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MsdmfferTagMtt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das «Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktage» nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis : Bei Abholung in dn GäjchLftsstrlle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bet Zustellung durch die Boten 2,3u NM., der Postdestellung 2 NAH. zuzüglich Adtr«'g- , , .. gebühr. Einzelnummern ^RpsgAUePosanstolten Wochenblatt für Wilsdruff u. Amaeaend Postboten und unfereAus. trllyerundDeichLflssteUen -- —— nehmen zu jeder Zeit De- fieLnngrn entgegen. Im ^ali« höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreis». — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beilicgt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzki««»p»isi Li« 8 ^«Ipallcnr Ra»m>«U« r0Rxjg., die tgespatten« Zeil« der »örtlichen Lekannimachun,«» 40 Reichs, vienin«, die Z gespaltene Reklamezeiir im nrllichr» Teile 1 Reichsmark. Nachwel'ppgsgebilhr A> Reich,psennige. Dor. geschriebene Erscheinung-- — . , tage und Platz»-rischriften werden nach MSglichdetl ffcrnsprechek: Amt Wilsdruff Nr. 6 b-rll-ksichtigl. Anicigtll. annabm« bis norm.lvUhr. Für di« Richtigkeit d«e bui ch Fernrus übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine iSatMtli«. lieder Äadattansper ch erlischt, wenn der Delrag durch Klag« eingezo. cn werde» muh oder der Nustraggederin Konkurs gerS». Anzeige»n« hmen alle Dcrmiltlun g,stellen entgegrv. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr 288 — 87 Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruff- Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 8 Dezember 1S28 Herr Poincarü mag aber auch aus anderen Gründer ich augenblicklich in nicht gerade behaglicher SÜmmuriK fühlen. Da wagt es ein P a r i s e r Schwurgericht was bisher noch keine Regierung, kein fremdes Staats »herhaupt riskiert hat: es schleudert dem großen und ge valtigen Mussolini den Fehdehandschuh ins Gesicht, in »em es einen Mann, der aus antifaschistischen Beweg, gründen einen in Parts amtierenden italienischen Staals beamten über den Haufen schoß, so gut wie sreisprach Kein Wunder, daß darob ganz Italien aufflam m! wie eine Pulvermine, daß italienische Offizien Ihren französischen Waffengefährten aus den Jahren des Weltkrieges die einst mit Begeisterung entgegenge «wmmenen Ordensauszeichnungen zurückschicken und daf namentlich die akademische Jugend am liebsten mit starke: Hand über die Grenzen aufgebrochen wäre, um den Fran zosen sozusagen Auge in Auge ihre Verachtung ins Ge ficht zu schreien. Es kommt ja auch hier natürlich eins zum andern, und den Italienern ist es schon lange ei« Dorn im Auge, daß Paris nachgerade ein Sammel- uni ein Tummelplatz für die nach Mussolinis Auffassung um geratenen Söbne ihres Landes geworden ist. Da sind die Polen doch etwas rücksichtsvoller. S« setzen den Revolver nicht gegen fremde Staatsange hörige an. die das zweifelhafte Glück haben, in ihrer Mit« zu leben, sondern sie lassen im Dunkel der Nacht das schäm Schloß ihres Staatsgründers und Staatsretters, des Mar schalls Pilsndski, von bewaffneten Mordgesellen um schleichen, denen aus Versehen zunächst einmal ein Harm- loser Schutzpolizist zum Opfer gefallen ist. Das nächst« Mal wird ihre Kugel vielleicht schon ein höhergestelltes Ziel zu erreichen wissen. Jedenfalls wird jetzt schon ganz offen in ihrem Sejm von der Nebenregierung der Obersten gesprochen, denen eine ganz ansehnliche Zahl von unaufgeklärten Entführungen, von Überfällen miß- kicblger Politiker und Schriftsteller mit teils voll, teils nur halb gelungenen Totschlägen zur Last gelegt wird. So- gar leibhaftige Generäle sind ja von dieser unheimlichen Verschwörergesellschaft unschädlich gemacht worden, ohne daß dafür auch nur die geringste Sühne zu erreichen ge wesen wäre. Wie Marschall Pilsndski sich persönlich zu d'esen lichtscheuen Dingen stellt, weiß