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MlsdmfferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr 253. — 87 Jahrgang T-legr°Adr: „Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Sonnabend, den 27. Oktober 1928 Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Tagrblatt- «rschei»! an alle» Werktage» »vchmittagr 8 Ude. Bemaeprei»: Bei Abholung in »« »»jqiM.ftelle n»d de» «uegabestelle» 2 «M. im Monat, bei Zustellung durch bj- Boten 2,30 «M., bei Postbestellrmg Abtrag. gebühr. Einzelnummern Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und»»,---«»-. «grrnnd EeichLstostellen ! U nehmen zu jeder Zeil Be. ^»»n^rn nugegen. Im Falle HSHerer «Sewall, Krieg oder sonstiger BetrtebLstSrungrn besteh» Lein Anspruch aus Liesernng oder Kürzung de» BezugLpretscr. — »Lcksendungleingesanbler Schristftüche ersslgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzelle M Rpfg., die L gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3 gespaltene Redlamereile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Retchrpfennige. geschriebene Erscheinung»- —, . tage und Platzvorschrist«, werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm.10 Uhr. — —— Für die Richtigkeit d^ durch FernrufübermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oderderAultraggeberin Konkurs gerät. Anzeigeunehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Kesseltreiben. Der Kampf in der Stille. — Zuckerbrot und Peitsche. — Rußlands Umklammerung. . Tu Deutschland haben wir alle Hände voll zu tun, um oie unerhörte Fülle aufregender Tagesereignisse, sensatio neller Mord-, Aufruhr- und Betrugsprozesse zu bewälti- gen. Fast scheint es so, als wären wir auch in dieser Be gehung mitten in der Amerikanisierung unserer gesamten ^ebensverhältnisse begriffen, und soviel läßt sich jeden- Mls wohl mit Sicherheit behaupten, daß die verehelichen Mitglieder der bestbekannten Verbrechergilden von New- Nork und Chikago die neuesten Berichte über die Hand- Sra n a t e n k ä m p f e in einer vornehmen Köl ner Villa mit bewundernder Anerkennung ausgenom men haben. Die beiden jugendlichen Helden dieses außer ordentlichen kriminalistischen Dramas sind dem Kessel treiben so ziemlich der gesamten Kölner Polizeimacht schließlich zum Opfer gefallen und die Justiz braucht sich nun nicht mehr weiter um sie zu bemühen. Wenn es «nders gekommen wäre, hätte man in diesem Falle viel leicht die Probe aufs Exempel machen können, ob die An regung des Reichsjustizministers an die Länderregierun- ßen, Todesurteile bis zur endgültigen Einigung siber die Beibehaltung oder Abschaffung der Todesstrafe >>n neuen Strafgesetzbuch nicht mehr vollstrecken zu lassen, gegenüber den Tatsachen des Lebens ausnahmslos dnrch- gesührt worden wäre. * Ein Kesseltreiben anderer Art geht indessen jenseits Kes Rheins in den vor zehn Fahren „wiedergewonnenen" Provinzen der Französischen Republik vor sich. Dort haben bei den Genralratswahlen die H e i m a t r e ch t l e r oder, ^ie die Franzosen sagen, die Autonomisten, abermals Ä"°u ganz ausgesprochenen Sieg über die unentwegten Äanzöslingc im Lande davongctragen. Eine besonders für Herrn-Poincarö recht schmerzliche Lektion, nachdem er mit Versuchen, nach der Peitsche auch etwas Zuckerbrot auf Stimmung wirken zu lassen, wahrhaftig nicht gerade Echten gewesen ist. Aber die Elsässer wollen sich nun MNMal ihre Sprache und ihre volkstümlichen Sitten und Bräuche ebensowenig nehmen lassen wie ihr gutes Recht "R eigen? Verwaltung in den engeren Laudesanqelegen- bsiten, und wenn disParilerHerren in diesenDingen keinen ^vaicherstebenwollen, inStraßbnrgnndinKolmarsehtman üch dann erst recht auf die Hinterbeine. Das angeblich so ^niolraUsche Frankreich scheut sich