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Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Mritzsn, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigrnprri«: dir 8 ytspaltrne Raumzelle M Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reich». Pfennig, di« s gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgcdühr ro Reichsv scnnigc, geschriebene Erscheinung». —. - » tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahmebis oorm.lOUHr. -— Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Ra battansprv cli erlischt, wenn der Beira g durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen oke B( rmittluv gsstcllen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, D« »Wilsdruffer Lageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 8 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in Geschäftsstelle und den Ausgabestelle» 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch dje Boten 2,30 NM.» bet Postbeftellung r RM. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern Mpfg.AllePostaustalten W0a)envllrtt für Wilsdruff u. Umaeaend Postboten und unsereAus- träger und Geschäftsstellen ——— —- nehmen zu jeder Zeit Be^ ftrlluugen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung Ker Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Rr. 187. — 87.Jahrgang Tetegr Adr: .Amtsblatt« Wilsdruff - Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 11 August 1S28 Pechvögel. Nobiles Dank. — Kindisches Vergnügen. — Das kranke Europa. Der Ruhm des kläglich gescheiterten Nordpolunter nehmens der „Italia" hat die ehrgeizigen polnischen Lufthelden nicht schlafen lassen. Flugs tauften sie eine ihrer neuesten Luftmaschinen auf den Ramen des polnischen Nationalhelden, der gegenwärtig in Warschau eine merkwürdig dunkle Rolle spielt — eine bessere Lebens versicherung als diese, meinten sie gewiß gar nicht ab schließen zu können und flogen los, um nach 20- oder 24stündiger Irr- und Kreuz- und Querfahrt über dem großen Wasser jämmerlich ins Meer zu stürzen. Den einen Rühm mutz man ihnen lassen, daß sie über ihr Vorhaben kein Trara weiter machten, ehe es losging. Sie dachten: wir sind da, wir gehen hoch und wir siegen. Aber nun es anders gekommen ist, nun sie sogar einem deutschen Dampfer ihre Rettung aus Lebensgefahr zu danken haben, wissen sich die edlen Polen in ihrer Heimat vor Wut und Ärger kaum zu lassen. Man überhäuft nachträglich noch die deutschen Flieger, denen der Ostwestflug zum erstenmal in der Menschheitsgeschichte gelungen ist, mit Schmähungen, und es fehlte nicht viel, so würde auch in diesem Fall Ne bekannte deutsche „Hinterlist" für den Untergang des „Marschall Pilsudfki" verantwortlich gemacht. Nun, General Nobile hat auf seinem Wege Wohl verschiedene Leichen zurückgelassen und mußte sich namentlich von Schweden und Norwegen die schwersten Vorwürfe wegen der mangelhaften Vor bereitung feines Unternehmens nachfagen lassen. Aber für die Männer, denen er persönlich und der Rest seiner Expedition schließlich ihr Leben zu danken haben, hat er doch wenigstens, und mit ihm Mussolini, Worte rückhalt loser Anerkennung und Dankbarkeit gefunden. A ndcrs die Polen — nur weil es Deutsche gewesen sind, die sich ihrer in äußerster Lebensgefahr annahmen. Sie quittieren mit Beschimpfungen und Verleumdungen und tun obendrein noch so, als wäre im Grunde genommen der Flug doch gar nicht mißlungen. Man wird sie in diesem mehr als kindischen Vergnügen nicht Weiler stören. Jeder deutsche Mann wird weiter seine Menschenpflicht tun, wo immer er dazu Gelegenheit findet, und im übrigen abwarten, ob es den Polen einmal gefallen wird, sich von dem tiefwurzelnden Deutschenhaß, der immer wieder aus ihren Reden und Taten hervorbricht, frei zu machen oder nicht. * Aber dieser Sommer