Volltext Seite (XML)
Erscheint wöchentlich dreimal nnd zwar DienStagS, DormerStagS nnd Sonnabends. BeznaspreiS vierteljährlich I Ml. 30 Pfg., durch die Post bezogen 1 Ml. 54 Pfg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. und Umgegend. Amtsblatt Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 15 Pfg. pro viergespalteue Korpuszeile. Außerhalb des Amtsgerichtsbezirks Wilsdruff 20 Pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 Ausschlag. für die Kgl. AmLshauptmannschast Weihen, für das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff, sowie für das Kgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanueberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grunv bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Keffelsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf Pohrsdorf, Röhrsdorf bet Wilsdruff, Roitzsch, Rothschöuberg mit Perne, Sachsdorf, Schmtedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Verlag vou Zschunke » Friedrich, Wilsdruff. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, für dm Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdmff. No. 72. Sonnabend, den 22. Juni 1S07. 66. Jahrg. Der unterzeichnete Amtshauptmann ist vom 23. dieses bis 10. nächsten Monats Herr NegierUNgSrat VSN R-ppenfels beurlaubt. Mit seiner Stellvertretung in der Leitung der amtshauptmannschaftlichen beauftragt worden. nm Geschäfte ist Meißen, am 20. Juni 1907. Loffow, Amtshauptmann. politische Rundschau. Wilsdruff, 21. Juni 1907. Deutsches Reich. Herr Erzberger zu einer Woche Gefängnis verurteilt. Herr Matthias Erzberger hat seine Kunstreise in Posen, auf der er für das Zentrum Rekruten wirbt, unter brechen müssen, um sich am gestrigen Donnerstag vor dem Richter zu verantworten. Das gerichtliche Milieu ist diesem Herrn ja nicht unbekannt. Kürzlich spielte er schon im Prozeß Pöplau eine wenig heldenhafte Rolle und jetzt ergab die kurze Verhandlung vor dem Schöffengericht I Berlin abermals, mit einer wie dicken Epidermis Herr Erzberger gewappnet und wie skrupellos er bei seiner Kolontalskandalmacherei zu Werke gegangen ist. Selbst wenn man ihm die Hitze des Wahlkampfes zugute hält, bleibt in der Broschüre Erzbergers „Warum ist der Reichstag aufgelöst worben", doch genug der schamlosen Verleumdung übrig. Leider hat von den in ihr so schmäh lich angegriffenen Kolonialmännern nur der frühere Gouverneur von Neu-Gutneau, Herr v. Bennigsen, Straf antrag gestellt, sonst wäre es dem großen Manne aus Tunntenhausen wohl übler ergangen. In der Broschüre wird unverblümt behauptet, Herr v. Bennigsen habe als Mitglied des Kolonialrats und Interessent an der Kolonial gesellschaft für Südwestafrika frischweg Millionen in die eigene Tasche gewirtschaftet. In der Verhandlung, bei der beide Gegner mit ihren Anwälten zugegen waren, schlug Herr Erzberger einen ziemlich kleinlauten Ton an und bat flehentlich um gut Wetter; er habe es ja nicht so schlimm geuteint. Der Vorsitzende schien Mitleid mit dem geknickten Sünder zu haben und regte einen Vergleich an, aber Herr v. Bennigsen lehnte mit Recht jeden Ver gleich ab. Auch mit se ner Widerklage hatte Herr Erz berger kein Glück. Die Artikel des Herrn v. Bennigsen, dir er in der „Köln. Ztg." zu seiner Abwehr veröffent- licht hatte, wurden vor Gericht verlesen, aber es wurde festgestellt, daß sie nach Inhalt und Form durchaus maß- voll waren, und selbst unter der schärfsten Lupe keine persönliche Beleidigung zu finden war. Der Ver treter des Herrn v. Bennigsen gab in seinem Plaidoyer ein kurzes, treffendes Charakterbild des Herrn Erzberger und schilderte dessen farblose Aufgeblasenheit und Selbst überhebung. Der Gerichtshof brauchte zur Urteilsfällung nur wenig Zeit: eine Woche Gefängnis, die Kosten des Verfahrens und dazu noch die gerichtliche Feststellung des Motivs d er Verleumdung: Herr Erzberger wollte auf irgend eine Weise Sensation machen. Dieses Urteil sollte unter Glas und Rahmen im Fraktionszimmer des Zen trums aufgehängt werden. Vttr Skandal irr der D. A. M. «. K. A. Die Aussteller der Deutschen Armee-, Marine- und Kolonialausstellung hatten sich zu einer stark besuchten Protestverj ammlung zusammengefunden. Es wurden dabei sehr schwere Vorwürfe gegen die Ausstellungs leitung erhoben, welche voraussichtlich noch die