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L L Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bckanntmachungen der Amtshauplmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstren amts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeiqr» preis: Lie 8selpal!nie Raumzelle 20RpIg., die 1 gespattene Zeile der «mtlichep Bckann'machungen «> «eich-, psennip, die SgUpallene Reklamezeile iin icrllichcn Teile 1 Reichsmaid. NachwetMNirgkbühr LV Reichspseunige. Dor. gesck rredeueErsüieinungs- — . . ec c^» lape und Platzo rlchrisiei: werden nach Wöplichdeil Ke kN sv k L lh Lk i AM' Wilsdruff Nk. 6 berücksichtigt. Anzeigen- annadmedis orm.llillbr. — — die Richtigkeit der durch Fernrni übetmi lteUcnAnzeigen übernebmcn wir keine tSai anIie. ,:eder RadlU anspr> ch cr uchr, wenn der Betrag durch Klage e:ngezo,en weiden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerLt. Anzeigen nehmen ave Bermilttur gsfirllen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ B«» »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Aeschäftsstclle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Austeilung durch die Bote, 2,3" RM., bet Poftbestellung »«M. ,, zugtrch Adtr. g- n gebühr. Einzeinummern ISSrPsg.AllcPotanstalen Lvomenvlatt für Wilsdruff u. Amaenend Postboten und unsrreAus. HrLgerundGejchästsneben - nehmen zu jeder Zeit Be- Gelungen entgegen. ImFau. höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betr,ebsstörungen besteh« a^'n Anspruch aus Lieferung ^er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreiies. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Ne. 285. — 87 Jahrgang Telegr.-Adr.: »Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2k4c Freitag, den 7. Dezember 1928 » Sesterreichs neuer NuudtrpriWeut. Was ist vorziiziehcn: Wahl des Staatspräsidenten in einer Demokratie durch die Wählermassen — direkt oder indirekt —, also durch eine Art Plebiszit, wie das z, B. in Deutschland geschieht, oder geschieht diese Wahl zweck- mäßiger durch die Volksvertretung? In Frankreich z. B. H hat man letzteren Weg bevorzugt, wählt übrigens durch beide Kammern; auch in Deutsch-Österreich wählt die „Bundesversammlung", also in gemeinsamer Sitzung der Bundesrat (entsprechend unserem Reichsrat) und der Nation al rat, der unserem Reichstag entspricht. Daß dabei der parteipolitische Hader kräftig mitsprach, ist angesichts des politischen Durcheinanders und der schroffen Parieigegensätze nicht weiter erstaunlich. Die gegenwärtige parlamentarische Ehe zwischen den Christlich-Sozialen und den Grotzdeutschen in Österreich ist nämlich nur eine ziemlich kühle Vernunftehe, sozusagen „auf Kündigung". Es ist noch gar nicht so lange her, daß die Christlich-Sozialen unter der Führung des Bundes kanzlers Dr. Seipel mit der Linken, der Sozialdemo kratie, verheiratet waren. Zwar hat man sich seitdem gründlich verfeindet, wozu besonders die bekannten Wiener Zusammenstöße beigetragen haben — aber der Kandidat, den die Christlich-Sozialen für die Wahl des Bundes- Präsidenten aufstellten, war ein Mann, dessen innerste politische Ansichten und Absichten die große Öffentlichkeit nicht kennt, obwohl er schon seit langem im politischen Leben steht, sogar seit fünf Jahren Präsident des Natio- uakrates ist. Das gebot eine gewisse Zurückhaltung, den Versuch, zwecks Durchführung praktischer parlamentarischer Arbeit die gegensätzlichen Schärfen etwas abzuschleifen — und das hat sich jetzt bei dein Kandidatenkampf gelohnt. Im dritten Wahlgang gaben die Sozialdemokraten ihren eigenen Kandidaten preis, nm die Wahl des Christlich- Sozialen, Miklas, zu ermöglichen und dabei ein wenig t ! jene „Vernunftehe" zu beunruhigen. k. s Tenn die Großdeutschen und der Landbund hatten als <,.ampsrandidalur den offiziell außerhalb der Parteien / stehenden bekannten WienerPolizeipräsidenten Dr.Schober aufgestellt, der bei den Sozialdemokraten wegen der scharfen