des Mißvergnügens hat auch anderen Leuten, denen Mangel an Vorsicht in ihren Unter nehmungen nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, Pech gebracht. Sogar die meist genannten europäischen Diplomaten werden vom Unheil verfolgt, als hätte es das Schicksal gerade auf sie ganz besonders abgesehen. Ange fangen hat es mit Herrn Briand, der schon am Anfang des Sommers seine Gesundheit so nachhaltig erschüttert fühlte, daß er nur äußerst selten zu sprechen und gerade dann, wenn z. B. der deutsche Botschafter ihn in besonders dringlichen Angelegenheiten zu sehen wünschte, niemals zu haben war. Nicht lange und auch der deutsche Außen minister mußte um Urlaub bitten, obwohl die Wahl bewegung gerade im besten Gauge war und bald daraus die Notwendigkeit einer neuen Regierungsbildung seine Abwesenheit von der Reichshauptstadt so gut wie un möglich machte. Aber Herr Stresemann mutzte in den Schwarzwald und von dort in die böhmischen Bäder flüchten, und auch heute weiß man noch nicht, ob er im stande sein wird, gegen Ende August der Einladung nach Paris zur Unterzeichnung des Kriegsächtungsvertrages Folge zu leisten. Kann sein, kann auch nicht sein — alles hängt von seinem Gesundheitszustand ab, von dem sich im Augenblick nur sagen läßt, daß er nicht etwa nur von rein körperlichen Vorgängen und Einflüssen bestimmt wer den wird. Und nun kommt als Dritter im Bunde auch Herr Chamberlain und läßt sich beurlauben. Ihm fehlt es an der Lunge, wie in London ernsthaft versichert wird. Also wird er weder nach Paris noch nach Genf reisen können, selbst auf die Gefahr hin, daß ohne ihn auch andere Leute die Lust verlieren sollten, sich in große Reise unkosten zu stürzen. Europa, dem die Regierung der Vereinigten Staaten eben mit der Weißen Salbe des Kellogg-Paktes zu Hilfe kommen will, muß sich gerade in diesem Augenblick krank melden. Der Patient ist offen sichtlich schlecht gelaunt, er leidet an Appetitlosigkeit und mag sich von der amerikanischen Medizin anscheinend auch nichts Rechtes versprechen. Das ist Pech; schlechter hätte es der wohlmeinende Arzt von drüben gar nicht treffen können. Ein Glück nur, daß er selber von so robuster Ver fassung ist, daß man eine Ansteckungsgefahr nicht zu be fürchten braucht. Europa wird vielleicht an seiner Un einigkeit zugrunde gehen. Die Vereinigten Staaten werden es gewiß, strotzend von Leben und Fülle, wie sie dastehen, in jedem Fall überleben. Dr. Sy. M bedingungslose Memlandräumung Beschlüsse im Haag. Auf dem Internationalen Sozialisten kongreß im Haag gab namens der französischen Sozialistischen Partei Paul Faure die Erklärung ab. MMM Politik der Niedens Siplomalenempfänge beim Reichspräsidenten. Eine Rede Hindenburgs. Der Reichspräsident empfing Freitag drei neue Ver treter fremder Mächte zur Überreichung ihrer Beglaubi gungsscheiben. Der wichtigste Vorgang dabei war zweifel los der Empfang des neuen englischen Botschafters S i r Horace Rumbold, der ein Handschreiben seines Königs überbrachte. An der Feierlichkeit nahmen in Begleitung des Reichspräsidenten teil Staatssekretär Dr. Meißner und Staatssekretär von Schubert als Vertreter des Reichs ministers Dr. Stresemann sowie der Chef des Protokolls, Gesandter Köster. Sir Numbold hob in seiner Ansprache die Bedeutung, den Einfluß und die geographische Lage Deutschlands hervor und betonte, daß diese Umstände es zu einem entscheidenden Faktor beim friedlichen Wiederaufbau und bei der friedlichen Entwicklung Europas machten. Er fuhr fort: Die allgemeine Entspannung, die durch die Verträge von Locarno Herbeigeführt worden ist, zusammen mit Deutschlands erfolgreicher Teilnahme am Werke des Völkerbundes bieten die beste Gewähr für die weitere Mit arbeit dieses Landes an einer PolitikdesFriedens und der Verständigung. Dadurch, daß