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Zweites Blatt. Wn« ßr Wdch ThmM, Men. Äebenlehn nnd die Umgegenden. Imlsölull für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich sür die Redaktion Martin Berger daselbst. No. 46. Sonnabend, Sen 17. April 1897. Erwacht! Es weht ein Hauch von Leben Beseligend durch alle Welt; Erwacht! Es wird zu neuem Streben Mit junger Kraft das Herz geschwellt. Durch alle Schöpfung sich ergießen Seht ihr den Drang nach Auferstehn, Und wer die Augen nicht will schließen, Der mag noch heute Wunder seh'n. Ein frohes Lenzesahnen zittert Selbst durch den Dornstrauch schlicht und klein, Und warmer Lebensodem wittert In's ärmste, fernste Thal hinein; Der harte Winter muß nun weichen, Ein neuer Frühling zieht heran — O Menschenherz, und willst du gleichen Den Wächtern, welche einst nicht sah'n? — Am Grab des Herrn die Knechte schliefen, Da stand er auf, in heil'ger Nacht, Die Gruft war leer, sie aber riefen: Er ward verstohlen weggebracht! Und da beim Glanz der Morgensonne Den Frommen hoch das Herze schlug Vor sel'ger Auferstehungswonne, Da schrieen hämisch sie: Betrug! Die Thoren, die sich selbst belügen Mit ihrem wahnumflorten Blick, Die sich und Andere betrügen Um ihres Herzens Osterglück — Hörst du sie nicht noch immer schreien, Daß alles Glauben nur Betrug, Daß für den Kampf des Lebens seien Des Menschen Kraft und Witz genug? — Verlohnt es wirklich sich, zu leben, Wenn der Besitz als Höchstes gilt, Wenn man verlästert edles Streben, Genügsamkeit als Thorheit schilt? Wenn man die Menschen theilt in Klassen, Beseelt von der Parteiwuth Geist, Und statt zu lieben lehrt zu hassen Und aus der Brust den Frieden reißt? O, reibt den Schlaf euch aus den Augen, Thut auf das Herz dem Osterlicht, Und glaubt es, Truggebiloe taugen Für die gequälte Menschheit nicht! Sucht nicht das Glück in dunkler Ferne, Zufriedenheit allein thut noth, In eigner Brust sind unsre Sterne, Und unser Schicksal lenkt ein Gott. Wälzt nur den Stein von euern Seelen, Wie einst er fiel von Christi Grab, Werft Haß und Unrast, die euch quäleu, Beim Klang der Osterglocken ab, Erhebt aus selbstgrschaffnem Jammer Euch zu der Freudigkeit der Pflicht, Dann findet auch in eure Kammer Den Weg ein Strahl vom Osterlicht. Oster n. Wandle leuchtender und schöner Ostersonne, deinen Lauf, Denn dein Herr und mein Versöhner Stieg aus seinem Grabe aus. Als das Haupt er sterbend beugte, Bargst du dich in nächt'gem Flor, Doch jetzt komm hervor und leuchte, Denn auch er stieg längst empor! Erde breite dich in Frieden Unter deinem Himmel aus, Denn dein Herr ist nicht geschieden, Er zerbrach des Todes Haus. Deine starken Felsen bebten. Als er seinen Geist verhaucht, Grüße nun den Neubelebten, Wonnevoll in Licht getaucht. Ostern ist gekommen im Frühlingsglanze. „Alles Vergängliche ist nur ein Gleichniß." Jawohl, aber ein Gleichniß ist es immerhin; und wir freuen uns desselben; wir freuen uns, daß in dieser österlichen Zeit dort draußen die ganze Natur Luft und Leben athmet; denn Ostern ist Leben. Der Tod ist verschlungen in den Sieg; er ist unterlegen, voni Leben überwunden, das ist es, was uns das Osterfest predigt. Christus ist gestorben um unseret willen; der Tod konnte ihn eine Weile in seine Bande schlagen durch unsere Sünde; aber halten konnte er ihn nicht; am dritten