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MMlifferÄMatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, -Wilsdruffer Taaeblatl- erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. »e,u,»preie: Bei Abholung in »«, DeschSslsftellc nnd den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch di« Boten 2,30 RM., bet Poftbcstellung »NM. euzüglich Abtrag. - -- ,, - gebühr. Einzelnummern «tpsg. All-P-ft-nft-lten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und un,er««us. «AigerundtveschLstsstellen ° — nehmen zu irder Zeit Be- Kellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriedsstörungen besteht kein Anspruch aus Lirserung »er Zeitnn, oder Kürzung des Bezugspreise«. — RLcksendungleingesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die «gespaltene Raumzeile 20Rpfg., die «gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reich». Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im tcrtlichen Seile l Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reich-Pfennige. Pol'' geschriebene Erscheinung-. — - . -- , tag« und Platzvorschrifttn werden »ach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahmetnsvorm.iouhr. Für die Richtigkeit der durch FernrusübermitteltenAnzrigen übernehmen wir deine Garantie. Jeder RabnNansoru e! erlischt, wenn der Betrag durch Klag« eingezogen werden mutz oderderAuitrag geberin Konkurs grrllt. Anzeigen nehmen alle Vtrmitlluu gsstellcn entgegen . Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr 220. — 87 Jahrgang T l gr Adr: Amtsblatt Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Mittwoch, den 19. September 1928 Der Hintergrund. Viel verständlicher wird, was in Genf geschah und nicht geschah, was dort beschlossen, abgelehnt oder hinaus gezögert wurde, wenn man den Blick von den Einzelheiten abwendet hinüber zur allgemeinen weltpolitischen Lage, in der sich die Ereignisse von Genf abspielten. Breit lag der Schatten des englisch-französischen Abkommens über den blauen Fluten des Genfer Sees und dem Palast, wo die Außenminister verhandelten und um die Zukunft der Rheinlandfrage miteinander stritten. Dieses Flottenabkommen — das hat namentlich Amerika nicht bloß deutlich empfunden, sondern noch deutlicher zum Ausdruck gebracht — hat dazu geführt, daß die französische Vorherrschaft in Europa unbestrittener denn je ist, auch England sich bedingungslos in Genf der französischen Führung anschmiegte. Schon die Person des englischen Delegierten, Lord Cushendun, dem seine ärgsten Feinde selbst keinerlei Vorliebe für Deutschland nachsagen können, bewies diese unbedingte Rücksichtnahme Englands auf alle französischen Wünsche hinsichtlich des Rheinlandes und der Reparationsfrage. Von Briands Vorstoß, der selbst in London einiges Befremden erregte, spricht dort kein Mensch mehr. Dieses englisch-französische Abkommen bedeutet aber nicht bloß die praktische Vorherrschaft Frankreichs auf dem Kontinent, sondern noch mehr als dies, nämlich Wert volleres für England. Was England braucht überall in der Welt, das ist Ruhe, damit der satte britische Löwe nicht in seiner Verdauung gestört wird. Und das ist garantiert durch das Abkommen mit Frankreich, das ja über eine bloße taktisch-strategische Flottenvereinbarung hinaus Aus druck engster politischer Zusammenarbeit ist. Mit dieser Stütze, mit dieser Gewißheit im Hintergrund war es natürlich für Briand leicht, nein zu sagen oder gar den Deutschen die geballte Faust unter die Nase zu halten. Keinen Augenblick hat Lord Cushendun dar um auch gezögert, dem französischen Standpunkt beizu treten, Deutschland habe sich trotz Abrüstung und Repara tionszahlung einen Rechtsanspruch auf schnelle Räumung des Rheinlandes nicht erworben. Mehr noch: Es ist bekannt, wie außerordentlich scharf der Abschluß jenes Abkommens kurz vor der Unterzeich nung des Kellogg-Paktes in