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Zweites Blatt. ThmM. Mn. Menlthn Nd die Umgegenden. Imlsblull für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, - sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. No. 71. Sonnabend, den 19. Juni 1897. Zum diamantenen Negierungsjubilaum der Königin von England. Sechzig Jahre auf dem Throne — wahrlich, selten genug ist in den Blättern der Geschichte die Thatsache verzeichnet, daß einem gekrönten Haupte eine zwei Menschenalter umfassende Herrscherthätigkeit beschicken wurde, schon darum stellt das sechzigjärige Regierungsjubiläum Victorias I., Königin von England und Kaiserin von Indien, ein ganz außergewöhnliches Ereignitz dar. Noch mehr tritt aber dasselbe hervor, wenn man erwägt, daß die erlauchte Jubilarin die Herrscherin über einen der größten und mächtigsten Staaten der Erde ist, und wenn man sich ferner der zahlreichen, für das britische Welt reich bedeutsamen Begebenheiten erinnert, welche sich unter ihrer so langen Regierung zugetragen haben. Wird schließlich noch itt Betracht gezogen, daß die Kaiserin-Königin Victoria und ihr Haus zu einer ganzen Reihe anderer Herrschersamilien in theilweise sehr nahen verwandschaftlichen Beziehungen stehen, so erklärt cs sich wohl hinlänglich, daß auch das Ausland dem Nationalfeste, welches die Feier des diamantenen Regierungs jubiläums der greisen Monarchin für dos gesammte britische Reich bedeutet, seine ebenso lebhafte wie herzlich: Theilnahme entgegenbringt. Dieselbe drückt sich denn auch schon äußerlich dadurch aus, daß eine überaus stattliche Zahl hochfürsilicher Gäste den JubiläumSfcierlichkeiten am englischen Hose beiwohnt und daß außerdem die Regierungen fast aller Kulturländer der Welt ihre Vertreter zu der Londoner Festfeier entsendet haben. Zum ossizielen Festtage ist bekanntlich der 22. Juni be stimmt worden, den eigentlichen Jubiläumstag indessen stellt der 20. Juni dar. Denn an diesem Tage folgte im Jahre 1837 die jugendliche Prinzeß Victoria, die einzige Tochter des Herzogs von Kent, ihrem kinderlos verstorbenen Oheim, König Mllhclm IV., auf dem englischen Königsthrone nach. Seit jenem Junitage sind also sechs Jahrzehnte verflossen, daß die Königin Victoria die Krone Englands trägt, ein auch im Völkerleben immerhin langer Zeitabschnitt, in dessen Verlause sich zahlreiche bedeutsame Ereignisse sür das gewaltige britische Reich zugetragen Haden. Unruhen und Aufstände und sonstige innere Erschütterungen bald in diesem, bald in jenem Theile des sich über alle fünf Welttheile hinziehendcn Reiches wechselten mit vielen kriegerischen Verwickelungen nach außen ab, unter welch' letzteren namentlich d'e wiederholten Feldzüge der Engländer in China und Afghanistan, die Kriege mit Birma und Persien, die klegerische Expedition gegen den König Theodor von Abessinien und dann die politisch hervorragendste aller dieser auswärtigen Verwickelungen, der Krimkrieg gegen Rußland, zu erwähnen sind. Unter den inneren Erschütterungen, welche das englische Weltreich während der nun sechzigjährigcn Regierungszeit der Königin Victoria heimsuchten, war die wcit- aur Skfährlichste der blutige Depoy-Ausstand in Ostindien 1857 uud 1858, dessen Unterdrückung den Engländern nur nach ungeheuren ^"^"ngungen gelang, womit aber auch die ernstlich bedrohte englische Herrschaft m Indien gerettet war. Schließlich ^roßstaat aus diesen gesammten inneren wie äußerlichen Verwickelungen neugifestigt hervorgegangen sein Gebiet hat sogar eine beträchtliche Vermehrung unter der Regierung der Königin Victoria erfahren, wohin besonders die beträchtliche Ausbreitung der englischen Herrschaft einerseits in Indien, anderseits in Afrika zu rechnen sind; 1876 entschloß sich die Königin zur Annahme deö Titel« „Kaiserin von Indien«. Wenn trotzdem heute die Stimme Albions im Ratbe der moaßgebenden Völker Europas nicht mehr so ins Gewicht fällt, wie die« noch in den früheren Jahrzehnten d.r Regierungszeit der Königin Victoria der Fall war, so ist solche Schmälerung bes englischen Ansehens der erlauchten Monarchin nicht im Geringsten zur Last zu legen, sie hat sich stets streng an die Verfassung ihres Landes gehalten und letztere gewährt ja den persönlichen