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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Dar Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugsvreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. ,m Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Poftbcstcllung irRpsg.AUePos'anstatttn Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend PÄbvIc"Un^unä'»A^ trS«erun°GeIchäft.steII«n — a 2-2 nehmen zu jeder Zei, Be- ftellungenentgegen. ImFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzelle 2VRpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen ^Reichs- Pfennig, die 3 gespaltene Rcklvmezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. geschriebeneErscheinungs- tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Akrnspkbchbr! Nk. 0 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis norm.10 Uhr. Für die Richtigkeit der durch FernrusübermitteltenAnzcigen übernehmen wir keine Garantie. IederNabattansprr ch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen olleV( rmittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Dienstag, den 17 Juli 1928 165. — 87. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« Wtlsdruff* Drespe« Postscheck: Dresden 2640 Hilfe den Kriegsopfern! Bald jährt sich wieder der Tag, da Deutschlands wehrfähige Mannschaft hinauszog in den Kampf für die Heimat. Jungvolk und reife Männer, die Weib und Kinder daheim ließen. Millionen kehrten nimmer wieder, aber von den Millionen Verwundeter raubte vielen Tau- > senden der Krieg die Möglichkeit, nach Friedensschluß den w. Kampf »ms Dasein zu bestehen. Es ist während des Krieges an Versprechungen für die Kriegsopfer und ihre Hinterbliebenen nicht gespart worden und der Dank des Vaterlandes sollte ihnen gewiß sein: nicht mehr sollte, wie nach 1870, der Invalide mit dem Leierkasten und dem Stelzfuß eine Karikatur auf die selbstverständliche Pflicht des Vaterlandes sein, nicht das Wort Heines in seinen »Grenadieren" wieder zur Wirklichkeit werden: „Was schert mich Weib, was schert mich Kind, — laßt sie betteln geh'n, wenn sie hungrig sind." Viel ist geschehen und im Haushalt des Reiches nehmen die „Kriegslasten" einen breiten Raunr ein. Die Kncgsbeschädigtcnfürsorge ist eine der wenigen über parteilichen Fragen, dient nicht als Objekt des Partei gezänks. Auch die jetzige Regierung hat in ihrer Erklä rung darauf Bezug genommen; daß den Kriegsbeschädig ten und den Kriegshinterbliebenen geholfen werden soll. Auch die früheren Regierungen haben hierin manches ge leistet, wie auf der soeben in Koblenz stattgefundencn Tagung des Reichsverbandes deutscher Kriegsbeschädigten dargelegt wurde, — aber man will vor allem heraus aus dem niederdrückenden Zustand Genau so wie die Invaliden der Arbeit Ampruch ans ihre Rente, also auf Versorgung haben, nicht der „öffentlichen Mildtätigkeit" — denn etwas an deres ist schließlich die „Fürsorge" nicht — anhcimfallen, ebenso Wollen diese wirklichen Invaliden und die Hinter bliebenen der Gefallenen einen Rechtsanspruch auf eine Rente haben, die ihnen wenigstens das Existenzminimum sichert. Ans Versorgung erheben sie Anspruch und dabei darf die Bcdiirftiäkeitsfrage ebensowenig eine Nolle spielen wie bei jeder Rente. Ist doch eine solche Rente nur ein geringer Teil des Dankes, den das deutsche Volk den Kriegsopfern und den Kriegshinterbliebenen schuldet. „Der Dank des Vaterlandes ist euch gewiß" — mit einem bitteren Lächeln mag sich so manches Kriegsopfer oder mancher Kriegsteilnehmer an dieses Wort erinnern. Unsere Zeit vergißt schnell, viel zu schnell und will ganz be sonders nicht an alles das erinnert werden, was mit dem Krieg zusammenhängt. Es ist eines anständigen Volkes un würdig, daß man hier und da einmal das resignierend bittere