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Zweites Blatt. ThuM Uchen, Menlchn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. ^orstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Borger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. No. «0 Sonnabend, den 22. Mai 1897. Bestellungen für den Monat Anni auf das MlmblsN M Willst und Umgegend werden für die Stadt Wilsdruff bei unterzeichneter Ge schäftsstelle, für auswärts durch alle kaiserlichen Postan stalten, sowie allen Briefträgern zu 44 Pfg. entgegen genommen. Iti« uv» tlinrutl'vtvuavu ^vonuvuW» kür <Ion Aollut«su»i bekomm«» lli« aobr int«ro98nnto 4!liio- »ik üvr 8tnüt tVilsürukk, rrolok lotrtvre nueb rmtil- rvieti« Ortxokaktsn unsvrvr I5mA«üii»F viu8di!!«88l, »»<1 mit vsiolivm 4rb<irurlr l>«rvit8 in KontiAvi- d«xniin«n nn< iilr«Ii«1'k!rt. Hochachtungsvoll Geschäftsstelle des Amts- und Wochenblattes für Wilsdruff. Zum Sonntage Nogate. Mark. 11, 24: Alles, was ihr bittet in eurem Gebet — glaubet nur, daß ihr es empfangen werdet, so wird es euch werden. Ein ganz köstliches Wort. Mitten in goldener Früh lingszeit hat so manches Menschenkind ein schweres sorgen volle« Herz; dem traurigen Gemüthe thut das Sonnen licht draußen beinah wehe. Aber was dich auch bedrucken „E — Sorge der Gesundheit, Sorge de-s Erwerbs, An fechtung, Herzeleid oder Schuld - laß dies Heilandswort den milden Tau sein, der deine dürre Lebensaue erquicket. Wirf Sorge« uud Schmerz ins liebende Herz des mächtig dir helfenden Jesus. Habe Glauben an Gott, Bertrauen zum Heiland. Denn alles, was ihr bittet in eurem Gebet — glaubet uur, daß ihr es empfangen werdet, so wird es euch werden. Bom Maße des Glaubens hängt das Maß der Hilfe ab. Kleiner Glaube, geringe Hilfe. Großer Glaube, mäch tige Hilfe. An dir liegt es, nicht an Gott, wenn dein Bitten bisher so wenig gefruchtet hat. Indem du Gott batest, zweifeltest du, ob Er dich hören, erhören werde. Hättest du mit zweifelloser Zuversicht dich an Sein Herz gewendet, du hättest längst, was du gewünscht. Darum seude jedem Gebete die Bitte voraus, die ernstliche: HErr, stärke nur vorerst den Glauben! Gieb Deinem schwachen Kinde die herzliche Zuversicht, die es sich selber nicht geben kann. Oder wie Petrus in deiner Lage bat: Ich glaube, lieber HErr, hilf meinem Unglauben! Dabei ist eins zu bedenken. Luther sagt einmal: „Also soll beschaffen sein eines jeglichen Christen Leben und Wesen, daß er außer Gott nichts wisse und mbe, auch denselben nicht anders als im Glauben. Darum werden die, so anders sind, nicht erhört von Gott. Sie rufen auch nicht mit dem Herzen; sie sind nicht arm, satt und voll Und sie." — Ehe du, lieber Leser, nicht alles Zutrauen M Selbsthilfe und zur Hilfe auf irdischen Wegen zer- schlagen hast, kann dir Gott die Zuversicht nicht schenken, m Gebetserhörnng nötig ist. Brich alle Brücken dieser Welt ab, daniit nur die Brücke zu Gott dem HE rrn übrig bleibt. Auf ihr wirst du dann sicher zum Ziele kommen. Der freundliche Gott ist kein grämlicher Schatzhüter, der nur ungern von seinen Reichthümern mittheilt und die Schätze am liebsten für sich behält. Gott ist die Liebe und die Liebe giebt gern und königlich. Aber die Liebe fordert mit Recht, daß man an sie glaube und au ihr nicht zweifle. Wohlan, so bitte heute im Glauben, und zweifle nicht, damit du empfangen kannst. Es ist Bet-Sonntag heute. Wirf ab, Herz, was dich kränket und was dir bange macht. Chronik der Stadt Wilsdruff. (Nachdruck verboten.) Geschichtliche Vorbemerkung. Vor länger als neun Jahrhunderten bedeckte das ganze Erzgebirge, sowie den größten Theil des Meitzner Landes ein ungeheurer Wald, Miriguidi d. h. Friedewald, an den uns noch das friedliche Büschlein bei Moritzburg, welches diesen Namen führt, erinnert. Alle unsere Forsten sind nur geringe Ueberreste jenes