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Zweites Blatt. ThmM Nossen, Menlehn und die Umgegendkn. Imtsölall für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnscrtionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. No 31 SmumbEd, Sem 13. März 18S7. Zum Sonntag Nemimscere. Ev. Joh. 15, 5: Ohne mich könnt ihr nichts thun. Ein berühmtes Wort und ein Wort, das die christ liche Erfahrung jeden Tag von neuem bestätigt. Aber es muß indem Zusammenhänge betrachtet und gefaßt werden, indem es der HErr gesprochen hat. Er sei der Weinstock, so sagt Er Seinen Jüngern, sie seien die Reben. Löst man die Rebe vom Weinstocke los, so verdorrt sie, denn von sich selber hat sie kein Leben. Soll sie gedeihen und Frucht bringen, so muß sie am Weinstocke bleiben, aus seiner Wurzel Kraft und Saft ziehen. — Wenn dein inneres Leben täglich seine Kraft aus den unermeßlichen Lebenskräften Jesu Christi zieht — durch Gebet, durch Versenkung in die heilige Schrift und durch nicht seltenen Abendmahlsgang — so wird es gedeihen, so wirst du Frucht bringen. Sonst nicht. „Ohne Mich könnt ihr nichts thun." Wie nimmt sich diesem Heilandsworte und der in ihm liegenden Fordernng, daß die Rebe am Weinstock bleibe, gegenüber die mit so vielem Schellengeklingel von zahlreichen Jrrlehrern in unserer Kirche vorgetragene Lehre aus, das Gemeinschaftsleben mit dem Heilande sei ein „eingebildetes Privatverhältniß", ein pietistischer Luxus artikel? Laß dich von diesem Gerede nicht bethören, lieber Leser, mag es mit noch so vielen frommklingenden Phrasen verbrämt werden. Die Leute, die solches lehren, haben augenscheinlich niemals den Versuch gemacht, mit dem lebendigen Jesus Christus in ein persönliches Ver- hältniß zu gelangen, sie 'sprechen daher wie ein Blinder von der Farbe spricht. Welcher verständige Mensch wird aber einen Blinden als Beurtheiler für die Farben an nehmen? Strebe im Gegentheil an jedem Tage gründlicher, ernstlicher darnach, zu der Person Jesu Christi iu die innigste persönliche Beziehung zu treten. Die Absicht des Herrn ist die, daß wir beständig mit Ihm reden sollen, von allem, was wir thun und von allen unseren Sorgen, daß wir beständig das Bewußtsein Seiner liebenden Theil- nahme, Seines Zusehens, Seiner Mitwirkung haben. Er will unser persönlicher Freund und Berather sein, daher wir Ihm alles unter die Augen bringen und uns täglich mit Ihm unterreden sollen. Versuche das, und du wirst mit frohem Staunen gewahr werden, welche gewaltige Kraft dich überströmt. Ganz anders schaut dich das Leben, ganz anders schaust du das Leben an, wenn ein unauf hörlicher Zufluß der himmlischen Kräfte des Heilands dir gegeben wird. Die Rebe grünt, die Rebe blüht, der Wein stock giebt ihr seine Kraft. Mancher Pfarrer und Religionslehrer sucht noch heute seine Aufgabe darin, seinen Konfirmanden und Schülern eme möglichst stattliche Summe religiöser Kenntnisse bei- zubnngen. Grundverkehrt. Alle Anstrengungen sind aus den einen Punkt zu vereinigen, daß die Kinder in em persönliches Verhältmß zu Jesus Christus treten. Ist das erreicht, so ist alles gewonnen, und der Konfirmand, der Schuler bezeigt, wie auch die Erfahrung gelehrt hat, dann aus freien Stucken die größte Lust, auch seine reli giösen Kenntnisse zu vermehren. Wer Jesum kennt und Jesum liebt, wird ganz von selber bibelfest und suchen im Katechismus. „Ohne Mich könnt ihr nichts thun." — Wann, lieber Leser, hast du zuletzt eine Unterredung mit Christus gehabt? — Die Antwort Griechenlands und die Aktion der Mächte. Endlich liegt der Wortlaut der Erwidemng Griechen lands auf die Note der Großmächte vor, in welcher die griechische Regierung zur Zurückziehung ihrer gesammten Streitkräfte von Kreta innerhalb sechs Tagen aufgefordert wurde. Der Inhalt der griechischen AntworPsuote stellt sich als ein wunderliches Gemisch von anmaßenden Be hauptungen, halben Zugeständnissen an den Willen Europas und geschmeidigen Beschönigungen des bisherigen Vorgehen Griechenlands in der kretischen Frage dar; zuletzt wird ein Plebiscit, eine Volksabstimmung der Kreter darüber, wie sie regiert zu werden wünschen, gefordert. Als Kernpunkt der griechischen Gegenerklärung ist die