Amerika getadelt worden ist. Es war fast ein Schnitt zwischen England und Amerika. Wenn nun in Genf beschlossen worden ist, an die vollständige und endgültige Regelung des Repara tionsproblems heranzugehen, so hätte man doch er warten dürfen, daß Amerika, das die Vaterschaft für den Dawes-Plan mit Recht in Anspruch nehmen kann, offiziell in irgendwelcher Form zum mindesten zur Teil nahme an dieser Kommissionsarbeit eingeladen werden würde. Die Amerikaner, die wie Parker Gilbert und andere bei der Durchführung des Dawes-Planes tätig sind, verrichten ja ihre Arbeit freilich als Privatleute, nicht etwa als Beauftragte ihres Landes. Aber das ist nur' eine Äußerlichkeit. Auch aus inneren Gründen hätte die Beteiligung der Amerikaner an der Revision des Dawes- Planes irgendwie in die Wege geleitet werden müssen — nach außen hin ist solche Aufforderung nicht zum Ausdruck gekommen, aber es ist wohl anzunehmen, daß man an diesem schwerwiegenden Punkt in Genf doch nicht so ganz vorbeigegangen ist. Schwerwiegend insofern, als zum mindesten durch diese Zurückhaltung der fünf europäischen Großmächte und Japans es den Anschein erhält, als dehne sich der Schatten des englisch-französischen Abkommens auch aus auf das gesamte Verhältnis des europäischen Kontinents zu den Vereinigten Staaten. Mit größter Schnelligkeit und vielleicht gerade darum hat das Washingtoner Staatsdepartement, also Herr Kel logg selbst, aber sicher als Sprachrohr des Präsidenten, seinen Standpunkt geltend gemacht. Rheinlandräumung und Fixierung der deutschen Reparationsschuld seien an sich rein europäische Angelegenheiten. Das ist freilich insofern etwas unklar, als die Fixierung der Endsumme ohne eine Revision des Dawes-Planes er folgen könnte. Anders steht es aber mit dieser Revision selbst; Kellogg soll angedeutet haben, daß sie ohne Amerikas Zustimmung nicht vor sich gehen dürfe. Aller dings schließt sich die Bereitwilligkeitserklärung daran, nichts dagegen einwenden zn wollen, wenn amerikanische Privatpersonen in irgendeiner Form zur Arbeit der Sach verständigenkommission hcrangezogcn werden sollten. Nun wird ja immer wieder darauf hingewiesen, daß Frankreich im nächsten Jahre 400 Millionen Dollar seiner Schulden an Amerika zahlen soll und man für diesen Zweck von den 11 Milliarden Reparationsschuldverschreibungen der Deutschen Reichsbahn A.-G., die 1924 der Reparations kommission überantwortet werden mußten, einen Teil — man spricht sogar von 2 Milliarden — „m o b i l is e r e n", also an den Geldmärkten zum Verkauf bringen will. Daß zur Verwirklichung dieser Absicht der gute Wille des größten Wellgeldgebers, nämlich der Vereinigten Staaten, einfach die Voraussetzung ist, versteht sich von selbst; außerdem handelt es sich hier um einen so gewaltigen Betrag, daß er für den gesamten deutschen Auslandskredit öffentlicher und privater Art von stärkstem Einfluß sein Muß. Amerika hat aber nun schon allein an langfristigen Krediten weit über fünf Milliarden nach Deutschland fließen lassen und infolgedessen das größte Interesse daran, daß man seinem Schuldner nicht Bedingungen stellt, deren Jas ReWawett dankt dem Kanzler Einstimmige Villigung der deuMen Haltung in Genf. Bericht des Reichskanzlers. Dienstag früh traf Reichskanzler Müller nach mehr als vierzehntägiger Abwesenheit wieder in Berlin ein, nachdem er unterwegs mit dem Außenminister Dr. Strese mann in Baden-Baden konferiert hatte. Alsbald nach der Ankunft Müllers trat das Reichskabinett zu einer Sitzung zusammen, in welcher der Kanzler dem Reichskabinett über die in Genf geführten Verhandlungen berichtete. Das Reichskabinett billigte einstimmig die Haltung des Reichskanzlers und der deutschen Delegation und dankte dem Reichskanzler für seine geschickte und tatkräftige Führung der Verhandlungen. Der Zeitpunkt für die in Aussicht genommene Sitzung des Auswärtigen