man natür- "m nicht. Nun ihm aber allem Anschein nach direkt nach dem Leben getrachtet wird, werden ihm doch wohl mit der Zeit sehr bestimmte Entschlüsse aufgenötigt werden. Vor aus,g läßt er es nach bei der vollendeten Mißachtung be wenden. mit der seine Regierung alle parlamentarischen Artzcheidungen behandelt, die mit ihren eigenen Wttn- Men und Anträgen nicht übereinstimmen. Der unaus- weibliche Konflikt, der am außenpolitischen Himmel von «arschau heraufzieht, wird ibn aber ohne Zweifel voll auf gerüstet finden. Dr. Sy. Skandale. Seeltnfang in Paris. — Schlimme Saat. — Neben regierung der Obersten. Wir haben uns wirtlich gegenseitig nichts vorzu werfen, die Völker hüben und drüben der alten und der neuen Grenzen. Wie lange ist es her, daß in der deutschen Reichshauptstadt ein Schwindel- und Betrugs- Prozeß verhandelt wurde, dessen jeder redliche Deutsche sich schämen mußte, weil in ihm ein bis dahin angesehener und in wichtigen Strafsachen unbedenklich verwendeter Staatsanwalt als Angeklagter sich zu recht fertigen hatte und dabei eines geradezu schamlosen Miß brauches seiner einflußreichen Dienststellung überführt wurde? Und heute sieht der französische Ministerpräsident sich gezwungen, ein Mitglied der Kammer öffentlich um Namensnennung derjenigen politischen Persönlichkeiten zu ersuchen, die von der Parlamentstribüne herab der Be teiligung an dem neuesten Panamaskandal der Republik beschuldigt worden sind. Wieder sollen durch Ausbeutung der Leichtgläubigkeit breiter Volksschichten Hunderte von Millionen in falsche Taschen geleitet worden sein, aus denen sie niemals wieder den Weg zu ihren rechtmäßigen Eigentümern zurücksinden dürften, und wieder sieht es so aus, als hätten bestimmte Gesellschaftskreise bewußt oder unbewußt, gewollt oder ungewollt bei diesen überaus ertragreichen Bctrugsmanövern hilfreiche Mitwirkung geleistet. Man gründet in einer Zeit, in der die Währung noch auf tönernen Fußen ruht, ein kleines Wochenblatt, das sich vorn mächtig für internationale Verständigung und ähnliche schöne Menschheitsziele einsetzt, um in den mehr rückwärts gelegenen Spalten um so verdächtiger regel rechten Seelen- oder vielmehr Börsenfang zu betreiben. Die Sache bekommt den unehrlichen Maklern so lange aus gezeichnet, bis die ganze Herrlichkeit über einem unvor hergesehenen kleinen Zwischenfall zusammenbricht. Nun herrscht Heulen und Zähneklappern unter den vielen, vielen Leidtragenden, und Herr Poincaro, str-ng "nd un erbittlich, wie er ja ist, wird gewiß keine Schonung walten taffen, wo immer er unter Beamten oder Politikern Schuldige zu fassen bekommt. Werden wir etwa in den bekannten Chauvinistenblättcrn demnächst zu hören bekom men, daß im Grunde genommen auch an diesem aeuesten Finanzskandal kein anderer als — Deutschland die Schuld trägt? Vielleicht wegen des deutschen Namens »er Frau, die als Hauvtangeklagte in dem bevorstehender Prozeß zu figurieren haben wird? Stresemm-WM-CHMerlW Oie Fahrt nach Lugano. Gedämpfte Erwartungen. Neichsaußenminister Dr. Stresemann verabschiedete sich am Freitag vor der für den Abend vorgesehene« Ab reise nach Lugano vom Reichspräsidenten von Hindenburg. Mittags fand noch eine kurze Ministerbesprechung über Lugano in Berlin statt. Dr. Stresemann wird bc gleitet von dem Staatssekretär Dr. v. Schubert, dem Ministerialdirektor Gaus und einer Anzahl von Sach verständigen. Die Ratstagung in Lngano soll bis zum l6. oder 18. Dezember dauern. Der französische Außen Minister Briandist bereits Freitag morgen nach Lugano abgereist, ebenso hat sich auch Chamberlain, Eng lands auswärtiger Minister, dessen Erscheinen angeblich wegen der Krankheit des Königs in Frage gestellt war, entschlossen, bestimmt an der Ratstagung teilzunehmen und baldigst einzutreffen. Am Sonntag werden die drei Außenminister in Lugano versammelt sein und man aimmt an, daß sie alsbald über die wichtigen Dinge, dir zur Entscheidung stehen, in