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WtiiM für Mskuff Tharandt, Uajstn, Menlehn md die Umgegenden. Imlsblull für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. No. 34. Sonnabend, Sen 8. Mai 1897. Bekanntmachung. Nachersichtliche, die Ausstellmm von Armuthszeugnissen betreffende Bekanntmachung der Königlichen Kreishauptmannschaft Dresden vom 8. April 1897 —1405. Ill — wird den Herren Bürgermeistern von Wilsdruff und Siebenlehn und sämmtlichen Herren Gemeindevorständen und Gutsvorstehern des hiesigen Verwaltungsbezirkes hier durch zur Kenntniß gebracht. Königliche Amtshauptmannschaft Meißen, am 4 Mai 1897 I. A. von Bose. Bekanntmachung, die Ausstellung von Armutbszcugnissen bctr. Den Amtshauptmannschaften nebst amtshauptmannschaftlicher Delegation zu Sayda, den Stadträthen, Bürgermeistern, Gemeindevorständen und Gutsvorstehern des hiesigen Regierungsbezirkes wird unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung in der Beilage zu Nr. 15 des Verordnungsblattes der Königl. Kreishanptmannschaft für das Jahr 1879 Nr. 3065. I. 77 zur Nachachtung eröffnet, daß das Königliche Ministerium des Innern im Einverständnisse mit dem Königlichen Justizministerium beschlossen hat, das mit der bezüglichen Beiordnung Nr. 431. II. bl herausgegebene Formular für Armuthszeugniffe dahin zu ändern, daß noch unter Ziffer 9, die Angabe „Sonst bekannte be sondere Verhältnisse" ausgenommen, dafür aber am Schluffe die Bezugnahme auf die sonst bekannten Verhältnisse gestrichen wird. Dresden, den 8. April 1897. Königliche Kreishanptmannschaft. Schmiedel. Erlaß, die Ueberiraguna ansteckender Krankheiten durch Kleiderwäsche n. s. w. betr Auf Anordnung des Königl. Ministeriums des Innern wird erneut darauf hingewiesen, wie leicht durch Kleider, Wäsche oder Betten, welche von Kranken während einer ansteckenden Krankheit, insbesondere Diphtherie, Masern, Scharlach, Pocken, Typhus, Cholera, Lungenschwindsucht, benutzt worden sind, diese Krankheiten übertragen werden können. Am meisten empfiehlt sich die völlige Vernichtung solcher Gegenstände. Ist diese aber nicht thunlich, so sind dieselben wenigstens vor weiterer Verwendung in ge eigneter Weise zu desinficiren. . Ueber das Desinfectionsverfahren enthält das Nähere die „Anweisung über das Desinfectionsverfahren bei ansteckenden Krankheiten", welche beim Auftreten solcher Krankhelten den Haushaltungsvorständen auf Ersuchen kostenfrei von der Königl. Amtshauptmannschaft, wie von dem Königl. Bezirksarzte- zugesendet werden wird. Endlich wird noch vor Annahme und Ankauf solcher von mit ansteckenden Krankheiten behafteten Personen benutzten Gegenstände, ehe sie desinficirt worden sind, nachdrücklich gewarnt und hierbei bemerkt, daß im Meißner Stadtkrankenhause ein Desinfectionsapparat aufgestellt ist, in welchem Desinfeciionen nach festgesetzter Taxe erfolgen können. Meißen, am 5. Mai 1897. Die Königliche Amtshauptmannschaft. Die Lrandkatastrophe im Wohlthätigkeits- bazar in Paris. Ueber das entsetzliche Brandnnglück, welches sich am Dienstag in Paris ereignet hat, haben wir in voriger Nummer unseres Blattes kurz berichtet. Heute liegen weitere neue Nachrichten über die schreckliche Katastrophe vor: In dem Wohlthätigkeitsbazar, der jedes Jahr von Damen der Aristokratie in der Rue Jean Goujon zum Besten der Armen veranstaltet wird, brach ein Feuer aus, das den stark