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ilsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» Wil.druffer T-seblatl- erscheint VN allen Werktagen nachmittags k Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in »« »!schrsl-ft-ll- unb den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung burch dje Boten 2,30 RM., bei Poftdestellung 2 «W. euzllglich Abtrag« . ,, ..... ,, gebühr. Einzelnummern lUlosg.AllePost-nftalten Wochenolall für Wilsdruff u. ümgegend Postboten und unsereAus« »Lgnund «eschSft-ft-llen — — t. N-N nehmen zu jeder Zeit Be. Oellnngc» entgegen. Jm Fallc höherer Gewalt, Krieg ober sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieserung »er Zeitung ober Kürzung der Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke ersolg» nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: LI« «gespaltene Raumzeile 2VRxfg., die 1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 10Reich», Pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. 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Es bedeutete eine ziemliche Überraschung, als vor einigen Tagen das Reichsarbeitsministerium mitteilte, im Herbst solle eine Konferenz stattfinden, zu der Vertreter der Spitzenorganifationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenberufen würden und die den Zweck haben solle, eine Reform des bestehenden Schlichtungswesens zu beraten. Eine Über raschung war es deswegen, weil gerade der jetzige Reichs arbeitsminister, der selbst lange Zeit hindurch Schlichter für Berlin, also in einer von Arbeitskämpsen reich durch tobten Gegend, gewesen ist, doch viel zu genau weiß, welch' große Gegensätze bei der Beurteilung des heutigen Schlich tungswesens vorhanden sind, und daß daher eine Reform auf diesem Gebiete fast unmöglich zu sein scheint. Auf der einen Seite halten die Gewerkschaften unbedingt an der jetzigen Form des Schlichtungswesens fest, das dadurch gekennzeichnet wird, daß am Ende aller Auseinander setzungen zwischen Unternehmertum und Arbeiterschaft der Schiedsspruch des Schlichters und der Zwangseingrifs des Staates durch Verbindlichkeitserklärung dieses Spruches steht, also die letzte Verantwortung den streitenden Parteien abnimmt. Die Arbeitgeber bekämpfen die Art, wie jetzt bei den Auseinandersetzungen über Lohn und Tarif verfahren wird, weil nach ihrer Ansicht der Zu stand ein ganz unmöglicher geworden sei. Laufe ein Tarif ab, so stelle sich einerseits die Vertretung der Arbeiterschaft auf den Standpunkt, möglichst hohe Forderungen zu er heben, weil ein Schiedsspruch des Schlichters schließlich doch nur einen Teil bewillige. Andererseits lehne die Arbeitgeberschaft zunächst jedes Entgegenkommen ab, weil sie wisse, daß sie schließlich doch in den Schiedsspruch des Schlichters einwilligen müsse, der damit dieses Entgegen kommen „erzwinge". Daß dieser Zustand nicht gerade zur Milderung der sozialen Gegensätze im Kampf zwischen Kapital und Arbeit beiträgt, ist unbestreitbar, erschwert auch eine freie Vereinbarung zwischen beiden Seiten häufig aufs äußerste. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß trotz dieses Svstems diese freien Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über Lohn und Tarif überhaupt nicht mehr möglich seien; denn Tatsache ist es, daß eine ganzeReihe derartiger sozialer Auseinander setzungen ohne Zuziehung der staatlichen Instanzen ge regelt werden konnten. Wir haben sogar in einzelnen Industrien die im Tarifvertrag festgelegte Vereinbarung, daß bei Lohn- und Tarifstreitigkeiten oder bei Neuabschluß von Tarifen ein paritätisches Schiedsgericht