Gerichte beschäftigen werden. Sämtliche Aussteller erklärten, daß sie mit starken Unterbilanzeu arbeiten und zum größten Teil ihrem Ruin entgegengehen. Es wurde von einer Seite vorgeschlagen, alle Aussteller möchten die Aus- stellung sofort räumen und die Pavillons schließen, um die Leitung zu anderen Maßnahme» zu zwingen. Gin neuer Wuchererprozetz wird in nächster Zeit das Landgericht München beschäftigen. Der Untersuchungsrichter ist mit einer Wuchereraffäre beschäftigt, in der es der „Münchener Post" zufolge nicht weniger als 67 Angeklagte geben soll. Es handelt sich Mm Teil um Geschäfte mit wertlosen Aktien, zum Teil auch um Warenwucher. Da die Opfer größtenteils aus- wärts wohnen, zieht sich die Untersuchung sehr in die Länge. Vou der Greuettat eittes Schutztruppeusoldaten teilt die „Nordd. Allg. Zig." folgendes mit: „Der Feldwebel der Kaiserlichen Schutztruppe Franz, bisher Leiter der Nebenstelle Jkombe im Bezirk Langenburg, hat den Andru Kerani, einen Schwarzen, welcher nach eigenem Geständnis in der Nacht zum 1. Januar 1905 die Stationskasse mit mehreren tausend Rupien Inhalt gestohlen hatte, zum Zwecke der Wiedererlangung des Geldes in grausamer Weise gepeinigt. Kerani ver starb auf dem Wege nach dem Gericht in Langenburg. Das Kriegsgericht hat auf eine Anzeige vom Februar d. I im Mai gegen Franz verhandelt; es hat einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Peinigung und dem Tode des Kerani nicht angenommen und den Franz wegen einfacher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 300 Mk. verurteilt. Der Gerichtsherr hat gegen dieses Urteil alsbald die Berufung eingelegt, die Angelegenheit kommt daher demnächst in Berlin erneut zur Verhandlung. Es verdient volle Anerkennung, einmal, daß der Gerichtsherr es für nötig hält, die Angelegenheit bis zur obersten Instanz zu verfolgen, und zweitens, daß die Kolonialverwaltung sofort von dem bedauerlichen Ereignis die Oeffentlichkeit in Kenntnis gesetzt hat. Auslan d. Der Wierser antisemitische Bürgermeister Dr. Lueger wurde am Dienstag, als er zum erstenmal seit seiner Erkrankung als Redner in einer Wählrrvcrsammlung aufirat, um für die Reichsratswahl des ehemaligen Eisenbahnmintsters Wittek als chrtstUchsozialen Kandidaten im Wiener Rathausviertel Stimmung zu machen, während seiner Rede von einem schweren Unwohlsein befallen und mußte die Rede abbrechea und gestützt auf mehrere Herren den Saal verlassen. Mißernte itt Rußland. Zm Ministerium des Innern gesammelte Nachrichten besagen, daß auch im kommenden Jahre in vielen Bezirken eine schlechte Ernte zu erwarten ist. In denjenigen Gouvernements, in denen in diesem Jahre Hungersnot herrschte, sind die Ernteaussichten gut, schlecht dagegen sind sie im Süden und Westen, wo das Wtntergetreide durch Frost und das Sommergetreide durch Trockenheitgelitten hat. Schulen sür Geschworene. Die „Deutsch-Amerikanische Korrespondenz" meldet: New-Dorker Blätter befürworten die Errichtung einer Schule für die Ausbildung von Geschworenen. Daran ist vor allem ein Vorfall schuld, der sich in einem New- Aorker Gericht abspielte. Die Geschworenen, in dem Falle eines ManneS, der angeklagt war, ein Mädchen ver brecherisch angegriffen zu haben, wandten sich mit folgen der Zumutung an den Richter: „Erklären Sie sich bereit, dem Angeklagten nicht mehr als zwei Jahre zu geben, dann find wir willens, ihn schuldig zu sprechen!" Der Richter war ob dieser Worte einige Minuten sprachlos und dann bezeichnete er ihr Ersuchen als eine bodenlose Unverschämtheit und forderte die Geschworenen mit den Worten auf, sich wieder ins Beratungszimmer zu begeben, es sei allein Sache des Richters, zu finden, wie hoch ein Strafmaß sein soll. Die Geschworenen kehrten bald zurück, mit dem nicht seltenen Verdikt, daß sie sich nicht einigen könnten. Eine solche Revolte unter den Geschworenen ist noch nie dagewesen! Aus Studt und Lund. Mittet!