Ausschusses des Reichstages ist noch unbestimmt. Wie man annimmt, wird der Reichskanzler wahrscheinlich mit dem Abgeordneten Scheidemann, dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Reichs tages, Fühlung nehmen, um einen Termin zu vereinbaren. Verhandlungen im Oktober? In Genfer unterrichteten Kreisen erwartet man, daß die diplomatischen Räumungsverhandlun gen Mitte Oktober auf dem Wege eines Notenaustausches durch die Botschaften in den alliierten Hauptstädten be ginnen werden. Während der Dezembertagung des Rates soll dann eine neue Zusammenkunft der sechs interessierten i Mächte stattfinden, zu der Belgien ausdrücklich zu- gelassen werden soll, da die belgische Regierung an sich an der Dezembertagung des Rates als Nichtratsmilglied nicht teilnimmt. Auf dieser Zusammenkunft der sechs Mächte sollen dann die Ergebnisse des diplomatischen Notenaus tausches bi zu diesem Zeitpunkt geprüft und die weiter zu ergreifenden Schritte in den Räumungsverhandlungev beraten werden. Was die amerikanische presse sagt. Die meisten Newyorker Blätter deuten die Anregungen über eine baldige Räumung des besetzten Gebietes und die Einsetzung einer Kommission als beste Nachricht, die seit langem aus Europa gekommen sei. Es sei eine Forderung der Vernunft und der Gerechtigkeit, daß Deutschland den Umfang seiner Verpflichtungen kenne, statt blindlings zahlen zu müssen. Während die sechs Mächte klug und mutig das letzte Nachkriegsproblem aufnähmen, erhebe sich die Frage der Haltung der V e r e i n i g t e n Staaten, die bisher den unglücklichen Mächten jenseits des Ozeans freigebig mit gutem Rat gedient hätten. Nunmehr werde ein Plan von größter Bedeutung für die Erhaltung des Friedens ausgearbeitet. Die Blätter fragen: Werden die Vereinigten Staaten auf dem Buchstaben der Verpflich tung bestehen und sich teilnahmlos mißtrauisch beiseite halten? Wieweit werden die Vereinigten Staaten sich als Friedensfreunde erweisen, wenn es sich um Taten handelt und nicht nur um Worte? Auch noch die Tschechoslowakei! Der tschechoslowakische Außenminister Dr. Benesch er klärte Vertretern der tschechoslowakischen Presse in Genf, er hoffe, daß die Tschechoslowakei zu den kommenden di plomatischen Räumungsverhandlungcn hinzugezogen werde. Die Tschechoslowakei sei an der Frage der Räu mung des Rheinlandes unmittelbar interessiert, und zwar in gleicher Weise wie die übrigen alliierten und assoziierten Mächte. Demnächst werden sich auch wohl Albanien und Hedschas dem polnischen und tschechischen Verlangen an- schlieben. MWM hat Mer seiaea Zeppelin „Graf Zeppelin" ausgestiegen. In Fahrt über dem Bodensee. Das von ganz Deutschland mit großer Spannung er wartete Ereignis ist nun endlich eingetreten. Der neue „Zeppelin" ist, wie aus Friedrichshafen gemeldet wird, Dienstag nachmittag um 3 Uhr 20 aus der Halle gezogen worden und zehn Minuten später unter unendlichen! Jubel einer großen Zuschauermenge zum „Werkftätten- flug" ausgestiegen. In langsamer Fahrt flog er in Rich tung Lindau. Um 4 Uhr erschien, von Lindau kommend, das Luftschiff in ruhigem Fluge über der Bregenzer Bucht und fuhr in der Richtung gegen die Schweizer Grenze weiter. Vier Flugzeuge begleiteten den „Graf Zepplin" aus dem ersten Flug. über die einzelnen Phasen des Aufstiegs wird noch be richtet: Um 3 Uhr hatte sich der Wind soweit gelegt, daß man wußte, jetzt wird der „Gras Zeppelin" aufsteigen. Dr. Eckener gab Befehl, das Tor ganz aufzudrehen und den Zaun vor der Halle umsulcgen. Hunderte von Händen greifen zu, die Halle weitet sich, so daß inan, da das volle Licht eindringt, jetzt die gigantische Größe des Schiffes erkennt. Die Schienen, au! denen die Laufkatzen den Zeppelin halten, werden durch Ein legung von Verbindungsstücken bis auf den Platz hinaus ver längert. Neue Kolonnen Arbeiter treten an, Fäuste, die dieses Werk