ehrwürdigen Urwaldes, der mehr von Ebern, Bären und Wölfen als von Menschen bewohnt wurde. Dennoch fanden sich in demselben einige an den Flüssen angelegte Städte und Dörfer, wie z. B. Zwickau an der Mulde, damals Milde genannt, welcher Name offenbar die Anmuthigkeit und Fruchtbarkeit ihrer sie begrenzenden Fluren audeutet. Auch Chemnitz wird erwähnt, welches Sorben an der Chamintza d. h. Chemmitzbach erbauten. So lag an der Msteritza, der heutigen Weißeritz, d. h. hoch herabfallendcr Fluß, iu der Nähe des heutigen Tharandt, das Dorf Toressa. Die Hauptstadt im jetzigen Meißner Kreise war vor der Errichtung Meißens und Dresdens Jana an der Jana, welches Kaiser Heinrich I. im Jahre 927 nach einer Mtägigen Belagerung und blutigen Erstürmung eroberte, bei welcher alle Männer grausam niedergehauen und alle weiblichen Personen als Sklavinnen in entfernte Gegenden geführt wurden. Die Wiedcraufbauuuq der selben untersagte mit Strenge der Kaiser, welcher auch um jeden derartigen Versuch unmöglich zu machen 928 au.f ihren Trümmern eine Burgwart errichtete, welche nach einem 75jährigen Bestehen 1003 vom Grafen Heinrich von Schweinfurt und Siegfried von Ringelheim, .Ariser Hein rich II. zum Trotze, durch Feuer vernichtet wurde. Von den sorbischen Dörfern haben sich nur diejenigen erhalten, welche, wie z. B. Pesterwitz, Brießnitz, mit Bargen in Ver bindung standen, die übrigen aber gingen im reißenden Strome der Zeitereignisse um so leichter unter, als die selben von ihren Bewohnern nicht selten freiwillig verlassen und abgebrochen wurden, je nachdem räuberische Anfälle oder Auffindung besserer Weideplätze die Anlage neuer Aufenthaltsorte unumgänglich nöthig machten. Wie lang sam indeß die Ausrodung dieser Forsten von Statten ging, erhellt aus Kurfürst Johann Georg l. Jagdchronik, welche sagt, daß dieser Fürst innerhalb der Jahre 1611—1653 auf seinen Jagden, welche in den Gegenden von Wils druff, Grumbach, Rothschönberg, Burkhardtswalde und Taubenheim oft 2, 3,4, 5 Wochen hinter einander dauerten, nicht weniger als 208 Bären, 200 Luchse, 3543 Wölfe, 18,957 Füchse und 28,000 Eber erlegte. In einer bei Grumbach abgehalteuen Jagd wurden allein 570 Hirsche, bei Burkharotswalde und Taubenheim 2215 Stück Wild in 5 Wochen geschossen. Daß es früher in unserer Gegend sehr viel Schwarzwild gegeben haben muß, beweist auch der Name unserer Bach, den sie höchst wahrscheinlich da her erhielt, weil sich in ihr ehedem die wilden Schweine gar weidlich ergötzt haben mögen. Den Weg, den damals der Kurfürst zur Jagd fuhr, und welchen man daher den Fürstenweg nannte, bezeichnen heute noch von Steinbach und Kesselsdorf bis über Grum bach hinaus steinerne Säulen, an welchen zwei quer über einander liegende Schwerter eingegraben sind. Kehren wir nun wieder in die Urzeit zurück, so ergiebt sich, daß die Morgenröthe der ersten Kultur unserm Vater lande erst durch Heinrich I. kam, den die Geschichte den Vogelsteller und Städteerbauer nennt; denn er begründete im Jahre 922 das berühmte Meißen als Hauptfestung zur Bezwingung der Dalaminzier oder Sorben - Wenden. Von hier aus errichtete der Kaiser und seine ruhmvollen Nachfolger (diese waren Otto I. v. 936—973, Otto II. v. 973-983, Otto III. v. 983—1002, Heinrich II. v. 1002 bis 1024, Konrad II. v. 2034—1039) eine förmliche Defensions- d. h. Vertheidigungslinie durch Errichtung der Schlösser oder vielmehr Wachthürme (die in denselben aufgestellten Mannschaften hießen Guckebürger, weil sie aus kleinen Fenstern beobachtend herausgucken mußten) von Jahna, Zscheila, Zadel, Zehren, Hirschstein, Siebeneichen, Scharfen berg, welches Heinrich 936 begründet haben soll; Ober- und Niederwartha, Priesnitz, Cossebaude, Weistropp, Tharandt, die hohe Markgrafenburg zwischen Tharandt und Dorfhain und wahrscheinlich auch den Wachstein bei