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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, D« »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in H« Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch dje Boten 2,30 AM., bei Poftbestellung r.NW. zuzüglich Abtrag- . gebühr. Einzelnummern »Apfg.AllePostanstalten Wochenblatt für 28ilsdruff u. Umaeaend Postboten und unsereAus- träger und Geschäftsstellen nehmen zu jederzeit Be ¬ stellungen entgegen. ImFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oderKürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt uur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die »gespaltene Raumzeile 2V Npfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen ^»Reichs- Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. geschriebeneErscheinungs- tage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit Kevnsvrelbev: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm.10 Uhr. ' - » Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. JederRabattachpruck erlischt, wenn derBetragdurch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Brrmittlungssiellenentgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 1S1. — 87.Aahrgang Teiegr Adr »Amtsblatt« Wilsdruff - Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 16 August 1828 Aus -em Nichts. Wohl nichts anderes bietet ein solch deutliches Bild für den wirtschaftlichen Wiederaufbau in Deutschland wie die Entwicklung, die die deutsche Handelsflotte nach dem Friedensschluß von Versailles genommen hat. Sie er stand wieder aus dem Nichts; denn man mutz be denken, daß jener Vertrag alle deutschen Schiffe der Entente übereignete, die mehr als 1000 Bruttoregistertonnen hatten, und der Norddeutsche Lloyd verfügte damals nach dieser Ablieferung nur noch über einen Seebäderdampfer von ganzen 781 Tonnen als größtes Schiff seines Be standes. 1914 stand Deutschland mit seinen 5,14 Mil lionen Registertonnen an zweiter Stelle der Wellhandels flotte; allerdings blieb es noch unendlich weit hinter Eng land zurück, das über 41 Prozent der Welthandelsflotte besaß. Und aus diesen 5,14 Millionen Registertonnen waren 1919 150 000 Tonnen geworden; die deutsche Flagge war so gut wie ganz verschwunden vom Weltmeer. Man ging an die Arbeit, an eine Wiederauf bauarbeit, bei der das Reich durch billige Kredit hergabe an die Reedereien und Werften ausgiebig half. Der Erfolg dieser Wiederaufbauarbeit ist überaschend. Nicht bloß äußerlich stellen die beiden jetzt vom Stapel laufenden Dampfer des Norddeutschen Lloyds mit ihren je 46 000 Registertonnen Schiffe dar, die an Größe gar nicht mehr so weit zurückbleiben hinter den Riesen wie „Imperator", „Bismarck" und „Vaterland", die uns die Entente enteignete, sondern in einem gewaltigen Sprunge von 14 000 Tonnen geht man jetzt über die Ausmaße des bisher größten deutschen Dampfers, des „Columbus", hinaus. Freilich ist für die deutsche Flotte noch längst nicht der Vorkriegsstand erreicht, auch im Verhältnis zur Welthandelsflotte nicht; erst an vierter Stelle steht jetzt der deutsche Schiffsraum und zwischen England und uns haben sich die Vereinigten Staaten und Japan geschoben, die vor dem Kriege so gut wie gar keine Rolle spielten. Die amerikanische Flotte aber hat sich schon zu einem sehr gefährlichen Konkurrenten der englischen herausgebildet, steht ihr nur noch um 8 Prozent nach. England ist — auch eine Folge des Krieges — von seiner stolzen Höhe tief hinabgefuuken. Mußte die deutsche Handelsflotte nun nicht blotz von Grund auf neugebaut werden, es wurden auch diese Schwierigkeiten noch ganz erheblich vergrößert dadurch, daß sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Welt schiffahrt bald völlig änderten. Deutschlands Handels flotte vor dem Kriege ist groß geworden vor allem durch das Auswanderungsgeschäft. Von den zwei