es meinen beiden Vorgängern gelungen ist, das Vertrauen Euerer Exzellenz und -Ihrer Minister zu erwerben, haben sie, aufrichtig unterstützt von Ihrer Regierung, in großem Maße dazu beigetragen, die gegenwärtigen ausgezeichneten Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern herznstellen. Es wird mein ernstes Be streben sein, ihrem Beispiele zu folgen, um, wenn mög lich, diese Beziehungen immer herzlicher zu gestalten. Oie Antwort des Reichspräsidenten würdigte die Ehre, ein Handschreiben des englischen Mon archen zu empfangen, und die hervorragenden Stellungen, die Sir Rumbold im Dienste seines Landes bereits ein genommen hat, und gedachte mit warmer Anerkennung seines Vorgängers. Dann sagte der Reichspräsident: Ich begrüße es lebhaft, Herr Botschafter, daß auch Sie eZ als Ihre vornehmste Aufgabe betrachten, Ihr Amt im Geiste vertrauensvollen Zusammenarbeitens zu führen, uni die zwischen dem Deutschen und Britischen Reiche bestehen den guten Beziehungen zu pflegen und auszubaucn. Seien Sic versichert, daß Sie hierin bei der deutschen Regierung und bei mir stets vollste Unterstützung finden werden. Ich hoffe mit Ihnen, daß die Verträge von Locarno und die Einrichtungen des Völkerbundes die von Deutschland und Großbritannien in gleicher Weise verfolgte Politik des Friedens und der Verständigung erleichtern und fördern werden. Hindenburg hieß daun den Botschafter herzlich will kommen, ebenso anschließend den Gesandten Argen tiniens, Dr. E r n e st o N e st e l l i, und den Gesandten Haitis, Herrn Luc Dominique, die ebenfalls ihre Beglaubigungen überreichten. f * * SttPssMeyllMBaitt Wichtige Beschlüsse des Reichskabinetts. Berlin, 10. August. Das Reichskabinett beschloß in fei ner heutigen unter dem Vorsitz des Reichskanzlers abgehaltenen Sitzung den Bau des Panzerschiffes in Angriff zu nehmen. Zu diesem Beschluß ist die Reichsregierung gelangt, nachdem festge- slellt wurde, daß die durch den Bau des Panzerschiffes entstehen den Mehrausgaben in den folgenden Jahren durch entsprechende Ersparnisse bei sonstigen Ersatzbauten wieder eingrbracht werden. — Das Reichskabinett erhöhte ferner die Versicherungspflichtgren- ze in der Angestelltenverficherung von 6000 auf 8400 Reichsmark und beschloß u. a. dem Reichstag die Ratifizierung über drei in ternationale Uebereinkommen betr. die Seeschiffahrt vorzuiegen. dass die" B e setzung des Rheiulandes nicht mehr gerechtfertigt sei. Man solle es vermeiden, mit der Räu mung, die sofort und nicht erst 1935 erfolgen solle, finanzielle Forderungen zu verknüpfen, weil dies die Er ledigung der Besetzungsfrage nur erschwere. Die Räu mung dürfe überhaupt nicht zum Gegenstand eines Han dels gemacht, könne lediglich in Verbindung gebracht wer den mit der Abrüstung. Die Kontrolle der Durchführung dieser Abrüstung bedeute gleichzeitig eine genügende Kon trolle auch über das Rheinland und die Abrüstung Deutschlands. Als Abschluß dieser Debatte nahm der Kongreß eine Entschließung an, in der gegen die Rüstungen der Völker und gegen die Bedrückung der nationalen Minderheiten protestiert wird. Die Kundgebung erinnert gleichzeitig die Alliierten an ihre Versprechungen hinsichtlich der obliga torischen Schiedsgerichte, der Abrüstung, der Rheinland räumung und der Wiederherstellung der deutschen Hoheit im Saargebiet und spricht sich gegen den Faschismus und den Bolschewismus aus. Des weiteren beschäftigte sich der Kongreß mit der Weltwirts chastspolitik, gegen deren zuneh mende Vertrustung er sich in einer besonderen Entschlie ßung ebenso aussprach wie gegeu die hochschutzzöllnerischen Bestrebungen; auch in allen K o l o u i a l g e b i e t e n müsse die Politik der offenen Tür durchgeführt werden. Schließlich nahm der Kongreß noch eine Entschließung an, die das