Nossen. Den Rittern, welche sich in der Vertheidigung dieser für die damalige Staatsverfassung höchst wichtigen Plätze auszeichneteu, wurden vom Kaiser Ländereien mit der Erlaubniß verliehen, sich Burgen, Städte und Dörfer zu erbauen. Auch ist bekannt, daß die Burggrafen und kaiserlichen Beamten, welche über eine Grenze oder Burg wardt die Aufsicht hatten, durch kaiserliche Huld Eigen thümer von dein wurden, was ihrer Verwaltung anver traut war. Auf diese Weise entstanden die adeligen Ge schlechter zu Scharfenstein, Hirschstein, Tharandt u. s. w. Ungefähr um das Jahr 1000 errichtete der sehr be liebte Ritter Wieland an den Ufern der Saue, die wir bei dem jetzigen Stande der Kultur lieber die Wielands- bach nennen würden, eine Burg, welche dem Bisthum Meißen einverleibt wurde, aus welcher das früher so be rühmt gewesene, aber schon längst erloschene Geschlecht derer von Wieland stammte. Viele Glieder dieser Familie standen als Kommandanten wichtiger Festungen und als Domherren zn Meißen in großen: Ansehen. Einer Burg affo verdankt unsere Stadt ihr Entstehen, und es ist zu verwundern, daß man ihr nicht lieber den Namen Wie- landsburg verlieh, denn sie würde sich unter dieser Be nennung weit bestimmter von Wilsdorf zwischen Dresden und Radeburg, ferner von dem Dorfe Wilschdorf bei Stolpen unterscheiden, welches noch jetzt zuweilen zu Namens- Verwechselungen namentlich auf Briefen Veranlassung giebt. Wielandsdorf aber, woraus man später aus Liebe zu kurzen oder vielmehr verstümmelten Namen, 1406 Wiles- borf, 1478 Wilsdorf und um's Jahr 1500 Wilandsdruf formte, nannten unstreitig unsere Vorfahren ihren Ort des halb, weil sie am Fuße jener Burg ein Dors bildeten, welches nach Sitte jener Zeit den Namen von dem Schlosse entlehnte, unter dessen Schutz und Trutze es stand und dessen Besitzern es verpflichtet war. Die Einwohner solcher Orte erhielten die Erlaubniß zur Erbauung eines Hauses und Gutes einzig und allem von der adeligen Grundherrschaft gegen das Versprechen, den Vasallen als Oberherren nach Gebühren zu achten, sein Schloß und sonstiges Besitzthum in den Stunden der Gefahr zu vertheidigen, die Felder zu bestellen, bei der Jagd Hilfe zu leisten und zu jeder andern Dienstverrich tung unverdrossen zu sein. Aus diesen Verbindlichkeiten gingen die nun fast allenthalben abgelösten Frohndienste, Geld- und Getreidezinsen hervor. Mit der Erhebung unseres Ortes zur Stadt hatte es folgende Bewandtniß. Um das Landrecht recht empor zu bringen, wurden theils von den Kaisern, theils von den Meißnischen Markgrafen, theils von den Rittern oder Vasallen allenthalben Städte errichtet, wobei nicht selten Dörfer zu Städten erhoben wurden. Die erste Klasse nannte mau die kaiserlichen oder Reichsstädte, aus welchen die noch jetzt vorhandenen freien Städte, deren es sonst weit mehrere gab, hervorgingen. Zu dieser Klasse gehörten auch Meißen, Mühlberg, Strehla, Oschatz, Riesa, Lommatzsch, Dresden, Pirna, Mügeln, Döbeln und Roßwein. Zu weilen verschenkte der Kaiser eine solche Stadt an einen tapferen Ritter zur Belohnung seiner Verdienste. Die zweite Klasse der Städte waren die markgräflichen oder Landstädte, so genannt, weil sie ihr Entstehen den Mark grafen verdankten. Eine solche Stadt ist Freiberg, welche Otto der Reiche 1174 begründete. Diese Städte standen nicht unter kaiserlichen, sondern unter markgräflichen Be hörden und erhielten sehr bald das Recht, sich Magistrate zu wählen. Zu dieser Klasse gehörten auch Siebenlehn, Anna-, Marien- und Frankenberg und überhaupt alle in folge der entdeckten Bergwerke angelegten Städte. Die dritte und zahlreichste Klaffe der Städte bildeten die Vasallenstädte, so genannt, weil sie die Ritter auf ihren damals schon großen Gebieten errichteten. So entstanden etwa vom Jahre 1200—1300 (genau läßt sich dies nich