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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, M«» »Wilidrusstr Ta«edlatt» «rscheint an «llrri Wcrklogrn nachoiittags SUHr. Beiugsnrei,: Bei Abbolun, m DesqSsisftellc und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Austeilung durch die Boten 2,30 RM., bei Poftbeftellung »RM. »urSgiich Adtrag. ... . ,, . gebühr. Einzelnummern »Mpfg.AllePoftanst-lten WochLN0tllt1 für Wilsdruff u. ÜMgegLNo PoftbotenunduniereAus- trSgerund «eschSftsstellen nehmen zu jeder Zeit Be. Wellungen entgegen. JmFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch ans Lieferung dar Zeitung oder Kürzung de» Bezugspreises. — Bücksendungleingrsaudter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Lürgertuw./ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die »gespaltene -Raumzeile 20Bpsg., diel gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen «»Reich«- Pfennig, die 3 gespalten- Siedlamezeile im tertlichen Teile I A-ichrmard. Nachweisnngsxcdühr 2V Reichs Pfennige. Pac* geschrieben-Erscheinung-. ,, iage und Platzoarschristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anz-igen- annabmebisnorm.iouhr. " Für die Richtigkeit der durch FernrufübermittcltenAnzrigen übernehmen wir keine Darantie. Jeder Aabattansprp ei -. 'l-schi, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muh odcrder Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen a llc Vt rmiltlungcslellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Vmtshaupimannschaft Weißen, des Amts gerichts und des Stadlrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 218. — 87 Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 17. September 1928 O du mein Oesterreich! Schon das alte Österreich hatte vor dem Kriege eine recht wenig erhebende Berühmtheit erlangt wegen der Schärfe, mit der dort die innenpolitischen Ge gensätze aufeinanderkrachten. Waren es damals in der Hauptsache die Streitigkeiten zwischen den Völkerschaften der vielgestaltigen Habsburger Monarchie, so fehlte es doch auch nicht an einem Auseinanderprallen der ver schiedenen Parteien. Immerhin hatten aber doch die Kämpfe der Völkerschaften gegeneinander das Emporflammen parteipolitischer Differenzen so gar bei den Deutschen des Habsburger Reiches ab geschwächt. Jetzt, im kleinen Deutsch-Osterreich, in dem die Deutschen csanz unter sich sind, ist es aber ganz anders geworden und man muß die Feststellung machen, daß dort die parteipolitischen Gegensätze Wohl noch schärfer sich ausprägen als im Deutschen Reich. Schon im Parla ment kommt dies zum Ausdruck, in dem einer Koalition sämtlicher bürgerlichen Parteien die oppositionelle Sozial demokratie mit einem übrigens recht unbedeutenden kom munistischen Anhängsel gegenübersteht, obwohl es eine Zeit gegeben hat — manchmal hatte es sogar den An schein, als ob diese Zeit wiederkehrte —, da eine Koalition von Sozialdemokraten und Christlichsozialen, der Partei des jetzigen Bundeskanzlers Dr. Seipel, bestanden hat. Verschärft werden die Gegensätze noch dadurch, daß die Sozialdemokratische Partei im „Republikanischen Schutzbund" eine kräftige Kampforganisation hat, außerdem in Wien die Herrschaft über diesen „Wasser kopf Österreichs fest in Händen hält. Auf der anderen Seite stehen die erst in neuester Zeit begründeten H e i m a t w c h r c n, deren Anhänger von der äußersten Rechten bis tief in die Reihen der Christlichsozialen hin- einreichen. Und diese Heimatwehren wollen nun am 7. Oktober in Wiener-Neustadt eine Kundgebung veran stalten; gleichzeitig aber hat die Sozialdemokratie bzw. der Republikanische Schutzbund erklärt, er würde diesen Aufmarsch der Heimatwehren mit einer Gegendemonstra tion beantworten. Die österreichische Regierung ist nun