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MM sd »MH Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags and Sonnabends. BezugSpreiss vierteljährlich I M. 30 Psg., durch die Post be zogen 1 Ml. 54 Psg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. und Umgegend. Amtsblatt Inserate werd« Montags, Mittwochs «nb Freitag» bS spätestens 12 Uhr angenommen JnsertionspreiS 15 Psg. pro viergespalteue Korpuszeile. Außerhalb des Amtsgerichtsbezirks Wilsdmff 20 Psg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 Ausschlag. Mr dir Kgl. Amtstzauptmannschast Weihen, flir das Kgl. Amtsgericht und den Stadkrat zu Wilsdruff sowie für das Kgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain. Blankenstein. Braunsdorf. Burkhardtswalde, Groitzsch. Grumbach. Gruno bei Mohorn. Helbigsdorf. HerzogSwalde mit Landberg. Hühndorf, Kausbach, Keflelsdorf. Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf. Limbach. Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha. Oberhermsdorf Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Druck und Verlag von Zschunke» Friedrich, Wilsdruff. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, sür den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. No. 24. Sonnabend, den 23. Februar 1SV7. tz«. Jahrg. Auf Blatt 93 des hiesigen Handelsregisters ist heute die am 1. Juli 1906 errichtete offene Handelsgesellschaft Bertholdt «L Burkhardt in Wilsdruff einge. tragen worden Die Gesellschafter sind: Der Architekt Friedrich Emil Bunge genannt Bertholdt und der Kaufmann Moritz Herman« Burkhardt in Wils druff. Aigegevener Geschäftszweig: Herstellung von Neu- uao Umbauten, Anfertigung von Skizzen und Kostenanschlägen, sowie Handel mit Baumaterialien. Wilsdruff, den 21. Februar 1907. »g« Königliches Amtsgericht. kslMrsteigerWg, Spechttoaufener ftrvler. ns» Gasthof zu Spechtshaufen, Donnerstag, den 28. Februar 1907, Vorm. 9 Uhrr 1126 w. Slämme, 8 h. u. 743 w. Klötzer, 7885 w. Derb- u. 14250 w. Reisslängen, 21 rm w. Nutzschcite, 64.5 rm w. Nutzknüppel, 98 rm w Brennscheite. 4 rill h. u. 152 rm w. Brennkuüppcl, 1,5 rm h. Zacken, 2,5 rm h. u. 144 rm w. Neste; Durchforstungs- u. Kahlschlagshölzer in Abt. 2, 8, 10, 12, 15, 24, 32, 48, 49 und 51. W. forslrevierverwattung Speamvausen u. W. ForMemantt charaM. LoUtisehe Rundschau. Wilsdruff, 22 Februar 1907. Deutsches Reich. Stimmungsbild aus dem Reichstage. In der Sitzung bet Reichstages vom Mittwoch wurde, wie schon kurz in voriger Nummer gemeldet, zumReichs- tagspr äsidenten der Konservative GrafzuStollberg- Wernigerode mit 214 von 383 abgegebenen Stimmen gewählt. Der vom Zentrum präsentierte Dr. Spahn erhielt nur 164 Stimmen. Zum ersten Vizepräsidenten wurde derNationalltberaleDr.Paasche, zumzweiten Vizepräsidenten Kaempfs von der freisinnigen Volkspartei gewählt. DaS Zentrum ist also völlig aus dem Präsidium ausgeschteden. Bon der Sitzung erhält der .Dr. A." folgendes fesselnde Stimmungsbild: Trotzdem es sich um eine rein geschäftliche Sitzung Handelte und große Reden durchaus nicht zu e? warten waren, war die Aufregung schon vor der Eröffnung der heutigen Sitzung recht groß- Wie ein Bienenschwarm, der aus irgendwelchem Grunde in Aufregung