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KMU fiir RilMH Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich I Ml. 30 Pfg., durch die Post zogen 1 Ml. 54 Psg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. und Umgegend. Amtsblatt Inserate werden Montags, Mittwochs nud Freitags bi» spätestens 12 Uhr angenommen Jnsertiouspreis 18 Pfg. pro viergespaltene KorpuSzeil«. Außerhalb des Amtsgerichtsbezirls Wilsdruff 20 Psg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 »/, Aufschlag. für dir Kgl. Lmtshauptmannschast Meilsen, für das Kgl. Amtsgericht und den Stadtral zu Wilsdruff sowie für da« Lgl. Forffrentamt pr Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanueberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Gruno bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, KefselSdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bet Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Druck und Verlag von Zschunke L- Friedrich, Wilsdruff. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. No. 42. Donnerstag, Sen 11. April 1907. ««. Jahrg. OsUtUche Rnn-schan. Wilsdruff, 10. April 1907. Deutsches Reich. Der Kaiser und die Wahlnacht. Die denkwürdige Nacht der Stichwahlen mit der Kundgebung vor dem Schlosse soll im Bilde dex Nachwelt überliefert werden. Professor Franz Skarbina ist dazu ausersehen, ein Gemälde anzufertigen, das vervielfältigt und in einer Million Exemplaren über die deutschen Lande verbreitet werden soll. Wie nun der „Roland von Berlin" zu erzählen weiß, hat Skarbina die Skizzen zu seinem Bilde jüngst dem Kaiser vorgelegt, der die Ein wendung machte, baß auf dem Gemälde zu großes Ge- wicht auf seine Person gelegt sei: „Ein grauer Fleck und ein Helm darauf, das würde genügen, denn daß ich das oben im Fenster bin, ist doch klar", und dann fuhr der Kaiser fort: „Ich habe mir die Sache ganz anders gedacht. Mehr Volk, viel mehr Volk muß auf das Bild, Volksmassen, so weit das Auge reicht, und alles Volk in der stärksten Bewegung. Der Anblick war so gewaltig, daß ich die Kaiserin aus dem Bette holen mußte. Das mußte sie sehen, und so trat sie in einem übergeworfenen Pelz und Schal an das Fenster. Ja, oben herunter sollte das Bild eigentlich gemalt werden, wie ich das wogende Meer von Gesichtern vor Augen hatte und da zwischen die zuckende Hände und Hüte. Sogar die Roß- bündiger am Portal wimmelten von Menschen, und es sah merkwürdig aus, wie sich die Figuren klein ausnahmen auf den Bronzemassen. Wie gesagt, mehr Volk, viel mehr Volk!" Skarbina wird nunmehr, eh: er Las Bild im großen Format ausführt, seine Skizzen nach den Andeutungen des Kaisers änoern. Wie es in Deutsch-Südwestafrika aussteht, das schildert ein aus Windhuk stammender Brief, der im Organ der Deutschen Kolonialgesellschast veröffentlicht wird. Es heißt darin: „Mit dem Viehstande ist es recht gut bestellt. Aber außerordentlich betrübend sieht es mit Wasserund Weide aus. Zwar hatte die Regenzeit gut eingesetzt und das Gras war gut aufgegangen, aber plötzlich er schienen ungeheure Mengen von Heuschrecken, wie sie seit vielen Jahren nicht mehr beobachtet worden waren, und große Strecken sind, wie mit einer Decke, mit der jungen Brut bedeckt, so daß die Weide vollständig ver nichtet ist. Außerdem ist der Regen seit Wochen ausge blieben und die Regenzeit geht bald zu Ende. Wir müssen wohl aus ein schlimmes Jahr für die Farmwirt- schaft gefaßt sein. Ebenso