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WMatt für MsW Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar Dienst' tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertelj. s Mk. 30 j)f., durch die Post bezogen s Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern (0 Pf. Tharandt. Ach«. Zikbenlehn md die UmMM. Amtsblatt Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags (2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreige- spaltens Eorpuszeile. für die Agl. Amtsh auptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Druck und Verlag von Martin Berger m Kumm H A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A Berger daseidst. No. 3«. Sonnabend, den 23. März IM 5. Bekanntmachung. Der Ziegeleibesitzer Herr Richard wätzel in Wilsdruff beabsichtigt in dem unter Nr. 2608 des Brand-Vcrsicherungskatasters Nr. 713 des Flurbuchs für Wilsdruff ge legenen Grundstücke einen V«rAr«88«raiiA8l»r»» <I«8 L»vKvIt»rvi»n<»ivii8 zu errichten. In Gemäßheit von § 17 der Rerchsgewerbeordnung vom 21. Juni 1869 wird dies mit der Aufforderung hierdurch bekannt gemacht, etwaige Einwendungen hiergegen, so weit sie nicht auf besonderen Privatrechtstiteln beruhen, bei deren Verlust binnen 14 Tagen, vom Erscheinen dieser Bekanntmachung an gerechnet, allhier anzubringen. Meißen, am 18. März 1895. Die Königliche Amtshauptmannschaft. I. A. Meusel, Bezirksassessor. Donnerstag, den 28. dies. Mon., 2 Uhr Nachmittags gelangen in dem Dorfe Helbigsdorf folgende Gegenstände, als: 1 Regulator, 1 Sopha, 1 Küchenschrant, ca. 2 V? Centner Heu, 1 Nähmaschine u. a. m. zur Versteigerung. Bietcr- versammlung im dasigen Gasthofe. Wilsdruff, den 21. März 1895. Sekr. 8u8«lk, Ger.-Vollz. Zur inneren Lage. Wenn der Reichstag am 5. April — wie dies einstweilen festgesetzt ist — in die Osterferien geht, so wird er voraussicht lich wenigstens eine wichtige Entscheidung vorher getroffen haben, diejenige über den Antrag Konitz. Nach den vorläufigen parlamentarischen Dispositionen soll der Antrag Kanitz am nächsten Mittwoch zur Berathung im Reichstage gelangen, so daß also die Entscheidung in dieser Haupt- und Staatsaffaire unmittel bar beoorsteht. Vielfach gelten die Aussichten des so viel ge nannten und in der öffentlichen Meinung schon deö Langen und Breiten erörterten Antrages Kanitz als ungünstige, dennoch wird man gut thun, die Abstimmung des Parlamentes abzu warten, vornehmlich, da die Stellungnahme des ausschlaggeben den Centrums in der ganzen Frage noch eine durchaus un sichere ist. Mit begreiflicher Spannung sieht man den Er klärungen der Regierung bei d.n herangenahten wichtigen agrar politischen Debatten des Reichstages entgegen, wird doch der Curö Hohenlohe wohl oder übel jetzt endlich Farbe überfeinen Standpunkt in der „Frage Kanitz" bekennen müssen. Da der Wind in den Berliner Regierungsregionen bislang keineswegs freundlich für die dem Anträge Kanitz zu Grunde liegenden Bestrebungen wehte, so steht allerdings schon jetzt mit ziemlicher Gewißheit zu erwarten, daß die Regierung dem Anträge Kanitz ein „Nein" entgegensetzt, mag dasselbe vielleicht auch mit aller hand wohlwollenden Redensarten sür die Rechte verbrämt sein. Sollte nachher letztere dann in der That mit einer oppositio nellen Schwenkung antworten, dann wäre freilich abermals die seltsame und widerspruchsvolle Situation fertig, welche sich schon unter der „Aera Caprivi" wiederholt bemerklich machte. Sicherlich werden aber die andern schwebenden wichtigen Entscheidungen in der inneren Politik, wie sie mit den Fragen deö „Umsturzgesetzes," der Tabaksteuer und der Finanzreform Zusammenhängen, sich noch geraume Zeit hinziehen. Die Tabak steuervorlage ist in der betreffenden Commission kaum erst in Angriff genommen worden, unv bis zur vorläufigen Erledigung dieser einen Aufgabe der Commission muß natüttich die Be rathung des R-ichsfinanzgesetzes völlig ruhen. Was aber die „Umsturz-Vorlage" anbelangt, so ist es noch recht zweifelhaft, ob der zuständige Parlamentsausschuß, die zweite Lesung vor den Osterferien vollenden können wird. Zum Mindesten werden bis zu den entscheidenden Plenarbeschlüssen in allen diesen Fragen noch lange Wochen vergehen, bis dahin aber bleibt das Schicksal aller der in Rede stehenden Gesetzentwürfe nach wie vor ungewiß. Es ist daher auch noch müßig, darüber Betrachtungen