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MsdmfferNgeblait Freitag, den 5. Oktober 1928 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißan, des Amts- Serichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Taa«dlaU- «rschei« an «Lrn Wsttagm nachmittag, 8 Uhr. B«p>,,prU« Bei Abh»l»ng in , » »ad »en Au«,«»«stellen r AW. im Manat, bei guftellun, durch »je Baten 2,30 AM., »ei Poftbestellun, !"t",Iich Adtr«,« , gebühr. Einzelnummern Wochenblatt für Wilsdruff «. Umgegend ^^tenu»^°n!».«u-. ^?M"tn>gege». Im Falle höherer Bemalt, Krieg oder sonstiger Betrieb,ftörnngrn besteht »ein Anspruch aus Lieferung ""'n«« oder Kürzung der Bezug,preise«. — ALcksendun,leingesandter Schriststüche ersoigt nur, wenn Porto beiliegt. Ar. 234. — 87 Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 264c, für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeile 20Apfg., die 4 gespaltene Zeil* der amtlichen Bekanntmachungen 49Aeichs- Pfennig, die 3 gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Sieichspfennige. i^ch^ÄUiW^t Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annadmebi, oorm.tvUhr. """" Für die Aichtigkeii »er durch FernrusüdermitteltenAnzeigen üdernehmen wir »eine Garantie. IederAo batlansprr ch erlischt, wenn der Betrag durch Kia,« «in,«zogen werdknnmst odrrderAnstra,,«brrin Konkurs geriit. L»,«i,e» nehmen allrDennittlungostellcnentgegrn. Kampfstimmung. Streiks und Aussperrungen. Massenstreik auf den Wersten an Nord- und Ostsee, Massenstreik im Aachener Textil- und im Waldenburger Kohlenrevier, drohender Metallarbeiterstreik in Nordwest- oeiitschland, hier und da ein mehr oder minder hoch auf- Merndes Streikfeuer örtlicher Art, dazu zahlreiche Kün- °Mngen von Tarifverträgen mit teilweise recht weit- Sehenden Lohnforderungen; auf der anderen Seite in den Men Monaten ein nicht unerhebliches Anziehen der Le- ftnsmittelpreise — man darf an diesen Zeichen einer inneren Krise nicht mehr vorübergehen. Wiederder Ee Konflikt zwischen Lohnhöhe und Wirtschaftskonjunk- ;ur: wendet sich diese zum Schlechteren, ja, bleibt sie nicht bl ständigem Aufstieg entsprechend der Zahl der Arbeits- Mte, die sich neu in das Erwerbsleben hineindrängen, Mn gerät die Lohnhöhe in Gefahr. Dann wird es Mant, Lohnheraufsetzungen zu fordern, weil die Nach- Me nach dem Erzeugungsfaktor Arbeit sinkt. Eine alte Wahrung: sinkt die Konjunktur, dann wird es gefährlich, Streiks zu unternehmen. Dieser Zusammenhang wird besonders deutlich beim ^erstarb eit erstreik. Die mittleren und kleinen, "ber auch einige große deutsche Werften leiden seit Jahren unter dem Mangel an Bau- und Reparaturaufträgen. Zu sammenlegungen führten notwendigerweise zu Arbeiter- Massungen, selbst zu Stillegungen ganzer Werften, wie i- B. der alten Bremer Werft Tecklenburg. Das Grotz- "auprogramm der Schisfsreedereien ist in der Hauptsache Mgeführt, bleibt auch vorläufig abgeschlossen, weil die Entwicklung in der Weltschiffahrt reichlich dunkel und un- ucher jst und weil man nicht weiß, ob es nicht zu einem kroßen Konkurrenzkampf kommt. Und gerade bei Schiff- Mauten und -rcparaturen ist die Konkurrenz der Ersten ebenso international wie erbittert. Die Arbeiterschaft weiß das — und trotzdem der Streik, der mehr ein Protest i st gegen Arbeiter- ^tlassungen und Sinken des Reallohns. Mar unter Ablehnung des staatlichen Schiedsspruchs ^rch die Arbeiter. Fast ist es Tragik, daß gerade in Hamburg der Kongreß der Freien Gewerkschaften die Forderung aufstellte, kein von den Arbeitern abgelehnter Schiedsspruch solle vom Neichsarbeitsminister für ver- MNdlich erklärt werden. Arbeitsminister Wissell, näher selbst Freigewerkschaftler, verfuhr nun demgemäß T und da blieb den Arbeitern nun wirklich nur noch die Ausführung der Streikdrohung. Zweifelhaft ist cs, ob man Awde sehr freudig dazu schritt, weil