Ansichten des Kronenträgers nur einen verhältniß- mäßig beschränkten Spielraum. Jedenfalls hat aber das englische Volk alle Ursache sich zu dem selten schönen Ehren tage seiner Königin der zahlreichen mannigfachen Fortschritte zu erinnern, die es der Regierung der hohen Frau verdankt, und wobei die liberalen Reformen im Bank- und Zvllwesen und in der Wahlgesetzgebung, die Abschaffung der drückenden Korngcsetze, ferner die Hebung deö Volksschulwesens, sowie der Haupts 'n Englands Handel und Industrie eine Königin Victoria ist am 24. Mai 1819 geboren, sie steht also im 79. Lebensjahre, trotz dieses hohen Alters erfreut sie sich indessen noch bemerkenswerther geistiger Frische und ver- hältnißmäßiger körperlicher Rüstigkeit.- Am 10. Februar 1840 vermälte sie sich mit dem Prinzen Albert von Sachsen-Coburg, welche überaus glückliche Ehe durch den am 14. Dezember 1861 erfolgten Tod des Regenten-Prinzgemahls gelöst ward. Der selben sind die Prinzen Albert Eduard, der Thronfolger, Alfred, der jetzige Herzog von Coburg Arthur, Herzog von Connaught und Leopold, sowie die Prinzessin Victoria, Alice — die 1878 verstorbene Großherzogin von Hessen — Helene, Louise und Batrix entsprossen. Im Kreise ihrer Kinder und zahlreicher Enkel, sowie der fürstlichen Verwandten und Gäste von auswärts begeht nunmehr die greise Kaiserin-Königin ihr sechzigjährigcs Negentenjubiläum, umjubelt von ihrem treuen Volke, und unter den sympathischen TheilnahmSkundgebungen des Auslands — möge der hohen Frau noch ein langer ge segneter Lebensabend beschicken sein. Chronik der Stadt Wilsdruff (Nachdruck verboten.) Periode des 7jährigen Krieges. Die große Kälte war im Jahre 1759 sehr anhaltend, und täglich erfroren den leicht bekleideten Soldaten die Glieder. Im Lager waren kerne Brandhütten, die Feld wachen hatten brennende Holzhaufen und für die Offiziere waren bretterne Hüttchen erbaut. Die gemeinen Soldaten um ihr vor Kälte erstarrtes Blut flüssig zu machen, liefen entweder wie die Unsinnigen im Lager herum, oder sie ver krochen sich in ihren Zelten, wo sie aufeinanderlagen, um wenigstens einige Theile des Körpers an den Leibern ihrer Kameraden zu erwärmen. In dieser Lage war Angriff und Vertheidigung gleich unmöglich und nie kehrte ein Regiment aus diesem Lager in die elenden Winterquartiere zurück, ohne die Zahl der Kranken zu vermehren. Sie starben in ihren Zelten wie Fliegen ünd dieser einzige Winterzug kostete dem König von Preußen mehr Menschen, als zwei große Schlachten gethan haben würden. Der Verlust war indeß minder bemerkbar, weil der Abgang be ständig durch Rekruten ersetzt wurde. Die Oesterreicher hatten kein besseres Schicksal, es rissen Seuchen unter ihnen ein, so daß sie in 16 Tagen 4000 Mann verloren. Dieses Ereigniß übte auch auf unsere Stadt und Um gegend einen höchst nachtheiligen Einfluß, denn es brach hier im Oktober 1759 eine enorme Viehseuche aus, welche fast alles Hornvieh fallen machte. — Unter den Menschen grassirte 1760 das Nervenfieber, welches in Wilsdruff 218 Personen dahinraffte, welches von da an bis heute, selbst 1813, wo dieselbe Krankheit wüthete, nicht wieder der Fall war, indem in diesem Jahre allhier nur 139 Personen starben. Außerdem würgte das Nervenfieber hier noch wenigstens 500—600 preußische Soldaten. Von den hier gestorbenen preußischen Truppen stehen als Verstorbene im Kirchen buche zu Wilsdruff uur eingetragen: 1. Herr Wilhelm Heinrich von Bose, Major der preußischen Armee; 2. Herr Heinrich Busch, kgl. preußischer Feld-Post-Sekretär; 3. Herr Joh. Heinrich Reckling, königlich preußischer Proviant- Commissarius, und 4. Herr Andreas Wilhelm von Wolf, Capitaiu bei dem kgl. preußischen Infanterie-Regiment des General Gablenz. In des Weißgerber Müllers Hause Nr. 57 sollen allein gegen 30 Personen ihren Tod gefunden haben und auf der Rosen- und ehemaligen grünen Gasse allhier ver schonte dieser Würger kein einziges Haus, denn die Kranken lagen damals in ihren Quartieren wegen Mangel an Raum gleichsam übereinander geschichtet. Die Leichname dieser Unglücklichen umschließen große Gruben hinter dem zur Rathsmühle gehörenden Teiche, in denen sie so flach be graben lagen, daß man nachmals die Ueberbleibsrl ihrer Uniformen