienene Bericht des Neparationsagenten und in diesen neun Monaten hat Deutschland pünktlich und regelmäßig, auf den Fälligkeits tag genau, im ganzen fast anderthalb Milliarden an das Bureau in der Luisenstraße überwiesen. Davon hat Parker Gilbert 598 Millionen für die Bezahlung von deutschen Sachleistungen an die Gläubigerstaaten benutzt — England und die Vereinigten Staaten kommen hierfür nicht in Frage —, aber 654 Millionen hat er „in fremder Währung transferiert". Unter dieser Bezeichnung — das ganze Zahlungs- und uberweisungssystem des Dawes-Planss ist ja überaus kompliziert — versteht man die Zahlungen, die an diese Gläubigerstaaten in deren Währung zu leister und dazu gehört vor allem die 26prozentige Zu lchiagsabgabe, die jeder deutsche Exporteur auf seine Ware bei der Ausfuhr nach England und nach Frankreich zu ent richten hat und die ihm dann von der deutschen Regierung durch das Bureau des Reparationsagsnten rückvergüte wird. Dazu gehören aber auch Barleistungen für die Be satzungstruppcn, gehören vor allem die eigentlichen B a r Zahlungen, die der Generalagent in Devisen an du Gläubigerstaaten überweist. Unter diesen letztgenannter verbirgt sich das eigentliche Transser„problem". 26l Millionen sind in dieser Art über die deutsche Grenzc gegangen, eine Summe, die wieder beträchtlich höher if als die des Vorjahres. Zum erstenmal hat sich auch das Verhältnis zwischen den Sachlicferungen (Zahlungen in Reichsmark) und der Bartransfers (Zahlungen in fremder Währung gam allgemein) insofern grundlegend geändert, als die Sach lieferungcn nur noch 47 Prozent der Gesamtleistungen ausmachen, also weniger als die in Valuten. Obwob die Sachlieferungen an sich nicht unbedeutend gestiegen find, — aber die Gesamtzahlungssummc ist eben in jetzt laufenden vierten Dawes-Jahr, das am 1. Seo tember zu Ende ist, wieder erheblich höher geworden Wir sind immer noch in der „Übergangsperiode". Uul im nächsten, dem „Normal"jahr, schnellen die Zah lungen „aus dem Neichshaushalt" nm 750 Millionen bis zu einer Gesamtbelastung von 2,5 Milliarden indic Höhe oder — noch höher. Wenn cs uns nämlich Wirt schaftlich gut geht, dann wird der „Wohlstandsindex" an gelegt und die Zwangszahlung demgemäß höher ge schraubt. Es ist bekannt, daß der Neparationsagcnt schon sei langem den theoretisch immer noch „vorläufigen" Dawes- Plan zu einem endgültigen umgestaltet wissen will, zum mindesten nach Ablauf des ersten „Normal"jahres und dann unter Festlegung einer Endsumme, eines „endgültigen Übereinkommens auf der Basts gegenseitige! Verständigung". Viel Gegenliebe hat Parker Gilberi dabei noch nicht gefunden und nur für Deutschland wäre dies ein z w eischneidiges Schwert. Wenn der „Wiederaufbau Europas", von dem der Reparations agent spricht, etwa nur darin bestehen'soll, daß Deutsch land aus dreie ^ahre hinaus bis zum Weißbluten aus- gesaugt wrrd, dann haben die Schöpfer dieses Planes mehr als eigenartige Anschauungen über wirtschaftlichen Wiederaufbau. Sie StMlifierWie; sranziWen Raum im MWerm bkMflen. Paris, 12. Juni. Obgleich im Mmisterrat am Dienstag vormittag nach dem amtlichen Bericht nur laufende Angelegen heiten erledigt wurden, ist die Mehrzahl der Nachmittagsblätter >n der Lage, mitzuleilen, daß die Frage der Stabilisierung ein- gehud besprochen wurde. Der „Intransigent" bnngt folgende Einzelheiten: Der Ministerrat habe in der Frage der Stabrlisie- sung einen Beschluß von außerordentlicher Bedeutung gefaßt, der wi Prinzip bereits am letzten Sonnabend festgelegt worden fei. Die Minister hätten sich verpflichten müssen, Wer diesen Beschluß Einerlei Mitteilung zu machen, doch sei es offenes Geheimnis, "uß es sich um die Stabilisierung handele. Nachdem in der Sonn- ubend-Sitzung E noch der Pensionsminister