man eben die Zeichen M sinkender Konjunktur nicht verkannte. Vielleicht Mnete man, wie sonst, mit dieser Verbindlichkeits- Gärung, die bisher ja jeder Aussperrungs- oder Streik- ch^himg die frühere Schwere, aber auch für solche Höhungen das Verantwortlichkeitsgefühl nahm. Man M damit leicht zur Hand, weil die Praxis des Schieds- Mchtsversahrens die Durchführung in wirtschaftlich be- Msamen Kämpfen doch immer verhinderte. Noch viel schlimmer sieht es im Waldenburger Mrgbau revier ans. Furchtbar ist die soziale Lage Bergarbeiters in dieser Gegend, die ja einstmals auch M Stofs für Heines und Hauptmannns „Weber" her- Aßeben hat. Furchtbar sind die Wohnnngsvcrhältnisse, Wirtschaftsnöte in diesem Revier, die kürzlich dem M tiefste erschütterten Reichspräsidenten bei seiner Reise Waldenburg das Wort abnötigen: „Hier muß so- "was geschehen!" Auf der anderen Seite die außer- "Mwlich ungünstigen Erzeugungs- und Absatzverhält- yM im Waldenburger Bergbau, die seinen Kampf ums "^in immer aussichtsloser gestalten, die dortige Erzeu- immer unrentabler machen. Auch das weiß die Arbeiterschaft ganz genau und vermag sich doch nicht s zu helfen als durch einen Streik, dessen Aus- sie sxlhsj nicht allzu hoffnungsfreudig beurteilt, Heiden Seiten schwere Wunden. Es ist kein di° m aufs Messer zwischen „Kapital und Arbeit", me .lotstandsarbeiten werden verrichtet und an Sabotage oenkt kein deutscher Arbeiter. Aber auch hier setzt sich im llernen Zwang die Abhängigkeit des Lohnes von dem Mrtschaftsertrag durch, wird ein von der Natur und wnftigen Verhältnissen benachteiligtes Kohlenrevier von allgemeinen Kohlenkrise besonders scharf getroffen. , Mit staatlichen Zwangsmitteln einzugreifen, hat noch dazu geführt, wirtschaftliche Entwicklungen end gültig in eine andere Linie zu drängen. Das hat man ge- Me im deutschen Bergbau gesehen. Allzu fest sind die wternationalen wirtschaftlichen Zusammenhänge mit wrem Auf und Ab, als daß dabei ein einzelner Staat er- wlgreichen Widerstand leisten könnte. England gibt in inner notleidenden Kohlen-, Eisen- und Textilindustrie in drastisches Beispiel dafür. Jenem Auf und Ab der Weltwirtschaftskonjunktur und damit der Lohnhöhe aber Veht man hilflos gegenüber, man kennt ja nicht einmal mre inneren Gründe, und die schönsten Theorien sind nur --ageserzeugnisse. Wo aber wirkliche Not vorliegt, da sott ocr Staat als soziale Einrichtung helfen, soweit er es nur Nicht durch „Notstandsarbeiten", sondern M?"Aaffliche, wertschaffende, die Notlage an der .'M"! backende Maßnahmen. Grenzen sind damit ge- Mudöchvie^ innerhalb dieser Grenzen prieckriehshalen Newpork Wieder daheim! „Graf Zeppelin" klar zur A m e r i k a f a h r t. Der „Graf Zeppelin" liegt jetzt, nachdem er von der großen Menschenmenge mit Jubel begrüßt worden ist, wieder in der Halle. Er hat mit dieser Dauerfahrt die große Probe für Amerika bestanden. Dr. Eckener wie Sie anderen Herren von der Führung erklärten, daß das Schiff sich glänzend bewährt habe. Im ganzen hat das Schiss 2800 Kilometer zurückgelegt. Die größte Höhe war 2375 Meter während der Nacht über der Nordsee. Während der ganzen Dauer der Fahrt haben die Motoren ausgezeichnet gearbeitet, es ist nicht die geringste Störung vorgekommen. Auch die Blaugas- v e r s u ch e, die während dieser Fahrt fortgesetzt wurden, haben allen Erwartungen entsprochen und es hat sich ge zeigt, daß auch das gemeinsame Laufen der Motoren auf Blaugas vollkommen einwandfrei funktioniert. Während des größten Teiles der Fahrt ist noch B enzin zum An trieb verwandt worden, weil das Blaugas nach Möglich keit sür die Amerikafahrt aufgespart werden soll. Ein wichtiges Ergebnis ist ferner, daß das Schiff keinerlei Deformierung zeigte. Gerade bei so langer Fahrt können sich an einem neuen Schiff mit dieser riesigen Konstruktion leicht Verbiegungen