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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Das .Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3l»RM., bei Postbeftellung 2 RM. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern ILApfg.AllePostanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgehend Postboten und unsereAus. träger und Geschäftsstellen nehmen zu jeder Zeit Be« stelluugen entgegen. ImFallc höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung k»er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Lürgertuni/ Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Aaumzeilc 20 Apfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Aeichs- pfennig, die 3gespaltene Ncklamezeile im tertlichen Teile I Reichsmark, vlachwcisungsgebühr 20 Sicichspfennige. Do>7- geschriedeneLrscheinungs- . L- wpe und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit Nk. 6 berüctilchtigt. Anzeigen annahme bis aorm.10 Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermi tteltenAnzeigen übernehmen iv.r Keine Garantie. Zzeder Rabatlanspra ch erlischt, wenn der Betrag durch Klage cingezo^en werdenn«vß oderdcrAuftraggeberin Konkursgerät. Anzeiger nehmen alleBern-ittlungsstellenentgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshanptmannschaft Weißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Montag, den 18 Juni 1928 Ar. 140. — 87. Jahrgang T-legr.-Adr.: .Amtsblatt- W t 1» d r n f f - D re s d L « Postscheck: Dresden 2640 Vergessene Menschlichkeit. Man sträubt sich dagegen, dies für wahr zu halten: bei dem grauenhaften Eisenbahnunglück bei Siegelsdorf sollen sich, wie mehrere Augenzeugen jetzt erklären, außer ordentlich üble Vorkommnisse abgespielt haben, als man an die Bergung der Schwerverletzten ging. Tie beiden Schlafwagen waren ja unversehrt geblieben mit ihrem reichen Material, das sofort für die in ihren furcht baren Schmerzen sich Krümmenden hätte verwendet werden müssen. An der Weigerung der Schlafwagen- beamten, irgend etwas au Matratzen, Leinentüchern, ja sogar Wasserkannen herauszugeben, scheiterte diese Ab sicht selbstverständlicher Hilfeleistung. Man sträubt sich dagegen, das zu glauben, aber die Mitteilungen der Augenzeugen lauten so positiv, so eindeutig, gehen so sehr bis ins einzelne, daß im Reichstag über diese be sonders unerfreuliche Seite der traurigen Angelegenheit eine Anfrage an die Reichsregierung erfolgte. Denn auch das scheint festzustehen: die Schwerver letzten wurden nicht etwa in den wundervoll abgefederten Schlafwagen nach Nürnberg zurücktransportiert, sondern die Bahren wurden in Wagen der 4. Klasse oder Güter wagen gestellt. Die Bahren, auf die die zerrissenen, ver brühten, mit schweren Wunden bedeckten Leiber gelegt wurden nach eiligstem Verbinden. Man schüttelt den Kopf, wie kopflos gehandelt wurde. Die beste Transportmöglichkeit war für die Unglücklichen doch gerade noch gut genug. Und es ist doch eine Selbstver ständlichkeit, daß bei jedem derartigen Unglücksfall, be sonders natürlich bei einem Unglück von derartigen Aus maßen, jedes und alles zur Verfügung gestellt oder be nutzt wird, das zur Rettung, zur Linderung der Schmer zen der Verunglückten dienen kann. Da gibt es keine Schranken „privatrechtlicher" Bestimmungen. Auch der Autofahrer, der — ob durch eigene Schuld oder nicht, ist dabei gleichgültig — irgend jemanden überfährt und sich daun um das Opfer nicht kümmert, verfällt mit Recht harter Strafe. Und es ist gleichgültig, ob die Schlaf wagen und ihre Beamten der „Mitropa" gehören ober ob es sonstige Wagen sind — hier gebot selbstver ständlichste Pflicht, alles sofort zur Verfügung zu stellen, wobei es nicht darauf