Marin gegen eine Labilisierung gewesen sei, habe er im Lause der heutigen Sitzung ^>»en Widerstand au (gegeben. Die Modalitäten der Stabilisie- Beginn der RegiernngsnenMnng Demission des Kabinetts Marx Müller-Frauken mit der Regierungsbildung beauftragt. Reichskanzler Dr. M arx hat, wie dies kurz nach den Reichstagswahlen vereinbart worden ist, am Dienstag, dem Bortage des Zusammentritts des neuen Reichstages, dem Reichspräsidenten die Demission des Gesamtkabinetts überbracht. Reichspräsident von Hindenburg hat die Demission entgegengenommen, das Kabinett aber gleich zeitig ersucht, bis zum Zusammentritt der neuen Reicks Dr. Marx, -lüg. Miiller-Frankcn. der scheidende der kommende Reichskanzler. reglerung die Geschäfte weiterzuführen. Im Anschluß hieran hat der Reichspräsident den Abg Herman» Müller- Franken (Soz.) empfangen und ihm den Auftrag zur Bildung der Regierung erteilt, den Abg. Müller-Franken annahm. . Abg. Müller-Franken nahm sofort im Reichstag ore offiziellen Verhandlungen mit den Parteiführern über die Bildung der neuen Regierung auf. Er unterhandelte mit dem Abg. von Guörard (Ztr.), Abg. Leicht (Bayer. Vp r Abg. Drewitz (Wirtsch.-Partei), Abg. Koch-Weser (Dem.) und auch mit dem Abg. Scholz (D. Vp.). Es handelt sich bei diesen Unterredungen zunächst nur um eine Fühlung nahme znr Feststellung der Bereitwilligkeit der Parteien, sich an der Koalitionsbildung zu beteiligen, aber noch nicht um Personcnsragen. Wir es heißt, sind die in Frage kommenden Parteien zur Teilnahme an der Bildung der Großen Koalition grundsätzlich bereit. Allerdings wird von ihnen die Aufstellung eines Regicrungsprogramms gefordert, nach dem die Neichsgeschäfte geführt werden sollen. So wird berichtet, daß Vas Zentrum wieder feine Ansprüche auf das Neichsschulgesetz angemeidet hat, daß die Bolkspartsi Sicherungen in der Frage des Beamtentums und der Reichswehr wünscht, daß die Bayerische Bolkspartei Zu sagen haben will, daß das Eigenleben der Länder unter der etwa kommenden Großen Koalition nicht mehr beein trächtigt werden darf als bisher. Abg. Müller-Franken hatte die Absicht, sein Kabinett so schnell wie möglich zustande zu bringen. Er wollte hierbei so verfahren, daß er sich mit keinem ins einzelne gehenden Regierungsprogramm dem Reichstag vorstellt, sondern nur kurz umrissene Richtlinien für die beab sichtigte Geschäftsführung vorzulegen gedachte. Seine in Aussicht genommenen Koalitionsgenossen scheinen ihm allerdings auf diesem Wege nicht folgen zu wollen, sondern scheinen bestimmte Bindungen zu fordern. Unter diesen Umständen dürfte allerdings die Bildung der neuen Reichsregicrung noch etwas auf sich warten lassen, zumal auch in der Personenfrage noch einige Schwierigkeiten bestehen sollen. Ablcscn verboten! Der Neichstagspräsidcnt hat die Entfernung des Rednerpultes von der Rednertribüne des Reichstages angeordnet, um den Reichstagsabgeordneten das Ablcsen vorbereiteter Reden unmöglich zu machen. Er hofft, die parlamentarischen Debatten dadurch inter essanter zu gestalten. rung, insbesondere die Festsetzung des Franken in seinem Verhält nis zum Golde, sollen in einem Gesetzentwurf sestgelegt werden, der der Kammer in der nächsten Woche zugehen dürfte. Nobile in Noi. Rettung aus eigener Kraft unmöglich. So sehr die ersten Funkmeldungen von der „Jtalia"- Mannschaft die ganze Welt aufatmen ließen, so sehr wird man nun wieder durch die letzten Funksprüche von neuem beunruhigt. Die Mannschaft des Luftschiffes ist nach drei Richtungen hin verstreut, und die einzelnen dieser drei Abteilungen wissen nichts voneinander. Funkverbindung besteht nur mit Nobile und acht Be gleitern. Dieser Teil der „Jtalia"-Mannschast befindet sich auf einer riesigen Eisscholle, die täglich mehr nach