gerate» ist, nahm sich das Haus von der Journalistentribüne gesehen aus, bevor der Alters präsident, der greise Abgeordnete von Winterfeld-Menkin die Sitzung eröffnete. Allmählich erst kam etwas Ruhe in die Massen, sodaß der Präsident sich mühsam verständigen konnte, allerdings nur unten im Saale, denn dis zu den Tribünen drang seine dünne Stimme ebensowenig, wie die der Schriftführer, die mit monotonem Tonfall die Namen verlasen. Aber trotzdem die erste Auszählung über eine Stunde dauerte, war die Tribüne von dichten Scharen von Abgeordneten umlagert. Es war nach Uhr, als die Auszählung beendet war. Mit lautem Bravo wurde die Feststellung der hohen Zahl der Anwesenden, 387, und ebenso die Feststellung der auf den Graf Stollberg, den bisherigen Vizepräsidenten entfallenen Stimmen — 214 — begrüßt. In dieses Bravo stimmten auch die Freisinnigen ein, was das Zentrum mit einem allgemeinen Ge- lächter beantwortete, in dem die weiteren Angaben wenigstens für die Tribüne verloren gingen, so daß die Journalisten — eS war kurz vor Redakttonsschluß — rat los die Telephonstellen umstanden, bis endlich aus dem Bureau die richtigen Zahlen gemeldet wurden. Inzwischen hatte Graf Stollberg mit einigen Worten dem Hause für die hohe Ehre gedankt. Nachdem sich das Haus noch zu Ehren des Alterspräsidenten, der bisher die Verhandlungen geleitet hatte, erhoben hatte, schritt man zur Wahl des ersten Vizepräsidenten, deren Ergebnis man mit allgemeiner Spannung entgegensah. Bei der Wahl des ersten Präsi denten hatte das Zentrum gezeigt, daß es ihn aus feinen Reihen genommen wissen wollte und war dabei einstimmig von der Sozialdemokratie unterstützt worden. Nach der allgemeinen Stimmung zu urteilen, durfte man annehmen, daß mau ihm auf Wunsch den Posten des ersten Vize- Präsidenten nicht vorenthalteu würde. Als aber die Er gebnisse verkündet wurden, zeigte es sich, daß Herr Paasche gewählt worden war, währendZentrum und Sozialdemokratie durch Abgabe weißer Zettel protestierten. Damit war die Situation entschiede» und auch äußerlich die neue bunte Majortät wieder hergestellt, während Zentrum und Sozial demokratie zur gemeinsamenOpposttion zusammengeschmiedet waren. Im Verhältnis zu der Bedeutung der vorher- gegangenen Wahlen bot die Wahl des 2. Vizepräsidenten keine besondere Aufregung. Man sah ihr im allgemeinen recht gelassen entgegen und war nicht überrascht, als das Ergebnis verkündet und der bei der letzten Wahl wieder in den Reichstag gewählte Abgeordnete Kaempff aus der Urne stieg. Bis jetzt war die Beteiligung äußerst zahl reich gewesen. Nun aber, wo es sich um die Wahl der Schriftführer handelte, begann eine allgemeine, fast panik artige Flucht, der sich nur wenige entzogen, und gleich zeitig wuchs natürlich dir Unruhe derart, daß Graf Stollberg mit aller Kraft die Glocke rühren mußte, um sich zur Geltung zu bringen. Uebrtgens war die Sensation des Tages rrschöpft. Die Verkündung des Wahlergebnisses bezüglich der Schriftführer wurde auf die nächste Sitzung vertagt und die einzige piLos äs rssistaacs blieb die Festsetzung der Sitzung auf den nächsten Montag. Unfug oder Dummheitk Eine unglaubliche Rolle hat der hinter den Gefängnis- mauern