stark haben die KIcinansiedlungen gelitten. In Klein-Windhuk hat zuerst der Frost ein Drittel bis zur Hälfte der Weinernte vernichtet. Jetzt sind nun auch dort die Heuschrecken eingefallen, gegen deren Andrang wir ziemlich machtlos sind. Sie haben alle Kartoffeln und alles Gemüse verzehrt und zum Teil bis auf den Stumpf abgefressen. Auch in Osona ist die ganze Ernte dahin." Neue Steuerprojekte aufzufinden, ist eine schwierige Ausgabe, das wird der deutsche Reichsschatzsekretär bereitwilltgst bezeugen. In Frankreich wurde neulich eine Junggesellen-Steuer beantragt, und i« Amerika, das auch auf diesem Gebiete das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu sein scheint, wird sogar eine Bart-Steuer tu Vorschlag gebracht. Im Staate New-Jersey hat ein Mitglied der gesetz- gebenden Körperschaft einen Entwurf etngebracht, der die Bärte der Männer, die nur dazu dienten, die Gestchts- züge wegen gefährlicher Motive zu verstecken, einer jähr lichen Steuer von 20 bis 200 Mk. unterwerfen will. Der Entwurf wird auch damit begründet, daß Bärtige die Kosten des Rasierens sparten. Schnurrbärte sollen daher auch sehr viel niedriger besteuert werden als Vollbärte. Drei schwere Verbrecher aus Deutsch-Südwestafrika sind an Lord des Retchs- postdampfer „Kronprinz" in Hamburg eingetroffen. Es handelt sich um den Schlosser Hoffmann, den Bergarbeiter Murphi, einen Australier, und den Seemann Haag, einen Engländer. Hoffmann, der beim Eisenbahnbau in der Kolonie beschäftigt war, wurde vom Gericht in Swakop- Mund wegen eines Mordversuchs an einem Arbeitsgenossen, den er durch einen Revolverschuß schwer verletzte, zu zwei wahren vier Monaten Zuchthaus verurteilt. Murpbi erhielt wegen bandeumäßigen Einbruchdiebstahls fünf Jahre Zucht haus, während gegen den vorbestraften Seemann Haag ebenfalls wegen Diebstahls auf eine Zuchthausstrafe von drei Jahren erkannt worden war. Die drei Verbrecher kommen in das Zuchthaus in Celle. Wie es dem Hottentotten-Häuptting Simo« Köpper entgegen seiner früheren Kapttulationserklärung möglich geworden ist, erneut eine feindliche Haltung cinzunehmen uud in die Wüste Kalahari abzurücken, ergiebt sich aus einer soeben eingcgangenen wetteren amtlichen Meldung, die folgendes besagt: Der Marsch Simon Koppers nach Gochas wurde durch die Heranziehung entfernterer und in der Kalahari wett zerstreuten Banden sowie durch das tiefe, sandige Dünengelände und die Mitsührung von Weibern und Kindern erheblich verlangsamt. Major Pirer, der diesen Marsch zunächst überwachte, wurse durch Mangel an Verpflegung und Wasser gezwungen, die Truppen schneller nach Gochas vorauszusenden. Mit Patrouillen hielt er jedoch die Fühlung mit Eimon Köpper aufrecht und hoffte hierdurch dem Kapitän, desfen Haltung bisher verläßlich erschien, daS Sammeln seiner ängstlichen und mißtrauischen Leute zu erleichtern. Ausland. Das Kö«igski«d, das man am spanischen Hof erwartet, wird schon früh die Mühseligkeiten seines Berufes, die lästige spanische Hofetikette, durchzukosten haben. Kaum geboren, muß eS gleich an einer feierlichen Zeremonie teilnehmen und sich einer erlauchten Versammlung vor- stelle». Sobald sich nämlich die ersten Anzeichen der bevorstehenden Entbindung bemerkbar machen, werden Eilboten ausgeschlckt, die das diplomatische Korps, die Minister, die Hofchargen, Kommissionen des Senats und des Kongresses, die Marschälle und Admiräle, die Ritter des Goldenen