eingesetzt wird, das von beiden Seiten in Anspruch genommen werden muß und dessen Entscheidung für die Arbeit geber und -nehmer bindend ist. So ist es gelungen, bei der Unzahl von Tarifen im chemischen Gewerbe, die im April und Mai abliefen, jede Inanspruchnahme des staatlichen Schlichtungsinstanzcnweges zu vermeiden. Der Kern des Streites und daher sicherlich auch der Drehpunkt der kommenden Reformbe sprechungen wird also der sein, ob überhaupt und inwieweit das bisherige System des staatlichen Schlich tungswesens mit der Zwangsbefugnis ihrer Verbindlich keitserklärung beibehalten werden fall oder nicht. Man spricht auch in Arbeitgeberkreisen davon, daß diese staat liche Zwangsbefugnis beibehalten werden soll für Streitig keiten innerhalb der lebenswichtigen Betriebe, deren Kreis dann allerdings gesetzlich genau umschrieben werdet, müßte. Sonst aber soll das freie, tariflich fest gelegte Schiedsgerichtsverfahren wieder an die Stelle des staatlichen treten, wobei dem staatlichen Schlichter nur eine beratende und vermittelnde Rolle zugedacht ist. Es fragt sich allerdings sehr, ob die Arbeitnehmerschaft mit dieser Reform einverstanden ist. In England übrigens, wo man den staatlichen Schlichtungszwang überhauvt nicht kennt, ist gerade jetzt eine starke Bewegung im Gange, um auf dem Boden einer Art Arbeitsgemeinschaft von Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften in einem „Nationalen Jndnstrierat" ein Schlichtungswesen aufzu bauen, das von keinem staatlichen Zwang unterstützt wird, nicht einmal für seine Schiedssprüche eine für beide Seiten bindende Verpflichtung in Anspruch nimmt, sondern ledig lich den Druck der öffentlichen Meinung aufrufen kann. Und diese ist in England eine gewaltige Macht; nicht zu letzt ist der Bergarbeiterstreik 1926 gescheitert, weil ihm die Unterstützung dieser Macht fehlte, sie sich sogar gegen ihn einstellte. Der Reichsarbeitsminister Wissell selbst äußert sich in einer ihm politisch nahestehenden Monatsschrift gerade jetzt über die Probleme der heutigen Lohnpolitik, die ja das Material für das ganze Schlichtungswesen abgibt. Seine Anschauungen sind nicht sehr optimistisch und er glaubt nicht, daß bei den Auseinandersetzungen bzw. für die Schiedssprüche die wirtschaftlichen Sachverständigen gutachten von erheblicher Bedeutung fein dürften. Er denkt offenbar an die Rolle, die diese Gutachten bei den Kämpfen im Steinkohlen- und im Braunkohlenbergbau gespielt oder vielmehr nicht gespielt haben. Aber er glaubt a» eins: die lohnpolitischen Ansichten der deutschen Ar beiterschaft sind durchaus keine starren, unabänderlichen, dogmatischen, sondern sie wandeln sich mit der wirtschaft lichen und der betriebsorganisatorischen Entwicklung der deutschen Industrie. Längst sei man davon abgekommen, das Wort „Akkordarbeit ist Mordarbeit" noch für richtig zu kalten in einer Zeit der Rationalisierung und des Taylor- Jie UMlttivlWhlulW ISM Deutschlands Var-Sachleistungen 1. August 1927 bis 31. Juli 1928. Soeben ist der Bericht des Reparations agenten über die deutschen Zahlungen auf Grund des Dawes-Planes vom 1. August 1927 bis zum 31. Juli 1928 erschienen; nur noch ein Monat trennt uns also von dem Beginn des „Normaljahres" mit seinen 2,5 Milliarden Zahlungsverpflichtungen. In diesen elf Monaten sind nun von Deutschland an Parker Gilbert 1,682 Milliarden überwiesen worden und die Zahlungen erfolgten pünktlich bei jedem fälligen Termin. Von dieser Summe sind nun über 643 Millionen in der Form von Sachlieferungen an die Gläu bigerstaaten überwiesen, rund 812 Millionen aber in ausländischer Währung übermittelt