ankommen konnte, ob ein paar Matratzen Blutflecken erhielten oder die Leinen tücher für das Verbinden der Wunden in Anspruch ge nommen wurden. Um so nnverstäudlicher bleibt das Verhalten der Schlafwagenschaffner, als die Mitropa darauf verweisen kann, daß bei dem furchtbaren Eisenbahnunglück von Lei ferde es gerade ein solcher Schlafwagenbeamter war, der besonders tatkräftig und mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln half, seinen Schlafwagen für die Ver wundeten frei machen ließ und dafür von dör Direktion der Mitropa eine Hohe Belohnung erhielt, sein umsich tiges und vorbildliches Verhalten auch der ganzen Be amtenschaft der Mitropa mitgeteilt wurde. Entsprechende Anweisungen seien auch schon längst ergangen — aber man fragt sich, ob es denn für Menschen mit normalen Sinnen in solchen Fällen überhaupt ein Zögern oder Schwanken, ein Bedenken und „Erwägen" überhaupt geben kann? Wenn aber wirklich selbstverständliche Menschenpflicht mit irgendwelchen „Bestimmungen" halb- oder ganzamt licher Natur einmal in solchem Falle in Konflikt kommen mag und die Menschenpflicht von den Para graphen erwürgt zu werden droht, dann sollte es doch eigentlich immer jemanden geben, der die Erfüllung jener Menschenpflicht erzwingt und die Paragraphen geister verjagt. Bei den Vorkommnissen in Siegelsdorf genügte das Eingreifen des Zugführers, um die Weige rung der Schlafwagenschaffner beiseitezuschieben, diese Wagen für den Abtransport der Verwundeten frei zu Machen, Hilfeleistung in jeder Form zu erzwingen. Jst's nicht versucht worden und warum nicht? Die Reichsbahn wird gut tun, sehr bald durch gründliche Unter suchung von sich aus die Anfrage im Reichstag zu be antworten. Denn untragbar ist der Gedanke, entsetzlich das Bild, die in ihren Schmerzen sich krümmenden Schwer verletzten und Sterbenden vergeblich nach Wasser schreien und stöhnen zu hören, nur weil die um ihre Kannen be sorgten Schlafwagenschaffner ihre Pflicht nicht taten. Worte schärfsten Tadels genügen hier nicht und wenn es sich wirklich herausstellen sollte, daß die Schilderungen der Augenzeugen nicht übertreiben, sondern leider nur Wahres berichten, dann wird gegen die Betreffenden, die tatenlos zusahen, denn doch wohl sehr energisch von der Mitropa vorgegangen werden müssen, es nicht bloß bei Ausdrücken der Mißbilligung belassen werden dürfen. Denn es gibt nicht bloß Verstöße gegen Verordnungen und Paragraphen, sondern — meist viel schwerere — gegen höhere menschliche Pflichten. Neue Hüfemfe Nobiles. Das Eis bricht auf. Die Lage Nobiles und seiner Gefährten wird immer Mischer. Nobile hat jetzt seinem Hilfsschiff „Citta di Milano" in einem 808-Funlspruch mitgeteilt, daß ein Vvüa« Sturm sein Laaer zu zerstören drohe. Das um- WMlW Mr das RWkWSMgrmin Die Ksaliiionsberatungen im Reichstag. Wünsche und Forderungen. Im Reichstag, besten Plenum bis zur Neubildung der Negierung vertagt wurde, fand beim Abg. Müller- Franken eine Aussprache der Vertreter der für die Re- gierungskoalitiou in Aussicht genommenen Parteien statt. Die Besprechung drehte sich um die von den verschiedenen Parteien für das Regierungsprogramm aufgestellten Forderungen. Die grundsätzliche Frage der Homogenität mit der preußischen Regierung wurde nicht berührt. An den Verhandlungen waren nicht nur die Fraktionsführer, sondern auch die Sachreferenten der Fraktionen für Sozialpolitik, Finanzpolitik, Wirtschaftspolitik und andere Fragen beteiligt. Vertreten waren die Sozialdemokraten, das Zentrum, die Deutsche Volkspartei, die Demokraten und die Bayerische Volkspartei. Den Fraktionsvcrtretcrn wurden auch die von der Wirtschaftspartei schrift lich überreichten Forderungen