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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, t2 VH für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzci«rnpieis: die 8n«ipaltk»c Aaumzcile ro Rxftz., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Aekannunachungcn 40 Reichs, pjennig.die 3 gespaltene Sieklamezeile im teMchen Teile 1 Reichsmaid. Nachweijnngsgebühr LV Reichspsennige. Do."' gescinnebeneErscheinnngs- . „ cv» c> tage und Plagv^rschristen werden nach Möglichkeit AerNspreÄek: Amt WilSÄkUff Np. 6 berück,echtigt. Anzergen- annobmcdisnorm.IVUbr. —— Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Aeder Rabatt anspruch erlischt, wenn de-Betrag durch Klage cingezen en weiden muh oSerdcrAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das »Uilsdruffer Tageblatt» erscheint an allen Werktagen nachmittags 5Uhr. 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Ehe jeder, der es sich leisten kann und leisten will, in »ie Ferien geht, wird es ein paar Wochen noch einen politisch-parlamentarischen Hochbetrieb geben. Auch der Parlamentarier, der in Deutschland und in Frankreich frisch gewählt ist, will sich sozusagen seine Ferien ver dienen. Allerdings wird er ebenso in Berlin wie in Paris darauf warten müssen, was die Führer der Parteien für zut befinden, was ihm vorgeschlagen wird und was er dann meistens nur zu billigen hat. Auch der Durchschnitts abgeordnete ist ini parlamentarischen Dasein — namentlich in den großen und ganz großen Parteien — recht häufig zwar keine Null, erfüllt aber die Funktion einer Null, die hinter einer Zahl steht, um dieser Gewicht und Einfluß zu verschaffen. Viel zu selten vermag irgendeine Regierung sich auf eine ihr durch dick und dünn der Wirklichkeit folgende Mehrheit zu stützen, wie es augenblicklich nur in England der Fall ist. Parlamente führen ihr Eigenleben, Parteien noch viel mehr, und wenn persönliche Aspirationen dazu kommen, wie z. B. die Sehnsucht nach einem Minister sessel, dann kommt es häufig zu den wunderschönsten Par lamentskrisen, die nur von geschickter Hand durch Er füllung jener Sehnsucht gemeistert werden. Manchmal allerdings, wenn nicht persönlicher Ehrgeiz, sondern sach liche Meinungsverschiedenheit vorliegt, versagt auch dies alterprobte Mittel. Poincarö hat ja versucht, die elsässische Opposition lahmzulegen durch die Ernennung eines Elsässers zum Staatssekretär in einem Ministerium. Aber .as hat nichts genützt, die Opposition zu bändigen. In Inner Regierungserklärung hat er überhaupt nur die ^wge berührt, über die man sprechen darf. Aber seine Zuhörer dachten an die Dinge, über die er nicht sprach, llber die man freilich in den Debatten ausgiebig sprechen Wirv^ Auch iwer vte elsässische Frage. Auch übe. die Stabilisierung des Franken. Auch über das außen politische Verhältnis zu Deutschland. In seiner Rede ver mied es Poincarö, das Wort „Locarno" zu gebrauchen. Im Palais Bourbon, wo die Französische Deputierten kammer tagt, Wird man das nachholen. Schon um fest zustellen, was das Wort „Locarno" eigentlich bedeutet. Paul-Boncour, der zurzeit den französischen Außenminister in Gens vertritt, wird möglicherweise endlich einmal sagen können, was sich nicht Deutschland, aber was sich Frank reich bei der „Locarnopolitik" eigentlich denkt. Der neue Deutsche Reichstag wird sich allerdings mit außenpolitischen Fragen vorerst kaum zu beschäftigen haben. Wenn er zusammentritt, werden vermutlich die Delegierten beim Völkerbuudrat gleich die Gelegenheit benutzen, „nach getaner Arbeit" — bis nach Vertagung