Millionen Passagieren, die im letzten Vorkriegsjahr deutsche Schiffe von Hamburg und Bremen aus zur Fahrt nach Übersee benutzten, sind 1,4 Millionen Aus wanderer gewesen. Dem machte nun die Kontingen tierung der Einwandererzahl in den Vereinigten Staaten ein jähes Ende. Der breite Answandercrstrom aus Ost- und Südosteuropa, der über Hamburg und namentlich über Bremen ging, versiegte bis auf ein schmales Bäch lein. Schleunigste Umstellung war nötig, nicht zuletzt im Schiffbau selbst, da früher die Masse an Zwischendecks passagieren besondere Unterkünfte auf den Schiffen ver langte. Aus dem Nuswanderergeschäft wird das Passagier- und Touristengeschäft und dies ändert den ganzen Charakter der neu zn erbauenden Schiffe. Vieles wird einfacher, alles aber zweckmäßiger, weil allmählich immer mehr die Schiffseinteilung in die drei Kajüten und das Zwischendeck abgcändcrt wird in eine Zwei teilung. Auch hierin ging der Norddeutsche Lloyd voran, folgte ihm aber die Häpag mit schnellen Schritten. Schwierigkeiten über Schwierigkeiten also im Passa gier- ebenso wie im Gütertransportgeschäft. Der Welt schiffsraum war namentlich durch den Masscnbau auf den Werften der Vereinigten Staaten für die stockenden wirt schaftlichen Verhältnisse der Nachkriegszeit viel zu groß geworden und Tausende von Schiffen rosteten un genutzt in den Häfen. Neue Schwierigkeiten auch vadurch — allerdings nicht für die großen, sondern für die mittleren und kleinen Reedereien —, daß die soge nannte Trampschiffahrt immer unrentabler wurde. Die Verhältnisse in der Weltwirtschaft änderten sich; der »Tramp"-Kapitän, der sich von Hafen zu Hafen mühsam die Frachten zusammensuchte, mußte der modernen Ent wicklung Weichen, die es verstanden hat, Massengüter auf- Mstapeln, ohne daß sie dem Verderben anheimfallen, und sie zu regelmäßigen Terminen abtransportiercn zu lassen. Das kanadische Getreide, das argentinische und australische Fleisch nach Europa zu befördern war kein Saisongeschäft wehr, sondern fiel immer mehr der Linienschiffahrt mit ihren festen Fahrtterminen zu. Die Konkurrenz mit den anderen seefahrenden Mächten war für Deutschland fa st erdrückend — und doch vermochte man in den neun Jahren des Wiederauf baus die deutsche Handelsflotte wieder auf jetzt 3,74 Mil lionen Registertonnen hinaufzubringen; und — ihr größter Vorzug — sie besteht in der Hauptsache nur aus Modernen und modernsten Schiffen. Auch die Eifersüchte leien zwischen den beiden großen deutschen Schiffahrts- Sesellschaften, dem „Lloyd" und der „Hapag", zwischen Wremen und Hamburg, haben endlich aufgehört, weil man wnsgh, daß es besser wäre, zwar getrennt zu marschieren, «der vereint und nicht aufeinander loszuschlagen. Noch besteht in der Nordatlantik kein Tarifkamvf, noch wahren Nr. ötresemW Wiser Reise Beilegung des Zweibrückener Zwischenfalles. Reichsaußenminister Dr. Stresemann hält sich zurzeit in Oberhof zur Nachkur auf. über seine mehr fach behandelten Reisepläne für die nächste Zukunft ist bis her eigentlich noch nichts Bestimmtes zu erfahren ge wesen. Mittlerweile rücken aber die Termine einerseits für die Unterzeichnung des Kellogg-Paktes in Paris und andererseits sür die Eröffnung des Völkerbundrates in Genf näher. Die Abreise des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes, Dr. von Schubert, nach Oberhof legt deshalb die Vermutung nahe, daß nunmehr die Entscheidungen fallen sollen. Unter der Voraussetzung, Stresemanns Gesundheits zustand sei einwandfrei, wird in einem Teil der poli tischen Kreise Berlins angenommen, Ende dieser Woche werde der französischen Regierung mitgeteilt werden, daß der Reichsaußenministcr persönlich die Unterschrift unter den Kellogg-Pakt für das Deutsche Reich leiste. Wesent lich erleichtert werde der Entschluß zur Pariser Reise da durch, daß die wochenlang geführten Verhandlungen zwischen dem