Zusicherung zu be trachten, es solle ein Theil die griechischen Flotte aus den kretischen Gewässern zurückgezogen werden, während das griechische Landungscorps auch fernerhin auf Kreta ver bleiben soll, im „Interesse der Menschlichkeit und der Wiederherstellung der Ordnung." Ganz entschieden spricht sich das Athener Kabinet in seiner Antwort gegen die von den Mächten beschlossene Autonomie für Kreta aus, welche ablehnende Haltung es durch die Behauptung zu begründen sucht, daß alsdann doch die Anarchie auf der Insel fort dauern würde und neue Ausschreitungen des muselmännischen Fanatismus gegen die christliche Bevölkerung unausbleib lich seien. Schließlich wird der ziemlich ungenirte Vorschlag gemacht, es möchte den Truppen unter Oberst Vassos die Beruhigung der Insel gestattet werden, woran sich dann der schon erwähnte weitere Vorschlag anreiht, es möge dem kretischen Volke gestattet werden, selbst über sein Schicksal zu entscheiden. Die griechische Antwort ist also keineswegs so schroff ablehnend gegenüber dem Verlangen der Mächte ausge fallen, als vielfach in Hinblick auf das bisherige trotzige Auftreten Griechenlands angenommen worden war. Griechenland will sich wenigstens zur Abberufung eines Theils seiner Kriegsschiffe von Kreta verstehen und schlägt überhaupt iu seiner Erwiderung äußerlich einen recht höf- lichcu und entgegenkommenden Ton an, während es anderer seits freilich zugleich auch mit neuen anmaßenden Forde rungen kommt. Diese eigenthümliche Fassung der Antwort des Athener Kabinets, die allerdings dem fürs Feilschen auch auf politischem Gebiete angelegten griechischen Volks charakter nur entspricht, dürfte zunächst zur Folge haben, daß nochmals diplomatische Auseinandersetzungen zwischen den Großmächten darüber, was nun eigentlich mit Griechen land weiter geschehen müsse, folgen, scheinen doch für so fortige Blockademaßregeln nur Deutschland, Rußland und Oesterreich-Ungarn zu sein, während die englische und die französische Regierung eine gewisse Rücksicht auf die in ihren Ländern und Parlamenten immer stärker auftretende griechenfrenndliche Strömung nehmen müssen. Aber jeden falls ist das eine klar, daß neue Entschlüsse der Mächte darüber, was jetzt weiter geschehen soll, nicht lange hinaus geschoben werden dürfen, eine Verzögerung in dieser Hin sicht könnte doch nur den Wünschen und Plänen Griechen lands zu Gute kommen. Als ausgeschlossen darf mindestens gelten, daß sich die Mächte auf die Comödie einer Volks abstimmung der Kreter, deren Ausfall klar wäre, gar nicht Anlassen können und ebensowenig auf die förmliche Be auftragung der griechischen Landungstruppen des Obersten Vassos init der „Pacification" Kretas, dann hätten ja die Mächte ihre Drohnote an Griechenland gar nicht abzulassen brauchen. » Immerhin hat die Lage im Orient durch die griechische Antwort wenigstens keine directe Verschärfung erfahren, wenngleich mit ihr einstweilen ein abermaliges Stadium der Ungewißheit geschaffen worden ist. Auch die ausge tauchten Gerüchte über eine unmittelbar bevorstehende oder schon erfolgte Kriegserklärung Griechenlands an die Türkei entbehren noch immer der Bestätigung, ganz begreiflich, das Athener Kabinet weiß selbst am besten, daß es mit einem solchen Schritte sein va-bangus-Spiel besiegeln würde. Und grade in den letzten Tagen sind außerdem Einzelheiten über die wahren militärischen Zustände in Griechenland bekannt geworden, welches die Kriegsbereit schaft dieses Landes trotz aller zur Schau getragenen kriegerischen Begeisterung des Hellen-Volkes denn doch in bedenklichem Lichte erscheinen lassen. Auch wird jetzt ver sichert, daß Griechenland so unbedingt auf die Unterstützung Serbiens und Bulgariens im Falle eines Kriegs mit der Türkei zn rechnen hätte, wie man in Athen immer an zunehmen scheint, und nnumt man schließlich die fort gesetzten Rüstungen der Türkei hinzu, so erklärt es sich, wenn die griechische Regierung sich doch scheut, die letzte Konsequenz ihres Verhaltens gegen die Türkei zu ziehen. Um so günstiger stellt sich daher augenblicklich das Feld für die ferneren Bemühungen der Großmächte dar, durch einen Druck auf Griechenland dessen Nachgiebigkeit zu er zwingen; nur müßten sich letztere über die entsprechenden weiteren Maßnahmen eben baldigst klar werden. Im Riedhof. Original-Roman von Em. Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Alle Wetter, nun wird's Tag," rief der Wirth überrascht, „die Kanaille von Rentzel, welche ziemlich zerlumpt war, und keinen reinen und heilen Rock mehr am Leibe trug, wird den Anzug gestohlen haben, um mit dem geraubten Gelde keinen Verdacht zu erregen. Dann hat er sich in irgend einer Groß stadt feine Kleider angeschafft und den gefährlichen Anzug an Holzing geschickt. Nicht Übel, aber nun wird's ihm am Ende oen Hals brechen. Meiner Treu, der gerade Weg ist doch immer der Beste." „Das ist auch mein Wahlspruch, olck bo^, — und nun bring mich zu Deiner Frau." Diese Unterhaltung der beiden Verwandten war sofort nach Brown's Ankunft in der leeren Schenkstube gehalten worden, damit sie mit einander klares Fahrwasser hatten, wie der joviale Wirth meinte, zumal es nur selten leer von Gästen bei ihm war. Die Frau des Vetter«, welche sich ebenso herzlich über sein Wiedersehen freute, wie Ihr Mann, konnte es nicht begreifen, vaß David Brown, nachdem er frei von der Dienstbarkeit ge worden, nicht in England bleiben, sondern wieder nach Amerika zurück wollte, da olck Lritunnia doch in ihren Augen das schönste Land der Welt war. Brown wiedersprach nicht. Er ging am nächsten Morgen nachdem er mit seinem Vetter, welchem er die ganze Geschichte ohne Rückhalt mitgethe'lt, einen bestimmten Plan entworfen hatte, in einen Kleiderladen, um sich hier einen feinen SchiffS- kapitäns-Anzug zu kaufen. So umgewandelt, setzte er sich gegen Abend in die Schenk stube, mit einer Flasche guten Rvthwein und einem Dutzend feiner Cigarren vor sich, behaglich trinkend und rauchend. Nach und nach füllte sich der ziemlich große Raum mit Seefahrern aller Nationen, doch vergebens spähte der Wirth nach Holzing aus, der sonst immer um die bestimmte Stunde zu erscheinen pflegte. Er hatte ihm seinen gewohnten Platz in einem Winkel rAervirt, dessen Nebentischchen Brown in Beschlag genommen hatte, während zwei lange Tische in der Mitte von den andern Gästen besetzt worden waren. Endlich, es war schon gegen neun Uhr und die Schenk stube jetzt dicht gefüllt, erschien der Erwartete. Sein finsteres Gesicht drückte keine besonders heitere Stimmung aus, was der Wirth sofort erkannte, zumal er sich an den Schenktisch heran schob und etwas in den Bart murmelte, das wie eine Bitte klang. „Könnt Euer Glas gleich mitnehmen, Holzing," sagte der Wirth, „Euer Platz ist dort noch frei." Brown, welcher den neuangekommenen Gast, der kein See mann war, genau betrachtete, erhielt von seinem Vetter hinter dem Rücken einen Wink und zog jetzt sein Taschenbuch hervor, um sich einige Notizen zu macken. Als Holzing sich mit einem unterdrückten Fluch auf seinen Platz niederließ, das Glas Brandy rann so hart niedersetzte, daß Brown aufblickte und ihm ge- müthlich zunickte, sagte er: „Ihr habt da was Besseres, Siri" „Meint Ihr meinen Wein?" fragte Brown in einem fürchterlichen Englisch. „Natürlich auch Eure Cigarren, — Ihr scheint ein Fein schmecker zu sein." „Ich möchte mich gern mit Euch unterhalten," erwiderte Brown, „wenn mir daS Englische geläufiger wäre. Ihr ver steht wohl kein Deutsch?" „Na, das sollt' ich meinen, bin ja ein Deutscher." „Da sind wir ja Landsleute," rief Brown mit glücklich gespielter freudiger Ueberraschung. „Ei, ei, mir ist das ange nehm, man fühlt sich unter diesen Ausländern wie verrathen und verkauft." „Das wüßtest Ihr als Seemann doch gewohnt sein," be merkte Holzing ihn mißtrauisch musternd. „Ja, wenn ich nicht immer im deutschen Binnenwasser herumgeschwommen wäre," lachte Brown. — „Mein Vater war selbst Rheder, hatte eigene Ladung nach den Ost- und Nord seehäfen, ich wohnte mit meiner Mutter in Hamburg. Natür lich wurde ich auch Seemann und fuhr bald mit dem Vater, der viel Geld verdiente. Er ist todt, seitdem bin ich Rheder und Kapitän in einer sPerson. — Nun hat mich ein englischer Kaufmann zu einer Spekulation in schwedischen Hölzern bereden wollen, er war nämlich vor vier Wochen in Hamburg, und das ging mir so lange im Kopfe herum, bis ich mit einem