nicht, den mit großen Mehrheiten zu Generalräten gewählten Nicklin und 'kossö die Ausübung ihres Mandats zu untersagen. Andere Autonomisten werden vor Gericht gestellt, wo sie Mit Dolmetschern verhandeln müssen, weil s i e kein Wort französisch versieben, während der zu ihrer Aburteilung berufene Richter der deutschen Sprache völlig unkundig m. So wird mit den Neckten des Landes geradezu Schindluder getrieben — das beste Mittel, die schon an und für sich zur Halsstarrigkeit neigenden Bewohner ms zur Besinnungslosigkeit zu reizen. * * Fördert die Ortspreffe » Von einem regelrechten Kesseltreiben darf man Mießlich aber wohl auch im Hinblick auf die geheimen mblomatisch-militärischen Verhandlungen sprechen, die lchon diesen ganzen Sommer über im europäischen Osten w beobachten waren und die ietzt, wie es scheint, ihrem *'Mellen Abschluß entgegenreifen. Um das polnisch- j,"Mänjsehe Militärabkommcn müssen sich in letzten Wochen und Monaten weitere Schutz- und , "bnisse ähnlicher Art gruppiert haben, deren ge- wsanie Front sich gegen niemand anders als gegen g„^M>etrußl and richten kann. Richt umsonst ist ""s Deutschen sattsam bekanntgewordene fran- Usntze General Le Rond monatelang zwischen Riga, »i„no, Warschau. Prag, Bukarest, Sofia und Belgrad bcrgereist, und Marschall Pilsndski hat So»», m nur ans Gesundheitsrücksichten seinen ganzen ^""/laub auf rumänischem Boden zugebracht. r und dazwischen sind andere Generals- und besond°e- hin- und hergegangen, und was ins- Tschechon«, den vielbeschäftigten Außenminister der Nene r ^MEschen Republik betrifft, so wird man Herrn schiedemliclw^'K kein Unrecht tun, wenn man seine ver- rufsischen m " europäischen Visiten mit diesen anti- jedenfalls "^"Hungen in Verbindung bringt. Soviel ist Waffemalnik^ ^hr als wahrscheinlich, daß die großen tinns- m k Tschechoslowakei bereits mit Mum- kcköliw, a»5"deren Armeeliefernngen für Rumänien be- Wiedcr ei» Unzweifelhaft ist im europäischen Osten aebon« ganzes Svstem von MUitärverträgen aus- Gehe^ eigentlicher Zweck in Moskau gewiß kein eines Ob es nun wirklich auf die Schaffung aelebe» :»""^en Staates unter polnischem Einfluß ab- krien nppini^?^ '"cht, ob man sich auf einen Angriffs- üu FM oder „nur" auf gemeinsames Vorgehen liehen russischen Offensive, die Tatsache bleibt be- lrejsunn kich einer regelrechten Ein- uider w k'eht, "«ck dem berühniten, bei uns 5'" erfolgreich erprobten Muster. es es verstehen werden, besser als wir erwthv-n? dieser Umklammerung rechtzeitig zu —- Dr. Sy. XtWWtmz Wh Repllklltiom Sitzung des Reichskabinetts. In Berlin finden andauernd Besprechungen zwischen den einzelnen Reichsministern sowie dem Reichskanzler und dem Reparationsagenten Parker Gilbert zur Vor bereitung der geplanten Schuldenregelungskonferenz statt. Für Freitag nachmittag war eine Sitmng des Reichs kabinetts angesagt. Die Tagesordnung sür diese Sitzung bildete ebenfalls die Angelegenheit der zu erwartenden Konferenz. Man nahm an, daß nach ausführlichen Refe raten des Reichskanzlers und einzelner Minister das Kabinett Stellung nehmen werde zur Zusammensetzung und dem Tagungsorte der Konferenz. Ob aber im Augenblick schon der Zeitpunkt gekommen ist zu einem bestimmten Beschluß des Reichskabinetts, muß angesichts des zwischen London, Paris und Rom stattfin denden lebhaften Meinungsaustausches bezweifelt werden. Das Kabinett plant Schritte zur Rege lung der Reparationen. Berlin, 26. Oktober. Amtlich wird mitgeteilt: In der heutigen Kabinettssitzung Hst der Reichsminister der Finanzen über die Lage berichtet, weich» m der Reparationsfrage durch die bekannte Vereinbarung von Genf und die seither eingetretene Ent wicklung entstanden ist. Das Kabinett ist sich darüber schlüssig geworden, zusammen