besuchten Verkaufsraum vollständig zerstörte. Zum allgemeinen Entsetzen sind dabei 123 Personen ums Leben gekommen und 200 Personen schwer verletzt. Die Lerchen derselben wurden vollständig verkohlt herausgeschafft. Viele Personen werden vermißt. Der jetzt auf einer Studien- rerse ln der französischen Hauptstadt weilende Berliner Po- lrzelprastdent v. Wmdheim ließ es sich nicht nehmen, mit dem Parrfer Präfekten au die Brandstätte zu eilen und durch ferne Anwesenheit .daselbst seine Theilnahme an dem fürchterlichen Brandungluck auszudrücken. Unter den zahl reichen Opfern, welcher der Brand verschlungen hat, befinden sich viele Persönlichkeiten der- französischen Aristokratie. An der Bergung der Verunglückten wird mit größter Sinaabe gearbeitet. Die Redakteure des Blattes „La Croix" haben mit Unterstützung des Druckerpersonals etwa 30 Per sonen gerettet, in dem ste ihnen über eure Mauer steigen halsen Dem Personal des am Cours de la Reine belegenen „Hotel du Palais" gelang es, 150 Personen darunter mehrere Schwerverletzte, zu retten. — Der Minister Hano- taur, der auf dem Brandplatz erschien, beglückwünschte die Leute, denen das Rettungswerk gelang, aufs Lebhafteste. Um 7 Uhr abends befanden sich noch sehr viele Lerchen unter den Brandtrümmern. Schutzleute arbeiten mr der Bergung der Leichen, die auf Ambulanzwagen nach dem Industrie-Palast gebracht werden. Die Meisten sind ent setzlich verstümmelt. Das Schauspiel, das der Brandplatz darbietet, ist grauenerregend. Verwandte und Freunde von Personen, die an dem Bazar theilgenommen haben, eilen herbei. Die Ursache des Brandes ist noch nicht festgestellt; man glaubt indessen, baß durch den Kinematographen oder durch Kurzschluß der elektrischeu Leitung das Feuer ent standen ist. Die Bazarhalle war erst vor 6 bis 7 Wochen aus leichtem Holzwerk erbaut und machte einen höchst feuer gefährlichen Eindruck. Der Jnnenraum stellte, auf Lein- wandkouliffen gemalt, eine Straße von Alt-Paris dar; durch diese Dekoration wurde das Feuer außerordentlich genährt. Der Bauplatz, auf dem sich die Katastrophe er eignete, hatte etwa 100 Meter Front gegen die Rue Jean Goujon und wird links und rechts von Feuermauern, auf der Rückseite von dem Hintertrakt des „Hotel du Palais" begrenzt. Es gelang aus zwei Fenstern die Gitter Heraus zureißen, wodurch die oben gemeldete Errettung von 150 Personen möglich wurde. Bis 1 Uhr früh sind folgende Todte amtlich rekognoszirt: Frau Flores, die Gattin des badischen Konsuls, Frau Henriette Himmiadal, die Baronin Carnem de St. Martin, die Vicomtesse Marie Bonneval, die Schwester Ginoux, die Oberin des Klosters St. Vincent, Paula le Rauchy, Frl. Mandat de Grancey, Baronin de Didier, die Gräfin de Mimerel; ferner Viktor Podevin, die Schwester Lsonie Guillaumet, Frau Schlumberger, Frau Jaquet-Haußmann, die Gräfin Brodeville und die Gräfin de Perrier. War schon der Anblick der aufgehäuften Leichen im Wohlthütig- keitsbazar entsetzlich, so ist der schreckliche Eindruck, den der Saal im Jndustrie-Palaste macht, geradezu unbeschreiblich. Da sich der Saal im Abbruchszustande befindet, wurde der Boden mit Brettern belegt, auf die Decken ausgebreitet wurden. Auf diese legte man die Leichen in drei Reihen nieder, wenn sie von den Ambulanzewagen herbeigebracht wurden. Man findet darunter gänzlich nackte Körper mit sich vor Schmerz krümmenden Gliedern und Leicheuhaufen