Wort hören muß, ein Wort, das leider einer ge wissen inneren Berechtigung nicht entbehrt: „Warum war ich so dumm, mich als Freiwilliger zu melden" — weil so mancher deswegen schwere wirtschaftliche Nachteile noch setzt tragen muß. Wie feierte man einstens jene Jüng linge, jene Männer — und mag jetzt von ihnen nichts wissen. Sic müssen cs erleben, wie sie, die vier Jahre hindurch litten und bluteten, dem Tode tausendfach ins Auge sahen und dabei doch nur an die Heimat und die daheim dachten und für sie ausharrten, hernach verdrängt wurden durch andere, die in satter Ruhe und friedsam I Geld verdienen. Oder durch ein Geschlecht, das noch zu jung war, das ernsthaft Furchtbare, aber auch das Per l' pflichtende jener Zeit zu erkennen. I Nur manches Mal, wenn durch einen Führcrhnnd ge leitet, durch das Menschengewühl mühsam nnd tastend ein Blinder hindurchsteuert, dem der Krieg das Augen licht nahm, dreht sich hier und da ein Vorübereilender um, wird das Gesicht dieses oder jenes Mannes der älte ren Generation dunkel und ernsthaft. Nachsinnend, fast verlegen. Grausiges taucht im Gedächüris auf und ein Gedenken an die Männer, die Opfer des^llrieges wurden. Und ein Gedenken daran, daß der Tod eines jeden dort draußen eine Lücke in der Heimat gerissen hat. Aber sie heischen nicht bloß unser Gedenken, sie ver- langen opfcrwEge Tat. Man spricht so viel von „Wohl- erworbenen Rechten", g« die nicht getastet werden dürfe, — größtes, unantastbares Recht haben jene, die ihr Blut oder ihre Gesundheit hingegeben haben für die Heimat oder die den Gatten oder Vater verloren haben als Opfer dafür, daß Deutschland leben durfte. „Der Dank des Vaterlandes' — das Wort darf nicht zum Spott werden. ZWOmmenstH m Michener Hallptbchnhof. Zehn Tote, siebzehn Verletzte. i . Am Sonntag abend zwischen 9 und 10 Uhr, zur Zeit °cs stärksten Ausslügtcrrückswßcs, ereignete sich im Bereich > Münchener Hauptbahnhofcs ein furchtbares Eisen- ""hnunglück. Der an Sonntagen zwischen München und I Nürnberg verkehrende Sonderzug stieß kurz von den Bahn- .'"fshallcn bei der Donncrsbcrgcr Brücke mit einem Bor- ^!l, der etwa acht Minuten früher abgegangcn war und ?uf der Strecke hielt, zusammen. Bei dein Anprall wur- die beide» letzte» Wage» des Vorzuges ineinander- r^woben. Durch das Feuer der Lokomotive oder durch xA°dierte Gase gerieten sic in Brand. Die Zahl der ivn° wird amtlich mit zehn angegeben; siebzehn Pcr- «w wurden verlebt. Iw MMt des RiedeiWdtMMm. Große Befriedigung in Washington Berlin, 16. 6uü. Das B. T. erfährt aus Washington, daß im dortigen Staatsdepartement große Befriedigung darüber herrscht, daß nach der zustimmenden Erklärung der deutschen Re gierung nun auch Frankreich und Italien dem Kellogpakte inhalt lich zugestimmt haben. Besonders erfreut ist man über Briands Zustimmung, da man immer noch die Möglichkeit erwog, daß Poincare irgendeinen andersgerichteten Einfluß geltend machen würde. In dem Telegramm, das Coolidge an Doumergue schickte und in dem er seinen Glückwunsch zum Nationalfeieertag aus drückte, pries er Frankreichs Bereitschaft zur Mitarbeit an der Befriedung der Welt. Frankreich soll für sein Nachgeben auch dadurch belohnt werden, daß als Ort der Unterzeichnung des Paktes Paris gewählt werden soll. * Die Krisgsächtung. Verträge werden genau soundfolange gehalten wie sie — ausgelegt werden. Der Kriegsverzichtsvorschlag aus der Feder des ame rikanischen Staatssekretärs Kellogg hat eine Auslegung erfahren, die derart weitgehend ist, daß selbst das von ihm bisher keineswegs begeisterte Frankreich seine Unter schrift beifügen kann. Enthalte doch, so führt die zu stimmende französische Antwortnote aus, der Vertrag nicht das geringste, was das Recht zur Selbstverteidigung eines Volkes irgendwie