Unterdrückung der Wiener Unruhen recht wenig beliebt ist, übrigens inoffiziell natürlich den Christlich- Sozialen angehört. Gerade mit dieser Nberparteilich- kcit begründete die Rechte diese Kandidatur und hielt daran fest, obwohl der Vorschlag vollkommen aussichtslos war. Jene vorsichtige Kandidatenans wahl der Christlich-Sozialen und dieses Zurück- treten der Sozialdemokraten haben die rechtzeitige Wahl des neuen deutsch - österreichischen Bundes- Präsidenten erst ermöglicht! Ob dieses Zusammenspiel mehr bedeutet als nur eine augenblickliche parlamentarische Konstellation? Das eine steht jedenfalls fest: diese Neu wahl ward vorbereitet und durchgeführt ganz unter dem Gesichtswinkel der Parteipolitik, während noch der Vor gänger des Neugewählten parteipolitisch neutral gewesen ist. Im übrigen sind die verfassungsmäßigen Befugnisse des österreichischen Bundespräsidenten beträchtlich ge ringere als die des deutschen Reichspräsidenten. Und die politischen Wege Deutsch-Österreichs sind durch die Entente vorgezeichnet. Es geschah doch sehr ab sichtlich, daß Briand wenige Tage vor der Wahl des neuen Präsidenten bemerkenswert scharfe Worte gegen die An schlußabsichten Deutsch-Österreichs gesunden hat- Und k finanziell sitzt der Bund ja fest in dem Netz der Völkerbund- j - anleihe. Trotzdem ist ja wenigstens die rechtspolitische Annäherung in vollem Gang, müßten sich auch wirtschafts politische Bindungen finden lassen. In den kommenden vier Jahren der Amtszeit des neuen Präsidenten wird hierüber manche Entscheidung getroffen werden und er vertritt Deutsch-Österreich nach außen hin. Er ist der höchste Repräsentant des Staates und sein Vorgänger hat sich nie gescheut, trotz der tadelnden Mißgunst der Entente und namentlich der habsburgischen Nachfolgestaaten sich als unbedingten Anhänger des Anschlußgedaukcns gern und freudig zu bekennen. Und Miklas ist gestützt durch Vas Vertrauen aller Parteien in der österreichischen Volks vertretung, die seine vermittelnde Tätigkeit im politischen Leben kennengelernt haben; auch die So'.ialdemokraten üe- I Mckwünschten ihn persönlich zur Walck. Eng begrenzt ist der Wirkungskreis des neuen Mannes- der an der Spitze Deutsch Österreichs steht, und Schwierigkeiten politischer wie wirtschaftlicher Art um geben ihn aus allen Seiten. Daran hat sich in den zehn Jahren nicht Viel geändert, seit Deutsch-Österreich cntstan- den ist. ikud daran wird sich nicht viel ändern, solang« dieses Keine Land mtt Gewalt von dem größeren Deutsch land serngehalten wird. * Nach der Wah». . Der Präsident Eldersch der Bundesversammlung »amte, nachdem Miklas die Annahme der Wahl erklärt dem bisherigen Bundespräsidenten Dr. Hämisch, Al" das Amt des Bundespräsidenten acht Jahre, also zwei Wahlperioden verwaltet hat, für seine Tätigkeit, die zur Verankerung der Verfassung in den Herzen der Bevölke- nmg beigetragen und sein Amt volkstümlich gemacht habe. Vie ganze Versammlung nahm diese Worte mit lebhaftem Euu^en V^kall auf. Hierauf leistete der neue Buudes- "andent den Eid auf die Verfassung. Eldersch hielt so- Reparation und Räumung vor Lugano. Die diesmaligen Verhandlungen des VülkerbundrateS beginnen am Montag in Lugano und die deutsche Ver tretung mit Dr. Stresemann an der Spitze reist be kanntlich Freitag von Berlin ab. Die Besprechung in Lugano ist ohne Zweifel von ganz außerordentlicher Wichtigkeit, soll sie doch endlich die Grundlagen und Richt linien für die geplante Reparationskonserenz festlcgen. Um so bemerkenswerter ist die Nachricht, daß Chamberlain, der Außenminister Englands, im letzten Augenblick sein Erscheinen in Frage gestellt hat mit der Begründung, die Krankheit des Königs von England werde ihn möglicherweise verhindern, nach Lugano zu reisen. Herr Chamberlain hat vor einigen Tagen eine recht merkwürdige Rede gehalten, in der er jeden rechtlichen An spruch Deutschlands ans endliche Räumung der be setzten Gebiete