sitzende Köpenicker Schuster Voigt bet den letzten RetchstagSwahle» gespielt. In der Provinz Sachsen gab es fast keinen Wahlkreis, wo nicht auf ihn einige Stimmen fielen. Selbst in der Stichwahl waren einige Wähler einfältig genug, für Voigt zu stimmen. Im Kreise Jerichow wurden für den „Hauptmann" 231 Stimmen bei der Stichwahl abgegeben. Ein bedenkliches Zeichen von der Vorstellung, die sich Wähler vom Wahl recht machen. Zielbewußtsein bis aufs Rasiermesser. Aus Barmen wird der „Vossischen Zeitung" ge- schrieben: Dem hiesigen Rasierer Lang war aus Genoffen- kceisen der Vorwurf gemacht worden, in einer Wahlver sammlung zu den Ausführungen des christlich-sozialen R-ichstagSkandidateu Oberlehrer Linz „Sehr richtig" ge rufen und diesem Herrn bei der Wahl auch seine Stimme gegeben zu haben. Dem Rasierer wurde bedeutet, daß man nur von einem tüchtigen Genossen rasiert werden wolle. Aber damit nicht genug, es wurde in einer eigens etnberufenen Versammlung über Lang zu Gericht gesessen und auf Grund des ermittelten Tatbestandes den Ge- nosse« sreigestellt, ob sie sich bei Lang weiter rasiere« lassen wollten oder nicht. Tatsächlich ist seitdem ein Teil der Kundschaft ausgeblieben. Hat der Bauer Geld, hat's die ganze Welt! In der sozialdemokratischen „Leipziger Volkszlg." lesen wir heute folgendes: „Eine Folge der günstigeren Situation, in der sich die Landwirtschaft befindet, ist die Hebung, die Handel und Gewerbe in kleineren Städten während der letzten Zeit im allgemeinen erfahren hat." Die „D. Tagesztg." bemerkt hierzu: „Wir freuen uns des Zugeständnisses, daß der Satz: „Hat der Bauer Geld, hat's die ganze Welt" wenigstens für die kleineren Städte allgemein gllt. Bisher bat die sozialdemo kratische Presse unS, wenn wir den Satz anwendeten und begründeten, vorgeworfen, daß wir damit Bürgerfang trieben. Des jetzigen Zugeständnisses werden wir uns bei jeder passenden Gelegenheit erinnern. Ausland. Fortschritte der evangelische« Kirche i« Oesterreich. Seit Begin« der Los von Rom-Bewegung bis An fang 1907 wurde» in Oesterreich errichtet: 24 neue deutsch evangelische Pfarrgemeinden, 69 Neubauten evangelischer Kirchen und Kapellen, 200 neue evangelische Predigtstellen, 200 neue ReligtonSunterrichtsstellen. — Im Jahre 1906 kamen hinzu: 16 neue Predigtstellen, 16 „ Reltgtonsunterrichtsstellen, 6 „ Pfarrgemeinden, 8 „ Kirchen, 3 „ B-thäuser, 3 Betsäle, 2 Pfarrhäuser, 1 Schulhaus, 1 evangelisches Kurhosptz, 1 „ Erholungsheim, 1 „ Krankenheim, 1 evangelischer Waisenhausneubau. Ferner bildeten sich eine Anzahl Ktrchbauvereine und wurden mehrere Kirchbauplätze erworben. An fün Orten legte man den Grundstein zu Kirchen und an 2 Orten zu Waisenhäusern. 1905 konnten nur 7, 1906 aber noch einmal so viel, nämlich 14 gottesdienstliche Stätten geweiht werden. Gemeindeschwestern wurden an 4 Orten angestellt. Es bildeten sich ein evangelischer Frauenverein, zwei Blaukreuzvereine. Der österreichische evangelische Bund wuchs bis Mitte 1906 auf 79 gegründete und 23 in Bildung begriffene Ortsgruppen mit 4683 Mitgliedern, der Lutherverein (für evangelische Schulen) auf 20 österreichische und etwa 40 reichsdeutsche Ortsgruppen. Die Zahl der Uebertritte wird