Verbindung treten werden. Montag vormittag soll die Tagung des Völkerbund ates durch Briand eröffnet werden. Im Mittelpunkt »er Verhandlungen steht nach dem Programm der i t a »i sch-p o l n i sch e n Streitfall, wobei die beiden Länder durch de» Ministerpräsidenten Woldemaras md den polnischen Außenminister Zaleski vertreten ein werden» Aber diese Frage dürfte, so wichtig sie im rllgemeinen auch ist, doch zurückstehen gegen die mehr in- »ffiziellen Dinge, die hinter den Kulissen vor sich gehen verde«. Das ist die Fühlungnahme zwischen den drei Herren Stresemann, Briand und Chamberlain über die -konstituierung der Sachverstandigenlonserem zur Schuidemegelung. Während zu Anfang, als die Einsetzung dieser Sach verständigenkonferenz von Deutschland angeregt wurde, die Hoffnungen groß waren, sind mittlerweile die Erwar tungen doch wesentlich gedämpft worden. Ohne Zweifel hat sich die Situation mittlerweile so entwickelt, daß England den Wünschen'Frankreichs fast voll ständig nachgegeben hat und Deutschland sich einer ge schlossenen Front dieser beiden Männer gegenübersieht. Freilich besteht immerhin noch die Annahme, daß unter Umständen auch Amerikaein gewichtiges Wort sprechen könnte, aber nach den abweisenden Äußerungen Chamber lains in den letzten Tagen und dem ganzen zurückhalten den Verhalten der englisch Regierung kann mau kanm er warten, daß nun alsbald eine wenigstens für Deutsch land einigermaßen befriedigende Lösung gefunden wird Die RheinSandraumung steht — man kann noch so oft beteuern, daß sic mit der Schuldcnrcgclung nichts zu tun habe — im Hintergründe Frankreich beteuert, bereit zu sei» zur endlichen Bekenn guug der Kriegsschulden. Aber, und das läßt sich nicht verkennen, cs will besondere Vergütungen herausschlagc» für eine rechtmäßig schon längst fällige, von ihm aber als „verfrüht" bezeichnete Räumung der besetzten Gebiete Diese Sonderleistnngen kommen aber, vom deut schen Standpunkt aus gesehen, absolut nicht in Fragc und müssen von uns auf das entschiedenste abgewiesen werden. Wird nun in Lugano eine Form gesunden, die auch für Deutschland annehmbar ist? Das ist die Frage, tun die sich alles drehen wird. Einstweilen muß man der Entwicklung nicht ganz pessimistisch, aber doch ohne große Hoffnungen entgegensehen. Ile VnlMdlWeu mit Polen aussichtslos. Warschau,?. Dezember. Sotvoit sich die Dinge am heu tigen Freitag übersehen lassen, stich die viertägigen Handelsver- tragsbesprechungen zwischen den Bevollmächtigten Dcutschtands »ich Polens sowohl streng objektiv als auch vom deutschen Stand punkt aus gesehen ergebnislos verlaufen, es sei denn, daß man es als ein Ergebnis bezeichnen wollte, daß der Faden nicht völlig abgerissen ist und daß di« Vorverhandlungen am 16. Dezember wieder onsgenommen werden sollten. Zu einer irgendwie als Grundlage brauchbaren Klärung hatte der Meinungsaustausch je denfalls nicht beigelragen. Schon aus dem Grunde nicht, weil die polnischen VeAmndlungsparmer, wie verlautet, einer bündigen Meinungsäußerung zu den deutschen Vorschlägen bis zuletzt aus- gcwichen sind. Die Lage läßt sich wohl nur so charakterisieren, daß man polnischerseits sehr daraus bedacht gewesen ist, die eige nen Wünsche in den Vordergrund zu stellen und genau zu for mulieren, die von Deutschland herausgestellten Belange aber in der Schwebe zu lassen. Gleichzeitig hat ein gewisser, keineswegs j unerheblicher Teil der hiesigen Presse alles getan, um den tat- > sächlichen Sachverhalt zu verschleiern bzw. auf den Kopf zu stellen. Ein mehrfach zitiertes offiziöses Matt ist zum Beispiel so weit gegangen, zu behaupten, daß die deutschen Vorschläge in Bezug auf die polnische Ausfuhr von lebenden und toten Schweinen nicht über den Rahmen der Modus-vivendi-Vorschläge vom No vember 1927 hinausgegangen. Tatsächlich aber Haden noch zu verlässigen Berichten in letzter Zeit Verhandlungen zwischen Ver tretet» des polnisch»» Ausfuhrjyndikats »nd der