anzustellen, was die Regierung etwa im Falle deö Scheiterns der einen oder der anderen wichtigen Vorlage thun würde, dies zeigt sich nachher schon noch früh genug. Immerhin darf man indessen doch bereits behaupten, daß die Regierung gewiß nicht darauf brennt, cs auf eine Auflösung des Reichstages ankommen zu lasten, während anderseits auch die Mehrzahl der Parteien schwerlich sich nach dieser „ultima ratio" sehnt. Es kann daher noch immer angenommen werden, daß durch gegenseitige Nachgiebigkeit zwischen Regierung und Parlament die unläugbar vorhandenen ernsten Schwierigkeiten der gegenwärtigen Situation schließlich ihre befriedigende Lösung finden. Noch vor der Ostervertagung des Reichsparlaments wird Deutschland den achtzigsten Geburtstag des Baumeisters und ersten Kanzlers des neuen Reiches feiern. Nach den hierzu im Gange befindlichen Vorbereitungen zu urtheilen, verspricht sich die Begehung des achtzigsten Geburtsfestes des eisernen Kanzlers zu einer glänzenden und echt nationalen Feier zu ge stalten, die diesmal auch der Förderung von „oben" gewiß ist. Wenn hie und da es der alte politische Haß gegen den Fürsten Bismarck abgelehnt hat, an der allgemeinen Feier des Ehren ¬ tages des größten Staatsmannes des Jahrhunderts theilzu nehmen, so vermag ein derartiges inzwischen schon längst ge richtetes Verhalten die allgemeine Festfreude am 1. April sicher lich nicht zu trüben. Speziell über die unwürdige Stellung nahme deö Reichstages in der Angelegenheit geht die gewaltige Mehrheit der Nation mit dem Bewußtsein zur Tagesordnung über, daß die Geburtsfeier des Fürsten Bismarck durch das Fehlen einer offiziellen Ehrung seitens des Reichstages nichts verlieren wird. Tagesgeschichte. Zur Handwerkerbewegung. Fast zwei volle Wochen sind verstr'chen, seit der preußische Handelsminister Freiherr v. Berlepsch im Abgeordnetenhaus- erklärt hat, der vom Staats sekretär von Bötticher wiederholt angekündigte Gesetzentwurf über Handwerkerkammern werde dem Reichstage noch in dieser Session zngehen. Die Session neigt sich zu ihrem Ende; der Reichs tag wird alles aufbieten müssen, um die Aufgaben, die er heute noch vor sich sieht, auch erledigen zu können. Nun kommt, wenn es gut geht, noch knapp vor Sessionsschluß die Hand- werkervorlage. Der Gegenstand selbst ist doch nach allen Rich tungen hin ausgiebig erörtert, das Material zu einem gesetz geberischen Vorgehen ist in jahrelanger Arbeit gesammelt. Schwerverständlich ist es darum, daß immer und immer neue „Erwägungen" angestellt, immer neue Versprechungen und nichts als'Versprechungen gemacht werden, anstatt entschlossen an die Fertigstellung des doch nun einmal verheißenen Gesetz entwurfs Hand anzulcgen. Weshalb zögert man mit der Vor lage eines solch.n Entwurfs? Will man die Kreise des Manchesterthums nicht stören oder will man den Handwerkern die Enttäuschung, die am letzten Ende der „verheißene" Ge setzentwurf bringen wird, so lange wie möglich ersparen? Be denklich ist diese Art von „dilatorischer" Politik, die in Sachen der Handwerkerfrage seit Jahren betrieben wird, jedenfalls. Einen bestimmten Standpunkt in dieser Sache muß schließlich d:e Regierung doch einnehmen; nun wohlan, welches ist denn dieser Standpunkt? Herr Freiherr von Berlepsch hat in der erwähnten Handwerkerdebatte im Abgeordnetenhause die Hand werker der Indolenz beschuldigt. Mit Recht. Allerdings ist der Minister in Bezug auf bas Wesen dieser Indolenz anderer Ansicht als wir. Er meint nämlich, die Handwerker sollten die berühmte „Selbsthilfe" in höherem Grade pflegen, als sie dies thun; wir aber sind der Meinung, daß die Handwerker in erster Linie überhaupt sich organisiren und ihrer Stärke sich bewußt werden sollten, um ihre Forderungen mit dem nöthigen Nach drucke vertreten zu können. Selbsthilfe ist sehr schön; allein, es kommt darauf an, was man darunter versteht, es ist, wie uns deucht, nicht zum Vortheil einer selbstbewußten monarchischen Regierung, wenn fortwährend nur Selbsthilfe und nichts als Selbsthilfe gepredigt wird. Nichts artet leichter aus, als eben diese gepriesene Selbsthilfe, die schließlich wohl auch zum Faust recht führt. Verweist man aber Bedrängte, Verzweifelte immer nur auf die eigene Kraft, auf die eigene Initiative, so giebt man damit leicht das Leitseil aus der Hand und stellt Männern gegenüber, die als die treuesten