mit Kleiderresten, welche eine Rekognoszirung ermöglichen sollen; alle sind entsetzlich entstellt. Bei den meisten hat das Feuer die Fleischtheile gänzlich verzehrt, so daß nur noch Skelette übrig sind. Die Zahl der bis 11 Uhr abends im Jndustriepalast niedergelegten Leichen beträgt 111. Die Thür des Saalel ist von einer dichten Menschenmenge um lagert, aus deren Mitte Schmerzensrufe ausgestoßen werden. Man läßt jedoch nur einige Personen zu gleicher Zeit ein treten, um die Feststellung der Verunglückten zu erleichtern. Die Eintretenden erhalten Fackeln, um sich bei der Leichen schau zurechtzufinden. So gehen sie suchend umher, indem sie die Kleiderreste prüfen. Die wiedererkannten Leichen werden sogleich bedeckt. Die Nachforschungen dauerten die ganze Nacht. Man hofft, daß jetzt alle Leichen gefnnden sind. Unter den bis zur Unkenntlichkeit verbrannten Leichen befindet sich auch die Herzogin von Aleiwon, Schwester der Kaiserin von Oesterreich. Ihr Tod rief tiefe Bewegung hervor. Zahlreiche Personen, darunter die Königin von Neapel, kamen angsterfüllt nach der herzoglichen Wohnung, um sich zu erkundigen. Bisher konnte die Leiche der Herzogin nicht festgestellt werden. Man glaubte sie anfangs an einem Fingerringe zu erkennen, doch stimmten andere Merkmale nicht. Die Brandwunden, die der Herzog von Aleiwon an Kopf und Händen davontrug, sind nur leicht. Alle zunächst in der Umgebung des Wohlthätigkeits- bazars nntergebrachten Verwundeten, etwa 180 an der Zahl konnten nach ihren Behausungen gebracht werden. Im Hospital Beaujon befinden sich die Gräfin Horn, Freiin v. Lussingen und Frau Julians. Die ebenfalls nach diesem Hospital gebrachte Frau Flores verstarb daselbst. Präsident Faure hat die Verwundeten im Hospital Beaujon besucht; später begab sich der Präsident nach dem Jndustriepalast, um den Opfern der Katastrophe die letzte Ehre zu erweisen. — Eine gerettete Klosterfrau gab folgende Darstellung vom Ausbruch der Katastrophe: Es war nachmittags 47-2 Uhr, als ein beim Kinematographen beschäftigter Arbeiter dem Baron Mackau zurief, daß das über den Bazar gespannte fteltdach durch eine Gasflamme in Brand gerathen sei. Baron Mackau gab dem Arbeiter den Bescheid, er solle keine Panik Hervorrufen. Diese Vorsicht erwies sich aber als nutzlos. Die Wahrnehmung des Arbeiters verbreitete sich mit unerhörter Schnelligkeit. Die in der Nähe des Haupteingangs befindlichen Personen konnten sich alle retten; aber aus den kleinen Seitenausgängen drängten sich die Flüchtigen derart zusammen, daß bald jeder Ausweg ver sperrt war. Nur der Mangel an zahlreicheren Ausgängen ist daran Schuld, daß das Unglück eine solche Ausdehnung annehmen konnte. Die Agnoszirung der Leiche der Herzogin von Äleiwon war bisher unmöglich. Man fand nur ihren Trauring mit den eingravirten Worten: Duchesfe d'Alencon, Prinzessin de Bavsre. Der König von Belgien, dessen Nichte an den Sohn der verbrannten Herzogin von Aleneon verheirathet ist, ist auf das Tiefste erschüttert. Es ist jetzt kein Zweifel niehr darüber, daß die Herzogin von Älencon nicht ver brannt, sondern erdrückt worden ist, und daß erst ihr Leich nam den Flammen zum Opfer fiel. Paris, 6. Mai. Die offizielle Todtenliste umfaßte gegen Mitternacht 117 Namen. Im Jndustriepalast liegen, noch 19 Leichen, die noch nicht rekognoscirt werden konnten Die Gesammtziffer der Vermißten beträgt 146; mdehm