deutschen Sach verständigen stattgefunden, bei denen es unter weitgehenden Zu geständnissen des deutschen Vertrauensmannes in allen Punkten zu einer grundle^nden Verständigung kam, einer Verständigung, die nicht nur die Kontingentierung der Schrveineaussuhr nach Deutschland betrifft, sondern auch ein garantiertes Durchfuhr- kontingent vorsieht und darüber hinaus freie Durchfuhr auf eige nes polnisches Risiko anheimstellt. Diese Vereinbarung hab«» die deutschen Bevollmächtigten trotz mancher Bedenken in vollem Umfange sanktioniert. König Amili Mahr entscheidender Sieg K o n sta nt in o p e l, 7. Dezember. Wie aus Teheran ge meldet wird, ist es König Alan Ullah gelungen, durch einen ent schlossene» Angriff, bei dem auch Flieger verwendet wurden, die ausständigen Bergstämmc entscheidend zu schlagen und ihnen große Verluste zuzusiigen. Die Ausständigen büßten mehr als 20V Tote ein. Noch dieser Niederlage haben es die Bergvölker ausgegeben, noch weiter gcgen Aman Ullah zu kämpsen und haben sich in die Berge zurückgezogen. Die Stadt Dschellahabad soll von den Auf ständischen in Brand gesteckt worden sein. Die Operationen zur vollständigen Niederwerfung der Stämme dürfte, wie halbamt lich verlautet, noch etwa drei Tage in Anspruch nehmen. Der König beabsichtigt, Sonnabend nach Kabul zurückzukehren, um bie Stoategeschäsle wieder zu übernehmen. Die Leitung der Operati onen wird dann der Kriegsminister übernehmen, der sich bereits auf dem Wege zur Front befindet. I» Kabul ist man über die Aufstände nicht sonderlich beunruhigt. „Deutschland ist schuld!" Paris, 8. Dezember. Ei» großer Test der heutigen Mor- aenprejse widmet der bevorstehenden Zusammenkunft Wischen Stresemann und Brian- in Lugano längere Kommentare. Allge mein wird die Schuld an der Verzögerung der Reparationsver- büntlungen, für die mau von Lugano eine Borlösung erwartet, Deutschiond in dic Schuhe geschoben. Nur der sozialistische „Peuple" fordert, daß man zum Geist von Genf zurückkehrrn musst, w?rn man wirkliche Ergebnisse erzielen wolle. polizeisragen vor dem Landtag. Im Verlauf der letzten Sitzung des Sächsischen Land tages interpellierte Abg. Roscher (Komm.) wegen der Vorkommnisse bei der Vortragsveranstaltnng des Serual- sorschers Dr. Magnus Hirschfeld am 25. November in Dresden durch einen Antrag feiner Partei die Regierung und verlangt, die leitenden Polizeibeamten, die an jenem Abend in der Versammlung Dienst taten, zur Rechenschaft zu ziehen. Abg. Dobbert (Soz.) begründet hierauf eine Anfrage wegen der Entfernung ein schwarz-rot-goldenen Fahne während des Heimatfestes in Siebcnlehn. — Mini stcrialrat Rauschenbach erklärt, der Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Frei berg könne nicht entgegengetreten werden, weil den Be schuldigten unter den obwaltenden Umständen das Be wußtsein der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens nickn uachznweisen sei. In der Aussprache über sämtliche Punkte tritt Abg. Dr. Gelfert (D. Vp.) den Vorwürfen des Abg. Lieb mann gegen die Polizeioffiziere entgegen. Die beiden vorliegenden Anträge gehen schließlich an den Haushalts ausschuß ' Weiter liegt ein vom Abgeordneten Neu begründeter sozialdemokratischer Antrag vor, die Regierung zn er suchen, eine Verordnung des Inhaltes zu erlassen, daß der Inhalt der Polizeiakten, der sich auf getilgte Strafvermerke bezieht, zu vernichten sei. Der Antrag wird ohne Ausspracb.- an den Rechtsansschnß verwiesen. Den letzten Punkt der Tagesordnung bildet eine An frage des nationalsozialistischen Abgeordneten Helbig über die angeblich nnvorschriftsmätzige Besetzung der Großen Strafkammer beim Landgericht Freiberg. Ei» Vertreter des Justizministeriums gibt hierzu eine Er klärung ab: Das Justizministerium hält die alsbaldige Wiederbesetzung der in Frage kommenden Stelle für un crläßlich. Damit schließt die Beratung abends 9 Uhr. Nächste Sitzung: Dienstag, den 11. Dezember, nachmittags 1 Uhr.