worden. Mau hat hierbei noch zu unterscheiden zwischen den wrrklichen Barzahlungen an die Gläubiger staaten in Form von Devisen, die der Reparations- agent bei der Deutschen Reichsbank gegen Reichsmark kauft, und einer Reihe anderer Posten, die zusammen allerdings noch etwas größer sind. Lm Monat Juli saft 40 Millionen bar. Die wirklichen Barüberweisungen betrugen in den elf bisherigen Monaten des laufenden Reparations- jahre 374,^Millionen, stellen sich also schon jetzt weit höher als in den früheren Jahren; so wurden allein im letzten Monat fast 40 Millionen in fremden Bar devisen überwiesen. Einen gewaltigen Posten machen unter den Überweisungen in fremder Währung die Zah lungen auf Grund der sogenannten „Reparation recovery Act" aus, der 26prozentigen Zollzuschläge auf deutsche Waren nämlich, die von England und Frankreich erhoben und mit 'dem Revarationsagenten rückverrechnet werden. Dieser Posten beträgt rund 319 Millionen, wovon England allein 270 Millionen bezieht. Den Löwenanteil an diesen wirklichen „Barüberweisungen" trug mit 233 Millionen Frankreich davon. Aber auch Italien ließ sich in dieser Art 32 Millionen überweisen, während England, angesichts jener sowieso bar herein kommenden Zollzuschläge, sich mit 30 Millionen Bar überweisungen begnügte. Oie Sachlieferungen. Interessant ist das Kapitel der Sachliefe run- g e n. Die in dem Bericht des Reparationsagenten ge sondert anfgeführten Kohlen- und Kokslieferun gen für Frankreich, Italien und Belgien stellen einschließ lich der Beförderungskosten einen Wert von fast 248 Millionen Mark dar; zwei Drittel davon erhielt Frankreich, dem aber auch sonst noch die Summe von 267 Millionen für „andere Sachlieferungen" zugute kam. Überhaupt hat Frankreich in den elf Monaten dieses vierten Reparationsjahres aus den deutschen Zahlungen bisher an Barüberweisungen, Sachlieferungen usw. Werte in Höhe von über 755 Millionen erhalten. Enorm hoch sind mit 44 Millionen auch in diesem Fahre wieder die B a r ü b e r w e i s u n g e n an Ame rika für die „rückständigen Besatzungskosten"; hat doch Amerika sich bei der Konstruktion des Dawes-Planes unter diesem Posten noch eine gewaltige Extrasumme be willigen lassen. Zu vermerken ist noch, daß England über haupt kein Interesse an deutschen Sachlieferungen hat, sondern sich durchweg — mit Bargeld begnügt! Von einer Revision des Dawes-Planes ist es in letzter Zeit ganz still geworden und auf sie ist auch gar nicht zu rechnen, ehe nicht das Experiment mit der Durch führung der deutschen Leistungsverpflichtungen im Ror- maljahr gemacht worden ist. shstems. So ist es auch gar nicht undenkbar, daß man auch in der Frage des Schlichtungswesens sich auf einem mittleren Wege einigen kann, der vor allem eines wieder in die Auseinandersetzungen der beiden Seiten Hinein bringen soll: das Wiedererstehen des Verantwortlichkeits gefühls. Ser eSem. ErGerm von Boden Karlsruhe, 9. August. Der ehemalige Groß herzog Friedrich von Baden ist heute morgen 3.17 Uhr in Badenweiler, wo er zur Kur weilte, im Alter von 71 Jahren verstorben. Stech« MW i Agram, 8. August. Stephan Raditsch, der Führer des kroatischen Volkes, ist Mittwoch abend gestorben, ohne das Be wußtsein wieder erlangt zu haben. Im Befinden Raditsch' hatte sich mn 7 Uhr abends eine leichte Besserung gezeigt, so daß sich die Aerzte entfernten und nur die nächsten Familienglieder am Krankenlager zurückblieben. Um 8.55 Uhr stellte sich dann die Verschlimmerung im Befinden des Kranken ein, die nach weni gen Minuten den Tod herbeiführte. Protest gesev Belgrader Maßnahmen Agram, 8. August. Der Obergespcnn der Provinz Kro atien-Slawonien (der höchste von der Belgrader Regierung ein gesetzte Beamte in Kroatien) und der Polizeichef von Agram, haben, wie der Vertreter der T.