bestritt. Weit entfernt davon, diese auf fällige Stellungnahme bei einer Befragung im Unterbause abzuschwächen, blieb er nach wie vor bei seiner ersten Meinungsänßeruna und mau glaubte sogar zu bemerken, daß er dabei sichtliche Verstimmung zeigte ob des in Deutschland zutage getretenen Erstaunens über seine absprechenden Äußerungen. Die Beurteiler aller Schattierungen sprechen deshalb auch unverhohlen die Meinung ans, England sei im Schlepptau Frankreichs und werde unter dem jetzigen Regime kaum etwas Ernst haftes dazu tun, um die Reparationsfrage endlich einer für Deutschland erträglichen nnd nir ganz Europa wün schenswerten Lösung entgegenzusühren. Wenig bedeutet es dagegen, wenn in F rankreich eine angeblich von dem Reparattonsagenten Parker Gilbert vor geschlagene Formel für die Rheinlandräumung bekannt- gegeben wird, in der es heißt: „Die Räumung wird er folgen, sobald die Regelmäßigkeit und Kontinuität der deutschen Reparationszahlungen einen solchen Stand der Dinge geschaffen hat, daß Deutschland es nicht mehr möglich finden würde, seine Reparationszahlungen zu unterbrechen, ohne seinen eigenen Kredit zu schädigen." Was Poincarö aus einer solchen unbestimmten Formulie rung zu machen imstande wäre, kann man mit ein»ger Be stimmtheit Voraussagen. Bessere Haltung Amerikas. Aus Paris hört man, daß die Vereinigten Staaten jetzt bestimmt entschlossen wären, an der endgültigen Re parationskonferenz mitzuwirken. In seiner Unterredung mit Poincarö habe der Reparationsagent Parker Gilbert erklärt, daß die amerikanische Regierung keinerlei Wider spruch gegen die Teilnahme zweier amerikanischer Sach verständigen an den bevorstehenden Beratungen erheben würde. Sie verlange lediglich, daß sie selbst keinerlei Ver anüvortung für die Tätigkeit der beiden amerikanische» Sachverständigen zu übernehmen habe. Sie habe daher vorgeschlagen, daß die Neparationskommission diese Auswahl vornehme. * Ehamberlain geht nach Lugano. London. In gut unterrichteten Kreisen wird dke Richtigkeit der Genfer Meldung, daß Chamberlain an der Tagung des Völkerbundraics nicht teilnehmen werde, be stritten. Nach den gegenwärtigen Plänen werde er am kom wenden Sonnabend zur Teilnahme an der Ratstagung ab reisen. dann eine Ansprache und schloß mit einem Hoch auf die Republik. Präsident Dr. Hainisch legt in den nächsten Tagen sein Amt nieder und kehrt auf sein Gut in den Alpen und zu seinen Studien zurück. Sympathische Anerkennung fast aller österreichischen Parteien, denen man sich in Deutschland aufrichtig anschließt, folgt ihm. Das Reich und Bayern. EntschließnngdesBayerischenLandtages. Eine von der Bayerischen Volkspartei, den Deutsch nationalen, dem Bauernbund nnd den Nationalsozialisten eingebrachte Entschließung wurde vom Bayerischen Land tag mit 68 gegen 4 Stimmen bei 32 Stimmenthaltungen angenommen. Sie hat folgenden Wortlaut: „Der Bayerische Landtag erklärt seinen Willen und seinen Entschluß, am Bestände des Staates Bayern fest zuhalten. Er wird alles tun, um die dem Staat Bayern nach Verfassnng und Verträgen Anstehenden Rechte zu wahren. Er handelt damit in der Überzeugung, damit ani besten dein inneren Zusammenhalt des Reiches und der Zukunft des deutschen Volkes zu dienen." Die Sozialdemokratie hatte vor der Abstim mung erklärt, der Entschließung nicht heitreren zu können, ebenso sprachen sich die Kommunisten aus. Für die Deutsche Volkspartei betonte Abg. Burger: „Wir werden die bayerische Regierung gern unterstützen, wenn sie die Selbständigkeit Bayerns wahrt. Wir sind aber auch der Auffassung, daß jeder Versuch, den Staat gegen das Reich auszuspielcn, ebenfalls den inneren Frieden des Reiches und eine gesunde Entwicklung schädigt." Bei der Abstimmung enthielten sich Volkspartei und Sozialdemo kratie der Stimme, die Kommunisten stimmten gegen die Entschließung. MgeilWere Explosion einer chemischen Mrik. Reuyork, 6. Dezember. Sm oberen Neuyork ereignete sich