aller Strcifragen — an die See oder in das Ge birge überzusiedeln, deren Hochsaison die Diplo maten mehr interessieren mag als Aktenstaub und Parlamentsluft. Im Deutschen Reichstag wird man sich zunächst nur mit innenpolitischen Auseinander setzungen zu amüsieren verstehen. Man wird Reden halten, die der Skatspieler als „Leichenreden" zu be zeichnen gewohnt ist. über das Wahlresnltat nämlich. Man wird „feststellen", warum das deutsche Volk gerade so und nicht anders gewählt hat. „Leichenreden" — die keinen Zweck haben. Trotzdem werden sie den Anschein erwecken, als fei parlamentarischer Hochbetrieb. Politische Hochsaison. Aber im Grunde des Herzens sehnt man sich viel mehr an die See. Oder in die Berge. Oder — zu praktischer Arbeit im Beruf. Weil die wirkliche poli tische Hochsaison in Deutschland erst im Spätherbst be ginnen Wird. Was bis dahin im Parlament geredet wird, ist in der Hauptsache doch nur Lufterschütterung. -i- Hochsaison ist nur auf dem Gebiet der Leistung. Und da stehen wir Deutsche erfreulicherweise ganz vorn in der Reihe. Wenn im sportlichen Wettkampf in Amster dam uns bisher Lorbeeren noch nicht beschert sind, so blickt Deutschland doch jetzt auf jene beiden, die von Ost äach West zum erstenmal den Atlantischen Ozean über- Merten und nun in die Heimat zurückkehren, die den Torbeer für sie bereithält. Leistung ist es, nicht eine Mecht vorbereitete Fahrt ins Ungewisse, wie die „Italia" des Generals Nobile sie unternahm und die jetzt alle Kulturvölker zwingt, Hilfe zu leisten. Schon einmal ver klang die Arktis in Andro einen Mann, der im Luft ballon, nicht einmal im lenkbaren Luftschiff, den Nordpol M erreichen versuchte. Auch den Italiener zwangen die Naturmächte zu Boden, hinab aufs Eis. Wir hoffen «der: nicht hinab in den Tod. Hoffen, daß ihm die Leistungsfähigkeit der Luftfahrt von beute Befreiung bringt. Dr. P. Deutsche Erklärung zum SchachWrozeß. Die Firma Knapp verteidigt ihre Maschinen. Zu den Aussagen des Monteurs Badstieber im Moskauer Schachty- oder Donezprozeß gibt die Firma n n a p p fti Wanne-Eickel eine Erklärung ab, in der nejagt wird, daß die Aussaaen Badstiebers ihr völlia un- MWWe ÄM m dm MknbmdM Erledig« ngdesSzt.-Gott Hard-Falles. Der Völkcrbundrat hat die von dem Dreierkomitee cingcbrachten Entschließungsanträgc über den Zwischenfall von Szt. Gotthard und über die eventuelle Erweiterung der Befugnisse des Ratspräsidcntcn ange nommen. Staatssekretär von Schubert betonte, daß cs außerordentlich gefährlich wäre, zu weittragende Folgerungen aus der Tatsache der nicht völligen Klärung des'Szt.-Gotthard-Zwischcnfalles zu ziehen. Der Zwischen fall könne keineswegs als Hindernis für die all gemeine Abrüstung angesehen werden. In der Freitagsitzung wurden ohne jede Debatte in drei von den neun auf der Tagesordnung stehenden oberschlesischen Fragen einstimmig vom Rat Entschließungen angenommen. Es handelte sich in zwei Fällen um deutsche Beschwerden wegen polnischer Übergriffe gegen deutsche Minderheitenschulen, im dritten Falle um einen polnischen Protest, der darlegen will, daß in Deutsch-Oberschlesien die Polen Vielfach verfolgt würden. Der Berichterstatter gab hierzu ein Schreiben der Reichsregierung vom 26. Mai 1928 bekannt, wonach durch energisches Einschreiten gegen alle Gewalttaten An gehörigen der polnischen Minderheit in Deutsch-Ober schlesien freie Tätigkeit auf allen Gebieten zugesichert wird. Notrufe der „Ztalia^? Die Funksprüche aus Franz-Joseph-Land. Seit Donnerstag werden von verschiedenen amerika nischen Radioamateuren sowie von