Südosten abgetrieben wird. Da die Schneestürme nach gelassen haben und eine wärmere Temperatur einfetzt, besteht für die Mannschaft die Gefahr des Ertrinkens beinahe stündlich. Allein an einem Tage ist Nobile fünf Kilometer abgetrieben worden. Außerdem ist ein Teil der Mannschaft erkrankt. So kann er das Land umnüg lich erreichen, wenn ihm nicht Boote zur Verfügung ge stellt werden. Die Gummiboote, die die „Italia" an Bord hatte, sind bei der Landung abhandengekommen. Die zweite Gruppe der „Jtalia"-Mannschaft besitzt keine Radioapparate, wohl aber größere Lebens- mittelvorräle als Nobile und seine Leute. Der Kapitän der „Citta di Milano" ist der Ansicht, daß man diese Gruppe verhältnismäßig leicht wird finden können, wenn das Luftschiff nach dem Verlust der ersten Gondel (in der sich Nobile befand) zum zweiten Male eine Notlandung vorgenommen hat. Es besteht aber auch die Möglichkeit, daß die zweite Landung mißglückt und dieser Teil der Besatzung verschollen ist. Die dritte Gruppe besteht aus drei Mann, die augenblicklich versuchen, über das Eis hinweg das Land zu erreichen. Auch von dieser Gruppe hat man keine Nachricht. Der Marsch kann für die drei Leute sehr ge fährlich werden, da sie kein Funkgerät haben und so sehr schwer aufzufindcn sind. Da die „Braganza" und die „Hobby" noch immer im Eise festliegen, wurde ein Motorschoner von Green Harbour abgeschickt, der Benzin, Proviant und Hundeschlitten geladen hat und versuchen soll, Lützow- Holm aus der Mosselbay abzuholen. Sobald das ge glückt ist, wollen die beiden Flieger Holm und Larsen zusammen amsieiaen, Nobile suchen und den beiden schissen „Braganza" und „Hobby" den Kurs angeven. Es besteht aber die Gefahr, daß die Schiffe nicht rechtzeitig genug eintreffen, um Nobile vor dem Ertrinken zu retten. Die Auffindungs möglichkeit der beiden anderen Abteilungen der „Jtaliä"- Mannschaft scheint noch vollkommen ungeklärt zu sein. Oer ManöaisaussHuß des Völkerbundes iagi. Fragen, die frühere deutsche Kolonien betreffen. Der Mandatsausschuß des Völkerbundes ist zu seiner 13. Tagung zusammcngetreten. Der langjährige Präsident Teodoli (Italien) und der Vizepräsident van Rees jHoüand) wurden in ihren Funktionen bestätigt. Der wichtigste Punkt der Tagesordnung sieht die Behandlung des von der Regierung Neuseelands vor gelegten Berichts über die Unruhen auf Samoa vor. Das deutsche Mitglied des Mandatsausschusses, Geheimrat K a st l, wurde zum Berichterstatter über die Auflösung einiger Selbstverwaltungen der Eingeborenen ernannt. Außerdem wird sich der Ausschuß von neuem mit der bereits früher behandelten Bittschrift der deut schen Togoländer befassen. Kellogg über seinen Arledenspatt. Alle Völker sind einverstanden. Anläßlich der Dreihundertjahrfeier der holländischen reformierten Kirche in Newyork hielt Staatsseknrär Kellogg eine Rede, in der er auf den von ihm vor geschlagenen Kriegsverzichtspakt zu sprechen kam. Von allen Regierungen — so führte er aus —, an die der Vorschlag der Vereinigten Staaten sich richtete, seien zustimmende Antworten cingelaufcn. Auch andere Staaten hätten den Wunsch geäußert, sich dem Vertrag anzuschließen. Alle Völker der Welt seien bestrebt, eine möglichst wirksame Sicherung des Friedens zu schaffen. Es gebe keine Regierung, die diesem Friedenswillen de» Völker entgegenarbeitcn könne. Der Vertragsentwurf sei allgemein verständlich und frei von Hintergedanken. Kellogg erklärte zuletzt, daß es nicht zu optimistisch sei, wenn man hoffe, zahlreiche Negierungen demnächst zur Unterzeichnung des Vertrages bereit zu finden. An den Verhandlungen seien bisher l5 Staaten be teiligt. Die Negierung der Vereinigten Staaten erwarte auch die Unterstützung aller Kirchen für diese Bewegung zur Förderung des Weltfriedens.