vor die Not wendigkeit versetzt, die erwarteten Zusammenstöße durch entsprechende Maßnahmen zu verhindern. Daß irgendeine der beiden Seiten auf die Demonstration verzichtet, ist kaum anzunehmen. Und daß die Gemüter bis zum 7. Ok tober bis zur Siedehitze emporgekocht sein werden, daran ist leider nicht zu zweifeln. Gesellt sich doch zu diesem parteipolitischen Gegensatz auch noch manche andere Strömung, die verschärfend wirkt, nicht zuletzt die Tat sache, daß in Deutsch-Osterreich die Kluft zwischen Stadt und Land, genauer gesagt, zwischen Wien und nament lich den Alpenländcrn, weit tiefer ist als in Deutschland. Nebenbei bemerkt: Ein Drittel der Gesamteiuwohnerzahl Deutsch-Osterreichs entfällt auf Wien und aus diesem Grunde ist für die im Schatten von St. Germain so wider natürlich erfolgte Gestaltung Deutsch-Österreichs jener Vergleich von dem „Wasserkopf" und den anderen Körper gliedern geprägt worden. Und schließlich fehlt es auch nicht an konfessionellen Differenzen, die sich in diesem in der Hauptsache rein katholischen Land gerade in den Zeiten nach der Revolution besonders drastisch herausgebildet haben. Alles dies muß man wissen, uni zu verstehe», daß die Besorgnis, mit der die Regierung dem 7. Oktober ent gegensieht, überaus begründet ist. Man denkt noch mit Schaudern zurück an den 15. Juli vergangenen Jahres, als in Wien sich die bekannten Ereignisse abspielten. Leider ist die Staatsgewalt in Deutsch-Osterreich — das kann ruhig gesagt werden — längst nicht so gefestigt wie in Deutschland und das ist auch angesichts der unglück lichen wirtschaftlichen Lage dieses Landes mit seiner ver hältnismäßig viel größeren Zahl von Arbeitslosen letzten Endes nicht verwunderlich. Man verfährt infolge dessen auf beiden Seiten bei der Agitation auch viel „massiver" in der Durchsetzung dessen, was man will, auch viel rücksichtsloser und spart dabei natürlich mit wilden Worten am allerwenigsten, übrigens ist es merkwürdig, daß in diesem Lande, in dem das Bild des alten Kaisers Franz Joseph fast in jeder Hütte hing, von einer mon archischen Bewegung überhaupt nicht die Rede ist; zweifel los auffallend in einem Lande von einer viel älteren monarchischen Tradition als beispielsweise Deutschland. So sind auch die Heimatwehren eigentlich nur antisozial demokratisch stark beeinflußt durch ihre wesentlich länd lichen Rekrutierungsbezirke, hinsichtlich ihrer rein politi schen Ziele aber vorläufig noch recht unbestimmt. Auf der anderen Seite steht der sozialdemokratische Republi kanische Schutzbund, der sich darin von dem deutschen „Reichsbanner" unterscheidet, in unversöhnlichem Gegen satz zur Christlichsozialen Partei, die bekanntlich dem deut schen Zentrum entspricht. Das deutsche Mittelglied zwi schen diesen Parteien, nämlich die Demokraten, fehlt in Deutsch-Osterreich so gut wie ganz; seine wenigen An hänger, die es nicht zu einem Abgeordneten gebracht haben, beschränken sich auf Wien, spielen aber gar keine Nolle. . So hat die Rachkriegsentwicklung Österreich da hin getrieben, daß dieses unglückliche Land nun auch noch unter schärfster parteipolitischer Zersetzung mehr als genug zu leiden hat. Es fehlt auch ganz und gar an den wirt schaftspolitischen „Querverbindungen", die es in Deutsch land und im Deutschen Reichstag recht reichlich gibt und Iss WM- der MmWMkhMmW ReichMnzlerberichi aus Gens. Sonnabend trat das Reichskabinett in Berlin zusam men, um das bisherige Resultat der Genfer Besprechungen zu prüfen. An der Sitzung nahmen unter dem Vorsitz des Reichswehrministers Gröner sämtliche Mitglieder" des Reichskabinetts mit Ausnahme des Reichskanzlers, des Reichsaußenministers und des Justizministers Koch teil. Den Beratungen lag der telegraphische Bericht zugrunde, den die deutsche Delegation