Vließes, Vertreter der Orden Karls III. und Isabellas der Katholischen, des heiligen Johannes von Jerusalem und dec vier Militärorden, die Präsidenten des Staatsrates und des Obertribunals, den Erzbischof von Toledo, den kommandierenden General von Ncukastilien, den Gouverneur, den Bürgermeister mit einer gewissen Anzahl Stadtverordneter und eine Abordnung des Adels ins Palais entbieten, wo diese Herrschaften sich dann in den unmittelbaren Vorzimmern des königlichen Schlaf- gemaches versammeln. Sobald die Entbindung statt gefunden, meldet die Oberhofmcisterin dies dem Minister- Präsidenten mit der Angabe des Geschlechtes. Dieser gibt die Mitteilung sofort dem kommandierenden General weiter, der dann die nötigen Befehle erteilt, um das Er eignis der Bevölkerung zu verkündigen, und zwar durch einundzwanzig Kanonenschüsse und durch Hissen der spanischen Flagge auf dem Palais, wenn es der erhoffte „Prinz von Asturien" ist, mit fünfzehn Kanonenschüssen und Hissen einer weißen Flagge, wenn „nur" eine In fantin zur Welt gekommen ist. Findet die Geburt nachts statt, so wird die Tatsache durch große Laternen in den entsprechenden Farben angekündigt. Inzwischen betritt der König den Salon; auf silberner Schüssel präsentiert er seinen Sprößling der Versammlung, während der Justizminister die nötige Eintragung in das königliche Zivilstandsregister macht. Zwei St««de« «nter dem Schrecke« eines Staatsstreiches» Aus Paris wird der „D. Tagesztg." geschrieben: Die geängstigten Gemüter haben sich von dem ausgestandenen Schrecken über die teilweise Mobilisierung der Pariser Garnison vom letzten Dienstag wieder erholt. Wie wir gemeldet haben, besetzte die in Vincennes bet Paris stationierte Infanterie und Kavallerie am genannten Tage die strategischen Punkte der Hauptstadt und erhielten die einzelnen PoltzeKommissariate in den Bezirken eine kleine Besatzung durch I. fanterie-Abteilungen. Dieser kleine Belagerungszustand dauerte nur zwei Stunden. Er hatte aber genügt, um die abenteuerlichsten Gerüchte in Umlauf zu setzen und vielen Leuten einen heillosen Schrecken einzu jagen. Der erste Gedanke war, daß man vor einem Staatsstreich stehe. Tatsächlich hatte der Truppenalarm, die Art und Weise wie die Infanterie — es waren drei tausend Mann — mit Präzission die ihr zugewiesenen Posten besetzte, viel Aehnltchkeit mit einer Umsturzbewegung durch die reguläre Waffengewalt. Die Sacke gewann noch dadurch einen gefährliche« Charakter, daß sich niemand, die Behörden mit invegriffen, den plötzlichen Aufmarsch der Truppen erklären konnte. Als sich zum Beispiel die Infanterie-Abteilungen in den Polizeirvachtstuben als „anwesend" dem Polizeikommissar meldeten, wußte dieser natürlich nicht, was er mit dieser militärischen Verstärkung anzufangen habe und telephonierte an seinen Vorgesetzten, den städtischen Polizeidirektor, um Aufklärung. Dieser wußte auch von nichts und verlangte seinerseits von seinem Chef, dem Polizeipräfektrn des Seineoepartements, nähere Erklärungen. Doch auch Herr Lepine war von der Sache überrascht und gezwungen, im Ministerium des Innern anzufragen. Hier fiel bei der unerwarteten Alarmnachricht die rechte Hand Clemenceaus, der Herr Unlerstaatssekrctär Sarrant, aus den Wolken und hatte nichts Eiligeres zu tun, als im Kriegsministerium Aufklärungen etnzuholen. Seltsamerweise zeigte sich auch der General Picquart überrascht und wandte sich an die letzte Stelle, die über