Stützen des StaateS gelten müssen, die Entbehrlichkeit staatlichen Eingreifens als Axiom hin. Das ist aber in hohem Grade bedenklich. Sind doch gerade diejenigen politischen Parteien, die nach Parlaments Herrschaft mit einem „Schattenkönig" an der Spitze streben, darauf bedacht, das Volk durch Verweisung auf Selbsthilfe zu „emanzipiren" und der Staatsgewalt nur „Nachtwächter funktionen* zuzugestehen. Allein auch wenn die Handwerker sich selber helfen, wenn sie das Genossenschaftswesen eifriger pflegen wollten, wo sollten sie die Kraft, wo die Mittel dazu hernehmen? Wer kapitalkräftig ist, wird doch freiwillig seine Hilfe nicht Unbemittelten darbieten, und eine Genoffenschaft Unbemittelter würde sich höchstens als Kuriosität sehen lassen können. Es hieß, als vor nun schon länger als drei Jahren Herr von Bötticher nach langen Enqueten und Erwägungen endlich zum erstenmal- die Verwirklichung des Handwerker kammerprojekts „verhieß", das werde der erste Schritt sein, um das Handwerk zu konsolidiren. Die Handwerkerkammern könnten dann als berufene Interessenvertretung und ungehindert durch die sich ungerufen an sie andrängenden Handels-, bezw. Ge- werbekammern Mittel und Wege zur Besserung ihrer Lage be- rathen. Welch schöne Zeit ist inzwischen ungenutzt vergangen I Was ist seitdem geschehen? Nichts! Man hat „geprüft", ist nicht einen Schritt weiter gekommen, und die Versprechungen sind noch immer unerfüllt. Der Handwerkerstand aber ist zer rissen geblieben, wie er war. Groß ist in seinen Reihen die Unzufriedenheit, verzweifelt die Stimmung; aber statt den Blick auf's Große zu richten, statt einen energischen Zusammenschluß der Berufögenossen in die Wege zu leiten, zersplittern die Hand werker ihre Kräfte oder legen indolent und entmuthigt die Hände in den Schoß. Heutzutage aber ist es nöthig, sich zu rühren, seine Kraft zu zeigen, seinen Einfluß auszuüben. Mit dem bloßen Räsonniren ist nichts geholfen; erst vor Kurzem hat Staatssekretär von Bötticher daraus, daß nur eine Minderzahl von Meistern offen der Handwerkerbewegung sich angeschloffen hat, gefolgert, daß deren Bestrebungen die nothwendige Be achtung nicht verdienen. Statt also mit politischen Queru lationen sich abzugeben, sollten die Leiter der Handwerkerbe- wegung durch lokale Agitationen die Berufsgenossen sammeln. Das Ziel, das dabei zu verfolgen ist, ist allen Handwerkern gemeinsam; Wiedergewinnung des goloenen Bodens, Kampf gegen die Schleuderkonkurrenz, Schaffung einer leistungsfähigen Organisation als Damm gegen den Großkapitalismus. Ebenso gemeinsam ist allen Handwerkern der Feind, dem sie entgegen treten müssen: der Freihandelsliberalismus und die Sozial demokratie, die beide darauf ausgehen, das Handwerk vollends zu ruiniren; die einen, um die Kleingewerbtreibenden ganz und gar vom Großkapitalismus abhängig zu machen, die anderen, um sie zu proletarisiren und für ihre Zwecke einzufangen. Der preußische Staatsrath nahm am Dienstag seine durch die Pausen vom Sonntag und Montag unter brochenen Berathungen unter dem abermaligen Vorsitze des Kaisers wiederauf. Der hohe Vorsitzende eröffnete die Sitzung durch einen tiefgefühlten Nachruf, der dem Gedenken des dahingeschiedenen Mitgliede des Staatsraths und früheren Abgeordneten Freiherrn v. Schorlemer-Alst galt. Alsdann trat die Versammlung in die Erörterung der vorgcschlagenen Maß nahmen zur Seßhaftmachung der ländlichen Arbeiterbevölkerung, insbesondere in den östlichen Provinzen, (Unterstützung der Rentengutsausbildung, Ermöglichung von Rentengutsbildung für kleine Stellen u. s. w.), ein. Der Schluß der Staats- rathssesston steht unmittelbar bevor, es handelt sich nur noch um die einstweilen zurückgestellte Beschlußfassung in Sachen deö Antrages Kanitz. Der Reichstag beendigte am Dienstag die Tags zuvor begonnene Colonialdebatte über Ostafrika. Die Dienstags diskussion wies eine etwas lebhaftere Färbung auf als die Be rathung vom Montag, doch war das Haus leider abermals sehr schwach besetzt. Der nationalliberale Abgeoronete Prof. Hasse gab seiner uneingeschränkten Befriedigung über die Ent wickelung unseres Colonialwesens Ausdruck, was ihn allerdings nicht hinderte, verschiedene praktische Vorschläge zur Beseitigung unläugbar vorhandener Unvollkommenheiten in unseren Colonien zu machen. Im Nebligen betonte Äbg. Haffe wohl mit Recht,