Tage, am Ostertage, bricht der Fürst des Lebens ans dem Grabe hervor. Christus ist aufer standen! Wie er gestorben ist um unseretwillen, so ist er auch um unseretwillen auferstanden. Wir sollen nicht nur mit ihm, nein wir können auch mit ihm in einem neuen Leben wandeln. Durch seinen Tod ist die Sünde in ihren schwersten Folgen aufgehoben, durch seine Auserstehung wird auch in die sündigen Menschen, die sich zu ihm, dem Auferstandenen, bekennen, ein neues Leben in der Gerech tigkeit gepflanzt; sie sind nun Gottes Kinder. Zwar bleibt der Tod der Sünde Sold. Alle Menschen ohne Ausnahme müßen sterben. Aber alle Christen wollen auch sterben; denn der Tod, dem natürlichen Menschen ein Greuel und Schrecken, ist dem Christen seit Christi Auferstehung die Pforte in das ewige Leben. Seit Christus dem Tode die Macht genommen hat, legen die Seinen sich getrost und ruhig nieder in die Erde; Ostern verbürgt ihnen Auferstehen. Christen sterben mcht, sie entschlafen!, Christen reisen im Tode nicht in ein un bekanntes Land, sie gehen heim; und wenn sie an den Gräbern der Ihrigen stehen, so hat der lebendige Oster fürst sie singen gelehrt: „Lacht der finstern Erdenkluft, lacht des Todes und der Höllen." Der Auferstandene ist auch die Auferstehung und das Leben, und wo er ist, da sollen seine Diener auch sein. Darum grüßen wir dich, du fröhliches Osterfest; darum grüßt die Gemeinde den Auferstandenen mit den Worten: Ich ^ch zu Deinem Grabe Du großer Osterfürst, Weil ich die Hoffnung habe, Daß Du mir zeigen wirst, Wie man kann selig sterben Und fröhlich aufersteh'n. Und mit des Himmels Erben Ins Land des Lebens gehn. Der Niedergang des Deutschthums in Oesterreich. Der seit langen Jahren schon zu beobachtende Rück gang der deutschen Sache in Oesterreich, welcher nament- lich unter dem berüchtigten „Verföhnungsministerium" des Grafen Taaffe scharf hervortrat, hat durch die neuesten parlamentarisch-politischen Ereignisse im Lande des Doppel- aares abermals eine grelle Beleuchtung erfahren. Die kürzlich anf Grund des neuen Wahlgesetzes zum ersten Male vollzogenen Wahlen zum Reichsrathe bedeuten in ihrem hervorspringendsten Ergebnisse eine empfindliche Niederlage des liberalen Deutschthums zu Gunsten einer Stärkung theils der klerikal-konservativen, theils der slavischen Elemente im Reichsrathe; außerdem hat die jetzt zum ersten Male in der österreichischen Volksvertretung er schienene 13 Mann starke sozialdemokratische Gruppe ihre Mandate ebenfalls größtentheils auf Kosten der fort schrittlichen Deutschen errungen. Dieser Schwächung des liberalen Deutschthums bei den Wahlen entspricht denn auch nur die Gestaltung der Machtverhältnisse im neuen Abgeordnetenhause durch die erfolgte Bildung einer klerikal konservativ - slavischen Mehrheit. Allerdings hatte ja Ministerpräsident Graf Badeni die Demission seines Ge- sammtministeriums eingereicht, da er angeblich die Deutsch liberalen, mindestens die fortschrittliche Gruppe des Groß grundbesitzes, in der künftigen Regierungsmehrheit nicht missen wollte. Aber dies war natürlich eitel Spiegelfechterei, denn nachdem vom Kaiser Franz Josef das Entlassungs gesuch des Kabinets nicht angenommen worden ist, machte Graf Badeni vergnügte eine Schwenkung nach der rechten Seite hin, und daß er sich die neue klerikal-slavische Reichs- rathsmehrheit