einschränkt, dieses Selbstvertcidigungsrecht vielmehr ausdrücklich aufrechterhält. Weiter verweist die französische Note darauf, daß der neue „Kellogg-Vertrag" ja gegen keinen einzigen der bisher bestehenden Verträge verstoße, diese vielmehr — und zwar besonders die von Locarno — sozusagen noch unterstreiche und ausdehne. Infolgedessen „freue sich" die französische Regierung, diesen „Kriegsächtungspakt" unterschreiben zu können, der jeden Friedensbrecher der Verurteilung durch die ganze Welt unterwirft im Gefühl der „internationalen Solidarität" — und so lange vorhanden ist, wie es die Interessen der einzelnen daran beteiligten Länder dulden. Jedenfalls betrachtet man in England diese ganze Sache wesentlich kritischer. Der Innenminister Johnson Hicks ergänzte diesen Vertragsvorschlag durch den eigent lich selbstverständlichen Hinweis daraus, daß man nicht riesige Armeen und Marinen halten und gleichzeitig vor geben könnte, man wolle nicht in den Krieg ziehen. Rüstungsbeschränkung internationaler Art müsse den Vertrag sozusagen erst verwirklichen und doch, so erklärte Hicks, hören wir, daß die Vereinigten Staaten ihre Marine vergrößern. „Taten sprechen eindrucksvoller als Worte", fügt der Engländer hinzu. Sie sprechen auch stärker als Unterschriften unter Verträge. Denn solange die Welt steht, sind Verträge geschlossen und gebrochen worden. Sie Gerüchte über Ammbsens Rettung. „Krassin" will weiter suchen. Die Nachricht, daß auch Amundsen und seine beiden Begleiter von einem russischen Eisbrecher aerettet worden seien, scheint sich leider nicht zu bestätigen. In amtlichen norwegischen Kreisen weiß man ebensowenig von irgend welchen sicheren Grundlagen dieser Gerüchte wie in Moskau. Der Kapitän der „Krassin" soll auf der Foyninsel noch Menschen gesehen haben und will weiter suchen. Es muß sich in kurzem schon zeigen, ob es sich um eine Selbst täuschung handelt oder ob man tatsächlich der Alessandri- Gruppe oder gar Amundsen nahe ist. Wie aus Spitz bergen gemeldet wird, soll es jetzt vollkommen klargestellt sein, daß Malmgrcn auf eigenen Wunsch allein auf dem Eise zurückgeblieben ist, uni seine Kame raden zu retten. Sehr eigenartig bleibt natürlich die Tat sache, daß die beide» Italiener den edlen Vorschlag Malm grens angenommen und ihn sterbend allein auf dem Eise zurückgelassen haben. Der schwedische Minister präsident erklärte, daß seine Regierung die Möglich keiten eines Rcchtsverfahrens wegen des Todes Professor Malmgrens prüfe. *. Internationales Ehren gericht über Nobile? Kopenhagen, 16. Juli. In dcr Zeitung „Politiken" äußerte sich der Polarforscher Peter Freuchen zu der Frage, wer Nobile zu richten oder freisprechen solle und fordert die Ein setzung eines internationalen Ehrengerichts. Er führte u. a. aus, daß Dr. Malmgreen, vom Standpunkt des Polarforschers aus gesehen, das wertvollste Mitglied der Expedition gewesen sei. Die unklaren Berichte Nobiles über die Vorgänge im Lager feien nicht dazu geeignet, in der Oesfenllichteit Vertrauen zu erwecken. Es sei auch noch nicht geklärt, ob Dr. Malmgreen nicht etwa im. Zorn über dos Verhalten Nobiles das Lager auf dem Eise ver laßen hat. Wenn die beiden andererseits als Freunde voneinander ge schieden seien, könne man nicht begreifen, warum Nobile es zu gelasten habe, daß ein Mann mit einem gebrochenen Arm und ohne Waffen sich in die surchtbare Gefahr begab. Nobile selbst habe in feinem Bericht angedeutet, daß Malm green mit Selbstmordgedanken umgegangen sei. Diese Vorgänge forderten eine Aufklärung doch nicht durch Nobile und Italien, sondern vor einem internationalen Forans Das internationale Ehren- oder Schisdsericht solle natürlich nicht eingesetzt werden um zu strasen, sondern um aufzuklären. Man müsse folgende Fragen stellen: 1. War die Italia für den Polarflug geeignet? Diese Frage sei von hervorragenden Lustschissfachverständigen verneint worden. 