Selbstbestimmnngsrecht und die Unabhängigkeit für China, Indien und Ägypten fordert. Or. Luther über seine ReLchserneuerungspSäne. Bildung von Reichsprovinzen. Vor einiger Zeit wurde unter der Führung des ehe maligen Reichskanzlers Dr. Luther der „Bund zur Er neuerung des Reiches" begründet. Es entwickelten sich damals ziemliche Auseinandersetzungen zwischen den ver schiedenen Parteiblättern über die Ziele, denen der Bund zustrebe. Dr. Luther hat nuu soeben in einer Unterredung einige Richtlinien gezogen für die Arbeit des Bundes. Im Vordergründe standen die Fragen nach einer anderen Einteilung der Länderabgrenzungen bzw. die Schaffung von sog. R e i ch s p r o v i n z e n. Dr. Luther bemerkte dazu, daß verwaltungsgemäß in Süddeutschland und in Sachsen die Verhältnisse übersichtlicher lägen als in weiten Teilen Norddeutschlands, weil sich die Bezirke der großen Reichsverwaltungen, wie Finanzverwaltung und Landes- arbeitsamt; in der Hauptsache mit den Ländergrenzen decken oder sich ihnen einfügeu. Ein Fall wie der des Landesarbeitsamtes Nordmark, zu dem sechs Staaten aebören. nämlich außer Vreußen Hambura. Mecklenbura- Schwerin, Meülenbürg-Strelstz, Lübeck und Oldenburg mit seiner Exklave Eutin, bestehe in Süddeutschland nicht. Verfassungsmäßig sehe der Vorschlag des Bundes davon ab, für die südlichen Länder die Umwandlung in Pro vinzen des Neichslandes zu empfehlen, sondern stelle diesen Entschluß ganz in das freie Ermessen dieser Länder, übrigens baue der Bund auch sonst in seinen der Öffentlichkeit noch unbekannten Einzelarbeiten grund sätzlich auf dem freien Entschluß aller beteiligte» Länder, besonders Preußens, auf. Die Aufräumung der En- und Exklavenfrage würde nach Dr. Luthers Meinung sicherlich Nutzen bringen. Ent scheidend aber komme es hierauf nicht an, da das Schicksal des deutschen Volkes nicht von der Bereinigung dieser Kuriositäten unseres Staatsgebäudes abhänge, sondern von der sachgemäßen Gestaltung der Zentralstaatsgewalt des Reiches nebst richtiger Behandlung der Länderfrage und der Selbstverwaltungssrage. So lange würde, wie Dr. Luther fagte, eine Entwick lung zu Groß-Preußen jedenfalls gefährlich bleiben, als nicht die Vereinigung der Neichsgewalt mit der preußi schen Staatsgewalt erfolgt sei. Die grundsätzliche Lösung aber heiße: Beseitigung des Dualismus zwischen Reich und Preußen unter Erhaltung des preußischen Staats zusammenhanges. An den Vrandrninen non Luhe. Weiden, 10. August. Der nach Luhe entsandte Vertreter der Telegraphen-llnion berichtet noch folgende Einzelheiten über das schwere Brandunglück, von dem der genannte Ort heimgesucht wurde: Schon weit vor dem Orte deutete eine endlose Reihe von Wagen, in denen die Einwohner ihre Habseligkeiten in das sichere Freie hinausgeschafft haben, auf die Große des Unglücks hin. Bei den Habseligkeiten standen Frauen und Kinder weinend oder star ren Blickes auf die Stätte schauend, die noch vor wenigen Stun den ihr Heim. war. Das Feuer entstand durch Kurzschluß in der Scheune des Landwirts Reichenberger. Augenblicklich stand die Scheune in Flammen. Von hier aus übertrug ein Windstoß das Feuer über die Straße hinweg ans das Wohnhaus und das Wirtschaftsgebäude des Bürgermeisters. Damit waren auf beiden Seiten der Straße Brandherde. 19 Feuerwehren bekämpften den Brand, doch mußten sie sich darauf beschränken, die noch stehen den Gebäude der Hauptstraße zu retten. Die kaum eingebrachte Ernte bot den Flammen reiche Nahrung. Bis zum abend waren es nur zwei oder drei Wohnhäuser, die dem Brande noch nicht zum Opfer gefallen waren. Das Bild, das der Ort bietet, ist grauenhaft. An einer Länge von ungefähr 700 Meter stehen rechts und links nur noch Brandmauern. Die Kirche konnte erhalten wer den. Der Brand erreichte fast das gleiche Ausmaß wie vor un-