in Genf über die bisherigen Beratungen nach Berlin gesandt hat. Die Kabinetts- sitzung trug den Charakter besonderer Vertraulichkeit. Das erklärt sich schon daraus, daß in dieser Kabinettssitzung nicht nur zu bestimmten Vorschlägen der Genfer Delegation Beschluß zu fassen, sondern auch die in Genf zu befolgende Taktik zu beraten war. Die Sitzung wurde nach einigen Stmwcn Unterbrochen und später wieder ausgenommen. Die Beschlüsse des Michskabinetts. Dae Verhandlungen des Neichskabinetts über die Genfer Räumungsverhandlungen dauerten bis in den Abend des Sonnabend. Dann wurde folgende Veröffent lichung ausgegeben: Das Reichskabinett trat unter Vorsitz des Reichs- Ministers Gröner zu einer Sitzung zusammen, an der die Reichsminister Curtius, Dietrich, von Guörard, Hilferding, Severing, Schätzel und Wisse» teilnahmcn Gegenstand der eingehenden Beratung bildete die Lage in Gens, wie sie sich auf Grund der Berichte der Delegation darstellt. Die Haltung der Delegation in Genf fand einmütige Billigung. Die Stellungnahme des Reichskabinetts zu den in Frage stehenden Problemen wurde der Delegation telegraphisch übermittelt. Die Beratung des Neichskabinetts dauerte vier Stun den. über alle mit Genf zusammenhängenden Fragen Hai ein lebhafter Meinungsaustausch nicht nur zwischen Kabinett und Delegation, sondern auch mit Außenminister Stresemann in Baden-Baden stattgefunden. Das Kabinett hat sich mit seiner Entscheidung der Rede Strese manns vom Januar angeschlossen, die jede Beaufsichtigung des Nheinlandes über das Jahr 1935 hinaus a b l e h n t. Das Kabinett hat eine Schieds- oder Schlichtungsinstanz nur für annehmbar erklärt, wenn sie mit dem Jahre 1935 verschwindet. -Lne Denytupe des .nnvinetts werden der deutschen Delegation in Gens telegraphisch mitgeteilt, damit sie resp. der Reichskanzler Sonntag bei der dritten Räumungsaus sprache in Gens in voller Übereinstimmung mit der Reichs- regiernng vorzugeben imstande ist. Reichskanzler Müller stattete in Genf dem polnischen Minister des Äußern, Zaleski, einen Gegenbesuch ab und folgte sodann einer Einladung des Direktors des Internationalen Arbeitsamtes, Albert Thomas, bei dem er Gelegenheit zu einer Begegnung mit Bernard Shaw und zu einer längeren Unterhaltung mit dem tschecho slowakischen Minister des Äußern, Benesch, hatte. Dann empfing der Reichskanzler den lettländischen Minister des Äußern, Balodis, den rumänischen Gesandten in Berlin, Comnen, und das Mitglied der norwegischen Delegation Fritbjof Nansen die aus den Gegensatz der politischen Parteien vielfach mildernd einwirkten und einwirken. Dort aber zwischen der Leitha und dem Bodensee, zwischen dem Brenner und der tschechischen Grenze platzen die Köpfe und, wie es schon leider allzuoft geschehen ist, auch die Fäuste in un gemindertem Haß aufeinander. Dr. Seipels Regierung wird viel tun müssen, damit der 7. Oktober in Wiener- Neustadt nicht dieselbe traurige Berühmtheit erhält wie jener 15. Inti 1927. Bundesrat Dr. Sterdle, der Führer der österreichischen Heimwehrverbände, die sich am 7. Oktober in Wiener-Neustadt versammeln wollen. Auswärtiger Ausschuß Ende der Woche. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstags wird für Ende der Woche einberufen werden. Sein Vorsitzender, vcr sozialdemokratische Abgeordnete Scheidemann, ist erst an; Sonnabend nach Berlin zurttckgckchrt, Hot aber noch keine Entscheidung über einen bestimmten Termin ge troffen. * Dritte Genfer MMandbesprechung. Weitere K o n f e r e n z z u n ä ch st n i ch 1 erwartet. Die dritte gemeinsame Besprechung über die Frage der Rheinlandräumung wurde Sonntag nachmittag nach mehr als dreistündiger Dauer beendet. Deutschland war wieder durch Reichskanzler Müller und Staatssckrctä; von Schubert vertrete», für