mit den übrigen beteiligten Regierungen die nötigen Schritte zu tun, um den Plan -er Einsetzung einer unabhängigen Sachverstän digenkommission zur endgültigen und vollständigen Regelung der Reparationsfrage zu verwirklichen. Wie wester gemeldet wird, ist in der heutigen Kabinetts sitzung nicht über die materielle Seite des Reparationsproblems, sondern nur über die technische Weiterentwicklung beraten worden. In politischen Kreisen wird unterstrichen, daß, entsprechend der Mitteilung über die Kabinettssitzung, die Einberufung der Repa- raticnskonferenz nicht von Deutschland allein, sondern gemeinsam mit den übrigen beteiligten Regierungen erfolgen soll. Es ist an- zunehm-w, daß die Reichsregierung nun zunächst mit diesen Füh lung nimmt, um Zeit, Ort, Perfonenfrage und Aufgabenbegren zung dieser Konferenz zu vereinbaren. In der Prozedur wird man sich voraussichtlich weitgehend an die Analogie der Daweskon- fersnz hasten. Von Bedeutung ist, daß die Konferenz nach deutscher Auffassung aus unabhängigen Sachverständigen' zusammengesetzt werden soll. Damit entfällt also die in einem Teile der auslän dischen Presse aufgetomchte Version, daß die Konferenz von Be auftragten -er Regierung beschickt würde. Statt dessen bleibt Deutschland bei dem Plan, von unabhängigen Wissenschaftlern und praktischen Wirtschaftlern die Leistungsfähigkeit Deutschlands und die besten Methoden für die Ablösung der Reparationsschuld prü- sen zu lassen. In Berlin rechnet man damit, daß die Vorberei tungen der Konferenz schnell vonstatten gehen, so daß sie noch im November, spätestens Anfang Dezember, zusaMmentreten kann. Ein französisches Urteil. Paris, 26. Oktober. Der Vorsitzende der Senatskommis- fivn sür auswärtige Angelegenheiten und gleichgleitig Präsident des Generalrates der Ardennen, Lucien Hubert, hielt bei Eröff nung des Generalrats eine Rede, jn der er u. a. auch auf die be vorstehenden Rcparations- und Rheinlandverhandlungen einging. Die Frage stelle sich als ein Ganzes dar, dessen verschiedene Teile zustMmenßeschMiedet seien. Sie müße MÄ voller steberlegung urd Aufrichtigkeit bchaudelt werden, ohne abenteuerliche Ueber- stürzung und zu weit hmLusgeheuden Manipulationen und ohne dcß gegenseitige Zugeständnisse irgend jemandem als Gefahr er schienen. Sie müsse ferner so gelöst werden, daß die Lösung von cilrn angenommen würde und zwar nicht in geistiger Unruhe und BesürchtMigeu, sondern in der Erleichterung und Hoffnung. Die Zukunft Westeuropas stehe aus dem Spiele und diejenigen, die um sie spielten, müßten zugleich Mut, Vertrauen und Vorsicht be kunden. Die Worte, die die Diplomaten zu Papier brächten, hät ten nur Bedeutung und Dauer, wenn sie den Gefühlen entsprä chen, di» die Völker beseelten. Der deutsche Standpunkt in den Finanz besprechungen. Paris, 26. Oktober. Wie der Berliner Sonderberichter statter des Petit Parjsien seinem Blatte über die in Berlin ge führten vorbereitenden Finanzbesprechungen berichtet, ist man in der Reichshaupffladt der Austastung, daß im Versailler Vertrag keine Anspielung auf die französischen und englischen Kriegsschul den an Amerika enthalten sei. Wenn man sich nach dem, was in Berlin in letzter Zett veröfferttlicht wurde, ein Urteil bilde, müsse man berücksichtigen, daß Deutschland nicht allein die belgische For derung der Auswertung der während der Besatzungszeit ausge gebenen Markbeträge zurückweisen werde, da diese Aufwertung eine über den Dawesplan hinausgehende Leistung darstelle, son dern -aß Deutschland auch versuchen werde, in den festzusetzen den Gesamtbetrag die acht Milliarden Entschädigungen einzube ziehen, die es seinen eigenen Staatsangehörigen für die Liquidie rung -er von den Alliierten im Laufe der Feindfeiigkeiten