2. Waren Nobiles Maßnahmen nach der Katastrophe ein wandfrei, u. a. das Verlasten der Mannschaft auf dem Eise? 3. Hat Nobile durch seine unklaren und widersprechende» Berichte eine Eesährdung der Hilfsexpedition verursacht? Wenn im nächsten Jahr die Polarforschung im großen Stahe wieder ausgenommen werden solle, so müsse das Mißtrauen und der Unwille der Oefsentlichkeit gegen solche Unternehmungen vor her beseitigt werden. Die Rettung der in den brennenden Wagen cin- geschlossenen verletzten Passagiere war nur uuter den größten Schwierigkeiten möglich. Es war schwer, die Schlauchleitungen über die vielfach sich kreuzenden und von Zügen befahrenen Gleisanlagen heranzuführen. Noch eine Stunde nach dem Unglück waren aus den brennenden Wagen entsetzliche Hilferufe zu hören. Bei Scheinwerfcr- beleuchtung wurden mit elektrischen Schneideapparaten die Seitenflächen der Wagen geöffnet. Bereits eine halbe Stunde nach der Katastrophe waren die ersten Teile her- ausgeschnitten, aber erst anderthalb Stunden später war es möglich, den Brand so weit zu löschen, daß man in die Wagentrümmer eindringen konnte. Von den zehn Todesopfern sind mehrere noch unerkannt; unter den Toten befinden sich zwei Offiziere der Landespolizei in Augsburg. Das Eifenbahnunglück hat in der Bevölkerung Mün chens ungeheuere Erregung hervorgerufen, da Bayern, insbesondere aber München, in den letzten Jahren wieder holt der Schauplatz schwerster Eisenbahnkatastrophen ge wesen ist. Mit ungewöhnlicher Schärfe fordern die Mün chener Blätter Tatender Reichsbahn, nicht aber amtliche Entschuldigungsberichte. Es wäre ein schweres wirtschaftliches Unglück, wenn die Deutsche Reichsbahn infolge der vielen Katastrophen in schlechten Ruf geriete. Dcr Reichspräsident und der Reichsverkehrsminister haben an den General- direktor der Deutschen Neichsbahngesellschaft herzliche Bei lerdstelegramme gerichtet. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft München wurden im Verlaus der Untersuchung über die Ursachen des Eisen bahnunglücks zur Klärung der Frage, wie der zweite Zug freie Fahrt bekommen konnte, obwohl das Block signai „gesperrt" gestellt war, der Oberstellwerksmeister Schnellrieder, der Bahnarbeiter Joseph Hecht! und der Oberweichenwärter JohannSchall vorläufig festgenommen. Ein zweites Eisenbahnunglück in Bayern. Infolge Ausdehnung der Schwellen durch die große Hitze entgleiste ein Zug auf dcr Waldbahn Reit in Winkel-Ruhpolding, wobei die Lokomotive und die beiden ersten Wagen über den Fahrdamm in einen Gebirgsfluß stürzten. Drei Fahrgäste wurden leicht ver letzt. Die Wagen wurden stark beschädigt. * Dcr Eiscubahndamm Mittenwald—Scharnitz verschüttet. Die Neichsbahndirektion München teilt mit: Am Sonntag wurde zwischen Mittenwald und Scharnitz der Eisenbahndamm und die Straße bei Kilometer 121,6 auf etwa 80 Meter durch eine Mure (Geröll-Lawine) ver- fchüttet. Der Personenverkehr wird durch Umsteigen auf- rechterhalten. Pioniere sind zur Beseitigung der Erd- mafsen abgegangen. Scharfe K Itik an der Reichsbahn München, 16. Juli. In der Münchcner Presse kommt mehrfach scharfe Kritik gegenüber der Reichsbahn zum Ausdruck, so schreiben die Münchener Reuest. Nachrichten: Man werde sich nicht mehr mit irgendwelchen Beschwichtigungen zufrieden geben können, da es sich nicht mehr um einen Fall, sondern um ein Glied in der Kette ungeheuerlicher Verschuldungen handele. Auch die München-Augsburger Abendzeitung ruft aus: „Das geht nicht so weiter!" und bemerkt unter Hinweis auf die Dawesl. sten der Reichsbahn, dieses System fei nicht mehr aufrecht zu erhalten. Die Bayrische Staatszeitung richtet heftige Angriffe gegen die