demnächst amtlich bekannt gegeben werden. In Wien allein betrug sie 1146. Wie der Zar die Zeitungen liest. Die meisten Herrscher Europas lassen sich täglich von Beamten ihres HofeS oder staatlicher Behörden eine Ueber- sicht von denjenigen Artikeln der Presse zusammenstellen, die von Interesse für sie sein könnten. So erhalten sie an jedem Tage eine bequeme Ueberstcht über alles Wissens werte, das die Zeitungen bringen. Sämtliche Zeitungen selbst zr lesen, würden die Pflichten ihres Berufes ihnen kaum gestatten. Aber fast alle halten sich doch noch da neben einige Blätter zu eigenem Gebrauche, schon zur Kontrolle, ob ihnen nichts Wichtiges vorenthalten wird. Anders der Zar. Nikolaus n. nimmt niemals eine ganze Zeitung in die Hand; er begnügt sich mit den für ihn zusammengestellten Ausschnitten. Und wie werden sie zu- ammengestelltl Ein besoderes Bureau, die sogenannte „Administration der Drucksachen" übt eine regelrechte Zensur über jedes Druckerzeugnis aus, ehe man es vor die Augen des Selbstherrschers aller Reußen gelangen läßt. Diese Zensur ist eine fünffache. Zunächst sehen bestimmte Be amte die in Frage kommenden Zeitungen und Zeitschriften durch und streichen mit Rotstift das an, was der Zar, ihrer Ansicht nach, ohne Gefahr zu sehen bekommen darf. Eine zweite Kategorie von Beamten schneidet diese Artikel nun aus und befestigt sie mit Stecknadeln auf großen Bogen von starkem Papier. Jetzt tritt eine dritte Schicht von Beamten in Tätigkeit und entfernt alles nach ihrer Ueber- zeugung nicht ganz Einwandfreie. Was übrig bleibt, wird dem Chef der Administration vorgrlegt, und der nimmt neue Streichungen und Unterdrückungen vor. Nu« geht geht das Ergebnis zwei Ministerien zur Begutachtung zu, dem des Aeußeren urd dem des kaiserlichen Hofes. Re sultat: abermalige Verminderung. Schließlich wird, was dann noch vorhanden ist, mit der Maschine abgeschriebeu, und endlich wandert der fünfmal verdünnte Extrakt hinaus nach dem Schloße von Ssarskoje-Selo, zum Kaiser. .Solange der General Trepow noch lebte und Palastkommandant war, nah» er noch eine sechste und allerletzte Durchsicht vor, die nicht immer die mildeste war. — Das ist die einzige Fühlung, die der Zar mit der Presse, mit der öffentlichen Meinung unterhält. Ist es da ein Wunder, wenn er von dem, was in seinem Ricsenreiche vorgeht, von den Stimmungen und Wünschen seines Volkes, von den Leiden, denen es ausgesetzt ist, so gut wie gar nichts weiß? Hin und wieder kommt es wohl vor, daß ei« Großfürst oder eine Großfürstin — am häufigsten des Zaren Schwester, die Großfürstin Lenia — ihm ein Zeitungs- blatt bringt, und ihn auf einen Aufsatz darin aufmerksam macht. Der Zar liest, lächelt, zuckt die Achseln und glaubt nicht ein Wort davon. Ist er doch überzeugt, selbst weit besser unterrichtet zu sein. Eine neue Dampferkutastrophe. Rotterdam, 21. Febr. Der Dampfer „Berlin" der Linie Harwich-Hoek van Holland, der aus London kam und heute morgen in Nieuwe Water- weg einfahren wollte, ist infolge Sturmes an der Nordmole gescheitert. Der Dampfer ist in zwei Teile gebrochen und ein Teil gesunken. Die Passagiere und die Besatzung befinden sich auf dem Hinterteil des Schiffes, das noch aus dem