der „Citta di Milano", oem Hilssschisf für dw „Italia", Funlsprüche gehört, die von Nobile stammen können. Am meisten entziffern konnte eine amerikanische Station, die folgenden Funkspruch ge hört haben will: S. O. S. Nobile. Kein Schutz für „Italia", die gegen Berg rannte. Position 84, 15, 10 nördliche Breite, 15, 20, 40 östliche Länge. Temperatur Null punkt. Sendet eiligst Nahrung. Alle am Leben. Einige verletzt. Hören keine Rufe. S. O. S. S. O. S. Rao, Rao, Nao. Nobile. Die Tatsache, daß um eilige Seudung von Nahrung gebeten wird, läßt darauf schließen, daß sie nicht imstande sind, mit den Schußwaffen, die sic an Bord haben, Tiere zn erjagen, mag dies nun daran liegen, daß dort keine vorhanden sind oder daß man die Verletzten nicht allein lassen Witt. Demgegenüber sind alle aus Kingsbap ausgesandten Rufe ohne Antwort von der „Italia" geblieben. Man verständlich feien. Es seien nur gute Maschinen zur Ab sendung gelangt. Eidesstattliche Erklärungen hierüber seien von den in Frage kommenden Beamten der Firma abgegeben worden. Weitere eidesstattliche Erklärungen seien zur Verfügung gestellt, dahingehend, daß keiner lei Bestechungs-, Schmier-oder Schweige gelder gezahlt worden feien. Vertreter der Firma seien bereit, diese Aussagen vor deutschen Gerichten oder auch in Moskau unter Eid zu wiederholen. Im übrigen ist die Firma der Ansicht, daß der wirkliche Sa^verhalt sich im Verlaufe des Prozesses klar ergeben werde. Poincares Programmerklärung. Die Elsässerinterpellation vertagt. Poincarös Regierungserklärung hat in der Pariser Presse eine ziemlich kalte Aufnahme gefunden. Man weist darauf hin, daß sie zu lang und viel zu unbestimmt ge wesen sei. Sie habe kein Wort über den Dawes- Plan und über die interalliierten Schulden enthalten und auch nichts Bestimmtes über die Stabilisierungs absichten der Regierung gesagt. Bemerkenswert erscheint nur, was Poincarö über die F r i e d e n s v e r t r äg e ge sagt hat. Der Ministerpräsident betonte, daß Frankreich in einem noch unruhigen Europa seine Grenzen schützen müsse. Das Land sei von friedlichen Absichten beseelt. Nach jedem Konflikt geschehe es, daß die Sieger den Be siegten die Hand reichten, wenn diese bereit seien, ehrlich die Verträge einzuhalten und die Erinnerung an dir Feindseligkeiten nicht verewigen wollen. Frankreich wolle keine Gelegenheit vvrübergehen lassen, zu beweisen, daß es den Lösungen durch Gewalt die Schiedsgerichts lösungen vorziehe, daß cs zu allen Annäherungen bereit sei, vorausgesetzt, daß kein „Hintergedanke einer Revision von Verträgen" die Brücke zu freundschaftlichen Beziehun gen abbreche. Nach der Regierungserklärung verlangte der Zsässische Abgeordnete Walther die sofortige Be sprechung seines Antrages auf Freilassung der in Kolmar verurteilten Abgeordneten Nicklin und Rosso. Die Ausführungen Walthers wurden andauernd durch lär- nimmt daher an, daß die Zeichen, die die „Citta di Mi lano" gehört hat und die in Amerika entziffert worden sind, von anderer Seite herstammen oder Irrtümer dar stellen. Amundsen äußerte sich zu den Nachrichten sehr skeptisch, da der Standpunkt nach seiner Meinung zu weit gegen Norden liege. Hauptmann Gottwaldt, der bcinmite Polar kenner, ist der Auffassung, daß es, falls die Meldung zu treffe, sehr schwer werden würde, die Mannschaft zu retten. Auch er ist übrigens der Ansicht, daß Nobile werter östlich sein müsse. Rijser Larsen ist trotz schlechten Wetters nach Franz-Joseph-Land gestartet, um fcstzustellen, ob sich an dem im Funkspruch bezeichneten Orte die Jtaliamannschaft befindet. Die „Braganza" ist in Friesland eingefroren und „Hobbh" ebenfalls in Mossel Bah. An Bord der „Citta di Milano" telegraphierte man die ganze Nacht mit „Hobby" und „Braganza". Es herrscht sieberhafte Auf regung an Bord der „Citta" und die Radioapparate des Schiffes arbeiten ohne Pause. Die anderen Stationen wurden aufgcfordert, mit ihren Wellen nicht zu störeu. Die italienische HilfsmannschafL in Vadsö hat Befehl erhalten, nach Italien znrückzukehreu. 