be schlagnahmten Güter bezahlte. Man müsse noch einige Tage war ten, um genau zu wissen, wie weit die amtlichen deutschen Kreise diese Auffassung teilen würden. Graf ZeMlin Mrt Mastas oder Mastas zarN. Neuyork, 26. Oktober. Wie aus Lakehurst berichtet wird, erklärte Dr. Eckener, daß der Start des „Graf Zeppelin" zum Rückflug nach Deutschlarrd am Montag abend oder Dienstag morgen erfolgen werde, falls die Wetterbedinguugen einigermaßen günstig fein sollten. Die Vorbereitungen für den Rückflug hätten bereits begonnen. Dr. Eckener Hal an den Oberbürgermeister von Chikago ein Telegramm gerichtet, in dem er ihm sein Bedauern über die Aufgabe des Westsluges cmsdrückt und gleichzeitig die Hoffnung ausspricht, den Westen beim nächsten Amerikaflug be suchen zu können. Der Rundflug des „Graf Zeppelin" aufgegeben. Lakehurst. Dr. Eckener hat den geplanten Rundslug des „Graf Zeppelin" nach dem mittleren Westen der Vereinigten Staaten aufgegeben. Zar große Eisesdahv-llnglM ia RmSalea. 31 Tote und 50 Verletzte. Der von Bukarest kommende Simplonexpreß ist.auf dem Bahnhof Necea, acht Kilometer von Slatina entfernt, mit einem Schnellzug zusammengestoßen. Die Züge prallten so heftig aufeinander, daß ein Schlafwagen des Simplonexpresses vollkommen zerstört wurde, ferner zwei Personenwagen, ein Gepäckwagen und der Postwagen des Schnellzuges. 3^ Personen wurden getötet, »ach den bisher eingelaufenen Meldungen, und 50 ver letzt. 85 Verwundete wurden in das Krankenhaus von Slatina überaekübrt. Am meisten ' litt der Schlafwagen Bukarest- Paris, der vollständig zertrümmert wurde. Die darin be findlichen Insassen sind alle tot, darunter auch der Direktor der Bukarester Vertretung der Ford-Kraftwagen-Gesell- schaft, der italienische Ingenieur Rocca nebst Frau und Tochter. Der katholische Bischof Trigon entging wie dnrch eiu Wunder dem Tode. Von den weiteren Insassen des Wagens vermißt man von bekannten Persönlichkeiten den rumänischen Militärattachs in Paris, Tataranu. und den französischen Journalisten Lacotte. Nach den eingetrof fenen Berichten bietet die Unglücksstätte ein wüstes Bild der Zerstörung. Sanitätsmannnschaften und Hilfszüge wurden heran gezogen, doch konnten trotz anstrengender Arbeit noch nicht alle Toten und Verletzten unter den Waggons heraus gezogen werden. Mehrere Wagen sind vollständig zer trümmert. Die Eisenbahnstrecke ist 15 Kilometer lang unfahrbar geworden, so daß die nachkommenden Züge nur mit großer Verspätung eintrafen. Aus Bukarest und Craiova sind mehrere Sanitätszüge abgefahren. Die bis herige Untersuchung hat ergeben, daß der Zusammenstoß durch falsche Weichen st ellung entstanden ist. Der verunglückte Expreßzug verkehrte regelmäßig zwischen Paris und Bukarest. Der Zug läuft von Bukarest über Temesvar, Agram, Laibach, Verona und Mailand. Nach Durchführung des Simplontunnels wendet er sich dann nach Nordwesten nach Paris. Auf der östlichen Strecke der Fahrt sind mehrfach Räubereien vorgekommen. Hilfe kam erst nach zwei Stunden Bukarsst, 26. Oktober. Erst am Freitag nachmittag wur den hier nähere Nachrichten über das schwere Eisenbahnunglück bekannt. Der aus Hermannstadt kommende Schnellzug und der Simplon-Expreß hätten sich in -er Station Recea kreuzen sollen. Das Vorliegen einer falschen Weichrnstellung hat sich bestätigt. Deni Umstande, daß der Schnellzug aus Hermmmstadt bergauf fuhr und infolgedessen keine große Geschwindigkeit hatte, ist es zu danken, daß die Folgen -es Zusammenstoßes nicht noch furcht barer waren. Nach -en bislm in Bukarest vorliegenden Meldun gen wurden 27 Reisende grölet und 45 verletzt. Einer der Ver letzten ist bald nach dem Unglück gestorben. Fünf Schwerverletzte schweben in Lebensgefahr. Die meisten Toten hatte der Her-