ganz gern gefallen lassen wird, daran ist nicht im Mindesten zu zweifeln, hat er doch soeben mit dem endlich erfolgten Erlaß der angekündiaten czechen- freundlichen Sprachen-Verordnung zunächst für Böhmen feinen Frieden mit den Jungczechen gemacht und sie als wichtigen Bestandtheildes neuen „eisernenRinges" anerkannt. An der sich immer ungünstiger gestaltenden politischen und nationalen Lage des Deutschthums m Oesterreich tragen freilich die Deutschen selber mit die Schuld. Die unselige Sucht des deutschen Volksstammes überhaupt nach Zer» splitternng hat mit Naturnothwendigkeit dazu geführt, die ursprünglich vorherrschende Stellung des Deutschthums in Oesterrerch allmählich zu erschüttern und zu untergraben. Schon die Spaltung der Deutschösterreicher in Konservative oder Klerikale und in Fortschrittliche, die ja fchon seit langem besteht, konnte in diesem national so gemischten Staate nicht günstig auf die allgemeine Stellung des Deutschthnms zurückwirken, namentlich da die klerikale Partei in unbegreiflicher Verkennung der gemeinsamen nationalen Interessen der Deutsch-Oesterreicher bei wich tigen Entscheidungen immer wieder mit den antideutschen Parteien zusammenging. Doch hatte dies keine besondere Gefahr, so lange der fortschrittliche Theil der Deutschen im Großen und Ganzen zusammenhielt, seitdem aber die verschiedenen liberalen Gruppen der Deutschen sich in brudermörderischem Kampfe selber zu zerfleischen begannen, ging es mit der deutschen Sache bedrohlich schnell abwärts, und das Auftreten der Antisemiten, die ebenfalls wacker auf die Liberalen einhieben, hat diesen Zersetzungsprozeß nur gefördert. Daneben läßt sich aber auch nicht verkennen, daß die liberale Partei, als sie in Oesterreich am Ruder war, schwere Fehler begangen hat, die hauptsächlich auf wirthschaftlichem Gebiete lagen und welche nicht wenig das Aufkommen der antisemitischen Richtung begünstigten. End lich sind auch die berufenen Führer und Vertreter des liberalen Deutschthums nicht von dem Vorwurf freizu sprechen, daß sie es in kritischen Momenten keineswegs verstanden haben, die nationalen Interessen ihrer Stammes- genossen energisch zu wahren, wofür die schwächliche Be handlung der Cilli-Frage durch das Koalitionsministerium Windischgrätz einen drastischen Beweis bildet. Dann muß allerdings auch zugegeben werden, daß die Strömung in den maßgebenden Wiener Kreisen fast immer eine den deutschen Bestrebungen und Interessen mehr oder weniger feindselige gewesen ist, speziell in den Wiener Hofkreisen war und ist noch diese Strömung mächtig und letztere hat begreiflicher Weise mit das Ihrige zur Zurückdrängung des Deutschthums beigetragen. Jedenfalls werden demselben auch unter dem weiteren Badeni'schen Regime nichts weniger als Rosen blühen; dies haben die Erklärungen des Ministerpräsidenten Grasen Badeni bei der Debatte des Abgeordnetenhauses über die böhmische Sprachenverordnung schon hinlänglich gezeigt. Es scheint demnach wirklich die Zeit gekommen zu sein, da in Oesterreich nicht nur ohne die Deutschen, sondern sogar gegen sie regiert werden soll, was bei der Ohnmacht und Zersplitterung des Deutschthums gerade kein Kunststück wäre; daß freilich eine derartige Politik unmöglich zum Heile des Gesammtstaates Oesterrreich ausschlagen könnte, das steht schon jetzt fest.