15 Mann sind bereits auf der Rückreise durch Oslo gekommen. Funkverkehr CitLu di MiÜKUS—Italia Berlin, 9. Juni. Es scheint nunmehr festzustehen, daß es dem Hilssschiff „Citta di Milano" gelungen ist, imt der „Ita lia" in Funkverbindung zu treten. Um 23 Uhr (MEZ.) gab dis „Citta di MilenM an die ,Mlia" folgenden Funkspruch: „Haben Cure Mitteilung von 19 bis 19.23 Uhr Green wicher Zeit verstanden und Eure Lags nachgeprüft. Wir sind weiterhin um Euch bemüht. Kommt alle 15 Minuten jeder vollen Stunde auf Welle 960 wieder. Stellt Eure Uhr. Haltet Euch tapfer. Es ist jetzt 22.07 (Greenwicher Zeit)." MLWdttNMskWM. Oslo. Die Funkstation in Kingsbay wurde Donnerstag abend 20.30 Uhr von der „Citta di Milano" gebeien, ihren Funkverkehr mit dem Schiff vorläufig einzustellen, da dieses selbst mit der „Italia" in FunlserdiNdlMg gekommen sei. 2.20 Uhr leiste der Kapitän der „Citta di Milano" weiter mit, daß er von der Italia" einen Funkfpruch erhalten habe, nach dem sich das Luftschiff 81 bis 80 Grad nördlicher Breite und 25 bis 30 Grad östlicher Länge befinde. mende Kundgebungen unterbrochen. Unter ungeheuerer Erregung des Haufes wurde dann über den Antrag ab gestimmt. Mit 427 gegen 169 Stimmen beschloß die Kammer, die Besprechung der Interpellation Walthers um eine Woche zu vertagen. Mrdanschlag aus den japanischen Ministerpräsidenten. Der Minister nicht verletzt.. Nach einer Meldung aus Tokio wurde in Uyena auf den japanischen Ministerpräsidenten Tanaka, der sich auf der Fahrt zu einer Parteikonferenz befand, ein Mord anschlag versucht. Ein Mann in Arbcitcrkleidung sprang ans den Minister zu, um ihn mit einem Dolch niederzu- stcchen. Durch das rechtzeitige Zugreifen von Polrzei- beamten wurde das Attentat verhindert und der Atten täter verhaftet. Ein Abgeordneter, der den Minister be gleitete, soll einen Dolchstich ins Bein erhalten haben. Die Polizei hatte, wie berichtet wird, von der Absicht ocr aufgelösten Kommunistischcn Partei Rado-Naminto, auf den Ministerpräsidenten einen Anschlag zu verüben, rechtzeitig Kenntnis erhalten; auf diese Weise war es möglich, den mit der Ermordung beauftragten Mann sest- znnehmen. Me Regierungsbildung in Anhalt. Dessau. Die Sozialdemokraten sind an die Deutsche Volks- aartei wegen Beteiligung an der Regierung herangetreten. Bei den Verhandlungen mit der Sozialdemokratie ist dieser als Bedingung für die eventuelle Beteiligung an der Re gierung seitens der Deutschen Volkspartei ein Programm zur Annahme vorgelegt worden, das u. a. folgende Punkte um-- :aßt: Senkung der Realsteuern in Staat und Gemeinden, energische Fortsetzung der Verwaltungsreform, Berufung Sparkommissars, Beibehaltung des bisherigen Zustandes hinsichtlich des Religionscharakters der anhaltischen Schule. Hinsichtlich der Ministerfrage wurde der Vorschlag gemacht, men Fachminister, nicht einen Sozialdemokraten, mit einem parlamentarischen Beirat zu wählen Falls dieser Vorschlag imannehmbar sei, sollen zwei Minister, ein Sozialdemokrat :md ein Volksparteiler, die Regierung bilden. Die Sozial demokratie sagte zu, die Vorschläge zu prüfen.