vorgelegt. Sie behandeln in der Hauptsache Milderu n a d er Wohnung^- z w a n g s w i r t s ch a f t und Differenzierung der Ar- beitszeitvvrschriften zwischen Industrie, Handwerk und Kleingewerbe. Wie weiter bekannt wird, wurde in den Verhand lungen auch die Frage des Einheitsstaates berührt sowie die Frage der Feier des Verfassungstages, wobei von der Volkspartei als Nationalfeiertag nicht der 11. August, sondern der 18. Januar in den Vordergrund gerückt wurde. Ferner stand der Plan zu Aussprache, durch ein Pensionskürzungsgesetz der Aus zahlung zu hoher Pensionen zu steuer«, besonders, wenn die Pensionsberechtigten ein großes Arbeitseinkommen haben, obwohl sie sich in amtlichem Ruhestände befinden. Größere Schwierigkeiten scheint die Behandlung der Schulfrage zu machen, deren Formulierung für die kommende Regierungserklärung nochmals im Schoße der Fraktionen durchberaten werden soll. Weiter wird gemeldet, daß von sozialdemokratischer Seite eine Ausdehnung der Krisenfürsorge und eine Erweiterung der V e r s i ch e r u n g s g r e n z e n bei der Kranken- nnd Unfallversicherung verlangt wird. Die militärpolitischen Fagen, die ebenfalls eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen spielen, sollen am Montag beraten werden. gebende Eis breche auf und es entstünden große Teiche. Nobile bittet erneut dringend um Gewehre, um die Eis hären zu vertreiben, die das Lager bedrohen. Die beschränkte Hilfsaktion, die die Schiffe „Citta di Milano" und „Hobby" mit ihren Aeinen Flugzeugen unternehmen können, wird auch noch von Witte rn n g s u n b i l d e n erschwert. Riiser Larsen und Lützow Holm unternahmen einen Flug, der aber bald wegen dichten Nebels ein Ende fand. Beide Flieger wollen bis auf weiteres au Bord der „Hobby" bleiben, die an der Nord küste eine Anzahl Lebensmitteldepots einricbtet. Da das Meer ietzt nahezu eiskrei ist, dringen beide Schiffe werter zum Nordkap vor. Von dort soll eine gut ausgerüstete Rettungsexpedition, bestehend aus drei Hundeschlitten, die von ortskundigen Jägern geführt werden, ausgesandt werden. Die Hilfsaktion Amundsens und Guilbauds. Das französische Wasserflugzeug „Latham", das von Major Guilbaud geführt wird, ist in Bergen gelandet und wird mit Amundsen nach Spitzbergen weiterfliegen, um sich an der Hilfsaktion kür Nobile zu beteiligen. Amundsen wird von Leutnant Dietrichson begleitet der 1925 als einer der Piloten an dem Nordpolflug der Amundsen-Ellsworth-Expedition teilgenommen hat. Auch Seekapitän Wisting, der Amundsen fast bei allen feinen Erpeditionen, u. a. bei der Südpolexpedition und auf der Nordpolfahrt der „Norge", begleitet hat. wird sich Amundsen anschließen. Da das französische Flugzeug nicht alle Mitglieder der Expedition aufnehmen kann, so wer den zwei der Herren die Fahrt nach Spitzbergen zu Schiff machen. Die Overationsbasis der Expedition auf Spitzbergen wird die Adventsbap sein, die zwischen 80 und 100 Kilo meter südlich von Kinasbay liegt. Die norwegischen Zeitungen weisen darauf hin. dar Amundsen vor 25 Jahren an Bord des kleinen Schiffes „Kioea" die Reise antrat. in deren Verlauf er als erster nördlich des amerikanischen Kontinents die Nordwest passage durchfubr. Diese seine - erste selbständige Er pedition machte Amundsens Namen in alle Welt bekannt. Maddalena in Vadsoe wieder gestartet. Der italienische Flieger Maddalena, der infolge Motorschadens gezwungen war, nach Vadsoe zurückzu kehren, ist wieder aufgestiegen, um sich an der Suche nach Nobile zu beteiligen. Deutschland und Nobile. Der Unterstaatssekretär der italienischen Luftfahrt. Exzellenz Balbo, hat dem Reichsverkehrsministerium für die ständige, wiederholt ausgesprochene