Eugland »ahn; Lord Cufhendu» teil, für Frankreich Briand, für Belgien Hymans, für Italien Scialoja und für Japan Adatci. Nach der Besprechung waren die Teilnehmer einschließlich der Dolmetscher Gäste beim Frühstück bei Lord Cushendun. Eine weitere Besprechung während der jetzigen Tagung wird nicht mehr erwartet. Die amtliche Mitteilung. Das gemeinsam vereinbarte Communique über die Besprechung hat in der amtlichen deutschen Übersetzung folgenden Wortlaut: „An; Schluß der dritten Besprechung, die die Vertrete; Deutschlands, Belgiens, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Japans abhielten, haben sie mit Befriedi gung die freundschaftlichen Bedingungen festgestellt, unter denen die wichtigen Fragen erörtert worden sind, welche der Gegenstand ihres Meinnngsauslansches waren. Eine Einigung ist in folgenden Punkten zwischen ihnen zustandegekommen: 1. über die Eröffnung einer offiziellen Verhandlung über die vom Reichskanzler vorgebrachte Forderung nach vorzeitiger Rheintandräumung. 2. über die Notwendigkeit, das Ncparationsproblem vollständig und endgültig zu regeln und zu diesem Zweck eine Kommission von Finanzsachverständigen der sechs Regierungen einzusctzen. 3. über den Grundsatz der Einsetzung einer Fest- stellungs- und Vergleichskommission. Die Zusammen setzung, das Funktionieren, der Gegenstand und die Dane; dieser Kommission sind einer Verhandlung zwischen der Regierungen Vorbehalten." Reichskanzler Müller verließ Sonntag nacht in Be gleitung von Staatssekretär Dr. Pünder und Ministerial direktor Zechlin Genf und wird nach einem Besuch beim Reichsminister des Äußern Dr. Stresemann in Baden- Baden am Dienstag vormittag wieder in Berlin ei», treffen. Koutrske Ver!S35 hiimr, Wn die Meri«. Gens, 16. September. Lord Cushendun hat am Sonntag nach Abschluß der dritten Besprechung der sechs Mächte einigen maßgebenden englischen Journalisten eine offizielle Erklärung ab gegeben, die gerade im gegenwärtigen Augenblick außerordentliche Bedeutung gewinnst da sie über die offiziell ausgegebene Ver lautbarung der heutigen Zusammenkunft weit hinausgeht und Las tatsächliche Ergebnis der Verhandlungen eindeutig darlegt. Die Erklärungen Lord Cushenduns, der in den Besprechungen der sechs Mächte den Vorsitz geführt hat, können kurz folgendermaßen zusammengefaßt werden: 1. Die Initiative für die weiteren Verhandlungen über die Rheinlandräumung/ insbesondere über die Bedingungen unter den die Verhandlungen jetzt weiter fortgeführt werden können, liegt ausdrücklich bei der deutschen Regierung. Es ist jetzt Auf gabe der deutschen Regierung, Vorschläge über die Regelung der Reparationsfrage den Alliierten vorzulegen. 2. In der Reparakionsfrage sucht die englische Regierung bei der Mobilisierung der deutschen RepalastoNsschuld die gleiche Summe zu erhallen, die England den Vereinigten Staaten zu z«bleu.hat. Verhandlungen sestges-M worden, daß brr Feststellungs- und Vergleichskommission nicht einen militärischen, sondern einen rein zivilen Charakter tragen soll. Jedoch ist nicht entschieden, ob Deutschland in dieser Kommission vertreten sein soll. Von französischer und belgischer Seite wird gegen eine Ver tretung Deutschlands in dieser Kommission Einspruch erhoben. 4. Es ist festgestellt worden, daß die Kontrolle dieser Kom mission sich aus die deutsche entmilittusierle Rheinlandzone be schränken soll, nicht jedoch aus andere Gebiete des Rheinlandrs und nicht aus französisches Gebiet. . . ... Es ist bisher nicht entschieden, ob die Dauer dieser Vergleichs- kcmmission mit dem Jahre 1935 ihren Abschluß finden, oaer -w die Kommission darüber hinaus bestehen soll. Von alliierter Se» wird gefordert, daß die Dauer dieser Kommission nn.vl o gre-.z- wird, jedenfalls über 1935 hinaus ondauern loll.