oder Verlagerungen zeigen. Aber nichts davon ist ausgetreten, obwohl der „Graf Zeppelin" auch mit starkem Wind zu kämpfen hatte, so namentlich nachmittags im Rheinlande und nachts über der Nordsee. Das Interessanteste waren diesmal die navigatörischen Abungen während der ganzen Nacht. Der Steuerraum war von dem dahinterliegenden Karten- raum vollkommen abgeschlossen und dunkel, da die Na vigation ausschließlich nach den Instrumenten durchgeführt wurde. Es war ein seltsamer Eindruck, sagte jemand, der dabei war, in dem dunklen Raum stehend, nur das bunte Aufleuchten der Apparate und unten das weite dunkle Meer! Mit diesen Übungen ist dis Besatzung sür die Amerikafahrt geschult. Dr. Eckener hat sie zum großen Teil selbst geleitet. Er hat auf der ganzen Fabrt nur eine Stunde geschlafen, machte aber beim Verlassen des Schiffes einen durchaus frischen Eindruck. Auch der Vertreter des Reichsver- k e h r s m i n i st e r i u m s , Ministerialrat Mühlig-Hof- mann, hat den Übungen beigewohnt. Er erklärte sich von der Fahrt ebenfalls außerordentlich befriedigt. Das Schiff wird jetzt überholt. Es wird außerdem das Nachziehen der Hülle vollendet. Im Ausenthaltsraum der Besatzung, im Innern des Schiffskörpers muß eine Umänderung vor genommen werden, weil es sich gezeigt hat, daß die Ven tilation sich zu stark auswirkte. Über der Nordsee herrschten in der Nacht 5 Grad Kälte und dieser eisige Wind setzt die Mannschaft natürlich gesundheitlichen Gefahren aus. Die Änderung ist aber im wesentlichen bereits durchgc- sührt. Ab Montag wird das Schiff dann für die Amerikafahrt klar sein, so daß die Reise über den Ozean dann sofort ange treten werden kann, wenn das Tief, das augenblicklich zwischen den beiden Kontinenten liegt, vorüber ist. Post und Verpflegung werden vorher an Bord gebracht wer den. Dje Briefe bekommen den Poststempel vom 7. Ok- röver. Vorher wird das Schiff voraussichtlich noch eine kurze Werrstättenfahrt macheu, um auszuprobieren, ob die Änderung der Schlafgelegenheit für die Mannschaft ge nügt. — Die F a h r t t e i l n e h m e r schildern ihre Ein drücke in begeisterten Worten. Die Nachtfahrt sei wunder voll gewesen und einer der schönsten Eindrücke war Rotter dam in der Abenddämmerung. Das Schiff ist überall, auch inHolland und England, wo es sehr niedrig flog, herzlich begrüßt worden. Die Begeisterung in Deutsch land ist unbeschreiblich gewesen. Die BesatzungsöshöpSe beschwert sich. Die französische Besatzungsbehörde hat darauf auf merksam gemacht, daß der „Graf Zeppelin" auf seiner- letzten Fahrt über Wiesbaden gefahren sei, obwohl die überfliegung des besetzten Gebietes nach den Bestim mungen nicht gestattet sei. Dr. Eckener hat dem Reichsver- kehrsministerium darauf mitgeteilt, daß meteorologische Gründe ihn gezwungen haben, den Kurs über Wiesbaden zu nehmen. Es ist anzunehmen, daß die Angelegenheit damit erledigt ist. übrigens ist der „Gras Zeppelin" auf seiner Fahrt den Rhein entlang von einem franzö sischen Flugzeug begleitet worden. Haus Dsorn nicht überflogen. Dr. Eckener hat die Meldung, daß der „Graf Zeppe lin" auch Haus Doorn besucht Habs, dementiert. Das Luft schiff hat von Nvmwegeu ans direkten Kurs auf Rotter dam genommen. Haus Doorn liegt etwa 20 Kilometer nördlich von der Route des Schiffes. Was kostet ein „Zeppelins-Billett nach Amerika? In einer Unterredung mit Dr. Eckener gab dieser einen Überblick über die ganze Fahrt; er legte dar, wie man infolge der schlechten Wetterlage zu der Einsicht ge kommen sei, daß es zwecklos wäre, den geplanten Kurs nach Norddeutschland einzuhalten. Bereits über Frank furt habe der Entschluß festgestanden, rheinabwärts zu fliegen und Kurs auf Rotterdam zu nehmen, da die Stadt einen beleuchteten Hafen und einen Leuchtturm habe, der sich als bester Übergangsort für die Fahrt über die Nord see