die Ursache der Truppenmobilisation etwas wissen mußte, an das Platzkommando. Die Affäre wurde immer ge heimnisvoller, denn der Platzkommandant, General Dal- stein, wußte gerade so wenig wie die andern. Aber er traf seine Gegenmaßregeln in Gestalt von Befehlen, daß die mobilisierten Truppen unverzüglich in ihre Kasernen einzurücken hätten. Und sie kamen dieser Order sofort nach, folglich hatten sie keiner geheimen, staatsgefährlichen Gewalt gehorcht. Erleichtert atmete man unter den Republikanern aus. Der Staatsstreichschrecken war vorüber. Doch was hatte sich eigentlich ereignet? Warum waren die Truppen ausgerückt? Später erinnerte sich der General Daljtein, daß dem Oberst des 12. Artillerie-Regiments von Vincennes eine dienstliche, versiegelte Order zugestellt worden war. Sie enthielt den MobMerungsplan der Vincenner Garnison für den Fall des angekündigten Generalstreiks der ver schiedenen Pariser Arbeiterorganisationen. Nun heißt es, daß der Oberst erst nach Erhalt einer telegraphischen Weisung seitens seiner Vorgesetzten öffnen sollte, und daß die vorzeitige Erbrechung der Order ein Irrtum war. Es wird aber auch behauptet, daß die teilweise Mobilisierung mit Wissen der Regierung geschehen sei. Nur sei diese von den geheimen Polizeiagenten schleckt in die Pläne der roten Gewerkschaften eingeweiht gewesen. Diese lachen sich jetzt ins Fäustchen. Sie kennen nunmehr die Absichten der Regierung bei dem Ausbruch eines Generalstreiks und wollen dementsprechend auch ihrerseits Vorkehrungen treffen. Ei« Konflikt mit der Duma scheint sich zu entwickeln. Vermutlich hat Ministerpräsident Stolypin jetzt einen Vorwand gefunden, der die Auflösung der Duma einleiten soll. Ein Telegramm aus Peters burg meldet: „Ministerpräsident Stolypin hat dem Präsidenten der Reichsduma mttgeteilt, die Regierung werde unmittelbare Beziehungen zwischen der Duma und den Semstows, weil sie ungesetzlich seien, unter keinen Umständen zulassen. Anlaß zu dieser Erklärung hat der Umstand gegeben, daß der Vorsitzende der Notstands- kommission der Duma an einige SemstowS das Ersuchen gerichtet hat, ihre Berichte über die Verpflegungsrationen zur Einsicht zu überlassen." — Die Moskauer Blätter veröffentlichen ein geheimes Rundschreiben des Präsidenten des rushschen Volksverbandes, worin sämtliche Verbands- sektionen aufgefordert werden, an dem Tage, wo daS Parteiorgan „Rußkoje Snamja" an der Spitze des Blattes ein Kreuz tragen werde, telegraphische Petitionen an den Zaren und den Ministerpräsidenten zu senden mit der Aufforderung, die Duma sofort aufzulösen und das jetzige Wahlgesetz vollständig umzuändern. Uebe» -ine« Arbeiterausstand in Japan wird dem „Dresdn- Anz." aus Tokio geschrieben: Seit dem letzte« Kriege ist es wiederholt zu Ausschreitungen unzufriedener Massen gekommen, der erste gewalttätige Streik kam im Februar in den Ashio-Kupferminen zum Ausbruch. Schon länger Zeit hindurch wurde davon gesprochen, daß die Minenarbeiter ein den schlesischen Webern ähnliches Los nnd Leben führten, und daß große Unzufriedenheit unter ihnen herrschte. Nachgewiesen sind freilich die angeblichen Mißständen noch nicht, obwohl man zugibt, daß Grund zu Klagen dagewesen sein muß. Nach- gewiesen ist aber mit Sicherheit, daß sozialistische Agita toren aus Tokio den ganzen Winter über und auch während des Ausbruches der Unruhen unter der Arbeiterbevölkerung tätig gewesen sind. Anfang Februar kam es zu den