mitgeschaffen, ergreifen die Halteseile, die sich von der Gondel und den Seiten aus fächerförmig nach allen Rich tungen straffen. Man kann alle diese Vorbereitungen, du außergewöhnlich fieberhaft vor sich gehen, und doch vorbei genau festgelegt waren, nicht ohne innere Erregung beobachten Nur Dr. Eckener geht mit der gewohnten unbewegten Ruh< umher, gibt hier ein Kommando, nimmt dort eine Meldung entgegen; dann vor dem Schiff noch eine kurze Führer besprechung. Dr. Eckener hat seine Mitarbeiter um sich gesammelt und entwickelt ihnen in großen Zügen seinen Marschplan. Null Tragung ihm wirtschaftlich-finanziell unmöglich ist. Das ist der hauptsächlichste innere Grund dafür, daß Amerika an dem entscheidend beteiligt ist, was in Genf geplant und eingeleitet wurde. Infolgedessen darf man wohl sagen, daß Deutschland bei seinem Streben nach einer leidlich vernünftigen Umgestaltung des Reparationsproblems wohl als einzigen, aber jedenfalls keinen kräftigeren Bundesgenossen haben kann als die Vereinigten Staaken. -i- Jn offiziellen Kreisen Londons wird übrigens, wie der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" feststellt, kein Versuch mehr gemacht, die Tatsache zu ver schleiern, daß das englisch-französische Flottenabkommen in seiner gegenwärtigen Form tot sei. werden die Sandsacle avgeyangl, die Mowrengonvem fmo zcyon besetzt. Dann besteigt auch die Besatzung das Schiff, als Letzter Dr. Eckener. Ein Pfiff. Kommando: Alles loslassen! An der Gondel festhalten! Die Holzböcke, auf denen die Gondel ruhte, fallen: das Schiff schwebt nun frei über dem Erdboden. Der Ballast wird ausprobiert. Aus ein neues Kommando heb! sich der Bug des Schiffes; von achtern wird Zufluß von Wasserballast verlangt — dann liegt das Schiss wieder ruhig cs ist ausbalanciert Einer der Hinteren Motoren springt an. dann wieder Stille: das Schiff ist klar. Um 3 Uhr 25 Min. kommt der Marschbefehl. Die Arbeiter setzen sich in Bewegung und ziehen den riesigen Leib langsam aus der Halle heraus. Wieder springt ein Propeller an und drückt nach. Einige Minuten später hat sich das Schiff im Freien schon nach links gedreht, das Manöver gebt vollkommen glatt. Das Schiff läßt Wasserballast ab, die Maschinen- tclegraphen beginnen zu arbeiten und geben das Zeichen zum Anlauf. Kommando: „Los!" Alle Propeller springen an und das Schiff hebt sich unter brausenden Hochrufen einer unüber sehbaren Menschenmenge in langsamer Fahrt nach Westen. Das große Werk ist gelungen und das deutsche Volk hat Wiede: seinen Zeppelin. * „Gras ZkMlin" glatt gelandet. Friedrichshafen, 18. September. Nachdem sich das Luftschiff um 17.20 Uhr noch einmal auf 5 Minuten entfernt hatte, erschien es gegen 17.30 Uhr von Süden kommend über dem Londeplatz, den es in ganz langsamer Fahrt ansteuerte. Als es bereits unbewegt quer zur Halle stand, setzten plötz lich die Motoren erneut ein und das Luftschiff entfernte sich rasch wieder vom Londeplatz. Um 18.40 Uhr steuerte das Luftschiff er neut den Landeplatz an. Der Bug des Schiffes senkte sich stark zur Erde. Die Hauptgondel und die hinterste Maschinengondel zei gen wegen der bereits hereingebrochenen Dämmerung bereits Lichter. Auch an den Seitengondeln sind grüne Signallichter sicht bar. Um 18.45 Uhr fallen die Taue zu Boden und nun wird das Luftschiff an den beiden Halteseilen mit dem Bug voraus, auf den Landeplatz gezogen. Eine Minute später können die Halte- mannschasten bereits die Hauptgondel fasten. Die Landung ist voll zogen. Um 18.50 liegt das Schiff bereits wieder glatt auf dem Werstplatz und wird in die Halle eingebracht. Sie erste ZkMlinWt übertrifft Me ErMtulM. Friedrichshafen, 18. September. Während es zuerst den Anschein hatte, als sollte das Luftschiff mit dem Bug vor aus in die Halle gebracht werden, wurde kurz nach 10 Uhr das Heck des Schiffes gegen das Hallentor geschwenkt, so daß das