mit dem Spaten zu erreichen vermochte, die sie entweder aus Mangel an anderweiten Kleidungsstücken selbst auf dem Sterbebett zu tragen gezwungen waren, die man ihnen in's Grab gab, damit durch Zurückbleiben der selben die Krankheit nicht weiter geschleppt werden möchte. Ueber die Sterblichkeit der Stadt Dresden unterrichtet Haßbauer's General-Kirchenzettel vom Jahre 1611—1830. Im Kirchenbuche zu Limbach findet fick ein einziger preußischer Soldat angemerkt, es war dies der Chirurg Joh. Christoph Bathsack im Regiment von Kleist. Er hatte während der Dauer eines Lagers 4 Wochen beim Pastor in Limbach in Quartier gelegen und starb in Lotzen am Nervenfieber, welches in dieser Gegend in den Monaten März und April am meisten wüthete. Auch in den Kirchenbüchern der umliegenden Parochien stehen in dieser Hinsicht trau rige Bemerkungen, denn zur selben Zeit starben in Röhrs- dorf 110 Personen, in der Parochie Kesselsdorf 240 Indi viduen, in Blankenstein 511 Personen, während gewöhnlich damals daselbst nur gegen 20 Personen jährlich starben, in Limbach und Sora 73 Personen, während gewöhnlich daselbst nur 14 Individuen starben. Dresden verlor 1760 3514 Seelen inclusive 1365 Kinder. Noch schlimmer aber war die Sterblichkeit der Stadt Dresden im Jahre 1757, wo der Tod daselbst 4454 Personen mit 1805 Kindern forderte und es scheint daher die damals herrschende epidemische Krankheit sich von Dresden aus über unsere Gegend verbreitet zu haben. In Unkersdorf, wo gewöhn lich nur 7—8 Personen zu sterbeu pflegten, forderte der Tod im Jahre 1759 schon 16, im Jahre 1760 gar 36, und im Jahre 1761 wiederum 13 Opfer. Auch Naustadt verlor 1760 viel Menschen und nicht minder war in der Weistropper Parochie die Sterblichkeit sehr bedeutend, denn in der Nähe der Sachsdorfer Kapelle wurden einige große Gruben bereitet, um in denselben die vielen am Fieber ver storbenen Preußen zu bestatten. Als man 1796 die Kapelle erweiterte, fand man die Ueberreste ihrer Gebeine und ihre langen Haarzöpfe. Da in demselben Jahre die königlich preußischen Truppen alle Wege besetzt hielten, so konnte der am 22. November 1760 in Sachsdorf verstorbene Gutsbesitzer, Kirchen- und Kapellenvorsteher Herr Christian Byrner nicht nach Weistropp begraben werden, weshalb man ihm seine Ruhestätte an der Morgenseite der Kapelle zu Sachsdorf anwies, woselbst sich auch zu seinem An denken ein Epitaphium befindet. Kein Ort unserer Um gegend aber ist jemals von der Sterblichkeit so hart be troffen worden, als das Dorf Schmiedewalde in der Parochie Blankenstein, denn daselbst blieb 1680 bei der damals wiederkehrenden Pest von allen Bewohnern, ungefähr 80 bis 100, nur ein Knabe von 13 Jahren am Leben, welcher Jacob Dachsel hieß. Die sämmtlichen Verstorbenen wurden gleich in den Gärten begraben, die sie im Leben besaßen. Kehren wir nun wieder zur Geschichte des Krieges zurück. Im Jahre 1760 war Dresden mit 13,000 Mann Oesterreichern unter Marquire besetzt. Friedrich II. wandte sich abermals nach Dresden und belagerte diese Stadt. Am 14. Juli fing die Beschießung, am 19. das förm- liche Bombardement an, wobei es auch auf Zerstörung der Frauenkirche abgesehen war. Der König von Preußen be fahl, den „alten Topf" (so nannte er den Thurm von der Frauenkirche) zusammenzuschießen. Allein dieser alte Topf bewahrte seine Festigkeit, denn die Bomben zerplatzten an ihm. Die Kreuzkirche wurde ganz zusammengeschosseu. Die Paläste brannten, ganze Straßen sanken zusammen. 5 Kirchen, 416 Häuser waren zerstört und an Privateigen thum waren 1,200,000 Thaler vernichtet. — Von der Stadt Leipzig verlangte der König von Preußen mehr als eine Million und ließ, als der Rath sich weigerte, selbige zu schaffen, Pechkränze an den Häusern aufhängen und 120 der ersten Einwohner, als Rathsherrn, Kaufleute und der gleichen, einsperren, welche nur dann erst ihre Frrineit er langten, als der Berliner Kaufmann Gutzkowsky sich mit 8 Tonnen Goldes verbürgte. Im Jahre 1761 ftand allhier ein Preuß. Infanterie- Regiment im Quartier, durch welches 20 Scheunen und Wohnhäuser niedergerissen wurden. Ja man sagt sogar, daß es beim Abmarsche Befehl erhalten hatte, alle Fenster und Oesen cmmweneu. wm? aber auf vieles Bittm_llM'-