nach der englischen Küste eignete. über die Amerikafahrt erklärte Dr. Eckener: Frühestens am Dienstag sei das Schiff startklar. An Bord würden außer der Mannschaft im ganzen etwa 16 Per sonen sein, darunter vier zahlende Fahrgäste, Amerikaner, die sich zurzeit in Deutschland aufhielteu und nach Amerika zurückkehren wollten. Diese Fahrgäste würden sür die überfahrt einen Preis von je 3600 Dollar entrichten. Ferner habe das Reichsverkehrsministerium drei Plätze reservieren lassen. Der Neichsrat werde gleich falls einen Vertreter entsenden. Zur Frage der Versor gung mit Brenngas wies Dr. Eckener darauf hin, daß schon jetzt der notwendige Brennstoff vorhanden sei, und zwar bis jetzt rund 25 000 Kubikmeter. Das Luftschiff werde im ganzen für etwa 120 Stunden Brennstoff an Bord haben. Bei seiner Amerikafahrt werde das Luftschiff umfangreiche Post mitnehmcn. Bisher seien etwa 500 Kilogramm eingcgangen und 12 000 Briefe. Als Schlußtermin für die Einsendung von Briesen sei der 8. Oktober, 12 Uhr mittags, festgelegt wor den. Rach dieser Zeit sei eine Annahme von Post nach Amerika unmöglich. AusVäriiger Ausschuß über Genf. Die Lage der Minderheiten. Bei der fortgesetzten Beratung des Auswärtigen Ausschusses des Reichstages über die Genfer Verhand lungen wurde schließlich über verschiedene Anträge und Entschließungen abgestimmt. Angenommen wurde eine Entschließung der Deutschen Volkspartei, des Zentrums, der Bayerischen Volkspartei, der Sozialdemokraten, der Demokraten und der Wirtschaftspartei, worin der Auswärtige Ausschuß der deutschen Delegation für die in Genf geleistete Arbeit seinen Dank ausspricht. Der Ausschuß bedauert jedoch, daß die beiden großen, das deutsche Volk in allen seinen Schichten bewegenden Fragen der Räumung des Rhein landes und der a l l g e m e i e n A b r ü stun g nicht so gefördert worden sind, wie es aus rechtlichen und politischen Gründen erwartet werden konnte. Der Ausschuß ersucht die Reichsregierung, entsprechend ihrer bisherigen Haltung auch fernerhin auf beschleunigte und befriedigende Lösung dieser Fragen hinzuwirken. Außerdem wurde eine Entschließung derselben Par teien angenommen, worin der Besorgnis Ausdruck ge geben wird über die Entwicklung der Lage der Minder heiten. Die deutsche Regierung wird aufgefordert, im Völkerbund dafür einzutreten, daß dis für die Befrie dung der Völker so bedeutungsvolle Frage des Schutzes der Minderheiten verstärkte Aufmerksamkeit und Sorge finde. Gröner inti sür Mder ein. Zurückweisung der Vorwürfe. Gegen den an Stelle Zenkers zum Ches der Markns- leitung ernannten Admiral Räder wurden alsbald mehrfache Angriffe gerichtet, nach denen der Admiral eine zweifelhafte Stellung zur jetzigen Verfassung einnehme und sich mehrfach nicht besonders freundlich gegen die Re publik gestellt habe. Besonders sei Räder auch verant wortlich für den bekannten Zwischenfall mit dem Besuch des Prinzen Heinrich von Preußen auf dem Kreuzer Wegen dieser Angriffe hatte Reichswchrminister Gröner nach seiner Rückkehr aus den Manöver« jetzt eine Pressekonferenz cinbcrufen, in der er ausführlich die Beschuldigungen Räders widerlegte. Die Ernennung sei aufs sorgfältigste vorbereitet worden, er halte unbedingt an Räder fest. Die einzelnen Vorwürfe beträfen neben sächliche Dinge. Der für den Zwischenfall beim Besuch des Prinzen Heinrich auf dem Kreuzer „Berlin" verant wortliche Konteradmiral Wülfing v. Dittcn ist vor einiger Zeit zur Verfügung des Chefs der Marineleitung gestellt worden. Konteradmiral Wülfing v. Ditten wird seinen Abschied erhalten. Reichswehrminister Gröner bat zum Schluß, man möge ihn in der Erfüllung seiner Aufgabe möglichst wenig behindern. Die Wehrmacht werde zu der Deutschen Republik die beste und zuverlässigste Stellung einnehmen, wenn sie aus der öffentlichen Erörterung möglichst heraus bleibe.