Berliner und dem Pariser Kabinett über den sogenannten Zweibrückener Zwischenfall z« einer Einigung geführt haben. Die französische Regierung hat zu verstehen gegeben daß sie nicht die Auslieferung jener drei Deutschen ver lange, die von der französischen Besatzungsbehörde zu Ge fängnisstrafen verurteilt wurden, weil sie die Trikolor« von einem Gebäude heruntergeholt und verbrannt haben Die offizielle Meldung darüber lautet: Die Besprechungen, die der deutsche Botschafter in Paris zwecks endgültiger Beilegung des Zweibrückener Zwischen falles während der letzten Tage mit dem französischen Außen Ministerium gehabt hat, haben zu einer für beide Seiten be friedigenden Beilegung geführt. Aus Grund dieser Einignni wird die ursprünglich ausgesprochene Forderung auf Ausliefe rung der Beschuldigten keine Rolle mehr spielen. * Journal de Debats fordert erneut Aus sprache zwischen Briand und Poineare über die Nheinlandsrage Paris, 15. August. Das „Journal de Debats", das be reits vor einiger Zeit daraus hingewiesen hatte, wie notwendig eg sei, daß Briand vor seiner Zusammenkunft mit Stresemann, sei es in Paris oder in Genf, sich mit Poineare über die gegen über Deutschand zu befolgenden Richtlinien einige, kommt am Mittwoch erneut darauf zurück und stellt fest, daß der nächste Mi nisterrat in Paris erst für Anfang September festgesetzt sei. Auch glaubt das Blatt zu wissen, daß Briand und Poineare sich noch nicht ausgesprochen hätten. Unter diesen Umständen sei nicht zu erwarten, daß die französische Regierung eine wohlüberlegte und den Verhältnissen angepaßte Außenpolitik betreibe. Die Genfer Verhandlungen könnten von größter Bedeutung jein. Stresemann werde von der Rheinlandräumung sprechen, wenn nicht mit den Franzosen, so doch mit anderen Staatsmännern. Antworte man ihm mit verlegenen Schweigen, so werde er sortfahren, auf die europäische Oefsentlichkeit in seinem. Sinne einzuwirken und den günstigsten Augenblick sür sich abwarten. Unterdessen werde die Rheinlandräumung von Monat zu Monat an Bedeutung ver lieren. Deshalb wäre es falsch, eine solche Politik zu betreiben, denn die Zeit arbeite nicht für Frankreich. Untätigkeit könne nur als ein Zeichen von Schwäche gedeutet werden. Allem Anschein nach rechne die Reichsregierung fest damit, daß Frankreich, müde geworden, ngchgeben werde. Die französische Regierung müsse sich mit den anderen Mächten darüber verständigen, unter welchen Voraussetzungen und zu welchem Preis eine vorzeitige Rheinland räumung annehmbar sei. Auch die Anschlußfrage müsse dabei zur Sprache gebracht werden. Australien verzichtet ans Beschlagnahme deutschen Eigentnmr. London, 15. August. Der Oberkommissar sür Australien in London, Sir Granville Ryrie, ist durch ein Kabeltelegramm des Premierministers Bruce verständigt worben, die Regierung von Australien beabsichtige nicht, von dem sich aus dem Vertrag von Versailles ergebenden Recht Gebrauch zu machen, das Eigen tum deutscher Staatsangehöriger in Australien mit Beschlag zu belegen, wenn Deutschland bei der Ersüllung der sich aus diesem Vertrag herleitenden Verpflichtungen durch vorsätzliches Ver halten in Verzug geraten sollte. Diese Zusage bezieht sich auf alle Formen privaten Eigentums, das deutsche Staatsangehörige in Australien besitzen oder das sich unter australischer Kontrolle be finde. die Grotzschtssayrtsgesellschaften der einzelnen Länder eine Art von Burgfrieden; aber wenn es einmal zu einem solchen Kampfe kommen wird, dann steht in ihm die deutsche Handelsflotte nicht bloß einig, sondern auch in einer neuen guten Rüstung da. Trotz aller dieser unend lichen Schwierigkeiten äußerer und innerer Art, trotz der furchtbaren Verluste im und nach dem Kriege ist man rührig an die Arbeit gegangen mit dem Auge auf jenen alten Spruch, der über dem Portal des Bremer Schiff- fahrtsamts steht: „^aviMro noeosso