-U. erfährt, ihre Aemter nieder gelegt, um damit gegen die von Belgrad geplanten Sicherheits maßnahmen für den Fall von Unruhen in Agram zu protestieren. Das Ministerium des Innern Hatte nämlich die Verfügung ge troffen, daß bei Unruhen die Agramer Stadtpvlizei außer Dienst gestellt und durch Belgrader Gendarmerie ersetzt werden solle. Diese Maßregel würde außerordentlich zur Verschärfung der Lage beitragen. Ministerpräsident Dr. Kewsetsch hat sich nun unter dem Druck von Gegenvorstellungen veranlaßt gesehen, die betreffende Weisung zurückzunehmen. Deutschland Sieges im olympischen WusserLallLurnier. Amsterdam, 8. August. Im Endspiel des olympischen Wasserballturniers schlug am Mittwoch Deutschland Ungarn mit 5:2 (Halbzeit 2:2) nach Verlängerung. Der Sieg der deut schen Mannschaft kommt überraschend. Im Tor stand Erich Ra demacher, der einen glänzenden Tag hatte. Deutschland hat so mit eine weitere Goldene Medaille errungen. Hindenburg in Kies. Urlaub des Reichspräsidenten am 16. August. In der Nacht aus Mittwoch traf Reichspräsident von Hindenburg mit dem fahrplanmäßigen D-Zug von Hamburg kommend in Kiel ein. Nachdem er noch einige Stunden in seinem Sonderwagen auf dem Bahn hof geruht hatte, wurde der Reichspräsident früh von den oberen Marinekommandeuren begrüßt. Zu dem Emp fang hatten sich ferner der in Kiel weilende Reichswehr minister Gröner und der Chef der Marineleitung, Admiral Zenker, eingesunden. Dann begab sich der Reichspräsident nach dem am Kai liegenden Flotten tender „Hela". Vor dem Bahnhofsgebäude hatte eine große Menschenmenge Aufstellung genommen, die den Präsidenten mit Hochrufen begrüßte. Um 8 Uhr trat die „Hela" die Fahrt zu dem in der Außenförde liegenden Linienschiff „Schleswig-Holstein" an. Als der Tender in Sicht des Linienschiffes „Schleswig-Holstein" kam, wurde der Präsidentensalut gefeuert. Der Reichspräsident ging auf das Linienschiff über, das nunmehr die Standarte des Reichspräsidenten setzte und alsbald in See ging zur Besichtigung der Schießübungen der Marine auf das Fernlcnkschiff „Zähringen", das als Ziel diente. Donnerstag kehrt Reichspräsident von Hindenburg nach Berlin zurück und bleibt noch etwa eine Woche dort, um an der Verfassungsfeier teilzunehmen. Auch wird er noch den inzwischen in Deutschland eingetroffenen deut schen Botschafter in Washington, von Prittwitz und Gaffron, empfangen. Nach dem 16. August wird er seinen Urlaub antreten, den er wie gewöhnlich in Dietramszell in Bayern verbringen wird. Genf ohne Chamberlain. Für längere Zeit beurlaubt. Der englische Außenminister Chamberlain muß wegen seiner Erkrankung einen längeren Urlaub antreten. Lord Cushcnduu ist zum stellvertretenden Staatssekretär des Äußeren ernannt worden und wird Chamberlain auch auf den bevorstehenden Tagungen des Völkerbundrates und der Völkcrbundversammlung vertreten. Die Abwesenheit des englischen Außenministers bei den Beratungen des Völkerbundrates erscheint für die deutschen Interessen nicht sehr vorteilhaft, da anzunehmen ist, daß diesmal ernsthaft über die Rheinland räumung gesprochen wird. Man wird aber kaum zu einem definitiven Entschluß gelangen können, wenn Chamberlain fehlt. Auch in Paris wird er vor aussichtlich nicht anwesend sein, wenn es zur Unterzeich nung des Kellogg-Paktes kommen sollte. Hier soll ihn ebenfalls Lord Cushendun vertreten. Allerdings wird neuerdings wieder gemeldet, die Unterzeichnung des Paktes am 27. August fei noch