« ugeu ans dem Leserkreise für diese Rubrik nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. Wilsdruff, den 21. Juni 1907. — Der König lächelte . . . Anläßlich des in Dresden stattfindenden Delegiertentages der Penstons- anstatt deutscher Jorurnaltsten und Schriftsteller empfing König Friedrich August am Montag im Restdenzschlosse eineAnzahl Redakteure in Audienz. Dabei erkundigte sich der König besonders nach der beruflichen Tätigkeit der einzelnen Journalisten und nach der politischen Richtung der von ihnen geleiteten Zeitungen. Es gab ein interessantes Frage- und Antwortspiel, über welches das Berliner Depeschenbureau Herold folgendes zu erzählen weiß: . . . Der König kam dann auf die Tendenz der „Dresdener Neuesten Nachrichten" zu sprechen und meinte zu dem Chefredakteur Wolff: „Sie legen wohl den meisten Wert auf die Sammlung der neuesten Nachrichten; eine eigentliche Parteistellung Haves Sie wohl nicht?" Auf die Entgegnung, daß die „Dresdn. N. Nachr." zwar kein Parteiblatt seien, aber doch eine ausgesprochene politische Richtung hätten, sagte der König: „Was ist denn eigentlich Ihre Tendenz?" Herr Chefredakteur Wolff antworte: „Am besten läßt sie sich wohl als nationaldemokratisch bezeichnen." Der König fragte lächelnd: „Wie läßt sich diese Richtung definieren?" Herr Wolff erwiderte: „Majestät, wir sind monarchisch bis in die Knochen — darauf der König ihm inS Wort fallend: „Aber auch demokratisch bis in die Knochen?!" — „Jawohl, Majestät!" — Der König nahm auch diese Antwort mit freundlichem Lächeln auf. „Na aber vor allem wollen Sie doch immer das Neueste bringen?", worauf Herr Wolff erwiderte: „Majestät, wir wollen vor allem eine gute Zeitung machen. — („Was Ihnen bisher allerdings nicht gelungen ist!" hätte der König hier weiter antworten können! Red. d. W. W.) — Herr AmtshauptmannLossow in Meißen ist vom 23. Juni bis 10. Juli dieses Jahres beurlaubt und wird während dieser Zeit durch Herrn Regierungs- rat v. Koppenfels vertreten. - 2950 Brände sind in Sachsen im Jahre 1906 zur Kenntnis derLandesbrandversicherungsanstaltgekommen. Davon entfallen auf die Kreishauptmannschaft Dresden 1040, Leipzig 685, Chemnitz 528, Zwickau 416 und Bautzen 281. Erwiesenermaßen vorsätzliche Brandstiftung lag in 47 Fällen vor, und zwar waren in nicht weniger als 7 Fällen Kinder die Brandstifter. Mutmaßliche Brandstiftung liegt in 450 Fällen vor. Aus Fahrlässig keit ntstanden 776 Brände; die Fahrlässigkeit wurde in 188 Fällen von Kindern begangen. In 580 Fällen ent stand en Brandschäden durch Blitzschläge, und zwar 143 durch zündende und 437 durch kalte. — Wie an anderer Stelle berichtet, hat der Schul vorstand in Sachen des Schulneubaues gestern abend einen Beschluß von prinzipieller Bedeutung gefaßt. Er bringt derOberbehörde dreiProjekieinVorschlag. Die meisten Stimmen (6) erhielt das Projekt auf dem alten Elektrizitätswerk, während für den Schulbau auf Hänsels Garten und auf der verlängerten Bismarckstraße je 4 Schulvorstandsmitglieder stimmten. Weiter erhielt das Projekt in Malsches Garten drei Stimmen; es schied jedoch aus, da nur drei Projekte in Vorschlag gebracht werden sollen. Den Anbau au der alten Schule — mit Hilfe des Ankaufs der beiden benachbarten Grundstücke — will man an zuständiger Stelle in Erwägung ziehen lassen. Man wird nun die Entscheidung der Oberbehörde über die in Vorschlag gebrachten Projekte abzuwarten haben; dabei erscheint nicht ausgeschlossen, daß die maßgebenden Instanzen sich auch mit den übrigen Projekten befassen werden. — Am 19. Juni fand in Großenhain das diesjährige Geudarmerieschietzen der Amtshauptmanu- fchafte« Meitze« und Großenhain statt. Anwesend waren die Herren Amtshauptleute von Großenhain und Meißen, sowie Herr Gendarmerie-Major Klahre-DreSden. Es schossen von der Amtshauptmannschaft Meißen 17 Mann je 10 Schuß (2 aufgelegt, 5 freihändig, 3 Schnell feuer). Den I. Preis erhielt Herr Gendarm Jugelt- Burkhardtswalde, den n. Preis Herr Gendarm Zenker- Rüsseina, den m. Preis Herr Gendarm Behr-Roitzschen und den IV. Preis Herr Gendarm Fahsel-Lommatzsch. Aus der Amtstzauptmannschaft Großenhain schossen 11 Mann. Es erhielten die Herren Gruner-Ebersbach den ersten, Mayer-Gröditz den zweiten und Schlenkrich-Prieste- witz den dritten Preis. — Der amtliche Bericht der Königlichen Kommission für das Veterinärwesen über die am 15. Juni d. I. im Königreiche Sachsen herrschenden attsteckettden Tier- krankheite« meldet über den Bezirk der König!. Amts hauptmannschaft Meißen den Ausbruch von Brustseuche der Pferde in je einem Gehöft in Hirschfeld und Ditt mannsdorf und von Gehirnrückenmarksentzündung der Pferde in je einem Gehöft in Deutschenbora und Blanken-