ost, vivero non," „Schiffahrt treiben ist notwendig, aber das Leben ist nicht das wichtigste." Oie englisch-französischen Rheinlanönranover. Politische Vorverhandlungen. Englische Blätter sind jetzt in der Lage, mitzuteilen, und zwar auf Grund von Äußerungen amtlicher franzö sischer Stelle, daß die Anregung zu den aufsehenerregen den gemeinsamen Manövcrn der englischen und der fran zösischen Kavallerie im besetzten Gebiete ausgegangen ist von dem sranzösischen Oberkommandeur General Guilleaumat in Mainz; er hat sich an das Pariser Kriegs ministerium mit der Anfrage gewandt, ob dort gegen die Einladung des englischen Regiments Bedenken bestünden. Ursprünglich scheinen diese Bedenken vorhanden ge wesen zu sein, denn das Kriegsministerium leitete die An frage an das Außenministerium weiter und dieses wieder fragte bei der englischen Regierung, und zwar beim dorti gen Außenministerium an. Von dort erfolgte eine freudige Bejahung, was nicht gerade sehr verwunderlich ist, da dem jetzigen Vertreter Lord Chamberlains, Lord Cushendun, noch niemals auch nur die geringste Deutsch freundlichkeit nachgesagt worden ist. Es ist also selbstverständlich, daß diese englisch-sran- zösischen Manöver, die man nun zu einfachen „Übungen" machen will, keineswegs nur einen rein militärischen und waffenbrüderschaftlichen Charakter haben, wie es ein lahmes Dementi der englischen Regierung darzustellen versuchte. Sie haben vielmehr, wie die Verhandlungen zwischen den beiden Außenministerien ergeben, einen emi nent politischen Hintergrund, und man wird es infolge- deffen der deutschen Öffentlichkeit nicht verwehren können, > diese englisch-französischen Kavallerie-„übungen" im be setzten Gebiet auch politisch zu bewerten. Hindenburg an Hamisch. Glückwünsche der Reichsregierung. Reichspräsident von Hindenburg hat an den österreichischen Bundespräsidenten Hainisch zu der Vollendung des 70. Lebensjahres folgendes Glückwunsch telegramm gesandt: „Der heutige Festtag gibt mir Ge legenheit, Ihnen, verehrter Herr Bundespräsident, in treuem Gedenken meine aufrichtigsten Glückwünsche aus- zusprechen. Mit dem deutschen Volke hoffe ich von gan zem Herzen, daß Ihnen das gütige Schicksal es erlauben möge, noch viele Jahre Ihres Lebens der unermüdlichen und aufopfernden Arbeit zum Segen des österreichischen Brudervolkes zu widmen." Die Reichsregierung hat durch den deutschen Ge sandten in Wien dem Präsidenten Dr. Hainifch ihre Glückwünsche aussprechen lassen. Bundespräsident Hainisch hat den Wunsch geäußert, daß keine offizielle Feier stattfindet. Er verbrachte den Tag mit seiner 90jährigen Mutter, seiner Gattin und seinen Söhnen auf seinem Gute Eichberg im Semmering gebiet. Der Bundeskanzler Dr. Seipel hatte sich dorthin begeben, um dem Bundespräsidenten die Glückwünsche der Bundesregierung zu überbringen. Englisch-französische Aote an Bulgarien. Einschreiten gegen mazedonische Unruhestifter verlangt. InSosia überreichten die Gesandten Englands und Frankreichs der bulgarischen Regierung eine Note, in der auf die Notwendigkeit hingewiesen wird, energische Maß nahmen gegen die mazedonischen Revolutionäre zu er greifen, die durch ihre Tätigkeit den Frieden der benach barten Nationen bedrohten. Die Vorstellungen des eng lischen Gesandten Sperling waren in sehr energischem Ton gehalten, während der französische Gesandte sich etwas gemäßigter verhielt. Das Vorgehen soll auf englische An regung zurückzuführen sein. Bei Nichterfüllung des Verlangens wurden Sank tionen finanzieller Natur angedroht, und zwar erinnerte der englische Gesandte an den Einfluß Chamberlains aus die Maßnahmen zugunsten der bulgarischen An leihe. Er deutete an, daß im Notfälle England die An leihe verhindern werde. Auch der französische Gesandte erinnerte an das Wohlwollen Frankreichs in der Anleihe frage, wofür Frankreich ein Entgegenkommen Bulgariens