am Donnerstag in einer chemischen Fabrik eine schwere Explosion, durch die sechs Arbeiter getötet und 12 verwundet wurden. Durch ein infolge der Explosion ausgebrochenes Großseuer wurde das ganze Gebäude eingeäscherl, sämtliche Fensterscheiben der Umge bung wurden durch den Luftdruck eingedrückt. In der Fabrik wa ren 50 Arbeiter tätig. Dank für helfende Güie. Weihe eines Denksteins für A u s l a n d s h i l fr. Die Deutsche Liaa der Freien Woyifahrtspflege und der Deutsche Zentralausschuß für die Auslandshilfe veranstalteten in dem Festsaal des Wohlfahrtshauses in Berlin die Weihe des Denksteins für Auslandshilfe. Der Denkstein zeigt eine Tafel mit einer Inschrift, an deren Seiten zwei Frauen gestalten stehen und gemeinsam eine Opferschale erheben, in der die Flamme der Erinnerung und des Dankes brennt. Die Inschrift lautet: „Bleibe du. Stein, ein Zeuge des Dankes für helfende Güte, die durch Jahre der Not uns eine Welt har gewährt. Aus landshilfc 1917—1924" Insgesamt sind von 1920 bls 1S26 schätzungsweise 136 Millionen Kilogramm Waren, hauptsächlich L e b e n s m i t t e l, im Werte von 125 Millionen Goldmark und etwa 17 Millionen Goldmark In bar nach Deutschland vermittelt worden. Die soaenannte „Quäkerspetsung" hat während ihrer fünfjährigen Dauer von 1920—1925 durchschnittlich 500 000. im Juni 1921 und im Sommer 1924 über einer Million Schul- und Klein kindern, Jugendlichen und Müttern eine tägliche Mahlzeit ge boten. Etwa 260 000 deutsche Kinder wurden während der Zeit von 1917 bis 1924 in benachbarten Ländern zur Er holung ausgenommen. Rach einer zusammenfassenden Darstellung der Organisa tion und des Fortganges der Auslandshilfe gedachte Graf Lerche ii selb der außerordentlichen Verdienste von hüben und drüben. Rei chsernäbrungs Minister Dietrich ging ein auf die Entstehuug des Austandshilfswerkes und wies darauf hin, daß die persönlichen Beziehungen, die von Mensch ui Mensch und von Volk zu Volk geknüpft worden sind, ein Stück der Wiederherstellung verständnisvoller Zusammenarbeit unter den Nationen darstelleu. „Der Herr Reichspräsident und die R e i ch s r c g i e r u ii g haben mich beauftragt," so fuhr Minister Dietrich fort, „im Namen des deutschen Volkes allen, die mit dabei gewesen find bei diesem Werk der Menschlichkeit, den herzlichsten Dank auszusprechen Ich tue dies zu gleich auch namens der Freien und Öffentlichen Wohlfahrts-- pflege und namens der Organisationen, die die Lilfe ver mittelt haben, und nicht zuletzt namens der Notleidenden, denen sie zuteil geworden ist" Dir Schlnßansprache hielt der Vertreter der Religiösen Gesellschaft der Freunde (Quäker) M r. Gilbert L. M ac Maste r Die Benachteiligung Sachsens beim Finanzausgleich. Der „Verband Sächsischer Industrieller" hat dieser Tage eine Schrift herausgegeben, die sich mit der schwie rigen Lage der sächsischen Industrie beschäftigt. Eines der markantesten Kapitel dieser Broschüre ist der Abschnitt über die Benachteiligung Sachsens beim Finanzausgleich, dem u. a. zu entnehmen ist: Mil lionen sächsischer Steuergelder seien an andere Teilstaaten des Reiches, insbesondere an Bayern, überwiesen worden. Die ungünstige Regelung des Finanzausgleichs sei im April 1927 für zwei Jahre beschlossen worden. Die Frage müsse im Frühjahr 1929 neu entschieden werden! Der Schlüssel für die Verteilung der Länderanteile an den Reichssteueru sei bei der letzten Regelung des Finanz- ausqleichs für Sachsen besonders ungünstig festgesetzt worden, so daß Sachsen nicht das an Steuern er- hält, was es auf Grund des Aufkommens beanspruchen könnte. Bei der Umsatzsteuer, die unter die einzelne« Länder nur zu einem Drittel nach dem Verhältnis desAuf- kommens und zu zwei Drittel« nach dem Verhältnis der Bevölkerungszahl verteilt werde, erleide Sachsen für da? Jahr 1928 schätzungsweise einen Einnahmeansfall von rund 4,9 Millionen Mark. Ungünstig wirke sich für Sachsen der Schlüssel für du