Hilfsbereit schaft Deutschlands für Nobile wärmstens gedankt und mitgeteilt, daß der Leiter der italienischen Rettungs aktion, der Kommandant der „Citta di Milano", Ro- magni, angewiesen sei, im Bedarfsfälle die deutsche Hilfe zu erbitten. Die Heimkehr der Ozeanflieger. Bremen schmückt sich zum Empfang. Die Stadt Bremen hat bereits einen großen Teil der Vorbereitungen zum Empfang der „Bremen"-Flieger getroffen. Das Gerüst am Rathaus, das in diesem sommer ausgebesscrt wird, ist mit Flaggentuch iu den Farben Bremens und Tannen girlanden geschmückt. Viele Geschäftshäuser der Innenstadt sind mit der Aus schmückung ihrer Schaufenster beschäftigt. Man sieht viel fach die Bilder der ..B r c m e n" - F l i e a e r . um- rahmt von Lorbeerkränzcn nnd Lorbeerbäumen. 'sowie von den bremischen, irischen und amerikanischen Flaggen. Viele Fremde, die dem Empfang der OzeanMeger bei wohnen wollen, sind bereits in Bremen eingetroffen. Auch in den Unterweserstädten Bremerhaven und Weser münde wird zum Empfang gerüstet. Mehrere Reise gesellschaften mit Taufenden Von Teilnehmern haben sich bereits angemeldet, nm die Flieger bei ihrer Ankunft zu begrüßen. Eine Reihe deutscher Flieger, man rechnet mit etwa 30 bis 40 Flugzengen, wird den kühnen Fliegern entgcgenfliegen. * Das amerikanische Flugzeug Freundschaft zum Europvflug gestartet. Neuyork, 17. Juni. Nach fünfmaligem Startversuch ist das amerikanische Flugzeug Freundschaft heute um 12,21 Uhr amerikanischer Zeit in Trepassey bei westlichem Winde zum Suro- paslug gestartet. Geschwaöerflug nach Afghanistan. De s s a u — T e h e r a n — K a b n l. Der deutsche Gcschwaderflug «ach Afghanistan, der seit längerer Zeit vorbereitet wurde, hat jetzt begonnen. Es handelt sich um die Überführung der von der Reichs- regiernng dem König Aman Ullah geschenkten drei- motorigen Junkers „G. 24" sowie zweier von den Afghanen angekauften einmotorigen Junkers-Verkehrs maschinen vom Typ F. 13 nach Kabul. Ob König Aman Ullah an Bord der ihm gehörigen drcimotorigen „G. 24" von Teheran nach Kabul mit- sliegen wird, steht uoch nicht fest. Aman Ullah hatte in der letzten Zeit in zahlreichen Telegrammen dringend um die Entsendung der Expedition gebeten. Die Ehrengeschenke für die „Brcmen"-Flieger. Den „Bremen"-Fliegern werden nach ihrer Ankunft in Bremen vom Senat goldene Staatsmedaillen über reicht, die auf der Vorderseite das bremische Staats wappen mit der Inschrift „Der Senat der Freien und Hansestadt Bremen", auf der Rückseite einen Genius und die Worte „Dem Verdienste" haben werden. In den Rand jeder dieser Medaillen ist der Name des Fliegers, den, sie zugcdacht ist, mit dem Vermerk „Erster Ost-West- Flug" und die Taten des Fluges wie der Heimkehr ein graviert. Von der Handelskammer in Bremen und dem Klub zur Vahr werden den Fliegern silberne Prunkteller und vom Bremer Verein für Luftfahrt silberne Plaketten und Ehrenmitgliedschaftsdiplome überreicht werden. Gireii um das Rakeienstugzeug. Raab-Katzenstein gegen Opel. Nach Informationen, die die Raab-Katzen- steinwerke gegeben haben, haben sie auf Grund der von der Firma Opel-Rüsselsheim der Presse gege benen Veröffentlichung eine Mitteilung an die Firma Opel gerichtet, in der erklärt wird, daß der zwischen Opel und Raab-Katzenstein abgeschlossene Vertrag bis jetzt noch zu Recht bestehe, daß Raab-Katzenstein aber, nachdem der Vertrag von Opel gebrochen sei, sich nicht mehr an ihn ge bunden halte. Weiter heißt es in den: Schreiben, es werde eine einstweilige Verfügung auf Unterlassnug der die Raab-Katzensteinwerke schädigenden Ver öffentlichungen gegen die Firma Opel beantragt und eine Schadenersatzklage, die in die Hunderttausende gehen werde,